Am frühen Morgen legt sich schon die erste Schwüle auf den Tag. Bilbo setzt sich auf seinen "Ich guck Kumpels"-Ausguck, majestätisch bläst er sich scheinbar auf das Doppelte auf, wenn der eklige Wadenbeißer vorbeikommt, schnulzt dagegen fiepend zwei Kampfhunde an, die er irgendwie brummig findet. Ich putze derweil die Vogeltränke. Eine Blindschleiche, die darunter saß, flitzt an den Rand und wartet. Mit lasziver Gemütlichkeit gesellt sich eine fette braune Kröte dazu, schaut mich an, als wolle sie sagen: "Mach mal hinne, ich brauch mein Wasser!" Über mir, in den Rosen, krakeelen die Spatzen das Gleiche.
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30. Mai 2018
29. Mai 2018
Meine Lust an Krempel
Ihr kennt diese Billigstläden, die man in den USA "Dollarstore" nennt, sicherlich. Früher hätten mich keine zehn Pferde reingebracht, weil ich natürlich sehr bewusst über die Zusammenhänge im Handel nachdenke. Gelandet bin ich dann mal in einem, als ich mir in schlimmen Monaten kaum noch das Essen leisten konnte. Es gibt sie ja nicht nur deshalb, weil wir etwa grundsätzlich knausrig seien, sondern auch deshalb, weil immer mehr Menschen in der reichen Welt sich das Leben kaum noch anders leisten können. Was ich jedoch nicht verstand, war das Phänomen der Sucht vor allem weiblicher Jugendlicher, die sich dort zu bestimmten Zeiten regelrecht an den Regalen zusammenklumpen. Was treibt die an? Ich mache es kurz - es hat auch mich erwischt. Und ich hätte mir nie vorstellen können, warum!
Natürlich habe ich recht schnell entdeckt, dass es da eine Bastelecke gibt. Bei den Preisen kann man Acrylfarben oder Leinwände auch mal so richtig übel vermalen, ohne gleich zu verarmen. Sprich, das ist ideal zum Lernen und Üben. Fürs richtige Bild kaufe ich dann im Kunstbedarf. Aber hinter das eigentliche Geheimnis kam ich erst durch FB-Gruppen zum Thema Mixed Media. Da gibt es nämlich eine ganze Bewegung von Lifehackern, die zu Recht sagen, dass es für die Kunst nicht immer teure Spezialprodukte braucht. Es liefert uns nicht nur die Natur so ungeheuer viel, sondern auch ein ganz normaler Krempel-Billigladen.
Die Betonung liegt tatsächlich auf Krempel. Es sind all diese kleinen Überflüssigkeiten, oft aus billigsten Materialien, die ich mir nie und nimmer in die Küche legen würde. Aber hey ... du willst Monoprints machen und die original "Gelliplate" ist dir viel zu teuer? Du willst richtig aggressive Techniken versuchen, die deine selbstgekochte Gelatineplatte schnell alt aussehen lassen? Da gibt es diese deutsche "Matte" aus Silikon zum Kuchenbacken, funktioniert hervorragend! Nicht, dass ich bis heute wüsste, was genau man auf dieser Matte eigentlich normalerweise anstellt, ich durchsuche jedenfalls neuerdings jeden Billigshop auf diese Dinger hin, ich will unbedingt auch eine zum Drucken
Küchenabteilungen, aber auch die Regale fürs Heimwerken, sind ein wahres Eldorado für Markmaking, Stempeln oder Schablonieren, für Strukturauftrag und Mustermachen. Ich bekomme automatisch diesen leicht verschobenen Blick, kämpfe mich durch kochfreudige Fans überflüssiger Geräte, schiebe werkzeuggierige Menschen beiseite, weil ... "Das Dingens" könnte lustig Farbe spritzen oder klatschen. "Das Dingens" hat eine absolut verführerische Struktur - das in die richtige Paste eingedrückt! Und plötzlich ein anderer Ein-Euro-Artikel, wie ich schöner keine Schablone für Hintergründe schneiden könnte. Durch den könnte ich nicht nur Farbe blasen, ich könnte ihn auch anmalen und damit stempeln.
Plötzlich bin ich nicht mehr allein im Laden - die jungen Mädchen, die traubenweise einfallen, scheinen in den gleichen FB-Gruppen zu sein wie ich. Die wollen nicht etwa kochen lernen, die suchen nach dem Kick für ihr Art Journaling! Sie sammeln billigen Tand für bunte Seiten und zweckentfremden Dichtungsringe.
Die Sucht ist gefährlich, denn die Krankheit befällt immer weitere Teile des Kreativzentrums. Inzwischen durchforste ich mit meinem schrägen Blick auch Gartenzubehör, Bilderrahmen und Dekoartikel. Ich darf gar nicht sagen, dass ich ein absolut grausig kitschiges Metalltablett in marrokanischem Stil gekauft habe, für das wohl kaum jemand Verwendung fand. Es ist nämlich extrem schmal und lang. Aber ich habe da einen Speicherfund, ein altes Modellauto ... Und plötzlich sah ich es in Gedanken in einer Fantasielandschaft dahinrasen, einer Landschaft, die in diesem Tablett aus Papier entstehen wird. Das nennt man dann nicht mehr Krempel, sondern Assemblage Art.
Ich gestehe, ich handle wider alle Vernunft. Gestern habe ich mich nach einem Amtstermin in so einem Laden "abreagiert" (oder sagt man kompensiert?). Natürlich musste feines Papier zum Schachtelbau mit, Stifte sowieso. Die Malpappen waren ausverkauft, was mich fast grummelig machte. Dafür bin ich jetzt Besitzerin einer knallroten Bommelborte (what the hell!), nur weil mein Hinterkopf meldete, dass ich irgendwas Verrücktes zum Thema Schwarzwald entwerfen wolle.
Und natürlich habe ich jetzt drei "Käferrahmen". Ich muss also "nur" noch Insekten basteln. So soll es sein ... es beginnt mit einer Faszination, wie in diesem Fall in der Natur. Im Kopf kommen Bilder, fügen sich zu einer Idee zusammen. Ich denke über Techniken nach, über das Wie, da fehlt so einiges. Und dann finde ich irgendwann diese fehlenden Teile und kann durchstarten. Dabei muss das Zubehör nicht teuer und speziell sein. Eine Fliegenklatsche kann Strukturen geben, als Stempel fungieren oder man bläst die Farben durch die Löcher. Wo bekomme ich schon solch ein Vielzweckgerät im Kunstbedarf?
PS: Kommentieren ist derzeit möglich als Anonym und mit Namen / URL, die Funktion über Profile habe ich leider im Code gecrasht und noch nicht repariert!
PPS: Schnellsthilfe einer Leserin - die "Platten zum Drucken", die ich suche, nennt man Backmatten, habe ich gelernt. Gibt's tatsächlich in Krempelläden.
