Der Zauber der Gelegenheit
Zum Frühstück habe ich, angeregt von Stefan Mesch, drei Artikel über die schlimmen Auswirkungen des Positiven Denkens gelesen und wie jener Psychohype sehr neoliberal nicht für mehr Glück bei den Menschen sorgt, sondern für bessere Arbeitsfähigkeit und Ausbeutungsmöglichkeiten (hier / hier / hier). Schon wollte ich dazu bloggen, unter dem Titel "Sei doch lustig!" Aber beim Kaffee verkramt man sich gern. Und so stieß ich durch die großartige Sabine Lohf mit ihren inspirierenden Bastelbüchern auf ein Video, das es leider nur bei Facebook gibt. Plötzlich ist etwas explodiert.
Es geht um "The Sketchbook Project", das die Brooklyn Art Library für 2018 ausgeschrieben hat. Das Projekt begann 2006, inzwischen haben rund 36.000 KünstlerInnen aus mehr als 135 Ländern ihre Werke eingeschickt. Das Wunderbare an der Kunstaktion: Durch die genormte Größe entsteht eine mittels Barcode erfasste öffentliche Bibliothek von Kunstbüchern, die tw. auch digitalisiert werden, eine Bibliothek, die nicht nur mit ihren Aktionen offen für jeden ist. Auch die Bücher selbst darf jeder gestalten, ob Kind oder professionelle/r KünstlerIn, ob einen die Kreativität nur einmal im Jahr überkommt oder man professionell Bücher gestaltet.
Ich sah das und konnte so schnell gar nicht denken, als meine Finger schon auf Teilnahme klickten, um zu erfahren, wie es funktioniert. Da fühlte sich plötzlich etwas rund an. In meinem Atelier stapeln sich nämlich derzeit auch besonders behandelte Papiere, aus denen ich keinen Schmuck machen möchte - ich will darüber eigentlich noch nicht sprechen, weil es zu früh ist. Künstlerbücher faszinieren mich seit Wochen, da liegt auch ein Projekt mit Storytelling in Einzelausgaben. Vielleicht erinnert sich jemand: Ich habe oft gewitzelt, wenn der Preis von Büchern in Niederungen falle, die es AutorInnen nicht mehr ermöglichen, von ihrer Arbeit zu leben, dann müsse man der Massenproduktion eben den Hahn zudrehen und nur noch ein einziges, handgefertigtes Luxusbuch erschaffen. Seit ich über das Kunstprojekt des EinBUCH geschrieben habe, spukt die Idee in meinem Kopf herum. Ich schaue mich schon lange in dieser Szene um und weiß, ein Weg wird auch in diese Richtung führen, denn ich bin ja von Herzen "Buchmacherin". Nur habe ich keine Ahnung, wie ich diesen Weg finden könnte.
Und da kommen wir zum Thema: Die Wege finden i. d. R. mich, nicht umgekehrt. Natürlich lässt sich alles recherchieren und man muss auch aktiv nach Kontakten suchen. Aber wer zu zwanghaft und verkrampft sucht und forciert, rennt nicht selten an bereits geöffneten Türen vorbei. Wenn in meinem Leben etwas wirklich funktioniert hat, dann kündigte es sich immer durch Gelegenheiten, also leicht geöffnete Türen an, die ich im rechten Augenblick wahrnahm, weil ich offen und sensibel genug dafür blieb und nicht gleich verwarf, weil mir etwas unpassend, schräg oder komisch erschien. Da sitzen ja fett und zufrieden die miesen Zensoren im Hirn, die sich davon ernähren, wenn man selbst nörgelig wird und an jeder Kleinigkeit herumkrittelt. Besonders fett werden sie von Sätzen, die mit "Ja, aber ..." beginnen. Und sie schmatzen regelrecht, wenn man sich selbst effektiv heruntermacht - eine eigentlich gesunde Sache bei KünstlerInnen, wenn es nur qualitätsfördernde Selbstzweifel bleiben, die keine Projekte ersticken.
Ich muss offen bleiben und in schrägen Momenten auch einmal unbedacht zugreifen, ohne mir allzu lange zu überlegen, ob etwas dabei herauskommen könnte oder was genau daraus werden wird. Solches Denken tötet allzu leicht das zaghaft keimende Inspirationspflänzchen. Kreativität will zunächst Dünger und guten Boden, muss manchmal im Glashaus vor anderen geschützt werden, bis sie stark genug ist und blüht. Kreativität wirft Gewohnheiten um - deshalb geschehen solche Momente oft in Situationen, in denen es der Bequemlichkeit am wenigsten passt!
