Dichten statt Denken

Ich habe gestern einen Abfluss gereinigt. War gar nicht so einfach, als blutige Laiin den Syphon / Siphon / Sifon / Siff ??? aus Billigstmetall aufzuschrauben, den der Vorgänger vor zwanzig Jahren verkantet hatte. Und als ich dann den Pfusch zum Rohr an der Wand sah, hat es mich fast hingelegt. Hauptsache, es sieht aus wie eine Rohrverbindung. Hauptsache, man tut so, als habe man moderne Techniken verwendet. Ich will niemanden langweilen. Ich habe es gelernt. Gerade noch rechtzeitig. Ich kann jetzt nicht nur schreiben, ich kann auch dichten. Denn Dichten ist das A und O bei einem verpfuschten Rohrsystem, wenn die Übergänge nicht stimmen. Pünktlich zum Ersten fließt es wieder. Und wenn ich die Massen in deutschen Baumärkten sehe, die sich mit Gummiringen und Silikon, mit Hanftechnik und Teflon auskennen, dann weiß ich: Das ist wahrhaftig das Land der Dichter und Denker.

Trotzdem... seit heute haben die da über dem Rhein drüben mal wieder den Abfluss offen. Pfusch-am-Bau, fast ein deutsches Lehnwort, schwarze Arbeit und wieder hat der Meister es besser wissen wollen als sein Spracharbeiter, obwohl doch letzterer sich täglich den Ärger zwischen aufmüpfigen Kommata und Konsonanten um die Brille haut. Nein, ich setze kein Komma vor "und". Ein Komma verändert Sprachsinn und Atem eines Satzes. Verlag 1: Wir setzen das Komma auch nicht. Verlag 2: Du musst das Komma setzen, wenn du für uns arbeiten willst.

Zwischendurch jede Menge Erinnerung an Fanta Vier. Nicht "ABC, DAF und OMD" oder "ARD, ZDF, C & A"... nein, da kam noch der Dudendidummdibabbadamda-Rap aus Mannheim. ADR und NDR - ojemine / NDR 2 und MDR, oder war's RSR, tatütata?
Na egal. Jedenfalls habe ich brav alle von mir gehassten und als falsch empfundenen Kommata in meine Romane nachträglich hineingesetzt. Man gönnt sich ja sonst nichts. Heute morgen wache ich auf, mein Abfluss gurgelt und meine Bücher sind Makulatur. Alle falsch, die Kommata. Sprachkoma. Seit heute hätte ich damals Recht / recht gehabt / rechtgehabt. Und das, wo ich doch auch noch neuerdings dichten kann!

Also, schön einfach ist das ja nun. Ich singe NDR und MDR is nich ok, und "wir gehen drauf für ein Leben voller Schall und Rauch / bevor wir fallen, fallen wir lieber auf"...

Heute ist der 1. August. Ich bin weder Schüler noch Beamter (dem Himmel sei Dank). Ich schreib jetzt PvC. Und beharre auch wieder darauf, dass bei mir die Brennessel nicht so dämlich in Konsonanten breNNNeSSelt. Mein AlPtraum kommt wieder vom bösen Alp und nicht vom netten Feen-Alb. Mein Stengel wächst weiter vom althochdeutschen "stengil" / "stingil" und zeigt, dass ein e/i-Laut nicht leichtfertig in einen a-Laut mutiert, nur weil das Mannheimer Genforscher gern so hätten, wenn sie an den Stammzellen der Wörter manipulieren. Überhaupt bin ich bei all der Duderei für eine Wiedereinführung des Faches Etymologie bei den Sprachgesetzverordnern. Etymologie statt Willkür. Sprache hat gewachsene Wurzeln - und wenn wir die verlieren, schneiden wir uns die eigenen ab.

Ich wünsche mir eine Revolte der Spracharbeiter. Aus Liebe und Leidenschaft. Für den Reichtum und gewachsenen Sinn unseres Ausdrucks. Denn eins habe ich beim Dichten gelernt: Egal, was die mir über moderne Methoden mit Teflonbändern erzählen... damit machen nur die Geld, die die neuen Bände(r) verkaufen. Die alte Hanfwickelmethode dagegen - die hält auch nach zwanzig Jahren und sogar bei Pfusch am Bau, was sie verspricht. Free Hanf, oder wie das hieß. Free Deutsch. Legalize it!

1 Kommentar:

  1. ...tja, ich haeb eben erfahren, dass ich die Fahnen für ein 2007-Buch nach der alten Methode des "Lavendelblues" korrigieren darf, also MIT abgeschafften Kommata.

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