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Lausiges Foto, ist auch nur ein Legetest. Ich bin derzeit scharf auf 3-D-Bilderrahmen, also Rahmen, bei denen hinters Glas mehr als ein flaches Foto passt. Die hier scheinen ideal für meine Idee einer "fiktiven Insektensammlung", die aus handgefertigten Papierviechern bestehen wird. Der Bollen neben den Schmetterlingen ist ein Rohling für einen Käferkörper. Und weil es die letzten Rahmen waren, habe ich gleich drei gebunkert. So entstehen neue Projekte im Atelier Tetebrec! |
Die Betonung liegt tatsächlich auf Krempel. Es sind all diese kleinen Überflüssigkeiten, oft aus billigsten Materialien, die ich mir nie und nimmer in die Küche legen würde. Aber hey ... du willst Monoprints machen und die original "Gelliplate" ist dir viel zu teuer? Du willst richtig aggressive Techniken versuchen, die deine selbstgekochte Gelatineplatte schnell alt aussehen lassen? Da gibt es diese deutsche "Matte" aus Silikon zum Kuchenbacken, funktioniert hervorragend! Nicht, dass ich bis heute wüsste, was genau man auf dieser Matte eigentlich normalerweise anstellt, ich durchsuche jedenfalls neuerdings jeden Billigshop auf diese Dinger hin, ich will unbedingt auch eine zum Drucken
Küchenabteilungen, aber auch die Regale fürs Heimwerken, sind ein wahres Eldorado für Markmaking, Stempeln oder Schablonieren, für Strukturauftrag und Mustermachen. Ich bekomme automatisch diesen leicht verschobenen Blick, kämpfe mich durch kochfreudige Fans überflüssiger Geräte, schiebe werkzeuggierige Menschen beiseite, weil ... "Das Dingens" könnte lustig Farbe spritzen oder klatschen. "Das Dingens" hat eine absolut verführerische Struktur - das in die richtige Paste eingedrückt! Und plötzlich ein anderer Ein-Euro-Artikel, wie ich schöner keine Schablone für Hintergründe schneiden könnte. Durch den könnte ich nicht nur Farbe blasen, ich könnte ihn auch anmalen und damit stempeln.
Plötzlich bin ich nicht mehr allein im Laden - die jungen Mädchen, die traubenweise einfallen, scheinen in den gleichen FB-Gruppen zu sein wie ich. Die wollen nicht etwa kochen lernen, die suchen nach dem Kick für ihr Art Journaling! Sie sammeln billigen Tand für bunte Seiten und zweckentfremden Dichtungsringe.
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Kein Mensch hatte dieses Tablett gewollt. Aber dieses Auto schrie geradezu danach! |
Die Sucht ist gefährlich, denn die Krankheit befällt immer weitere Teile des Kreativzentrums. Inzwischen durchforste ich mit meinem schrägen Blick auch Gartenzubehör, Bilderrahmen und Dekoartikel. Ich darf gar nicht sagen, dass ich ein absolut grausig kitschiges Metalltablett in marrokanischem Stil gekauft habe, für das wohl kaum jemand Verwendung fand. Es ist nämlich extrem schmal und lang. Aber ich habe da einen Speicherfund, ein altes Modellauto ... Und plötzlich sah ich es in Gedanken in einer Fantasielandschaft dahinrasen, einer Landschaft, die in diesem Tablett aus Papier entstehen wird. Das nennt man dann nicht mehr Krempel, sondern Assemblage Art.
Ich gestehe, ich handle wider alle Vernunft. Gestern habe ich mich nach einem Amtstermin in so einem Laden "abreagiert" (oder sagt man kompensiert?). Natürlich musste feines Papier zum Schachtelbau mit, Stifte sowieso. Die Malpappen waren ausverkauft, was mich fast grummelig machte. Dafür bin ich jetzt Besitzerin einer knallroten Bommelborte (what the hell!), nur weil mein Hinterkopf meldete, dass ich irgendwas Verrücktes zum Thema Schwarzwald entwerfen wolle.
Und natürlich habe ich jetzt drei "Käferrahmen". Ich muss also "nur" noch Insekten basteln. So soll es sein ... es beginnt mit einer Faszination, wie in diesem Fall in der Natur. Im Kopf kommen Bilder, fügen sich zu einer Idee zusammen. Ich denke über Techniken nach, über das Wie, da fehlt so einiges. Und dann finde ich irgendwann diese fehlenden Teile und kann durchstarten. Dabei muss das Zubehör nicht teuer und speziell sein. Eine Fliegenklatsche kann Strukturen geben, als Stempel fungieren oder man bläst die Farben durch die Löcher. Wo bekomme ich schon solch ein Vielzweckgerät im Kunstbedarf?
PS: Kommentieren ist derzeit möglich als Anonym und mit Namen / URL, die Funktion über Profile habe ich leider im Code gecrasht und noch nicht repariert!
PPS: Schnellsthilfe einer Leserin - die "Platten zum Drucken", die ich suche, nennt man Backmatten, habe ich gelernt. Gibt's tatsächlich in Krempelläden.
18. Mai 2018
Fertig - mit den Nerven
Vielleicht hat es noch niemand gemerkt, weil sowieso immer mehr Menschen ein Blog ganz woanders kommentieren: Ich habe gestern das Skript dieses Blogs gecrasht. Und zwar so, dass zumindest ich nicht mehr kommentieren kann (Spam kommt seltsamerweise durch). Nicht, dass ich das über die Feiertage reparieren würde - ich bin viel zu fertig und schlafbedürftig!
Update: Offenbar funktionieren die Kommentare doch, sie kommen nur sehr spät an! Vielleicht bastelt Google etwas herum!
Aber auch stolz. Ich habe diesen Moloch der Arbeiten rund um die DSGVO bis auf ein paar Kleinigkeiten bewältigt, die in den nächsten Tagen folgen werden.
Die meisten LaiInnen werden nicht wissen, was das ist, darum eine Kurz-Kurz-Definition:
Die Menschen in Europa sollen im Hinblick auf die Verarbeitung ihrer Daten besser geschützt werden mit der Datenschutzgrundverordnung, die am 25.05.2018 endgültig in Kraft tritt. Also müssen sich diejenigen, die personenbezogene Daten verarbeiten, an neue Regeln halten. Zwei Grundsätze sind dabei wichtig: Datensparsamkeit und Transparenz, auch das Recht der Betroffenen auf Löschung, soweit möglich. Ersteres bedeutet z.B., dass man für einen Newsletter nicht die Adresse abfragen darf, wenn das nicht irre zwingend nötig ist, sondern dass eine Mailadresse reicht. Die Transparenz ist komplizierter, dafür müssen die "Verarbeiter" ellenlange juristische Texte und Gedöns stricken. Das trifft vor allem Leute wie unsereins hart, die sich nicht mal schnell den Fachanwalt und IT-Spezialisten leisten können. Es ist immens viel Arbeit. Und bei letzterem wird's dann ganz kraus: Viele Bestimmungen widersprechen sich gegenseitig, Anwälte kloppen sich um Auslegungen, das wird noch spannend werden. Denn einerseits darf z.B. ein Kunde seine Adresse löschen lassen, steht sie jedoch auf einer Rechnung, muss diese amtlich viele Jahre aufbewahrt werden. Das ist eine der bereits geregelten Sachen, tja ... die ungeregelten sind viel witziger.