So ist das bei mir auch jetzt wieder. Das Geschäft läuft noch nicht so, dass ich davon leben kann. Ich arbeite Doppelschichten mit einem Nebenjob, der mich zum Glück über das Schlimmste hinwegretten kann. Schon muss ich am Essen sparen, denn drei unvorhergesehene Rechnungen haben mich übel in die Bredouille gebracht. Das kommt vor, passiert anderen auch. Aber andere werden in solchen Situationen vernünftig. Natürlich arbeite auch ich hart, um Geld zu verdienen, um endlich aus der Misere herauszukommen, aber ich kann nicht anders: Ich muss Kunst machen. Und wenn es nachts ist. Und wenn ich mir die Zeit stehle - indem ich die Fenster ein andermal putze, etwas vom Schlaf abzwacke, auf etwas verzichte. Das schlechte Gewissen habe ich mir noch nicht abtrainieren können, weil meine Fenster natürlich von außen beobachtet werden. Aber was wäre das eines Tages für ein Tod, sage ich mir, wenn ich zufrieden sagen könnte, dass meine Fenster immer schön sauber gewesen sind, aber die Kunst dabei auf der Strecke blieb? Wenn ich mir sagen könnte, dass ich immer zur Zufriedenheit anderer funktioniert hätte, aber meine Talente nicht ausgelebt hätte - zur Freude anderer?
So will ich Schönheit in die Welt bringen und natürlich irgendwann endlich so viel damit verdienen können, dass ich ruhiger schlafen kann. Ich frage mich manchmal, ob es das Unstete ist, die unsichere Lage, die mich sensibel für Begegnungen macht. Manchmal ist es nur ein einziges Gespräch mit einem Fremden - und man hakt sich an einem Stichwort fest, die Ideen purzeln nur so, etwas will in die Welt geboren werden. Plötzlich stößt man beim Surfen auf etwas, das mit diesem Wort irgendwie in Schwingung gerät ... es führt einen auf eine Spur. Dann ist da eine verpasste Gelegenheit. So wie vor wenigen Tagen, als ich eine alte Luxus-Papierfabrik in Strasbourg entdeckte, die einen Tag der Offenen Tür veranstaltete und dort Künstlerbücher präsentierte.
Ich hatte den Termin verpasst, um mein Atelier dort präsentieren zu können. Aber insgeheim wusste ich, das wäre ein passendes Umfeld, hier wäre mein Schmuck richtig aufgehoben. Ich war traurig, dass es zu spät war, überschlug im Kopf, wie viele Schmuckstücke und was für welche ich für eine eigene Ausstellung anfertigen müsste im nächsten Jahr vielleicht.
Da war es wieder, das "Berechnen". Diese Vernunft, die abcheckt, auf die inneren Zensoren hört, die natürlich ganz laut brüllten: "Du kannst nicht erst mal für Nichts arbeiten, wenn du kein Geld mehr hast!" Recht hatten sie ja schon. Doch in all dem Lärm überhörte ich ein winzig kleines Wisperstimmchen, das mich zum Fernsehen geleitet hatte. Ich sah einen Bericht über Daniel Knorrs "Bücher aus Müll" und merkte immer noch nichts. Die miesen fiesen Zensoren ließen mich sogar vergessen, dass im Regal diese speziellen Papiere lagen ...
Dann ist die Sache mit dem Interview passiert, das ich endlich abgeben muss. Darüber kann ich erst später reden. Aber es schließt einen Kreis mit dem Finger, der jetzt so frech klickte, bevor das Wachbewusstsein reagieren konnte. Ich mach da jetzt mit. Ich werde ein winziges Sandkörnchen unter vielen sein, in einem herrlich bunten Sandhaufen, der die Welt schöner macht, andere vielleicht anstiftet ... Es fasziniert mich, so, wie ich in Social Media Virtuelles teile, ein einzelnes Stück Kunst teilen zu können, das Menschen auf der anderen Seite des Erdballs Geschichten erzählt und in Regalen steht, in denen all diese Bücher vielleicht nachts heimlich miteinander wispern und sich von den Leben der Menschen erzählen, die sie geschaffen haben. So jedenfalls habe ich mir das heimliche Leben in Bibliotheken als Kind immer vorgestellt.
