Seiten

31. Dezember 2010

Entdeckungen 2010

Welche Bücher, Filme, Kunstwerke o.ä. haben mich 2010 so nachhaltig beeindruckt, dass ich sie auch noch 2011 jedem ans Herz legen möchte?
Mein Fazit: Es wird mir immer schwerer, in Kunst und Kultur Dinge zu entdecken, die mich so tief berühren und beeindrucken, dass die Freude darüber ein Jahr überdauert. Das liegt daran, dass mir wirklich individuelle, besondere Werke mit Persönlichkeit weniger unterkommen, Werke, deren Schöpfer und Produzenten noch wagen (dürfen) ...
Bestseller, Hypes und selbst Preisgekröntes sind seltenst bei meinen persönlichen Perlen dabei, dafür aber immer häufiger "olle Kamellen", die der Handel nicht mehr unbedingt vorhält. Zum ersten Mal haben darum meine Einkäufe in Antiquariaten die im "normalen" Buchhandel übertroffen - gute Bücher lese ich nämlich auch dann, wenn sie schon über vier Monate alt sind und in vielen Verlagen bereits Ramschkandidaten. Außerdem unverzichtbar für mich: Die Stadtbibliothek. (Die Links führen zu meinen Rezensionen oder den Websites der Produktionen.)

BÜCHER
VERLAGE

MUSIK

THEATER
  • "The Nightingale and other short fables" von Igor Strawinsky in der Aufführung von Robert Lepage (Aix en Provence Festival)
  • "Nijinsky", Ballett von Ralf Rossa an der Oper Halle mit einem atemberaubenden Yann Rezavov in der Hauptrolle

FILM

ZEITSCHRIFTEN

DIE ENTTÄUSCHUNGEN DES JAHRES (ohne Kommentar)
  • Adam Soboczynski: Polski Tango, Aufbau
  • Sibylle Lewitscharoff: Apostoloff, Suhrkamp
  • Colum McCann:  Die große Welt
  • Die Boulevardisierung des Feuilleton mit Hype-Hymnen à la Hegemann und Sarrazin, die immer weniger Raum für "kleinere" Bücher lässt.
  • Kopflose Sparmaßnahmen in Kunst und Kultur (z.B. Theatersterben)
  • Buchmarkt à la RTL statt Programmvielfalt

30. Dezember 2010

Richtig trinken

Man kann Champagner zur Not aus Plastikbechern, aus der Flasche oder aus der Badewanne trinken. Aber wie macht man's richtig? Im Land des Genießens sind die Zeitungen wieder voll von Tipps zu Silvester, damit die Sinne richtig beflügelt werden - Le Monde klärt uns auf, wie man Champagner richtig trinkt. Den leisten sich viele Franzosen, auch wenn sie unterm Jahr nur den Vin Mousseux für einen Euro die Flasche trinken.

Traditionell isst man dazu oft Austern als ausufernde Hauptspeise, denn in der Saison sind sie nicht viel teurer als Schweinefleisch. Die Vorspeisen unterscheiden sich nicht allzu sehr von denen für Weihnachten: Gänsestopfleber oder Jakobsmuscheln, hunderterlei feine Pasteten und gefüllte Blätterteigtaschen, aber auch Salate mit Meeresfrüchten und Fisch sind sehr beliebt. Der Aspekt des gemeinsamen Zeremoniells beim Essen, der ja unlängst von der UNESCO unter Schutz gestellt wurde, ist an Silvester besonders wichtig. Die Zutaten für Raclette und Fondue (mit Käse oder à la Bourguignonne) finden sich im Supermarkt gleich in Stapeln - eine Variante für Leute, denen Austern nicht deftig genug sind.

Ich habe das unverschämte Glück, dieses Jahr keine Austern essen zu müssen. Nicht, dass sie mir nicht schmeckten, aber wenn ein Essen zum Must wird, kann es einem auch schon mal zu den Ohren herauskommen. Und ich hatte im vorigen Jahr das böse Erlebnis, dass der "Koch" beim Öffnen der Austern den Zitronentest (das Viech muss leben) für überflüssig hielt und eine Bekannte meinte, sich das "depperte" Ritual mit der Zitrone ebenfalls sparen zu können. Prompt erwischte sie die einzige tote Auster und das ist gefährlich. Bretonen begeben sich in so einem Fall sofort vors Haus und trinken ein Glas Pastis pur herunter. Das hat eine fatal explosive reinigende Wirkung, kann aber Leben retten. ***