Ich will es kurz machen: Ich möchte meine Fans, LeserInnen und KundInnen nicht unnötig verwirren. Nur erklären, warum ich derzeit platt bin, warum es kaum neuen Schmuck im Shop gab und selbst mein "Brotjob" liegenblieb: Ich arbeitete für drei, unbezahlt. Im Gegensatz zu vielen, die aus Unwissen oder Panik ganze Blogs abschalten und Websitepräsenzen an die Wand fahren, wollte ich die meinen nämlich erhalten!
Es stirbt nur eine Sache den Behördentod: Meine Facebook-Fanseite.
Im Laufe der letzten Wochen sind selbst große amerikanische Plattformen auf die europäische Verordnung eingeschwenkt und haben Dinge in Sachen Datenschutz geändert. Nur eine Firma schwätzt viel und tut geradezu nichts in dieser Hinsicht: Facebook. Noch schlimmer - ziemlich unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sie die Haftung und Gerichtsbarkeit für gewerbliche Seitenbetreiber nach Kalifornien umgezogen. Da ich gewerblich tätig bin: Das will und kann ich mir nicht antun! Und es verschärft nur meinen Ärger über Facebooks Gebaren seinen Usern gegenüber. So viel ist denen also der Datenschutz wert. Ist aber auch nicht schlimm, die Seite ist eh kaum noch sichtbar, wenn man keine Werbung bezahlt! Den Schwerpunkt Papierkunst, den ich auf der Seite zeigte, kann ich leichtestens umziehen: ins Blog, in meinen Newsletter! Darum die gute Nachricht:
Mein Newsletter wird aufgepeppt! (Infos hier)
Er soll etwas öfter erscheinen als bisher und ein wenig einer Zeitschrift ähneln. Also nicht nur Gedöns um mich und meine Werke haben, sondern ... einfach in den Link oben schauen und sich überraschen lassen! Vielleicht gibt es auch Tipps und Tricks für andere Kreative - das Konzept ist noch offen.
Der Altbestand meiner AbonnentInnen wird jetzt dieser Tage kurz mit einer Infomail zur DSGVO genervt (Vorschrift bei Mailchimp), die ich hoffentlich so formuliere, dass sie nicht wehtut ;-) Wer sich ab jetzt neu einträgt, tut das bereits nach allen neuen Regeln.
Mein Blog wird repariert, versprochen.
Aber dazu brauche ich einen ausgeruhten Regentag, denn ich operiere am offenen Script, von dem ich eigentlich nicht die Bohne verstehe. Als ich die nicht DSGVO-konformen Sharing-Buttons und einen geheimnisvoll eingeschlichenen FB-Tracker killen wollte, habe ich offenbar das Skalpell etwas zu lustig eingesetzt. Immerhin lebt das Blog selbst noch ohne künstliche Beatmung ... Das Kommentieren kann man versuchen (ohne Gewähr), teilen muss man per Copy & Paste der URL mit der Hand.
Auf der Website arbeite ich mit der Zeit viele Fotos und Infos zu neuen Kollektionen oder Arbeiten ein.
So kann man sich dort z.B. jetzt nicht nur meine Assemblage Boxes anschauen, sondern auch die Göttinnenfiguren, zu denen mich archäologische Funde inspiriert haben. Die "fabelhaften Göttinnen" sind aber weit mehr als nur Figürchen an Halsketten. Die gewichtigen Ketten sind durchaus als Ritualketten zu gebrauchen und solche Schätzchen müssen ein ganz großes Geschenk sein, dachte ich. Deshalb gibt es sie nicht nur in einer handgefertigten Cartonnage, die fein abgestimmt wird. Es ist auch eine Geschichte dabei, auf loses Papier gedruckt und gerollt, individuell zu jeder Göttin und den Materialien verfasst. Und weil ich als Buchautorin ja pausiere, hat mein Inspirationsmanager Bilbo die Story verfasst. Eine kleine Leseprobe gibt's auch hier.
Mein Shop bekommt in den nächsten Wochen wieder neue Schätzchen!
Zwei "fabelhafte Göttinnen" sind schon zu haben - eine mit echtem Ocker bemalt, eine andere in Ultramarin. Da hängen auch noch Ketten im Atelier, die nur auf die Fotografin und ausreichend Sonnenschein warten. Da ich mittlerweile zweisprachig in die Regale räume (deutsch und englisch), nimmt auch das zeimlich viel Zeit in Anspruch.
Neu bei Etsy sind übrigens die Datenschutzerklärungen, denn diese Firma setzt die neue Verordnung ordentlich um und hat ebenfalls viel für mehr Datenschutz der KundInnen verändert.
Falls ihr also in nächster Zeit im Internet genervt werdet von riesigen Cookiefahnen zum Wegklicken und Links mit "Datenschutz" oder "Datenschutzerklärung" - nehmt es den Betreibern bitte nicht übel, das ist Vorschrift. Und ich denke, wenn sich die neue Verordnung mal eingespielt hat, werden diese riesigen Banner über Websites auch wieder kleiner und unauffälliger.
Immerhin beginnt die Sache schon zu greifen - die neuen Browser-Updates bieten jetzt viel mehr Möglichkeiten, persönliche Einstellungen vorzunehmen, wie man Cookies oder Tracker aussperrt oder dann auch wieder zulässt (Shops funktionieren z.B. nur, wenn man einen Computer vom anderen im Warenkorb unterscheiden kann) und selbst Google hat im Bereich des privaten Profils nun Einstellmöglichkeiten geschaffen. Nur Facebook ... aber das Thema hatten wir ja schon.
Kurzum: Ich brauche erst mal viel Schlaf, sattes Abschalten vom Internet, Natur, Hund, Menschen. Und so wünsche ich aus meinem Faul-Modus allen ein wunderschönes Pfingstfest!
Update: Offenbar funktionieren die Kommentare doch, sie kommen nur sehr spät an! Vielleicht bastelt Google etwas herum!
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Im Moment möchte ich mich am liebsten nur noch zu meinem Hund knuddeln, wenn er unter der Decke schläft. |
Aber auch stolz. Ich habe diesen Moloch der Arbeiten rund um die DSGVO bis auf ein paar Kleinigkeiten bewältigt, die in den nächsten Tagen folgen werden.