Die Teilnahmegebühr fürs Material werde ich auch noch irgendwie auftreiben, das fühle ich ganz sicher. Das ist auch so ein Punkt: Kunst kann nur entstehen, wenn ich dieses Urvertrauen habe, dass es irgendwie weitergehen könnte. Wenn ich weiß, dass ich auch von einem vorübergehenden Tiefpunkt aus weiterlaufen kann. Und in dem Moment war mir dann völlig egal, was das ist, was ich da praktiziere: Ist es schon das böse Positive Denken im Dienste einer neoliberalen Agenda? Nein, man kann auch anders positiv denken!
Ich würde es eher einer Kultur des Scheiternkönnens zuschreiben und Überlebenswillen nennen, Ausdauer, Zähigkeit, den Glauben an sich selbst und die Kunst. Ich glaube, das war auch die besondere Begabung meiner Vorfahren, als ein Zweig der Familie in die USA auswanderte. Die ersten verließen ihre Heimat in Hungerjahren des frühen 19. Jahrhunderts und keiner weiß, was aus ihnen geworden ist. Vom nächsten großen Schwung um 1920 und später habe ich noch ein paar persönlich kennenlernen dürfen und war als Kind fasziniert: Sie hatten alles verloren, alles hinter sich gelassen für einen Traum. Haben gekämpft, geschuftet.
Manche sind untergegangen, manche enttäuscht worden von der Wirklichkeit - aber die anderen haben ihn weitergeträumt, ihren Traum. Haben ihn immer wieder umgeträumt und gehandelt und damit Wirklichkeiten erschaffen. Noch ein Grund, warum es mir in den Fingern juckt, ein "sketchbook" über den großen Teich zu schicken, gerade jetzt, in der heutigen Weltsituation. Und da fällt mir die Schuhschachtel ein mit den alten Fotos aus den 1950ern und von den Auswandererschiffen und den ersten Weihnachtsfesten ... und schon spinnen sich Geschichten in meinem Kopf. Die Kreativität arbeitet bereits wie ein Dampfschiffmaschinenraum.
Das ist der Zauber der Gelegenheit. Man muss viel dafür tun, dass einen die Gelegenheiten anspringen (ohne Surfen wäre das nicht passiert). Aber wenn sie da sind, darf man sie nicht übersehen, sondern muss beherzt zupacken. Nicht fragen, was es an Geld oder vermeintlichem Ruhm oder anderen Währungen bringen wird. Das, was es einem selbst und nachher den anderen wirklich bringt, kann man nicht abzählen. Und jetzt wünscht mir Mut und Glück, ich hab so etwas nämlich noch nie gemacht!
Verführung pur: The Sketchbook Project |
Es geht um "The Sketchbook Project", das die Brooklyn Art Library für 2018 ausgeschrieben hat. Das Projekt begann 2006, inzwischen haben rund 36.000 KünstlerInnen aus mehr als 135 Ländern ihre Werke eingeschickt. Das Wunderbare an der Kunstaktion: Durch die genormte Größe entsteht eine mittels Barcode erfasste öffentliche Bibliothek von Kunstbüchern, die tw. auch digitalisiert werden, eine Bibliothek, die nicht nur mit ihren Aktionen offen für jeden ist. Auch die Bücher selbst darf jeder gestalten, ob Kind oder professionelle/r KünstlerIn, ob einen die Kreativität nur einmal im Jahr überkommt oder man professionell Bücher gestaltet.
Ich sah das und konnte so schnell gar nicht denken, als meine Finger schon auf Teilnahme klickten, um zu erfahren, wie es funktioniert. Da fühlte sich plötzlich etwas rund an. In meinem Atelier stapeln sich nämlich derzeit auch besonders behandelte Papiere, aus denen ich keinen Schmuck machen möchte - ich will darüber eigentlich noch nicht sprechen, weil es zu früh ist. Künstlerbücher faszinieren mich seit Wochen, da liegt auch ein Projekt mit Storytelling in Einzelausgaben. Vielleicht erinnert sich jemand: Ich habe oft gewitzelt, wenn der Preis von Büchern in Niederungen falle, die es AutorInnen nicht mehr ermöglichen, von ihrer Arbeit zu leben, dann müsse man der Massenproduktion eben den Hahn zudrehen und nur noch ein einziges, handgefertigtes Luxusbuch erschaffen. Seit ich über das Kunstprojekt des EinBUCH geschrieben habe, spukt die Idee in meinem Kopf herum. Ich schaue mich schon lange in dieser Szene um und weiß, ein Weg wird auch in diese Richtung führen, denn ich bin ja von Herzen "Buchmacherin". Nur habe ich keine Ahnung, wie ich diesen Weg finden könnte.
