Ich hab's getan!

Manchmal braucht es Schubser und Zeichen, manchmal etwas Hilfe oder Mut, Ideen sowieso. Und manchmal kommt alles zusammen und es fühlt sich richtig gut an. Eben habe ich über das Sketchbookproject gebloggt - und wie es mich begeistert. Aber ich habe nicht erzählt, was mir dabei noch begegnet ist!

So sah mein Atelier in den ersten Tagen aus. Inzwischen ist das Behältersystem geringfügig professioneller und der Tisch überwuchert. Zu der Zeit wusste ich noch nicht, dass ich mit Papier arbeiten würde, ich übte an fertigen Perlen!

Als ich in der digitalen Bibliothek des Projekts schmökern wollte, war ich unschlüssig wegen der Fülle von Skizzenbüchern. Also klickte ich mal zufällig irgendwo rein, fand ein Büchlein über ein Baumthema, gezeichnet von einer Französin. Es enthielt Erinnerungen an den Mont Ste. Odile gleich in meiner Nähe! Nein, ich bin natürlich überhaupt nicht abergläubisch. Aber es ist doch faszinierend, in einer amerikanischen Bibliothek mit über 36.000 Sketchbooks aus der gesamten Welt ausgerechnet eines zu finden, das "bei mir ums Eck" entstand! Und der Mont Ste. Odile ist auch für mich ein sehr besonderer Berg, mit ihm fing nämlich mein Bücherschreiben an.

Da fiel mir eine andere Geschichte ein. Als ich damals herum überlegte, ob ich überhaupt fähig sei, ein ganzes Buch zu schreiben (als Journalistin war bei 120 Zeilen meist Schluss), stolperte ich zufällig bei Ebay über eine wunderschöne alte Medaille mit der Odilia. Ich bin auch nicht katholisch, aber die wollte ich haben, sie schien mir so besonders und kostete einen Spottpreis, dafür, dass sie aus echtem Silber war. Wochen später kam sie an, von einem Menschen, der sich Willow Irgendwas nannte und in den tiefsten Sümpfen Louisianas lebte, im Land des Zydeco. Ich habe mir damals ausgemalt - das Bücherschreiben war wohl schon angelegt - wie diese alte Medaille wohl einst mit französischen Auswanderern in den Bayou geraten war und nun wieder "heim" fand. Damals entdeckte ich Zydeco-Musik für mich und wer meinen Roman "Lavendelblues" kennt, der weiß, dass ich ihr darin ein kleines Merkzeichen gesetzt habe.

Ich bin also weder abergläubisch noch katholisch, aber ich sah gestern förmlich vor mir, wie mir Odilias Augen auf dem Buch, das sie in der Hand hält, zuzwinkerten. Ich habe ein ganzes Buch über sie geschrieben, aber tatsächlich nie recherchiert, ob sie nicht ein "Sketchbook" in der Hand hält ... Ach ja, falls es jemanden interessiert: "Serendipity" oder Serendipität nennt man das, was ich im Kopf so anstelle.

Der letzte Anstoß kam dann auf sehr weltliche Art: Jemand vermerkte beim Kauf eines Schmuckstücks "Zauber der Gelegenheit", jemand anderes spendete mir großzügig das Geld für die Digitalisierung meines Sketchbooks. Die bringt es nämlich erst in die digitale Bibliothek online. Und so hatte ich wundersam genau die Summe zusammen, die mich das Projekt kosten würde! Es gab also absolut keine Ausrede mehr! Aber Dankbarkeit umso mehr - ich habe es wirklich nur deshalb geschafft! So etwas vergesse ich nie.

Also habe ich es getan: Ich habe mich eingeschrieben bei der Brooklyn Art Library mit ihrem Sketchbook Project.
Ich bin Teilnehmerin Nr. 2874 für das Jahr 2018.
Etwa zehn Tage wird die Bearbeitung dauern, dann der Postweg dazu - und ich werde hoffentlich heil und richtig mein erstes leeres Skizzenbuch in Händen halten. Das hat einen Barcode für die Ausleihe und eine Kennziffer, mit der ich mich dann gleich registrieren muss für eins der Themen. Ich dachte, die Auswahl würde mir schwer fallen bei zehn spannenden Themen, aber es wird wohl das werden: "This is not what it seems". Ich habe schon eine Holzkiste mit den ersten Fundstücken versehen, denn ich werde mit Collagetechnik arbeiten. Die Geschichte wird mit Emigration zu tun haben, mit der Suche nach dem wahren Kern der Mythen, die sich um solche Familiengeschichten ranken - und wo man damit landen kann. Aber davon erzähle ich, wenn ich am Schaffen bin und Fotos zeigen kann. Auch darauf bin ich gespannt - es gibt bei der Brooklyn Art Library einen virtuellen Raum, wo sich die KünstlerInnen untereinander austauschen können. Und ich möchte es mit Fotos vom Entstehen begleiten.

Künstlerisch ist auch das wieder eine faszinierende Geschichte für mich: Ich spüre meiner Familie hinterher, die in Ellis Island landete, im "Gelobten Land", in dem Milch und Honig fließen sollten - und das sich dann als etwas ganz anderes entpuppte. Ich spüre den Fotos nach, die sie über den großen Teich an diejenigen in Europa schickten, die nicht hatten flüchten wollen, obwohl sie bereits die Visa in der Tasche hatten. Und so haben sich beide Seiten über den Ozean hinweg etwas vorgemacht, um all das aushalten zu können, um überleben zu können. Es ist eine Geschichte, für die ich nie eine geeignete literarische Form gefunden habe, aber vielleicht kann ich sie zeichnen, malen, kleben. Ihre Essenz einfangen. Und so gehört auch das für mich zum künstlerischen Prozess dazu: Das leere Skizzenbuch wird mir aus New York geschickt und in diese Stadt der Einwanderer, diesen ersten Ort all ihrer Sehnsüchte, wird es zurückkehren. Be-greifbar, ausleihbar für jeden. Und dank der Spende auch digital verfügbar für die ganze Welt. Insgeheim denke ich, das ist der Zauber, den man einem Trump entgegensetzen muss.

So spielt das Leben - statt Bücher in vierstelligen Auflagen nun ein einzelnes, das man nicht kaufen kann. Es wird aber ganz gewiss Junge bekommen, da bin ich mir sicher!

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