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30. Januar 2013

Effektive Bildsuche mit Google

Wer ein Buch zu bebildern hat, ist mit herkömmlichen Methoden der Bildersuche manchmal schnell am Ende. Viele User wissen nicht, was sich Google inzwischen für die detaillierte Bildsuche hat einfallen lassen. Deshalb möchte ich hier anhand eines Beispiels zeigen, wie man die "Rasterfahndung für jedermann" beruflich nutzen kann, etwa bei der Bildsuche für Bücher. Es sei vermerkt, dass diese Methode tatsächlich aus der Gesichtserkennung und Rasterfahndung entwickelt wurde und mit dem Foto von der Chefin wie vom Lover ebenfalls funktioniert. Vielleicht sollte man sich aufgrund dessen noch besser überlegen, was man im Internet streut. Eine Übersicht über die Bildsuche samt Video von Google gibt es hier.

Meine Aufgabe ist folgende: Ich besitze ein Portrait des Dichters Schukowski im Format 358 x 450 auf meiner Festplatte. Erstens muss ich möglichst effektiv herausfinden, ob das Bild rechtefrei ist. Denn auf Wikipedias Angaben kann man sich nicht immer verlassen und die Quelle des Bildes ist schwer zu eruieren. Gleichzeitig hätte ich das Bild gern in höherer Auflösung, falls es denn frei ist.

Auf images.google.com klicke ich beim Suchfeld auf die kleine Kamera. Dadurch kann ich das Bild von der Festplatte zur Vergleichssuche hochladen. Man kann auch Bilder aus dem Internet per Drag & Drop eintragen. Obwohl das Bild nicht gerade häufig vorkommt, findet Google erstaunlich schnell heraus, dass darauf der russische Schriftsteller Schukowski zu sehen ist und schaltet sogar auf russische Seiten. Oben sehe ich mein eigenes Bild mit der analysierten Größe, die 202 gleichen Fotos wurden innerhalb von 36 Sekunden gesammelt.

Zuerst bringt man mir die rein visuell ähnlichen Bilder. Wenn ich diesen Link klicke, bekomme ich Bilder ohne Texte zu sehen, praktisch für die schnelle Vorauswahl. Außerdem erstaunlich: Bereits das sechste Bild, das sich deutlich unterscheidet, zeigt ebenfalls Schukowski, diesmal im Alter! Bild 7 und 10 dergleichen, nur das letzte ist ein Fehlgriff.


Unter der visuellen Darstellung folgen die Links aller entdeckten Websites mit dem Bild. Google sucht also nicht nur mit Raster nach Aussehen, sondern verknüpft dazu die Wortsuche nach dem Dichternamen. Praktisch ist die Größenangabe im Vorfeld - so kann ich mir gleich alle Links sparen, die zu kleine Fotos abbilden.


Natürlich brauche ich fürs Buch mehr als nur eine Briefmarke. Also gehe ich noch einmal ganz oben zur Seite, wo ich die Suche nach Größe spezifizieren kann. Hier klicke ich auf "large" und bekomme folgendes Ergebnis:



Zur Erinnerung: Das Bild auf meiner Festplatte misst 358 x 450 px - hier bekäme ich weitaus größere. Fahre ich mit der Maus auf das gewünschte Bild, etwa rechts, sehe ich den Anfang der URL. Mit einem Klick aufs Bild komme ich dorthin.

Auch wenn Google wie in diesem Fall auf russische Websites schaltet (das Bild gibt es tatsächlich fast nirgendwo anders), muss man übrigens kein Russisch können. Ein Add-on im Firefox übersetzt mir auf Knopfdruck russische Seiten maschinell ins Deutsche.

Die eigentliche Arbeit beginnt natürlich erst jetzt: Ich muss erst einmal all die Websites links liegen lassen, die das Bild womöglich "geklaut" oder sonstwie "einfach so" verwendet haben. Ich will einigermaßen zur Quelle kommen, etwa, wenn darunter ein Museum auftaucht. Dort könnte das Bild hängen. Immer, auch bei erfolgreicher Suche, muss ich nämlich genau abklären, ob das Bild rechtefrei ist, wo Urheberrechte liegen könnten und wer mir dann die Genehmigung zum Abdruck geben könnte. Aber immerhin: Ich stehe damit nicht mehr im Dschungel!