Die meisten LaiInnen werden nicht wissen, was das ist, darum eine Kurz-Kurz-Definition:
Die Menschen in Europa sollen im Hinblick auf die Verarbeitung ihrer Daten besser geschützt werden mit der Datenschutzgrundverordnung, die am 25.05.2018 endgültig in Kraft tritt. Also müssen sich diejenigen, die personenbezogene Daten verarbeiten, an neue Regeln halten. Zwei Grundsätze sind dabei wichtig: Datensparsamkeit und Transparenz, auch das Recht der Betroffenen auf Löschung, soweit möglich. Ersteres bedeutet z.B., dass man für einen Newsletter nicht die Adresse abfragen darf, wenn das nicht irre zwingend nötig ist, sondern dass eine Mailadresse reicht. Die Transparenz ist komplizierter, dafür müssen die "Verarbeiter" ellenlange juristische Texte und Gedöns stricken. Das trifft vor allem Leute wie unsereins hart, die sich nicht mal schnell den Fachanwalt und IT-Spezialisten leisten können. Es ist immens viel Arbeit. Und bei letzterem wird's dann ganz kraus: Viele Bestimmungen widersprechen sich gegenseitig, Anwälte kloppen sich um Auslegungen, das wird noch spannend werden. Denn einerseits darf z.B. ein Kunde seine Adresse löschen lassen, steht sie jedoch auf einer Rechnung, muss diese amtlich viele Jahre aufbewahrt werden. Das ist eine der bereits geregelten Sachen, tja ... die ungeregelten sind viel witziger.
Ich will es kurz machen: Ich möchte meine Fans, LeserInnen und KundInnen nicht unnötig verwirren. Nur erklären, warum ich derzeit platt bin, warum es kaum neuen Schmuck im Shop gab und selbst mein "Brotjob" liegenblieb: Ich arbeitete für drei, unbezahlt. Im Gegensatz zu vielen, die aus Unwissen oder Panik ganze Blogs abschalten und Websitepräsenzen an die Wand fahren, wollte ich die meinen nämlich erhalten!
Es stirbt nur eine Sache den Behördentod: Meine Facebook-Fanseite.
Im Laufe der letzten Wochen sind selbst große amerikanische Plattformen auf die europäische Verordnung eingeschwenkt und haben Dinge in Sachen Datenschutz geändert. Nur eine Firma schwätzt viel und tut geradezu nichts in dieser Hinsicht: Facebook. Noch schlimmer - ziemlich unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sie die Haftung und Gerichtsbarkeit für gewerbliche Seitenbetreiber nach Kalifornien umgezogen. Da ich gewerblich tätig bin: Das will und kann ich mir nicht antun! Und es verschärft nur meinen Ärger über Facebooks Gebaren seinen Usern gegenüber. So viel ist denen also der Datenschutz wert. Ist aber auch nicht schlimm, die Seite ist eh kaum noch sichtbar, wenn man keine Werbung bezahlt! Den Schwerpunkt Papierkunst, den ich auf der Seite zeigte, kann ich leichtestens umziehen: ins Blog, in meinen Newsletter! Darum die gute Nachricht:
Mein Newsletter wird aufgepeppt! (Infos hier)
Er soll etwas öfter erscheinen als bisher und ein wenig einer Zeitschrift ähneln. Also nicht nur Gedöns um mich und meine Werke haben, sondern ... einfach in den Link oben schauen und sich überraschen lassen! Vielleicht gibt es auch Tipps und Tricks für andere Kreative - das Konzept ist noch offen.
Der Altbestand meiner AbonnentInnen wird jetzt dieser Tage kurz mit einer Infomail zur DSGVO genervt (Vorschrift bei Mailchimp), die ich hoffentlich so formuliere, dass sie nicht wehtut ;-) Wer sich ab jetzt neu einträgt, tut das bereits nach allen neuen Regeln.
Mein Blog wird repariert, versprochen.
Aber dazu brauche ich einen ausgeruhten Regentag, denn ich operiere am offenen Script, von dem ich eigentlich nicht die Bohne verstehe. Als ich die nicht DSGVO-konformen Sharing-Buttons und einen geheimnisvoll eingeschlichenen FB-Tracker killen wollte, habe ich offenbar das Skalpell etwas zu lustig eingesetzt. Immerhin lebt das Blog selbst noch ohne künstliche Beatmung ... Das Kommentieren kann man versuchen (ohne Gewähr), teilen muss man per Copy & Paste der URL mit der Hand.
Auf der Website arbeite ich mit der Zeit viele Fotos und Infos zu neuen Kollektionen oder Arbeiten ein.
So kann man sich dort z.B. jetzt nicht nur meine Assemblage Boxes anschauen, sondern auch die Göttinnenfiguren, zu denen mich archäologische Funde inspiriert haben. Die "fabelhaften Göttinnen" sind aber weit mehr als nur Figürchen an Halsketten. Die gewichtigen Ketten sind durchaus als Ritualketten zu gebrauchen und solche Schätzchen müssen ein ganz großes Geschenk sein, dachte ich. Deshalb gibt es sie nicht nur in einer handgefertigten Cartonnage, die fein abgestimmt wird. Es ist auch eine Geschichte dabei, auf loses Papier gedruckt und gerollt, individuell zu jeder Göttin und den Materialien verfasst. Und weil ich als Buchautorin ja pausiere, hat mein Inspirationsmanager Bilbo die Story verfasst. Eine kleine Leseprobe gibt's auch hier.
Mein Shop bekommt in den nächsten Wochen wieder neue Schätzchen!
Zwei "fabelhafte Göttinnen" sind schon zu haben - eine mit echtem Ocker bemalt, eine andere in Ultramarin. Da hängen auch noch Ketten im Atelier, die nur auf die Fotografin und ausreichend Sonnenschein warten. Da ich mittlerweile zweisprachig in die Regale räume (deutsch und englisch), nimmt auch das zeimlich viel Zeit in Anspruch.
Neu bei Etsy sind übrigens die Datenschutzerklärungen, denn diese Firma setzt die neue Verordnung ordentlich um und hat ebenfalls viel für mehr Datenschutz der KundInnen verändert.
Falls ihr also in nächster Zeit im Internet genervt werdet von riesigen Cookiefahnen zum Wegklicken und Links mit "Datenschutz" oder "Datenschutzerklärung" - nehmt es den Betreibern bitte nicht übel, das ist Vorschrift. Und ich denke, wenn sich die neue Verordnung mal eingespielt hat, werden diese riesigen Banner über Websites auch wieder kleiner und unauffälliger.
Immerhin beginnt die Sache schon zu greifen - die neuen Browser-Updates bieten jetzt viel mehr Möglichkeiten, persönliche Einstellungen vorzunehmen, wie man Cookies oder Tracker aussperrt oder dann auch wieder zulässt (Shops funktionieren z.B. nur, wenn man einen Computer vom anderen im Warenkorb unterscheiden kann) und selbst Google hat im Bereich des privaten Profils nun Einstellmöglichkeiten geschaffen. Nur Facebook ... aber das Thema hatten wir ja schon.
Kurzum: Ich brauche erst mal viel Schlaf, sattes Abschalten vom Internet, Natur, Hund, Menschen. Und so wünsche ich aus meinem Faul-Modus allen ein wunderschönes Pfingstfest!
16. Mai 2018
Was für ein Alptraum!
Ich hatte heute einen Alptraum, der mir immer noch in den Knochen sitzt. Ihr kennt das sicher: Man wird mitten in einem Traum aus dem Schlaf gerissen und braucht Minuten, um sich orientieren zu können. Die Welten kleben noch zu nah zusammen, um Realität und Illusion auseinander sortieren zu können. Fast möchte man an Parallelwelten glauben.