Zur Löschung dieser Erinnerung gibt es morgen eine Köstlichkeit aus mit Maronen gefülltem Truthahn in Blätterteigmantel ... und um Mitternacht statt Champagner einen Elsässer Crémant nach traditioneller Methode. Es ist also das gleiche (extrem viel billiger) in der Flasche wie im Champagner, darf sich nur nicht so nennen, weil es aus einem anderen Gebiet stammt. Und am liebsten trinke ich die perlende Köstlichkeit völlig falsch: aus einer Schale. Bleikristall, mundgeblasen, handgeschliffen und -graviert, mit einem soundsoviel-Karat Goldrand. Solche Schönheiten wurden vor zehn Jahren noch zu Spottpreisen aus Böhmen nach Polen exportiert - heute kann man das wahrscheinlich längst per Internet zu verwestlichten Preisen kaufen...


 Wie aber trinkt man nun richtig? Le Monde erklärt uns die Nachteile herkömmlicher Sektgläser: Schalen sehen zwar schön aus, entlassen jedoch die Kohlensäure zu schnell und die Düfte des Getränks entweichen seitlich zu weit von der Nase weg. Das ist bei Sektflöten zwar besser gelöst, aber hier monieren die Profis, dass die Kohlensäure zu senkrecht und eng aufsteigt, dadurch in der Nase kitzelt und es unmöglich macht, etwas vom Bouquet wahrzunehmen. Sommeliers empfehlen also die Gläser, die man auch für eine Weinverkostung nimmt: Sie sind sehr einfach gestaltet, tulpenförmig und nach oben hin enger (Foto).

Hochwertige Sektgläser unterstützen das Aufsteigen der Kohlensäure, indem der Boden wie ein spitzes "V" geformt und am besten aufgeraut ist. Das führt zu nahezu ununterbrochenen, gleichmäßigen "Perlenschnüren". Außerdem wichtig ist die Glaspflege: Ein gutes Champagnerglas sollte nur mit heißem Wasser in Berührung kommen, aber nie mit Spülmittel, das die Entwicklung der Kohlensäure hemmt und sogar die Geschmacksentfaltung stören kann.

Und dann steht dem Hochgenuss eigentlich nichts mehr im Weg. Wer so probiert, wird merken, dass Sekt oder Champagner nicht einfach nur lustige "Kribbelwasser" sind, sondern wie beim Wein auch sehr unterschiedliche Qualitäten und Bouquets haben können. Und beim nächsten Einkauf im Elsass beachten: Es gibt nach dem Champagnerverfahren hergestellten "Crémant". Das AOC-Label muss er haben und nach "méthode traditionelle" gefertigt sein - und wenn es dann auch noch ein Grand Cru ist, er also aus kontrollierter bester Lage stammt, kann er es mit dem französischen Edelgesöff durchaus aufnehmen.

Vielleicht hat dieser Beitrag an ein gewisses Kapitel über das Weingenießen von mir erinnert? Gibt es Menschen, die neugierig wären, zu erfahren, wie manche Könner Rebsorten im Glas hören? Oder warum man in Frankreich einen "Palast" in der Mundhöhle trägt? Und wie man das eigentlich macht, dieses Weinschmecken? Das Kapitel "Kultur auf der Zunge" mit dem passenden Rezept zum Coq au vin, dem in Wein geschmorten Hähnchen, findet sich in meinem Elsass-Buch. Und das soll sich nächstes Jahr endlich wieder im Handel breit machen - wenn auch in anderer äußerlicher Aufmachung für die dritte Auflage. Und damit nicht genug: Es wird nicht mein einziges Genussbuch bleiben, das mit dem Elsass zu tun hat!

Ich darf vielleicht auch schon verraten, dass ich für die Zukunft mehr Veranstaltungen in dieser Richtung plane, die garantiert keine "trockenen" Lesungen werden, sondern Buchkultur mit Genusskultur verbinden sollen. Und weil ich endlich auch mutig genug bin, in französischer Sprache aufzutreten, kann ich mir sehr gut ein grenzüberschreitendes, zweisprachiges Programm vorstellen. Noch ist das Zukunftsmusik - zuerst müssen die Bücher erscheinen und dann passende Veranstalter gefunden werden. Aber nach dem Nijinsky-Buch kommt "Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt" wieder, versprochen!