Fein ist, dass das auch mit Gegenständen, Landschaften oder Häusern recht gut funktionieren kann. Muss ich z.B. eine Burg abbilden, von der ich den Namen nicht kenne, will aber ein besseres Foto davon finden - auch das gelingt.
Sogar Feinheiten wie Farbgebung oder Formatform kann man bei der Suche einstellen.

Es lohnt sich also durchaus, bei Foto- und Bildproblemen damit zu experimentieren!

Update:
Leider hat die ganz normale Google-Suche, also diejenige, die Otto-Normalverbraucher vom Suchfeld aus benutzt, durch die Änderungen erschreckende Nachteile für UrheberInnen, was ich in diesem Artikel nicht bedacht habe. Ich empfehle dazu den Beitrag von Stefan Niggemeier, der deutlich intelligenter ist, als die reißerische Schlagzeile verspricht.
Und es gibt eine Online-Petition für eine urheberrechtsfreundliche Überarbeitung der Google-Suche (anlicken).

23. Januar 2013

Umstrukturierung

Wer die Blog-Anreißer rechts im Menu mitverfolgt, wird es womöglich schon bemerkt haben: Ich strukturiere fleißig um. Wie bereits angekündigt, möchte ich noch lesernäher schreiben, sprich, die Buchbranche ihre Probleme und Problemchen auch einmal alleine ausmachen lassen. Durch den Umbau fällt ein Blog künftig weg und ein anderes ist dazu gekommen. Hier noch einmal der Überblick - Bookmarks und Feed-Abos bitte entsprechend aktualisieren!

cronenburg

Bleibt weiter der Ankerplatz für Autoren- und Branchenkram und den Alltag des Schreibens. Sozusagen die Meta-Welt auch für Kollegen und andere Libromane.

Grenzgängereien

Drei Regionen, drei Länder, eine Leidenschaft: Grenzgängereien zwischen den Kulturen - und von allen das Schönste genießen ... gemeint ist das Dreiländereck Elsass, Baden und Pfalz - aber auch die Dreiergruppe Frankreich, Deutschland und Russland.
Hier gibt's künftig Geschichten, Tipps, Bilder und jede Menge Genuss natürlich. Also so etwas wie das "enhanced" bei einem "enhanced book", das Bonusmaterial für meine Leserinnen und Leser.

Mein Blog mit den "Plaudereien aus Baden-Baden" geht nahtlos in diese "Grenzgängereien" über und wird deshalb bald gelöscht werden.

Vaslav Nijinsky und die Ballets Russes

Das Blog zum Buch und zum Thema startet im wichtigen Jubiläumsjahr wieder voll durch mit neuen Geschichten, mit seltenem Material und Bildern. Als perfekte Ergänzung zum Buch kann ich hier Einzelheiten vertiefen oder auch einmal einer spannenden Nebensache auf den Grund gehen, die im Buch keinen Platz hat. Obendrein gibt es immer wieder Originalmaterial der Zeit, etwa als Audiodatei oder sogar Video.

Für Ballett muss man sich nicht zwangsläufig interessieren, denn die Ballets Russes haben nicht nur den Tanz revolutioniert, sondern auch das Alltagsleben: Ob Film, Kunst, Mode oder Luxusgüterindustrie, ja sogar die PR und der Tourneebetrieb wurden damals weitreichend geprägt, wenn nicht sogar in dieser modernen Form erst entwickelt.

Wer mich kennt, der kann jetzt erraten: Man trifft mich wohl etwas häufiger in den Blogs, in denen ich frei erzählen kann ... Würde mich freuen auf ein Wiedertreffen und fleißige Kommentare auch an anderer Stelle!

14. Januar 2013

Ihr könnt mich mal ... eine Polemik

Benennen ist gerade hip. DIE Self Publisher, DIE Verlagsautoren, DIE Franzosen, DIE Deutschen, DIE Männer, DIE Frauen. Wie ich Pauschalisierungen liebe!