Ich fuhr Auto, es war aber nicht das meine, denn ich würde nie einen alten Opel Kadett in Mülleimerorange fahren. Aus den Sitzen quoll die Füllung und auf dem Rücksitz saß mein Hund Bilbo. Es hätte trotz allem ein gemütlicher Traumausflug werden können.
Wenn nicht plötzlich dieser völlig durchgeknallte Typ auf mich zugerannt wäre. Ich bremste scharf, um ihn nicht zu verletzten (dabei hätte ich im Traum echt Gas geben können, schadet ja nichts). Der riss die Tür auf, blaffte was, drohte mir mit irgendwas und befahl mir, ihn fahren zu lassen. Der Typ war echt bedrohlich, schien mir aber auch irgendwie krank und ich war voller Panik (vor allem um meinen Hund) und dann aber auch wütend. Unsäglich wütend, was dieser Typ sich herausnahm ...
Ich weiß nicht wie, aber ich konnte nicht so schnell fliehen und musste beiseite rücken. Ich sah, dass der aufgeblasene Typ körperlich erstaunlich klein war, dachte noch, so würde der mein Auto nie fahren können, der ist ja viel kleiner als ich! Schob ihm die ganze herausquellende Füllung unter und da war eine Decke, aus der Kaktusstacheln wuchsen, die schob ich gleich mit, schön obenauf platziert.
Ich will es kurz machen, Alpträume zu erzählen hat so gar nichts Grusliges und sie sind auch nur für die Träumer interessant. Das, was diesen so schauderhaft für mich machte, war die Tatsache, dass der Typ offenbar auf einem Selbstmordtrip war. Ich verstand, dass er keinen Pfifferling auf Menschenleben gab, auch nicht auf sein eigenes. Als er mir sagte, dass er als kleiner Bub davon geträumt habe, wie es sei, gegen eine Mauer zu fahren, wurde mir eiskalt. Ich begriff, der wollte nur seine Kindheitssehnsucht wahrmachen. Das Schlimmste aber war, dass ich den Typen kannte. Jeder kannte ihn, jeder kennt ihn.
Er war krank, er war einsam, er hatte diese Todessehnsucht in sich und diesen Drang, mit möglichst großem Effekt abzugehen. Er bedrohte mein Leben und das meines Hundes. Und wie er so stoisch auf diesen Kaktusstacheln saß, so lebensklein und machtaufgeblasen, verdorrte in seinem Umfeld alles, was Liebe war, Zuneigung ... die Luft zerknitterte und raschelte trocken und tot. Ich hatte komische Visionen von mittelalterlichen, feuerfarbenen Höllenbildern und Antichristdarstellungen und von Kasperletheater. Aber neben mir saß nur ein kleines Kind in einem Altmännerkörper, das genau wusste, seine Mutter würde sein Geschrei nicht mehr hören - und deshalb brüllte er mich und den Hund an, so wie er überall herumblaffte, mit Worten, mit Tweets, denn jeder kennt ihn.
Was sich da in diesem mülleimerorangefarbenen Auto abspielte, war das kalte Grausen. Weil es einerseits so banal verlief und andererseits alles plötzlich so klar schien: Der wollte endlich an seine eigene Mauer rasen. Der hatte es nicht umsonst so mit Mauern.
Und wie das so ist in amerikanischen Horrorfilmen, musste irgendeine Rettung kommen, ein großer Stunt zum Abschluss. Ich war allein, obwohl ich nach allen Rettungskräften dieser Welt schrie, dass sie mich, uns, die Menschheit retten sollten. Aber ich war allein. Nur mein Hund sprach. Bilbo saß ungerührt auf dem Rücksitz, beobachtete das Ganze und sprach irgendwie auf telepathischem Wege.
"Ihr habt ihn ans Steuer gelassen", sagte er, "aber seid verdammt noch mal nicht so doof, euch von ihm ins Verderben fahren zu lassen." Wenn mein Hund in Träumen Kraftausdrücke benutzt, heißt es, aufmerksam zu sein! "Du kannst nur noch versuchen, auszusteigen. Wir müssen alle zusammen aussteigen und ihn allein lassen."
Das war dann der Stunt zur letzten Rettung: Ich packte meinen Hund unter den Arm, der auf einmal fliegenleicht war, stemmte in voller Fahrt die Tür auf, warf mich heraus und rollte ab. Perfekter Hollywoodabgang ohne Blessuren! In dem Moment wurde ich innig geküsst: Eine echte Hundezunge fuhr mir übers Gesicht, ein vierbeiniges Kerlchen tatzte mich aufdringlich. Mein Hund musste dringend nach draußen und ich hatte verschlafen.
Das war dann irgendwie ein Happyend - wir hatten überlebt, weil wir rechtzeitig ausgestiegen waren. Weil wir den Täter isoliert hatten. Da fuhr er also - ganz mit sich allein und mit seinen Gedanken - niemand würde dabei sein, niemand ihn sehen. Das Gegenteil von Größe. Groß war nur die Mauer.
Nur hockt mir dieser Alptraum immer noch im Gebein, weil ich diesen Typen weiterrasen sehe. Er rast immer noch und ich bin längst wach. Wie wach muss ich noch werden?
Ich fuhr Auto, es war aber nicht das meine, denn ich würde nie einen alten Opel Kadett in Mülleimerorange fahren. Aus den Sitzen quoll die Füllung und auf dem Rücksitz saß mein Hund Bilbo. Es hätte trotz allem ein gemütlicher Traumausflug werden können.
Wenn nicht plötzlich dieser völlig durchgeknallte Typ auf mich zugerannt wäre. Ich bremste scharf, um ihn nicht zu verletzten (dabei hätte ich im Traum echt Gas geben können, schadet ja nichts). Der riss die Tür auf, blaffte was, drohte mir mit irgendwas und befahl mir, ihn fahren zu lassen. Der Typ war echt bedrohlich, schien mir aber auch irgendwie krank und ich war voller Panik (vor allem um meinen Hund) und dann aber auch wütend. Unsäglich wütend, was dieser Typ sich herausnahm ...
Ich weiß nicht wie, aber ich konnte nicht so schnell fliehen und musste beiseite rücken. Ich sah, dass der aufgeblasene Typ körperlich erstaunlich klein war, dachte noch, so würde der mein Auto nie fahren können, der ist ja viel kleiner als ich! Schob ihm die ganze herausquellende Füllung unter und da war eine Decke, aus der Kaktusstacheln wuchsen, die schob ich gleich mit, schön obenauf platziert.
Ich will es kurz machen, Alpträume zu erzählen hat so gar nichts Grusliges und sie sind auch nur für die Träumer interessant. Das, was diesen so schauderhaft für mich machte, war die Tatsache, dass der Typ offenbar auf einem Selbstmordtrip war. Ich verstand, dass er keinen Pfifferling auf Menschenleben gab, auch nicht auf sein eigenes. Als er mir sagte, dass er als kleiner Bub davon geträumt habe, wie es sei, gegen eine Mauer zu fahren, wurde mir eiskalt. Ich begriff, der wollte nur seine Kindheitssehnsucht wahrmachen. Das Schlimmste aber war, dass ich den Typen kannte. Jeder kannte ihn, jeder kennt ihn.