Und da kommen wir zum Thema: Die Wege finden i. d. R. mich, nicht umgekehrt. Natürlich lässt sich alles recherchieren und man muss auch aktiv nach Kontakten suchen. Aber wer zu zwanghaft und verkrampft sucht und forciert, rennt nicht selten an bereits geöffneten Türen vorbei. Wenn in meinem Leben etwas wirklich funktioniert hat, dann kündigte es sich immer durch Gelegenheiten, also leicht geöffnete Türen an, die ich im rechten Augenblick wahrnahm, weil ich offen und sensibel genug dafür blieb und nicht gleich verwarf, weil mir etwas unpassend, schräg oder komisch erschien. Da sitzen ja fett und zufrieden die miesen Zensoren im Hirn, die sich davon ernähren, wenn man selbst nörgelig wird und an jeder Kleinigkeit herumkrittelt. Besonders fett werden sie von Sätzen, die mit "Ja, aber ..." beginnen. Und sie schmatzen regelrecht, wenn man sich selbst effektiv heruntermacht - eine eigentlich gesunde Sache bei KünstlerInnen, wenn es nur qualitätsfördernde Selbstzweifel bleiben, die keine Projekte ersticken.
Ich muss offen bleiben und in schrägen Momenten auch einmal unbedacht zugreifen, ohne mir allzu lange zu überlegen, ob etwas dabei herauskommen könnte oder was genau daraus werden wird. Solches Denken tötet allzu leicht das zaghaft keimende Inspirationspflänzchen. Kreativität will zunächst Dünger und guten Boden, muss manchmal im Glashaus vor anderen geschützt werden, bis sie stark genug ist und blüht. Kreativität wirft Gewohnheiten um - deshalb geschehen solche Momente oft in Situationen, in denen es der Bequemlichkeit am wenigsten passt!
So ist das bei mir auch jetzt wieder. Das Geschäft läuft noch nicht so, dass ich davon leben kann. Ich arbeite Doppelschichten mit einem Nebenjob, der mich zum Glück über das Schlimmste hinwegretten kann. Schon muss ich am Essen sparen, denn drei unvorhergesehene Rechnungen haben mich übel in die Bredouille gebracht. Das kommt vor, passiert anderen auch. Aber andere werden in solchen Situationen vernünftig. Natürlich arbeite auch ich hart, um Geld zu verdienen, um endlich aus der Misere herauszukommen, aber ich kann nicht anders: Ich muss Kunst machen. Und wenn es nachts ist. Und wenn ich mir die Zeit stehle - indem ich die Fenster ein andermal putze, etwas vom Schlaf abzwacke, auf etwas verzichte. Das schlechte Gewissen habe ich mir noch nicht abtrainieren können, weil meine Fenster natürlich von außen beobachtet werden. Aber was wäre das eines Tages für ein Tod, sage ich mir, wenn ich zufrieden sagen könnte, dass meine Fenster immer schön sauber gewesen sind, aber die Kunst dabei auf der Strecke blieb? Wenn ich mir sagen könnte, dass ich immer zur Zufriedenheit anderer funktioniert hätte, aber meine Talente nicht ausgelebt hätte - zur Freude anderer?
So will ich Schönheit in die Welt bringen und natürlich irgendwann endlich so viel damit verdienen können, dass ich ruhiger schlafen kann. Ich frage mich manchmal, ob es das Unstete ist, die unsichere Lage, die mich sensibel für Begegnungen macht. Manchmal ist es nur ein einziges Gespräch mit einem Fremden - und man hakt sich an einem Stichwort fest, die Ideen purzeln nur so, etwas will in die Welt geboren werden. Plötzlich stößt man beim Surfen auf etwas, das mit diesem Wort irgendwie in Schwingung gerät ... es führt einen auf eine Spur. Dann ist da eine verpasste Gelegenheit. So wie vor wenigen Tagen, als ich eine alte Luxus-Papierfabrik in Strasbourg entdeckte, die einen Tag der Offenen Tür veranstaltete und dort Künstlerbücher präsentierte.