"Sie ham da so'n Self Publishing Dingens gemacht, könnse mal was zu die Self Dingens sagen?"
"Tja, wissense, das Dingens war eine Verlagsarbeit: Zwei kleine Negerlein, die bastelten ein Ding. Da ging der eine pleite fein, da war's dann nur noch meinerein ..."

"Sie sind doch so ne richtig echte Verlagsautorin, Gatekeeper Hanser und Suhrkamp hamwer gehört, das issja so richtig echt und irre, so feuilletonmäßig, ne, nich, könnse mal was zu die Verlagsdingens sagen?"
"Tja, wissense, das E-Book zu dem Buch von Suhrkamp gebe ich selbst heraus. Im Self Publishing. Der Verlag und ich arbeiten da Hand in Hand. Und stehen Sie bitte auf, klopfen Sie sich erst mal den Staub aus den Haaren. Einen Kotau müssen Sie nicht machen. Pfeifen Sie lieber das Feuilleton her."

"Sie ham da Kommunikation gemacht. Könnse mal zackzack Formular 2015e einreichen?"
"Tja, wissense, moderne Autoren müssen Kommunikation machen. Elfenbeintürme sind nicht mehr, Artenschutz, wissense."

So geh das tagaus, tagein. Dreisprachig. Weil ich so irre bin, in deutscher Sprache in Frankreich für Kunden aus drei Nationen zu arbeiten. Weil ich so irre bin, mich in Deutschland um Endergebnisse und Projekte zu scheren, aber die Methode der Herstellung zweitrangig sehe. Ich bin Frau und französische Steuerzahlerin, gelte sozialversicherungstechnisch als écrivaine / Schriftstellerin, die keine Communication machen darf, und als Autorin für Kommunikation und PR, die keine Bücher schreiben darf. Bei der Steuer heißt das dann auteur-artiste / Autorin-Künstlerin, weil ich keine Skulpturen meißeln und keine Noten komponieren sollte, und weil die Steuerbehörde mit écrivaine nichts anfangen kann.

Die kommunizierende, literarisch schreibende, nichtliterarisch schreibende, nicht meißelnde Frau meißelt aber neuerdings auch noch Bücher. Das nennt man dann auto-édition. Erinnert nicht von ungefähr an auto-érotisme, also das Dingens, wo man sich's grundsätzlich selbst besorgt. Und weil ich langsam den Überblick über meine Identitäten verliere, werde ich jetzt auch noch entrepreneur, Unternehmer, weil man in den Amtsformularen in Frankreich Unternehmerin nicht werden kann.

Verwirrend? Nö, noch lange nicht. Ich werde nämlich womöglich sogar auto-entrepreneur. Nein, das sind nicht die Herren, die sich's in Vorstandsetagen grundsätzlich selbst besorgen. Das ist eine vereinfachte Unternehmensform für Gründungsphasen, in der man 18 Monate lang wie bekloppt schreiben, kommunizieren, meißeln, schreiben, onanieren, schreiben und Bücher machen darf, ohne Schubladen zu brauchen. Auch als Frau. Ihr könnt mich mal ... demnächst "Selbst-Unternehmerin" nennen, weil ich eine richtige Unternehmerin werde mit einem Selbst-Verlag, der aber auch ein richtiger Verlag sein darf, so wie ich eine richtige Unternehmerin sein werde. Noch schlimmer: Ich darf dann sogar Buchhandlung sein. Weil in Frankreich Verlage schon immer gern mal Buchhändler waren. Und Künstler Unternehmer, aber nicht alle Unternehmer Künstler. Man muss da schon genau wissen, wie man sich's selbst besorgt, das Paragrafenwissen, das Formularpäckchen. Auch als Frau!

Zurück in Deutschland: "Könnse mal zu die Self Publisher was ... ? Könnse mal zu die Verlagsautoren ... ?"
Nö. Kann ich nicht. Wieso immer ich? Könnse sich das nich ma selbst besorgen?