Er war krank, er war einsam, er hatte diese Todessehnsucht in sich und diesen Drang, mit möglichst großem Effekt abzugehen. Er bedrohte mein Leben und das meines Hundes. Und wie er so stoisch auf diesen Kaktusstacheln saß, so lebensklein und machtaufgeblasen, verdorrte in seinem Umfeld alles, was Liebe war, Zuneigung ... die Luft zerknitterte und raschelte trocken und tot. Ich hatte komische Visionen von mittelalterlichen, feuerfarbenen Höllenbildern und Antichristdarstellungen und von Kasperletheater. Aber neben mir saß nur ein kleines Kind in einem Altmännerkörper, das genau wusste, seine Mutter würde sein Geschrei nicht mehr hören - und deshalb brüllte er mich und den Hund an, so wie er überall herumblaffte, mit Worten, mit Tweets, denn jeder kennt ihn.
Was sich da in diesem mülleimerorangefarbenen Auto abspielte, war das kalte Grausen. Weil es einerseits so banal verlief und andererseits alles plötzlich so klar schien: Der wollte endlich an seine eigene Mauer rasen. Der hatte es nicht umsonst so mit Mauern.
Und wie das so ist in amerikanischen Horrorfilmen, musste irgendeine Rettung kommen, ein großer Stunt zum Abschluss. Ich war allein, obwohl ich nach allen Rettungskräften dieser Welt schrie, dass sie mich, uns, die Menschheit retten sollten. Aber ich war allein. Nur mein Hund sprach. Bilbo saß ungerührt auf dem Rücksitz, beobachtete das Ganze und sprach irgendwie auf telepathischem Wege.
"Ihr habt ihn ans Steuer gelassen", sagte er, "aber seid verdammt noch mal nicht so doof, euch von ihm ins Verderben fahren zu lassen." Wenn mein Hund in Träumen Kraftausdrücke benutzt, heißt es, aufmerksam zu sein! "Du kannst nur noch versuchen, auszusteigen. Wir müssen alle zusammen aussteigen und ihn allein lassen."
Das war dann der Stunt zur letzten Rettung: Ich packte meinen Hund unter den Arm, der auf einmal fliegenleicht war, stemmte in voller Fahrt die Tür auf, warf mich heraus und rollte ab. Perfekter Hollywoodabgang ohne Blessuren! In dem Moment wurde ich innig geküsst: Eine echte Hundezunge fuhr mir übers Gesicht, ein vierbeiniges Kerlchen tatzte mich aufdringlich. Mein Hund musste dringend nach draußen und ich hatte verschlafen.
Das war dann irgendwie ein Happyend - wir hatten überlebt, weil wir rechtzeitig ausgestiegen waren. Weil wir den Täter isoliert hatten. Da fuhr er also - ganz mit sich allein und mit seinen Gedanken - niemand würde dabei sein, niemand ihn sehen. Das Gegenteil von Größe. Groß war nur die Mauer.
Nur hockt mir dieser Alptraum immer noch im Gebein, weil ich diesen Typen weiterrasen sehe. Er rast immer noch und ich bin längst wach. Wie wach muss ich noch werden?
8. Mai 2018
Auf der Suche nach der Sprache
Vor etwa zwei Jahren habe ich vorübergehend das Schreiben von Büchern eingestellt. Es gab dafür mehrere Gründe und der für eine Autorin vielleicht existentiellste ist der: Ich finde keine adäquate Sprache mehr für diese wildverrückte Zeit. Es geht mir wie meinem "ewigen Machwerk", einem Roman, den ich vor vielen Jahren begann, den ich alle paar Jahre komplett umschrieb, der mit mir lebt und nicht ins Leben kommen will. "Fluchten" heißt sein Arbeitstitel und seine Figuren sehnen sich in die Welt zurück. Fast rührend wirkt die erste Version. Da litten sie "an der größten Disruption des Jahrhunderts", dem Einbruch des Internets ins Leben. Und sie fragen sich, ob diese komische neue "Virtualität" so etwas ähnlich harmloses sein wird wie ein Telefon oder sich aufblasen möchte zu einer Parallelwelt. Sie straucheln auf dem schmalen Grat der Übertritte und suchen ihre Welt.
Ich habe lange gebraucht, um zu merken, dass solche Manuskripte nicht dazu da sind, je veröffentlicht zu werden. Sie bilden das Hintergrundrauschen für die eigentlichen künstlerischen Arbeiten. Müssen die notwendige Luft zum Atmen und Wachsen haben, weil man heimlich an ihnen frisst, um die eigenen neue Pfade zu überleben. Sie sind das Wilde, das ungezähmt bleiben muss, weil Kreativität diesen Abstand braucht vom Menschengemachten. Eigentlich ist mein "ewiges Machwerk" das Gleiche wie meine Waldwanderungen oder das freie Herumschmieren auf Leinwand: Ich versuche, zu begreifen. Kunst kann auch ein Weg sein, das Begreifen irgendwie zu versuchen.
Es sind nicht einfach nur die Plots, die Geschichten, die im Spannungsfeld zwischen Fiktion, Realität und Fake unglaublich werden. Es ist mir auch die Sprache abhanden gekommen. Hochkarätige journalistische Beiträge lesen sich plötzlich wie Politthriller. Nackte Nachrichten erzählen von Personen und Taten, die so durchgeknallt erscheinen, dass jeder Hollywood-Produzent abwinken würde: "Das glaubt uns kein Mensch!" Fiktion wird instrumentalisiert, das ergibt dann den Fake und im besten Fall die Literatur für innere Fluchten. Oder auch nur unsägliche, geklonte Massenware. Ich stelle fest, dass ich in diesem Zeiten auch weniger lese. Es berühren mich weniger Bücher. Dagegen scheuen sich Serien nicht vor Genzüberschreitungen, neuen Sichtweisen.
Aber manchmal passiert es dann doch: Ich lese /höre atemlos, bin bis unter die Haut "aufgerissen", zutiefst berührt. Weil da jemand diese Sprache gefunden hat. Weil es jemand schafft, Unaussprechliches, Unsagbares in klare Worte zu fassen. Und ich denke: Ja, so kann man darüber sprechen und es geht tief, es spricht auch danach noch mit mir, zwingt mich zum Nachdenken über unsere Existenz.
Die Frau, die so spricht, hat 2015 den Literaturnobelpreis bekommen. Die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch wird für ihre "Dokumentarprosa" gerühmt - sie ist passend zur Zeit eben auch Journalistin, nutzt journalistische Formen. Schriftstellerisch macht sie etwas, was derzeit in der bildenden Kunst wieder Erfolge feiert: Sie klebt Collagen. Sie weiß, dass unser Sprechen und Schreiben in dieser Zeit ein splitterhaftes sein muss. Ihr Werk "Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft" ist eigentlich schon wieder uralt, von 1997. ARTE hat den dazugehörigen Film "Das Gebet" des luxemburgischen Filmemachers Pol Cruchten im tiefsten Nachtprogramm versteckt. Der ist so alt noch nicht, von 2015, und er verknüpft die Texte der Schriftstellerin mit sehr starken, traumhaft und doch realistisch wirkenden Bildern. So findet der Film eine neue Sprache für dieses seltsame Kippen in den Menschen, das uns Unbeteiligte äußerlich zwischen Faszination und Grauen angesichts der "Zone" hält. Was kann ein Mensch noch in Worte fassen, wenn er die Welt nicht mehr versteht, ja wenn die Welt, wie er sie kannte, von unsichtbaren Kräften aufgelöst, umgestürzt wurde?
