In der Waschmaschinentrommel
Habt ihr als Kinder auch fasziniert auf die drehende Waschmaschinentrommel geschaut, als liefe ein Fernsehprogramm? Ich erlebte noch den Weg von der geschlossenen, von oben zu befüllenden Maschine zu einer mit seitlichem Guckfenster. Und fand das aufregend. Da schlenkerte der Arm meines Lieblingspullovers ins Bild, Vaters Hemd drängte sich vor, wusch - flitzte eine einzelne Socke vorbei. Farben mischten sich im Wirbel und wenn ich lange genug hinschaute, fühlte ich mich wie aus der Zeit gefallen. Konnte kaum noch unterscheiden, wer wirklicher war: die Socke, die geheimnisvoll verschwinden würde - oder ich. Ein bißchen so fühle ich mich seit Monaten und Menschen verschwinden zusehends in meinen Träumen. Sie lösen sich einfach auf, verlieren ihre Farben.
Zeitgefühl 2020 / 2021 |
Aber davon will ich nicht erzählen: Wir alle müssen unsere festen Bezugspunkte oft erst wieder suchen, sind erschöpft, vielleicht sogar traumatisiert. Die Stärksten, denen all das mit der Pandemie nichts auszumachen scheint, fallen vielleicht erst später um. Augen zu und durch. Wir werden das schaffen. Es kommen bessere Zeiten. Einfach noch eine Weile durchhalten. Nicht nur ich klinge in letzter Zeit erschreckend nach meiner Oma in Notzeiten.
Ich will heute vom Aufbruch erzählen, der auch ein Umbruch ist. Oder ist es nicht eher umgekehrt? Ich will endlich wieder einmal Hallo sagen: Ja, es gibt mich noch. Ich habe keine Ahnung, wo ich die Kraft hernehme, aber ich baue gerade mal wieder alles um. Meine Arbeit vor allem. Die Zeiten ändern sich. Und so wird es auch für euch - sobald das alles steht - neues Programm geben. Denn ich kann nicht noch länger warten, dass beruflich irgendein Wunder geschieht. Bei der Impfrate in Frankreich, die lausigst ist, bin ich froh, wenn ich dieses Jahr überhaupt noch dran komme. Ich habe die Nase voll, zum amtlichen Nichtstun verdammt zu sein, auch wenn ich es für richtig halte und mich gar nicht in die Gefahr von Publikum begeben möchte. Ich stehe in diesem Jahr vor der Entscheidung: Entweder suche ich mir beim Arbeitsamt einen völlig neuen Job oder ich baue den meinen pandemiefreundlich komplett um und verdiene damit meinen Lebenunterhalt.
Meine Umbauarbeit läuft mir leider diesbezüglich nicht so schnell von der Hand wie gedacht. Und das wiederum liegt an meinen Kräften, mit denen ich haushalten muss. Ich mache nämlich Telefonbetreuung für einen Menschen in Deutschland, für den durch die Pandemie alle öffentlichen Betreuungsangebote weggefallen sind - und das geht oft an meine Substanz. Denn auch ich bin dabei recht alleingelassen, zuständige Stellen haben entweder geschlossen oder laufen selbst auf dem Zahnfleisch. Dadurch habe ich lernen müssen: In der derzeitigen Situation stampfe ich nicht mal schnell alles aus dem Boden wie vor der Pandemie. Es mag noch ruckeln, aber es kommt!
Das habe ich vor:
Mein Atelier für Papierkunst existiert weiter, kann mich aber durch die Ladenschließungen nicht ernähren. Ich fertige weiter Paper-Art-Schmuck und künftig auch Insektenbilder, aber vorerst nur auf Anfrage. Dafür konzentriere ich mich im Moment ganz auf Art Journals und stelle meine nicht stattfindenen Real-Life-Kurse auf digitale Workshops um.
Mein erster digitaler Workshop ist nämlich schon erfolgreich gelaufen und hat mir so riesig Spaß gemacht, dass ich Blut geleckt habe an diesen Medienformaten. Kürzlich witzelte ich, dass ich mir in den 1990ern mit einem der ersten DTP-Programme und einem Nadeldrucker einen Traum erfüllen konnte: Meine erste eigene "Zeitung", ein Fanzine für Hundefreunde. 2021 gibt es fast keine Grenzen mehr: Hardware ist einigermaßen erschwinglich geworden, ich kann "Radio" machen, "Fernsehen", alles im Homespun. Und genau das mache ich jetzt - um Geld zu verdienen! (Es gab zwar dieses Jobangebot für einen Desinfektionstrupp für Hotels, aber ...).
Es wird multimedial. Und ich splitte die Sprachen.
Im Moment erarbeite ich ein Konzept für alles. Als roter Faden dient das Thema "Transition" zu den Themen Natur, Kunst und Zukunft. Dazu gehört auch das Thema Heilung: andere, neue Perspektiven einnehmen, Veränderungen voller Hoffnung anstoßen, Narrative hinterfragen, die uns in Düsternis und damit Tatenlosigkeit aus Resignation treiben. Das spielt eine Rolle, ob wir gemeinsam an Art Journals arbeiten oder ob ich im Wald stehe und die Faszination von Pilzmyzel zeige. Nur kann ich es nicht mehr leisten, mit dieser Arbeit kein Geld zu verdienen. Sie ist nämlich intensiver als sie oft wirkt.