Ich bin schubladenmüde. Deshalb sorge ich derzeit für einen Überbau. Ich bin dann endlich wer: Unternehmer, männlich, weil das was hermacht und weil das Weibliche in keinem Formular vorkommt. Und ich bin artiste, la, weiblich, weil das jeder Depp und jede Deppin können, egal welchen Geschlechts. Künstlerin, habt ihr gehört? Das haben die Franzosen vor allen anderen begriffen - Künstlerinnen, die Unternehmer sind, alles mit einem Formular machen dürfen: schreiben, künstlern, unternehmen, schreiben, kommunizieren, es sich selbst ... pardon. Da kommt die linguistisch interessierte Übersetzerin in mir durch. Selbstverständlich leitet sich der auto-entrepreneur nicht von auto-érotisme ab. Auto bedeutet einfach: Das arme kleine Schweinlein, das alles selbst macht, von der Kaffeeköchin über die Sekretärin bis zur Chefin, Chefeinkäuferin, Controlerin und Produktionsleiterin, die auch rechtlich ganz allein für sich gerade steht. Kleiner feiner Unterschied: dieses "auto" steht nicht für "selbst", sondern für "allein".

Ihr könnt mich mal ... Alleinverlegerin nennen, Alleinunternehmerin, Alleinkünstlerin, Alleinautorin, Allein-Unterhalterin? Bleibt mir vom Hals mit eurem Self und Verlag und richtig und falsch und echt und nicht echt und nicht ganz echt und echter als echt. L'état, pardon, l'entreprise c'est moi. Echt jetzt.

Was zählt, ist das Ergebnis, nicht der Weg. Was zählt, ist das künstlerische Projekt und nicht die Frage, ob das jemals schon jemand vorher so gemacht hat. Was zählt, sind nicht die Schubladen, in denen sich's doch nur jeder irgendwie selbst besorgt. Was zählt, sind die Vernetzungen über Schubladen hinweg, die kompetenten Partner und das Publikum. Was zählt, ist die Qualität dessen, was am Ende herauskommt. Da ist der Staat hier unerbittlich: Wer bis zum Ablauf des Limits keine schwarzen Zahlen schreibt, fliegt raus aus dem System des "auto".

Drum quatscht hierzulande auch keiner lange herum. Ob Self Publisher was drauf haben oder Verleger zu klein sind oder Verlagsautoren geadelt gehören. Gnadenlos ist das System, Darwinismus pur: 18 Monate Bewährungsprobe. Da kannst du schreiben und verlegen, buchhandeln und unternehmen, kommunizieren und angeben und es der Kaffeeköchin besorgen. Aber wehe, du hast es bis dahin nicht drauf. Dann gehst du wieder auf Los, ziehst aber nicht 4000 Euro ein.

Drum, ihr könnt mich mal alle mit euren Schubladen. Besorgt's euch selbst! Ihr könnt mich mal ... einfach bei meinem Namen nennen. Der steht für das, was ich arbeite und was ich kann oder nicht kann. In welcher Funktion auch immer. Sogar wir Frauen können das. Auch wenn's dafür in den Formularen noch kein Wort gibt.

12. Januar 2013

Schon wieder Fahnenkorrektur

Ich korrigiere schon wieder Fahnen. Während des Korrigierens schreibe ich sogar noch ein Stückchen dazu. Ja, das geht hier wie's Brötchenbacken! Diesmal ist mein Essay über den berühmten russischen Dichter Wassili Schukowski dran, das sehr bald als deutschsprachiges E-Book erscheinen soll. Ich ergänze im Moment ein wenig die Passage über seinen Sohn Paul von Joukowsky (andere Schreibweise), der in Deutschland als Künstler und enger Vertrauter von Cosima und Richard Wagner bekannter geworden ist als sein Vater.


Weil ich den Buchtitel noch nicht öffentlich preisgeben kann, habe ich hier bei der Coverabbildung etwas radiert.
Anschließend wird das Essay ins Russische übersetzt werden und dann ist eine zweisprachige Druckversion angedacht, für die es bereits Nachfragen gibt.