Wir klagen heute über Empathielosigkeit, über Menschen, die manchmal erschreckend Robotern ähneln oder die einzigartig geworden sind in der Kunst des Wegschauens. An so vielen Orten erstarken politische Richtungen, die eigentlich Todeskulte sind, gefeierte Lebensverachtung. Und mittendrin sitzt einer, der eigentlich nie und nimmer auf einem öffentlichen Posten sitzen dürfte angesichts seiner eigenen Verfassung - dieser eine zündelt und droht und bringt die Menschheit mit Tweets - mit kurz auf Tasten gebellten Worten - immer wieder kurz vor den Abgrund, von dem er sich nährt, den er feiert. Da sollen einem nicht die Worte versagen?
Und hat er nicht fast schon so etwas wie radioaktive Strahlkraft, im übertragenen Sinne gesprochen? Die Menschen im Film und im Buch können sie nicht sehen, nicht riechen, manche überhöhen sie als Visionen. Sie verdrängen und reden sich in eine naive Fluchtwelt hinein, sie hoffen das Beste und sehen doch die Monster, die das Ding schuf, mit eigenen Augen. Sie wollen fliehen und stecken gebannt fest, manche kehren zurück - wie Schlachtvieh umarmen sie das Monster. Sind wir so sehr anders als sie?
Das ist die stille Qualität von Film und Buch: Indem wir uns in diese seltsam schwebende Zwischenwelt ziehen lassen, berühren wir unsere eigene Versehrtheit. Das ist nicht nur Tschernobyl! Es ist eigenartig. Da sind wir von mythisch-paradiesischen Großversprechungen auf ein angebliches "Wassermannzeitalter" in eine Welt des positiven Denkens gestürzt, die uns seit vielen Jahren die Flügel verbrennt. Aber Ikarus darf nicht mehr abstürzen. Akribisch basteln wir an unseren Systemen von Perfektion, Erleuchtung und dem Traum vom ewigen Leben ohne Altern. Um uns stirbt es, um uns droht in immer kürzeren Abständen das ganz große Sterben, aber wir haben keine Kraft mehr, das ganz natürliche Sterben im Leben anzuschauen. Es ist ein fatales Gebräu, das wir da zu uns nehmen, denn es könnte uns tatsächlich die Welt kosten. Das wissen wir, wir wissen es ganz genau. Und wagen doch nicht, die nackte Realität anzuschauen. Der Abgrund fasziniert uns zu sehr - oder warum handeln wir nicht längst für das Leben?
Wir leiden unter all dem, ohne pragmatisch und zielstrebig, ja hoffnungsvoll, Lösungen zu suchen. Die Figuren in meinem "ewigen Machwerk", würde ich es wieder umschreiben, hätten sich längst eingenistet in der Virtualität, würden mit Robotern menschlichere Beziehungen pflegen als mit Mitmenschen. Aber sie hätten entdeckt, dass sie auch die Virtualität längst infiziert haben, mit ihrem ganz und gar nicht perfekten Menschsein, ihren Ängsten, ihrem Hass, ihrem verzweifelten kindlichen Greifen nach jeder nur greifbaren Emotion. Handeln wir nicht gemeinsam für diesen Planeten, weil wir uns so verzweifelt wünschen, uns wieder als Menschen fühlen zu können? Ist es das? Was ist uns eigentlich wirklich abhanden gekommen? Unsere Unschuld haben wir doch schon lange verloren?
Natürlich werde ich diesen Roman nie zu Ende schreiben, nie veröffentlichen, weil sich die Sequenzen im Moment des Ausgesprochenwerdens bereits selbst überholt haben. Nichts reicht an diese Realität heran. Die adäquate Sprache: Ist das nicht eher das Nichtgesagte, das Nichtgeschriebene, die Pause, die Leerstelle?
Manchmal dann gibt es diese Texte von anderen, in denen ich ahne und deren Leerstellen ich folgen möchte.
Wenn ich jetzt eine Birke aus Bruchstücken von einem Buch in Schnipseln einer Collage zusammenklebe, ahne ich, dass ich vielleicht nicht zufällig mit einer Kunstform arbeite, die Unmengen von Kleber braucht. Das Bild wächst aus dem Versehrten, aus dem Unvollkommenen. Die Sprache für diese Zeit habe ich noch nicht gefunden, aber ich klebe, klebe, was das Zeug hält, diese Fetzen aus Büchern ...
Und ich wünschte, es gäbe mehr Filme (zu besseren Sendezeiten), mehr Bücher (in Stapeln), die uns so am Gebein kratzen können, die so das Innere des Menschen nach außen kehren können.
Der Film "Das Gebet" ist noch bis 13.05.2018 in der Mediathek von ARTE zu sehen.
Der Titel der deutschen Übersetzung (durch Ingeborg Kolinko) von Swetlana Alexandrowna Alexijewitschs Buch ist: Tschernobyl, eine Chronik der Zukunft - im Link eine Besprechung des DLF.
Eine kleine Kaffeespende nehme ich gern für meine Arbeit - rechts im Menu einfach auf den "Donate"-Button klicken!
Ich habe lange gebraucht, um zu merken, dass solche Manuskripte nicht dazu da sind, je veröffentlicht zu werden. Sie bilden das Hintergrundrauschen für die eigentlichen künstlerischen Arbeiten. Müssen die notwendige Luft zum Atmen und Wachsen haben, weil man heimlich an ihnen frisst, um die eigenen neue Pfade zu überleben. Sie sind das Wilde, das ungezähmt bleiben muss, weil Kreativität diesen Abstand braucht vom Menschengemachten. Eigentlich ist mein "ewiges Machwerk" das Gleiche wie meine Waldwanderungen oder das freie Herumschmieren auf Leinwand: Ich versuche, zu begreifen. Kunst kann auch ein Weg sein, das Begreifen irgendwie zu versuchen.
Es sind nicht einfach nur die Plots, die Geschichten, die im Spannungsfeld zwischen Fiktion, Realität und Fake unglaublich werden. Es ist mir auch die Sprache abhanden gekommen. Hochkarätige journalistische Beiträge lesen sich plötzlich wie Politthriller. Nackte Nachrichten erzählen von Personen und Taten, die so durchgeknallt erscheinen, dass jeder Hollywood-Produzent abwinken würde: "Das glaubt uns kein Mensch!" Fiktion wird instrumentalisiert, das ergibt dann den Fake und im besten Fall die Literatur für innere Fluchten. Oder auch nur unsägliche, geklonte Massenware. Ich stelle fest, dass ich in diesem Zeiten auch weniger lese. Es berühren mich weniger Bücher. Dagegen scheuen sich Serien nicht vor Genzüberschreitungen, neuen Sichtweisen.