Ich hatte den Termin verpasst, um mein Atelier dort präsentieren zu können. Aber insgeheim wusste ich, das wäre ein passendes Umfeld, hier wäre mein Schmuck richtig aufgehoben. Ich war traurig, dass es zu spät war, überschlug im Kopf, wie viele Schmuckstücke und was für welche ich für eine eigene Ausstellung anfertigen müsste im nächsten Jahr vielleicht.
Da war es wieder, das "Berechnen". Diese Vernunft, die abcheckt, auf die inneren Zensoren hört, die natürlich ganz laut brüllten: "Du kannst nicht erst mal für Nichts arbeiten, wenn du kein Geld mehr hast!" Recht hatten sie ja schon. Doch in all dem Lärm überhörte ich ein winzig kleines Wisperstimmchen, das mich zum Fernsehen geleitet hatte. Ich sah einen Bericht über Daniel Knorrs "Bücher aus Müll" und merkte immer noch nichts. Die miesen fiesen Zensoren ließen mich sogar vergessen, dass im Regal diese speziellen Papiere lagen ...
Dann ist die Sache mit dem Interview passiert, das ich endlich abgeben muss. Darüber kann ich erst später reden. Aber es schließt einen Kreis mit dem Finger, der jetzt so frech klickte, bevor das Wachbewusstsein reagieren konnte. Ich mach da jetzt mit. Ich werde ein winziges Sandkörnchen unter vielen sein, in einem herrlich bunten Sandhaufen, der die Welt schöner macht, andere vielleicht anstiftet ... Es fasziniert mich, so, wie ich in Social Media Virtuelles teile, ein einzelnes Stück Kunst teilen zu können, das Menschen auf der anderen Seite des Erdballs Geschichten erzählt und in Regalen steht, in denen all diese Bücher vielleicht nachts heimlich miteinander wispern und sich von den Leben der Menschen erzählen, die sie geschaffen haben. So jedenfalls habe ich mir das heimliche Leben in Bibliotheken als Kind immer vorgestellt.
Die Teilnahmegebühr fürs Material werde ich auch noch irgendwie auftreiben, das fühle ich ganz sicher. Das ist auch so ein Punkt: Kunst kann nur entstehen, wenn ich dieses Urvertrauen habe, dass es irgendwie weitergehen könnte. Wenn ich weiß, dass ich auch von einem vorübergehenden Tiefpunkt aus weiterlaufen kann. Und in dem Moment war mir dann völlig egal, was das ist, was ich da praktiziere: Ist es schon das böse Positive Denken im Dienste einer neoliberalen Agenda? Nein, man kann auch anders positiv denken!
Ich würde es eher einer Kultur des Scheiternkönnens zuschreiben und Überlebenswillen nennen, Ausdauer, Zähigkeit, den Glauben an sich selbst und die Kunst. Ich glaube, das war auch die besondere Begabung meiner Vorfahren, als ein Zweig der Familie in die USA auswanderte. Die ersten verließen ihre Heimat in Hungerjahren des frühen 19. Jahrhunderts und keiner weiß, was aus ihnen geworden ist. Vom nächsten großen Schwung um 1920 und später habe ich noch ein paar persönlich kennenlernen dürfen und war als Kind fasziniert: Sie hatten alles verloren, alles hinter sich gelassen für einen Traum. Haben gekämpft, geschuftet.
Manche sind untergegangen, manche enttäuscht worden von der Wirklichkeit - aber die anderen haben ihn weitergeträumt, ihren Traum. Haben ihn immer wieder umgeträumt und gehandelt und damit Wirklichkeiten erschaffen. Noch ein Grund, warum es mir in den Fingern juckt, ein "sketchbook" über den großen Teich zu schicken, gerade jetzt, in der heutigen Weltsituation. Und da fällt mir die Schuhschachtel ein mit den alten Fotos aus den 1950ern und von den Auswandererschiffen und den ersten Weihnachtsfesten ... und schon spinnen sich Geschichten in meinem Kopf. Die Kreativität arbeitet bereits wie ein Dampfschiffmaschinenraum.
Das ist der Zauber der Gelegenheit. Man muss viel dafür tun, dass einen die Gelegenheiten anspringen (ohne Surfen wäre das nicht passiert). Aber wenn sie da sind, darf man sie nicht übersehen, sondern muss beherzt zupacken. Nicht fragen, was es an Geld oder vermeintlichem Ruhm oder anderen Währungen bringen wird. Das, was es einem selbst und nachher den anderen wirklich bringt, kann man nicht abzählen. Und jetzt wünscht mir Mut und Glück, ich hab so etwas nämlich noch nie gemacht!
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