Und nicht so ganz zufällig schneite mir gestern eine Anfrage ins Haus, die mich darin bestärkt, tatsächlich Essays in Reihe nicht nur zu schreiben, sondern auch herauszugeben. Sie werden wie das Buch über Wassili Schukowski zunächst "am lebenden Objekt" ausprobiert - nämlich in Form von Vorträgen. Wahrscheinlich im Herbst 2013 werde ich anlässlich des 400jährigen Jubiläums des Zarenhauses in Baden-Baden sprechen. Und über ein völlig anderes hochspannendes Projekt muss ich leider noch stillschweigen.

Auch das ist ein Vorteil von E-Books: Ich kann Themen sehr zeitnah veröffentlichen und mich auch kürzeren Formen zuwenden, die im Print eher stiefmütterlich behandelt oder von den Einkäufern in Verlagen nur angerührt werden, wenn auf dem Manuskript die passenden Doktortitel oder Prominentengrade stehen ...
Demnächst also ein neues E-Book von mir - über den Mann, der Goethe und Schiller in Russland bekannt gemacht hat.

Im Moment erscheinen diese E-Books zunächst bei Amazon. Sobald jedoch mein Verlag gegründet ist und ich einen Distributor gefunden habe, werde ich alle Shops beliefern können, selbstverständlich auch im Epub-Format. Das ist mir ohne Verlag leider noch nicht möglich - ich bitte um Verständnis.

11. Januar 2013

Ich fühle ... nichts

Ich war heute auf der Post und habe absolut nichts gefühlt. Es geht mir schon die ganze Woche lang so: Ich tüte aus, ich schaue an, ich bearbeite, ich tüte ein - und fühle nichts. Früher hatte ich dabei Herzklopfen bis zum Hals, einen Endorphinrausch, rote Backen und konnte nachts kaum schlafen: Wenn die Fahnen eines Buchs zur Korrektur kamen. Da war dieses irre High, wenn nach unendlich langer Zeit aus einem Manuskript wirklich sichtbar ein Buch wurde. Unendlich lang schien diese Zeit oft. Monate vergingen auch mit Agentur bei der Verlagssuche, bis dann alle Modalitäten geklärt waren, konnte ich endlich mit dem Schreiben beginnen. Und dann folgten noch einmal Monate für die eigentliche Produktion. Die Fahnenkorrektur war der Moment, in dem das zukünftige Buch bereits gesetzt war, man konnte es förmlich vor sich sehen.

Dieses Mal sind die Fahnen ein "erster Lauf". Später kommen noch Fotos zum Text dazu. Und weil es bei dem doch recht zeitlosen Buch von 2004 doch einiges zu aktualisieren gab, wird auch das Satzbüro noch einmal ran dürfen. Immerhin, das Buch wird bereits im April / Mai im Handel liegen.

meine Anfänge ...
Es ist alles anders als früher. Ich sehe plötzlich, woran bestimmte Satzfehler liegen. Es nervt mich, wenn sie mehr als dreimal vorkommen, hätten die nicht ...? Ich langweile mich bei der Korrektur, was gefährlich ist. Man wird unaufmerksam. Ich breche mir bei Texteingriffen keinen mehr ab wie früher. Heute sehe ich genau, wie viele Worte ich schreiben und ändern kann, ohne dass der Buchsatz zu sehr gestört wird. Ich sehe mit einem Blick, wann ein Einschub zu kurz oder zu lang laufen wird. Ich kann erkennen, an welcher Stelle ich die Satzfirma zum Fluchen bringen würde, weil ich das Seitengefüge verschieben würde. Ich langweile mich. Ich langweile mich doppelt, weil ich weiß, dass ich alle Aktualisierungen auch im E-Book eintragen muss und das ebenfalls noch einmal lektoriert werden will. Im gedruckten Buch habe ich mit Rot alles notiert.

Und dann gebe ich meine Fahnen zur Post, ein Ereignis, das ich früher gefeiert habe ... Ich fühle nichts. Nur Routine, es hat halt jetzt sein müssen, der Abgabetermin ist am 15.1., und ich habe jetzt schon abgeschlossen, weil ich mich nicht noch länger langweilen wollte. Endlich habe ich Zeit, das Manuskript zum E-Book zu machen. Das wird rasend viel schneller gehen und dann eben herumliegen müssen und warten.