Aber manchmal passiert es dann doch: Ich lese /höre atemlos, bin bis unter die Haut "aufgerissen", zutiefst berührt. Weil da jemand diese Sprache gefunden hat. Weil es jemand schafft, Unaussprechliches, Unsagbares in klare Worte zu fassen. Und ich denke: Ja, so kann man darüber sprechen und es geht tief, es spricht auch danach noch mit mir, zwingt mich zum Nachdenken über unsere Existenz.
Die Frau, die so spricht, hat 2015 den Literaturnobelpreis bekommen. Die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch wird für ihre "Dokumentarprosa" gerühmt - sie ist passend zur Zeit eben auch Journalistin, nutzt journalistische Formen. Schriftstellerisch macht sie etwas, was derzeit in der bildenden Kunst wieder Erfolge feiert: Sie klebt Collagen. Sie weiß, dass unser Sprechen und Schreiben in dieser Zeit ein splitterhaftes sein muss. Ihr Werk "Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft" ist eigentlich schon wieder uralt, von 1997. ARTE hat den dazugehörigen Film "Das Gebet" des luxemburgischen Filmemachers Pol Cruchten im tiefsten Nachtprogramm versteckt. Der ist so alt noch nicht, von 2015, und er verknüpft die Texte der Schriftstellerin mit sehr starken, traumhaft und doch realistisch wirkenden Bildern. So findet der Film eine neue Sprache für dieses seltsame Kippen in den Menschen, das uns Unbeteiligte äußerlich zwischen Faszination und Grauen angesichts der "Zone" hält. Was kann ein Mensch noch in Worte fassen, wenn er die Welt nicht mehr versteht, ja wenn die Welt, wie er sie kannte, von unsichtbaren Kräften aufgelöst, umgestürzt wurde?
Wir klagen heute über Empathielosigkeit, über Menschen, die manchmal erschreckend Robotern ähneln oder die einzigartig geworden sind in der Kunst des Wegschauens. An so vielen Orten erstarken politische Richtungen, die eigentlich Todeskulte sind, gefeierte Lebensverachtung. Und mittendrin sitzt einer, der eigentlich nie und nimmer auf einem öffentlichen Posten sitzen dürfte angesichts seiner eigenen Verfassung - dieser eine zündelt und droht und bringt die Menschheit mit Tweets - mit kurz auf Tasten gebellten Worten - immer wieder kurz vor den Abgrund, von dem er sich nährt, den er feiert. Da sollen einem nicht die Worte versagen?
Und hat er nicht fast schon so etwas wie radioaktive Strahlkraft, im übertragenen Sinne gesprochen? Die Menschen im Film und im Buch können sie nicht sehen, nicht riechen, manche überhöhen sie als Visionen. Sie verdrängen und reden sich in eine naive Fluchtwelt hinein, sie hoffen das Beste und sehen doch die Monster, die das Ding schuf, mit eigenen Augen. Sie wollen fliehen und stecken gebannt fest, manche kehren zurück - wie Schlachtvieh umarmen sie das Monster. Sind wir so sehr anders als sie?
Das ist die stille Qualität von Film und Buch: Indem wir uns in diese seltsam schwebende Zwischenwelt ziehen lassen, berühren wir unsere eigene Versehrtheit. Das ist nicht nur Tschernobyl! Es ist eigenartig. Da sind wir von mythisch-paradiesischen Großversprechungen auf ein angebliches "Wassermannzeitalter" in eine Welt des positiven Denkens gestürzt, die uns seit vielen Jahren die Flügel verbrennt. Aber Ikarus darf nicht mehr abstürzen. Akribisch basteln wir an unseren Systemen von Perfektion, Erleuchtung und dem Traum vom ewigen Leben ohne Altern. Um uns stirbt es, um uns droht in immer kürzeren Abständen das ganz große Sterben, aber wir haben keine Kraft mehr, das ganz natürliche Sterben im Leben anzuschauen. Es ist ein fatales Gebräu, das wir da zu uns nehmen, denn es könnte uns tatsächlich die Welt kosten. Das wissen wir, wir wissen es ganz genau. Und wagen doch nicht, die nackte Realität anzuschauen. Der Abgrund fasziniert uns zu sehr - oder warum handeln wir nicht längst für das Leben?
Wir leiden unter all dem, ohne pragmatisch und zielstrebig, ja hoffnungsvoll, Lösungen zu suchen. Die Figuren in meinem "ewigen Machwerk", würde ich es wieder umschreiben, hätten sich längst eingenistet in der Virtualität, würden mit Robotern menschlichere Beziehungen pflegen als mit Mitmenschen. Aber sie hätten entdeckt, dass sie auch die Virtualität längst infiziert haben, mit ihrem ganz und gar nicht perfekten Menschsein, ihren Ängsten, ihrem Hass, ihrem verzweifelten kindlichen Greifen nach jeder nur greifbaren Emotion. Handeln wir nicht gemeinsam für diesen Planeten, weil wir uns so verzweifelt wünschen, uns wieder als Menschen fühlen zu können? Ist es das? Was ist uns eigentlich wirklich abhanden gekommen? Unsere Unschuld haben wir doch schon lange verloren?
Natürlich werde ich diesen Roman nie zu Ende schreiben, nie veröffentlichen, weil sich die Sequenzen im Moment des Ausgesprochenwerdens bereits selbst überholt haben. Nichts reicht an diese Realität heran. Die adäquate Sprache: Ist das nicht eher das Nichtgesagte, das Nichtgeschriebene, die Pause, die Leerstelle?
Manchmal dann gibt es diese Texte von anderen, in denen ich ahne und deren Leerstellen ich folgen möchte.
Wenn ich jetzt eine Birke aus Bruchstücken von einem Buch in Schnipseln einer Collage zusammenklebe, ahne ich, dass ich vielleicht nicht zufällig mit einer Kunstform arbeite, die Unmengen von Kleber braucht. Das Bild wächst aus dem Versehrten, aus dem Unvollkommenen. Die Sprache für diese Zeit habe ich noch nicht gefunden, aber ich klebe, klebe, was das Zeug hält, diese Fetzen aus Büchern ...
Und ich wünschte, es gäbe mehr Filme (zu besseren Sendezeiten), mehr Bücher (in Stapeln), die uns so am Gebein kratzen können, die so das Innere des Menschen nach außen kehren können.
Der Film "Das Gebet" ist noch bis 13.05.2018 in der Mediathek von ARTE zu sehen.
Der Titel der deutschen Übersetzung (durch Ingeborg Kolinko) von Swetlana Alexandrowna Alexijewitschs Buch ist: Tschernobyl, eine Chronik der Zukunft - im Link eine Besprechung des DLF.
Eine kleine Kaffeespende nehme ich gern für meine Arbeit - rechts im Menu einfach auf den "Donate"-Button klicken!