Ich habe mich für eine Art "Clubsystem" entschieden. Es wird weiter Inhalte kostenlos und öffentlich geben. Ich mache auch meine Mini-Schnupperkurse für Art Journals von 40 Minuten kostenlos. Weil ich nur zu gut weiß, dass nicht jeder derzeit Geld übrig hat. Und weil ich strikte Paywalls selbst nicht mag.
Kein Mensch wundert sich, wenn richtige Workshops eine Gebühr kosten - das tun sie ja auch im echten Leben vor Ort (wo sie übrigens ungleich weniger Arbeit machen). Aber viele Leute wundern sich, wenn Texte und sogenannter "Content" Geld kosten. Warum eigentlich? Sie müssen ebenso die Miete reinschaffen. Und darum wird es ein System für Abonnenten geben, die Zugriff auf Inhalte und Aktionen haben werden, die nicht öffentlich sind. Ich muss von meiner Arbeit leben können - so einfach ist das. Es wird sich auch für meine Abonnent:innen lohnen!
Die Sache mit der Sprache habe ich gestern erst wirklich entschieden. Allzu lange zweifelte ich herum. Wer mir bei Twitter folgt, weiß, dass ich dort dreisprachig auftrete (und ich spreche im Alltag fast nie Deutsch). Und ich habe meine Idee über Monate hinweg analysiert:
Was ich vorhabe, läuft nicht wirklich auf Deutsch. Das liegt am Umfeld, aber auch an kulturellen Eigenheiten, denen ich inzwischen entwachsen bin. Auf Deutsch hätte ich den Vorteil, unter wenigen etwas zu aufzubauen, das es so noch nicht wirklich gibt. Das habe ich in meinem Leben zu oft gemacht, um zu sehen, wie es Energien verschleißen kann. Englisch ist leider nur eine Zweitsprache und ich wäre eine kleine Nummer unter ganz vielen bereits etablierten Könner:innen. Was auch nicht einfach ist. Aber ich traue es mir zu, ich habe schon in dieser Sprache als Journalistin gearbeitet. Bin lernfähig. Mein Hauptprojekt wird in englischer Sprache laufen.
Englisch bringt mir schlicht Vorteile: Es gibt Medien, bei denen ich extern auch mal etwas veröffentlichen könnte. Die Tradition für mein Projekt ist da, die Akzeptanz, es entspricht meiner Denke. Es gibt zig spannende Think Tanks dazu. Und vor allem: All die spannenden Leute, die ich am liebsten dazu interviewen würde, sprechen Englisch. Und ich sehe die Blogzahlen - hier im Blog sinken sie drastisch, wenn ich beispielsweise Nature Writing mache. In meinem englischsprachigen Blog, das mit wenigen Beiträgen dahindümpelt, stiegen sie sprunghaft und überholten die hier!
Last but not least: Ein Fachartikel von mir hat gerade in einem Newsletter einer französischen Institution die Runde um den Globus gemacht - und er war leider auf Deutsch geschrieben. Es wäre der Knaller gewesen, hätte ich ihn auf Englisch verfasst. Er ist Teil meiner Zukunftspläne für nach der Pandemie - also auch da, die Sprache. Ich bin mir bewusst, dass ich damit einige von euch nicht mehr erreichen werde und das ist schade, auch wenn es Google Translate und Deepl gibt. Aber es betrifft nur mein Großprojekt - ich bin ja weiter auf Deutsch ansprechbar. Auch meine digitalen Workshops laufen auf Deutsch.
- Website entsprechend umgestalten.
- Die Technik fürs Abosystem aufsetzen, einrichten mit Texten, Video, Bildern.
- Fehlende Hardware für ein professionelleres Studio aussuchen, das einrichten, damit üben, lernen. Ich will podcastfähig werden und noch besser im Live-Video.
- Das Konzept erstellen und eine PR-Strategie.
- Texte, Videos im Voraus skripten, einen Redaktionsplan erstellen.
- Workshops vorbereiten und halten.
Wenn es soweit ist, werde ich es natürlich auf allen Kanälen laut herausposaunen. Dieses Blog wird nicht untergehen, es kann aber sein, dass es aus technischen Gründen auf meine Wordpress-Seite umziehen wird. Vieles ist für mich im Moment Learning by Doing. Bis dahin - vergesst mich nicht, ich komme wieder. Und dann wirklich multimedial!
Meine Workshops 2021 (ist im Werden, im Februar geht's richtig los mit einem mehrwöchigen Kurs).
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Große Pläne! Da wünsche ich viel Erfolg. Aber auf Englisch kannst du bestimmt wirklich einen größeren Kreis ansprechen als auf Deutsch, da werden sicher Leute aus aller Welt neugierig werden.
AntwortenLöschenDanke dir, liebe Maike!
LöschenIn der Masse weiß ich es nicht. Aber ich komme definitiv besser an mein Zielpublikum ran. Und die Themen sind weltweit voll im Trend und wichtig, da mag ich nicht noch Jahre vertun.
Viel Erfolg. Das sind tolle und spannende Pläne!
AntwortenLöschenDanke Frithjof!
LöschenDie guten Wünsche kann ich brauchen. Ich taste mich da Stück für Stück vor ...