Etwas hat sich verändert: Ich bin verwöhnt, was Zeit betrifft. Wenn ich ein E-Book herstelle, habe ich nicht mehr Monate "Hohlzeiten". Als ich den Buchsatz für "Faszination Nijinsky" machte und tausendfach alles korrigierte, hier an Laufweiten trickste und dort Hurenkinder killte, da habe ich geflucht. Eine ganze Woche habe ich jeden Tag von früh bis spät daran gearbeitet, insgesamt vielleicht drei Tage Fahnen korrigiert. Anderthalb Wochen, ganz allein, nur mit dem Techniker, der den Aushänger lieferte. Da war der Endorphinspiegel unglaublich! Gemischt mit Adrenalin, denn ich bangte ja um jeden kleinen Fehler, um jeden Zwischenfall, der sich bis zum Druck ereignen konnte. Als ich den Andruck in Händen hielt, habe ich einen Indianertanz vollführt und abends gefeiert.

Bei jenem Projekt stand ich unter Dauerstrom. Es gab keinen Autorenblues mehr bei der Abgabe des Manuskripts. Denn ich wusste: Nach dem Lektorat muss ich wieder ran, muss ich mich um die Technik und die Herstellung kümmern. "Das mache ich nie wieder", habe ich abends geschimpft. "Das macht irre viel Spaß!", habe ich am nächsten Morgen frohlockt. Und heute weiß ich, ich werde es wieder tun. Weil es süchtig macht. Weil ich das Gefühl nicht mehr missen will, die richtige Schrift auszusuchen, das Papier. Weil ich jetzt schon wie ein Schwamm durch Buchhandlungen streife: Nicht, um dringend ein Buch zu kaufen, sondern um in unterschiedlichen Formaten und Bindungen zu schwelgen, Einbände zu befingern. Und dann die Farbwelten eines Covers! Was haben der Grafiker und ich herumprobiert, bis wir genau das Blau hatten, das die Ballets Russes damals so berühmt gemacht hatte! Eine echte Herausforderung für die Druckerei - und die haben unseren Vorschlag dann nochmals optimiert.

Ich lese immer wieder von Kolleginnen und Kollegen, die stöhnen, was sie heutzutage alles machen müssten. Sie wollten doch einfach nur noch schreiben. Nichts anderes mehr denken und tun müssen - einfach nur schreiben. Als ich heute die Fahnen zur Post brachte, war ich fast ein wenig enttäuscht. Schade, ich würde über die eine Schrifttype nicht reden können. Andere würden sich nun ums Buch kümmern. Ich muss noch ein paar Fotos liefern, noch einmal über das Endprodukt sehen. Und habe dann nichts anderes mehr zu tun, als die Belegexemplare auszupacken.

Ich fürchte, mein abgestorbenes Gefühl heute ist ein Zeichen: Ich habe längst die Seiten gewechselt. Gestern im Supermarkt fiel mir eine kleine Buchreihe in die Hände, die ich dringend befingern musste. Mein Adrenalin stieg wieder: Die sahen ja sowas von bezaubernd aus, diese Bücher! Was für ein ungewöhnliches Format! Was für eine herrliche Idee, aus etwas Konventionellem ein solches Sammlerstück für wenig Geld zu machen. Sofort hatte ich eine Idee für eigene Texte. Aber vorher ist eine andere Reihe dran. Ein Freund zeigte mir, dass mein Konzept auf eine übertragene Art in England wunderbar läuft. Meine Idee mag schräg sein für hiesige Verhältnisse, aber sie ist nicht unmöglich. Ich will acht oder zehn Arme haben und mindestens fünf Köpfe, scharre wie ein Pferd mit den Hufen. Wann kann ich endlich loslegen? Schreiben macht verdammt viel Spaß. Aber Schreiben und sich auch die Hülle fürs Geschriebene auszudenken und dann an den Strippen zu ziehen, damit all die Ideen umgesetzt werden - das macht noch viel mehr Spaß.

1. Januar 2013

Ein Hoch auf die Korrekturen!

