Endlich ein Logo!

Eine Firma ohne Logo ist im Zeitalter der Selbstdarstellung nichts. Nur mit dem eigenen Namen für etwas zu stehen, klingt fast popelig, wenn man nicht gerade Zuckerberg heißt oder ... wie heißen diese anderen Gurus gleich noch mal? Ein schlechtes Logo kann allerdings auch geschäftsschädigend wirken - es ist so etwas wie der erste Eindruck, wenn man zur Tür hereinkommt. Normalerweise übergibt man den Auftrag kompetenten GrafikerInnen und gut ist. Aber ich wollte mal wieder mit dem Kopf durch die Wand.
Der erste Entwurf, mit dem ich überhaupt zufrieden bin. Wahrscheinlich nehme ich die Farbe noch aus der Schrift heraus. Und dann wird das erst mal richtig formatiert und auf der Website eingebaut.

Für mich ist ein Logo so etwas wie mein eigener Name. Ich muss sozusagen darin wohnen können, mich damit wohlfühlen. Das hat fast etwas Magisches, wobei ich über mich selbst lache. Ich glaube doch auch nicht daran, dass Fotos den Dingen ihre Seele nehmen! Warum also brauche ich so viel Gespür und Assoziationen für dieses kleinen Fitzelchen Grafik, dass ich es nicht in andere Hände geben kann? Weil für mich meine Arbeit auch nicht einfach nur ein "Job" ist? Ich weiß es nicht. Ich hatte schon mal ein Logo, auf schrillem pinkfarbenen Grund, als ich noch meine GmbH in Polen führte. Damals Anfang der 1990er, im noch extrem patriarchalen Geschäftsumfeld (mein Kundenbetreuer bei der Bank sprach mich grundsätzlich mit "Sir" an), zeigten die Polinnen, was sie als Chefinnen bewegen konnten - und ich tat es unter pinkfarbener Flagge, was wirkte. Damals war das Logo innovativ, weil es kaum Computer gab und viel uralte Technik.

In den 1990ern in Warschau das Größte an Technik ... mit dem "Ventura Publisher" zusammengepfriemelt.

Tetebrec, jener angeblich unaussprechbare Name, den man einfach so spricht, wie er geschrieben wird, verinnerlicht ein Konzept. Ich habe ihn aus dem Mythos um den irischen "Ulysses" Cuchulainn gemopst, denn so hieß das Haus im Königsbezirk, in dem er ein Jahr in Feenschlaf verbrachte. Die Feenwelt, das ist die Autremonde, die Anderswelt. Wo die Zeit anders verläuft und Räume keinerlei Begrenzungen mehr haben. Tetebrec heißt übersetzt etwa "funkelnder Schatz" - denn in jenem Haus legten die Krieger ihre Waffen nieder. Mich faszinierte dieses mythische Symbol schon früh, weil ich damit meine eigenen Fantasiewelten assoziierte, die funkelnden Schätze meines "Hirnkasterls", das Mäandern in der Kunst über Grenzen hinweg. Begeben wir Künstlerinnen und Schriftstellerinnen uns nicht auch ständig in eine Anderswelt? In den 1980ern kreierte ich ein "Ding" aus alten Radioteilen, Schnüren, Drähten und Fimoplättchen mit Ursymbolen, nannte es "Kommunikation" und signierte mit Tetebrec. Sie hat mich nie losgelassen, diese alte keltische Welt, seit ich einmal in Irland war.

Eines meiner größten persönlichen Steckenpferde auch nicht - von ein paar Vorlesungen in Archäologie bis zu meinen ersten beiden Büchern beschäftigte ich mich intensiv mit Funden aus der Steinzeit und bis in die Bronzezeit, vor allem aber mit "Art Rupestre". So heißt der Fachbegriff für paläolithische Felskunst, für Petroglyphen, Steinritzungen und Höhlenmalereien. Eine meiner ersten Mailinglisten in Computerfrühzeiten war eine englischsprachige, in der Archäologen, Mitglieder von British Heritage, Wissenschaftler und Laien Steinsetzungen und paläolithische Steinkunst diskutierten. In Frankreich lebe ich diesbezüglich in einem Paradies, das auch heute noch mit wissenschaftlichen Überraschungen aufwartet. Vieles, was ich mir für mein erstes Buch "Geheimnis Odilienberg" noch zusammensponn (und wofür man mich manchmal auslachte), ist heute bewiesene Tatsache: Etwa das Rätsel, dass sich Petroglyphen von Afrika über Galizien bis nach Nordbritannien erstaunlich ähneln. Oder dass die Steinzeitmenschen gar nicht so primitiv und äffisch waren, wie man sich das noch vor Jahrzehnten vorstellte. Könnten sie kulturell und künstlerisch mehr draufgehabt haben, als wir ihnen bisher zustanden? Die Wissenschaftler sind dran an diesem faszinierenden Thema. (Gucktipp: Die Höhle der vergessenen Träume von Werner Herzog oder Version hier)