Und damit wünsche ich allen Leserinnen und Lesern hier ein interessantes und gutes neues Jahr!

*** Nach Silvester ist man schlauer: Ich habe mir sagen lassen, Austern seien inzwischen alles andere als billig, die Preise steigen rasant. Ein Herpesvirus in Verbindung mit Bakterien macht ihnen nämlich den Garaus. Angeblich ist er ungefährlich für Menschen, aber tödlich für junge Austern. Ursache der Seuche: die Vermüllung der Meere durch den Menschen und beste Vermehrungsbedingungen durch ansteigende Temperaturen. Denn auch das ist die Auster: der perfekte Müllschlucker.

29. Dezember 2010

Betriebsblindheit

Es ist oberpeinlich. Es ist sträflich ... Aber was mir gerade passiert ist, eignet sich hervorragend als Beispiel dafür, wie betriebsblind Buchautoren sein können ... (weshalb man sie nie allein lassen sollte mit ihren Texten).

Für ein abschließendes Essay im Nijinsky-Buch lese ich gerade tonnenweise Texte quer. Einerseits ist das eine Technik von mir, um das freie Assoziieren und chaotische Inspirieren anzuregen. Ich überfüttere sozusagen vorsätzlich mein Gehirn, damit die Muse endlich Manna kotzt. Andererseits steckte aber auch in den zwanzig Seiten Text über Harry Graf Kessler dieses eine winzige Zitat, das sich so gut machen würde. Und irgendwo in dieser wissenschaftlichen Abhandlung waren genau die Edelsteinnamen von Cartier versteckt, die ich mir immer nicht merken kann. Beinhaltete nicht diese 25-MB-Datei noch etwas Ultrawichtiges, das in keinem Essay dieser Art fehlen darf? Und ... ach nein, die andere Datei war kein Stoff "über", sondern die Autobiografie einer Primaballerina. Unwichtig und schon gelesen.

Vor ein paar Minuten hatte mein armes Hirn eigentlich längst genug - nach einem Parforceritt durch die orientalistischen Strömungen der russischen Literatur und Musik des 19. Jahrhunderts (man gönnt sich ja sonst nichts). Die Autorin schärfte sich noch einmal ein, dass sie einen "leichtfüßigen" Text zu schreiben hatte, dem man solche Recherchen und so viel Wissen nie und nimmer ansehen dürfte. Sie könne es also dabei belassen, einen Schostakowitsch auflegen und Feierabend machen.

Nur noch ein einziger Text, nur noch eine winzige Datei öffnen, quengelte die magere Muse. Die Autorin gehorchte, schließlich muss morgen der Text entworfen werden. Brav öffnete die Autorin die nächste Datei, die bisher ein stiefmütterliches Dasein geführt hatte.

Aha, das Futuristische Manifest. Soso. Nun ja. Warum ich das wohl unter "Nijinsky" abgespeichert haben mag? Und jetzt? Weg damit, Feierabend! Aber dieser eine Satz hielt mich gefangen. Da kam noch etwas anderes... Höchst interessant. Richtig gut geschrieben. Mannomann, das darf nicht wahr sein: Dieser Autor behandelte genau mein Thema! Sprach mir aus dem Herzen und brachte genau die Punkte, die ich für mein Essay brauchte. Genau das aber war die Katastrophe. Wenn sich schon andere helle Köpfe damit beschäftigt hatten, würde man mir Langeweile vorwerfen. Und so verwandt dieser Autor meinen Gedanken schien, würde ich allenfalls ein müdes Plagiat schöpfen können. Nur, wer war dieser verdammte Kerl, der mir die Gedanken aus dem Kopf nahm und auch noch richtig gut formulierte?

In Quellenarbeit bin ich ein ordentlicher Mensch. Am Ende des Texts finde ich immer Urheber, Titel und genauen Fundort. Diesmal schicke ich meine Muse Sekt trinken. Der verdammte Autor war ich selbst. Vor über einem Jahr hatte ich an dieser Stelle bereits einen Text entworfen, ohne zu wissen, dass daraus ein Essay werden könnte. Unerklärlich nur, warum ich ihn ans Futuristische Manifest geklebt habe ... Der Kerl ist nicht übel. Notiz für morgen: Fragen, ob er nicht öfter für mich schreiben möchte. Ich mach dann die Muse und trinke Sekt.