Man kann an einem Manuskript oder Buch nicht genug korrigieren! Wieder einmal lerne ich die Segnungen eines hochprofessionellen Lektorats und Korrektorats kennen. Es geht um mein Buch "Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt", das im April / Mai neu als Taschenbuch erscheinen wird. Ich sitze gerade an den Fahnenkorrekturen eines ersten Durchlaufs.

Wie das, werden jetzt einige fragen, Korrekturen eines längst als Hardcover erschienenen Buchs, das ohnehin ein Qualitätslektorat durchlaufen hatte? In der Tat scheint da doch alles erledigt? Als das Buch erstmals 2004 erschien, feilte ich zunächst selbst möglichst perfektionistisch an die Druckreife heran, danach setzte die Arbeit der Lektorin ein. Ich muss daraufhin den Text ändern und der Lektorin für einen weiteren Kontrollgang zurückgeben - das nennt man "Endlektorat". Dieser Text wiederum wird vom Korrektorat kontrolliert. Dann werden die Fahnen gesetzt, ich korrigiere diese und gebe von meiner Seite aus die Druckfreigabe. Aber erst, wenn die Lektorin noch einmal gegengecheckt hat und keinen Fehler fand, wird wirklich gedruckt.

Das Endlektorat, bei dem Lektorin und Autorin entscheiden, welche Formulierung oder Änderung endgültig im Text stehen wird, war besonders intensiv. Denn wir erledigten es nicht virtuell am Bildschirm, sondern bei einem persönlichen dreitägigen Treffen. Das hatte den Vorteil, dass man Missverständnisse vermeidet, ein Gefühl für die Arbeitsweise des Gegenübers bekommt und kritische Dinge diskutieren oder neu beleuchten kann. Außerdem hatten wir Fremdkorrekturen einzuarbeiten: Die Kochrezepte im Text waren eigens von einer Fachfrau aus einem Kochbuchverlag geprüft und auf Darstellungsnormen korrigiert worden. Man müsste meinen, so ein Manuskript sei nun wirklich perfekt und könnte doch eigentlich genau so als Taschenbuch übernommen werden?

Das Buch war auch so gut wie perfekt. Aber selbst bei der bestgeölten Maschinerie sind Menschen beteiligt und Menschen können irren. Den schlimmsten Fehler hat nach vielen Jahren Laufzeit und zwei Auflagen kein Leser bemerkt oder zumindest nicht angemerkt: In eins der Kochrezepte hatte sich ein Versehen eingeschlichen. Die "schwimmende Insel" konnte so nicht schwimmen. Während man bei einem E-Book so etwas schnell ändern kann, muss man im Druck auf eine Neuauflage warten.

Die ist nun in Arbeit und wieder habe ich eine Lektorin. Denn aus dem Hardcover wird ein Taschenbuch. Der Text wird also völlig neu gesetzt, das Buch erhält viel mehr Bilder und damit eine neue Form. Jeder technische Eingriff, jede Beteiligung von neuen Mitarbeitern, wie z.B. der Satzfirma, ist eine potentielle Fehlerquelle. Also muss ich wieder Fahnen korrigieren. Und in der Tat haben sich technische Unsauberkeiten eingeschlichen. Manche alten Trennungen tauchen nun im Text als Lücken auf. Müsste das aber nicht alles sein?

Die perfektionistische Autorin findet darüberhinaus tatsächlich noch das ein oder andere vergessene Komma oder einen unschönen Begriff, den man damals hätte besser formulieren können. Er war gut, er war korrekt - aber jetzt fällt mir einfach der noch bessere Ausdruck ein. Ich ergreife die Chance, ein paar Stellen zu optimieren.

