Beagles haben ein sehr eigenes Repertoire an Tönen, denn sie bellen auch nicht ganz so wie andere Hunde. Als Jagd- und Spürhunde verfügen sie über Töne, die eine Spur ansagen; sie kommunizieren die Nähe von Beute oder eben auch bestimmte ungemütliche Situationen. Da gibt es das berühmte Glöckeln (kennt man von Filmen mit Fuchsjagd, wenn die Meute glücklich glöckelt), ein trockenes "Rotzen" bis in den Rachen (die Spur ist extrem frisch), herzzerreißendes Heuljammern (Kumpel war grad da und ich konnte nicht mit!) oder - im Falle von Gefahr oder Abscheu, diverse Grolltöne.
Wir kamen an einem abgeernteten Getreidefeld vorbei und Bilbo dröhnbrummte mit einem kurzen "Waff" als Auslaut. Ich war perplex. Diesen Laut hat er nämlich nur für Maschinen, die er offenbar als lebendig wahrnimmt. Es ist ein Zwischending aus Angst und dem Signal, da sei etwas Bedrohliches, aber auch Neugier und: "Da ist was nicht geheuer! Guck du mal!" Er macht das grundsätzlich bei Heißluftballons, wo sich der Laut abwechselt mit Anzeichen, es würde eine Ente vorbeifliegen, die Mensch doch bitteschön abschießen und servieren könne. Fliegt der Ballon höher, überwiegen die Entenhinweise, sinkt er, kommt das Warnbrummwäff. So stelle ich mir vor, Heißluftballons könnten in Bilbos Wahrnehmungswelt eine Art überdimensionaler Beute sein, der man aber genau darum nicht ganz traut.
Die anderen Adressaten für diese Laute sind die Heckenschere des Nachbarn (und nur die, keine andere) und ganz spezielle, alte Kleintraktoren, von denen es vielleicht drei im Dorf gibt, alle anders, alle mit anderem Warnlaut. Ich höre an Bilbos Warnlaut, wer gerade vorbeifährt! Allen gemeinsam ist ein sirrendes und klirrendes Geräusch, das wahrscheinlich beim guten Gehörsinn eines Hundes eine wahre Kakophonie von für mich unhörbaren Tönen darstellt.
Warnbrummwäff: "Da ist was nicht geheuer! Guck du mal!"
Ich guckte. Guckte den ganzen Himmel ab, die Felder, die Hänge. Weit und breit kein Ballon, kein Traktor, keine Heckenschere. Menschen sind ja grundsätzlich recht schwer von Begriff, Bilbo zeigte mir also, was er anbrummte: einen Strohballen. Von einer ganzen Reihe von Strohballen.
Ich verstand noch weniger. Er hat damit nie Probleme. Heuballen sind seine große Liebe - die Marshmallows benutzt er als Pee-Mail-Verteilerstationen und die unverpackten untersucht er auf Mausbesatz am Boden. Wieso plötzlich diese Abwehr gegen die Strohballen?
Mir fiel auf, dass sie anders waren als die Heuballen. Nämlich viereckig. War es die Form? War es das Material? Übersah ich etwas? Eine Maschine? Doch ringsum herrschte Stille, nur Vogezwitschern.
Langsam führte ich Bilbo an die Strohballen heran und zeigte ihm, dass sie keine Gefahr bedeuteten. Er schnüffelte und pinkelte. Und untersuchte jeden einzeln. Aber immer wieder schaute er die Reihe als Ganzes an und brummte. Und da endlich "sah" ich es auch! Diese kleinen quadratischen Strohballen konnte bei uns nur ein einziger Mann mit seinem Trecker herstellen. Und genau dieser uralte Trecker ist für Bilbo DAS Hassobjekt, DER Auslöser für das Alarmbrummen.
Die Ballen lagen bestimmt schon einen Tag zum Trocknen. Ich hatte am Vortag von ferne die Maschine gehört, war herausgelaufen, weil Bilbo sein Warnbrummen machte. Hatte noch gesagt: "Die machen doch nur Heu, beruhig dich!" Das Feld ist einige Kilometer entfernt, man hört das von weitem.
Ich bin jetzt einfach nur fasziniert. Und wünschte, Fachmenschen könnten mir das erklären.
- Kann der Hund Geräusche aus der Ferne einem speziellen Platz zuordnen und erinnern?
- Kann sich der Hund merken, dass nur aus diesem einen Traktor viereckige Ballen fallen?
- Riecht der Hund nach einem Tag den Traktor oder womöglich den Bauern, der darauf saß?
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