Für Inspirationen sammle ich wild und schaue quer - wie für die Doppelspiralen aus Natur, Ausgrabungen und moderner Kunst - die wurden es dann aber doch nicht.
Mein Logo entstand aus dieser Welt, in der ich viele Inspirationen finde. Es ist eine lebende Welt für mich, wenn ich mit meinem Hund Bilbo am steinzeitlichen Ockersteinbruch Halt mache, um mir Pigmente zu suchen - und bei der Wanderung dann an einer keltischen Befestigung und bronzezeitlichen Grabhügeln vorbeilaufe. Irgendwann hatte ich gegenläufige Doppelspiralen im Kopf und funkelnd explodierende Häuschen ... und ich zeichnete und zeichnete und zeichnete ... Mindestens ein Jahr lang assoziierte ich wild für den Müll.

Plötzlich war das alte Logo wieder da. Jetzt ist es neu gebaut. Das hat auch deshalb so lange gedauert, weil ich erst ein neues Zeichenprogramm erlernen musste: Logos baut man als Vektorgrafiken.

Zwischendurch faszinierten mich die Libellenfrauen aus dem Art Nouveau, aber sie sind für ein Logo völlig ungeeignet: viel zu filigran und fein, als Miniatur kaum zu erkennen.
Ich verbeuge mich vor den unbekannten SchöpferInnen, die Schätzungen zufolge zwischen Neolithikum und Bronzezeit lebten: im galizischen Campo Lameiro bei Pontevedro, etwa 50 Kilometer von Santiago de Compostela entfernt. Die freiliegenden Felsen auf den Bergen dort sind übersät mit Petroglyphen (Video), von denen die meisten um die 4000 Jahre alt sein sollen und die frischesten aus unserer Zeit von Schäfern stammen. Tier- und menschenähnliche Figuren, Spiralen, konzentrische Ringe und Labyrinthe, Radkreuze - und immer wieder sind die Kreise ausgehöhlt, sammeln Wasser. Solche "Schalensteine" gibt es zuhauf in den Nordvogesen, wo ich lebe, in erstaunlichen Dimensionen weiter im Süden. In meinem ersten Buch kommen sie vor. Für mein Logo habe ich ein besonders eindrückliches Labyrinth gewählt, im Abschnitt Laxe da Rotea bei Mendo.

Wissenschaftler beschreiben die Symbole des Campo Lameiro als Themenkreis der Regeneration, der Fruchtbarmachung, vielleicht des Naturzyklus zum Frühling hin. Viel wurde hineingelegt als Bedeutung und nie bewiesen - wir können leider nicht in die Köpfe der Schöpfer schauen. Jill Purce etwa, die britische Stimmlehrerin und Autorin, wollte in solchen Spiralgebilden und Labyrinthen eine Andersweltreise sehen und bezog das Symbol gleichermaßen aufs Individuelle, wie auf die Welt und den Kosmos. Die berühmte Prähistorikerin und Anthropologin Marija Gimbutas (deren Aussagen tw. überholt sind) sprach diesbezüglich ebenfalls von Regenerationszyklen, von einer Seelenreise des Menschen mit Psychopompos, einem Seelenführer. Im Campo Lameiro verschwimmen Menschenfiguren oft mit Schlangen, dort gibt es Schlangen, die wie Blitze aussehen. Welt und Anderswelt träfen sich hier, meinte Gimbutas und nannte es "intensification of the vital power", Intensivierung der Lebenskraft. Die Schäfer des 20. Jahrhunderts mögen so etwas erspürt haben, denn ihre Ritzungen sind moderne Schutzzauber und Bitten um Wachstum und Fruchtbarkeit für ihre Herden. Ich sehe plötzlich mein sprühendes "Hirnkasterl" wieder, meinen Hirnkosmos ...

Das alles ist das Sichtbare, Erzählbare. Das Finden und Zeichnen und Ausarbeiten geschah intuitiv und so soll auch ein Logo sein: Mögen die Betrachter hineinlegen, was sie empfinden. Ob es real ist oder nicht - es ist "nur" ein Logo. Hoffentlich eines, das positiv wirkt.

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