Und dann spielt natürlich die Zeit eine Rolle. Das Buch erschien in der Erstausgabe 2004. Stimmt der Text denn noch inhaltlich? An einer Stelle muss ich den neuen Eigner erwähnen, weil das Negative, dass ich dem Besitzer zuschrieb, auf seinen Vorgänger gemünzt war. Ich ergänze ein neues Denkmal. Morgen muss ich in einem Sternehotel anrufen, ob es den berühmten Englischen Tee auf der Schlossterrasse überhaupt noch gibt. Denn aus dem einstigen Privateigentum ist vor drei Jahren ein Hotel geworden. Das zitiert auf der Website meinen Untertitel für ein Gourmetprogramm - Grund genug, der für Lesungen zuständigen Dame des Verlags den Tipp zu geben, sie möge sich doch nach einer kulinarischen Lesung daselbst erkundigen. Webadressen müssen geprüft werden: Sie veralten am schnellsten in einem Druckwerk.

Auch wenn alles gründlichst lektoriert und korrigiert schien - es gibt wieder Rot in den Fahnen - und die neue Lektorin wird wieder zu tun haben. In einem zweiten Durchlauf werden dann die Fotos zu sichten sein.

Solche Sorgfalt ist ganz sicher nicht in der Größe der Maschinerie auch im Self Publishing durchzuführen - aber am professionellen Lektorat sollte man mitnichten sparen. Der Erfolg eines Buchs steht und fällt mit der Qualität, vor allem, wenn es auch von Buchhandel und kritischen Lesern ernstgenommen werden sollte. Nie und nimmer sollte man sich einbilden, eigene Texte lektorieren zu können. Selbst wenn man das beruflich für andere macht - dem eigenen Text gegenüber ist man grundsätzlich betriebsblind. Auch Laien, Freunde und zufällige Testleser sind ungeeignet für eine solche Endqualitätskontrolle. Die übrigens weit mehr leistet als ein Korrektorat und damit nicht verwechselt werden sollte.

Bei meinem Manuskript für "Faszination Nijinsky. Annäherung an einen Mythos" habe ich mir sogar ein Mehrfachlektorat geleistet. Da war zunächst das ganz normale Lektorat, wie oben beschrieben. Vorher hatte ich jedoch noch zwei Menschen, die den Inhalt kritisch durchforstet haben: Einer, der sich beruflich mit Dramaturgie befasst, und einer, der speziell die historischen Sachfragen prüfte. Als dann alles perfekt und druckreif schien, konnte ich das Buch obendrein zur Prüfung einem Ballettfachmann übergeben. Ich hatte die Ehre, vom leider kürzlich verstorbenen großen Ballettkritiker Horst Koegler ein Feedback und kleinere Korrekturen zu bekommen. Aber es war damit noch lange nicht fertig: Als alles eingearbeitet war, kam der endgültige Korrekturvorgang. Und als es gesetzt war und der erste Andruck gemacht, eine Fahnenkorrektur, in der doch tatsächlich noch Kleinigkeiten auftauchten!

Nein, kaputtkorrigieren kann man ein Manuskript nicht. Wie mein aktuelles Beispiel zeigt, kann man jeden noch so überarbeiteten Text optimieren. Und je größer der eigene Abstand zum Text ist, desto eher fällt einem natürlich auf, wo Potential für Verbesserungen liegt. Zum Glück ist mein Elsassbuch von Profis ihres Fachs nun so oft durchgewalkt worden, dass es wirklich nur Winzigkeiten sind, die in der Änderung wahrscheinlich niemandem auffallen. Aber solche Fehler fallen auch an, wenn ich ein Buch nur in eine andere Form bringe: Vom Hardcover ins Taschenbuch, vom Druckwerk ins E-Book, vom Word-Text in ein anderes Programm. Wenn ich meine anderen Texte anschaue, die neu entstehen, die ich selbst zigmal optimiert und korrigiert habe - da bin ich dann doch glücklich, dass es professionelle LektorInnen gibt! Übrigens sind auch meine Blogbeiträge im Original nur halb so flüssig geschrieben ... Die Taste "edit" ist die von mir am häufigsten benutzte. Und ich entdecke in der Endform später noch genügend Fehler, die ich in einem Buch nie stehenlassen würde.

PS: Man möge mir verzeihen, wenn ich irgendwo die Reihenfolge von Arbeitsabläufen durcheinander gebracht haben sollte. Nach 50 Seiten Fahnenkorrektur kann ich nicht mehr geradeaus zählen ;-)