Klugeierei

Richtig bemerkt! Im Titel fehlen etliche Zischlaute. Sprache lebt, Sprache verändert sich. Und weil gewisse Wörter im Internet zum Beispiel sofort Kindersperren oder bösartige Bots aktivieren würden, kann man das umgehen, indem man - wie in den USA gebräuchlich - Stinkewörter zensiert. Oder eben frech verändert. Wie lange aber wird es dauern, bis sich das Neuwort "Klugeierei" durchsetzt? Wenn mir fünf begeisterte Fans das nachmachen, haben wir das Wort schon etwas häufiger in Gugl katapultiert. Den Beitrag müssen dann nur noch irgendwelche anderen Menschen zitieren, kräftig verlinken und das Wort damit noch besser platzieren.

Dann nämlich kann es passieren, dass der unterbezahlte und völlig gestresste Dauerpraktikant einer Tageszeitungsredaktion auf der verzweifelten Suche nach Stopfmasse für die Zeitungsseite über den Beitrag stolpert, nicht richtig hinliest und einen Artikel über Klugeierei verbricht. Ein Nachrichtensprecher, der sich beim Frühstück köstlich darüber amüsiert hat, bekommt den Ohrwurm nicht mehr aus dem Kopf und verspricht sich: Die Klugeierei gelangt in den Äther. Börsenmakler und Konzernchefs finden es irre schick, weil es so etwas Amerikanisches und Praktisches hat - die Klugeierei eiert in Geschäftsberichte und wird von Politikern zitiert. Weil viele Journalisten sich vor diesen hohen Herren keine Blöße geben wollen, vergessen sie das arme "s" und "sch" völlig und machen es nach: Sie eiern fortan ebenfalls klug. Und weil Gugl all diese Spracheiereien aufnimmt - und seien sie noch so falsch - macht irgendwann die Klugeierei der zischenden Variante Konkurrenz.

Aber wird etwas allgemein verbindliche Sprachregelung, nur weil man es bei Gugl findet, weil es Wirtschaftsbosse dreimal am Tag sagen und Journalisten kopflos aufschreiben? Nein. Dazu müsste sich ein Wort erst einmal allgemein gegen seine ältere Konkurrenz durchsetzen und von der Dudenredaktion aufgenommen werden. Zum Jahresende lohnt sich der Blick in die Werke derselben besonders - ich empfehle ihn vor allem den Journalistenkollegen, die immer unkritischer und willfähriger seltsame Spezialsprachen von Politikern und Wirtschaftsbossen übernehmen, ohne über deren Sinn nachzudenken. Anders ist es nicht zu erklären, dass Zynismen wie "Kollateralschaden" salonfähig werden und der verächtlich gemachte, nicht für voll genommene "Wutbürger" Wort des Jahres wird.

"in 2011"

Auch wenn man es noch so oft hören und lesen mag: Millionen Fliegen können irren.
Dieser Anglizismus ist Wirtschafts- und Werbesprache, aber kein gutes Deutsch. Der Börsianer mag seine Kunden damit erfreuen, der Autor bringt nur seinen Lektor auf. Zumindest wer für feine Verlage schreiben will, sollte sich an die übliche Regelung halten:
"2011" (ohne Präposition) oder "im Jahr 2011".
Der Duden erklärt es noch einmal hier. Und auch der Zwiebelfisch, der die Sache für Spezialgebiete (etwa Geschäftsberichte) lockerer sieht, empfiehlt im Zweifelsfall immer die korrekte Regelung.

Sehr schön ist dort auch erklärt, warum das Fest übermorgen
Silvester
heißt. Es ist nämlich weder nach Sylvester Stallone noch nach Kater Sylvester benannt, auch wenn das jüngere Generationen nicht immer wissen können. Aber man kann Wörter ja auch lernen.
Den Zwiebelfisch zu fragen, empfehle ich übrigens auch Heinrich mit seinem Problem "zwischen den Tagen". Die freuen sich über solche Beispiele!

Natürlich darf Tante Erna schreiben, wie ihr der Schnabel verwachsen ist. Wer sich jedoch mit Manuskripten bewirbt, der sollte wissen, dass viele von Verlagen schon deshalb zurückgewiesen werden, weil ein Lektor zu viele Sprachfehler korrigieren müsste. Und je einfacher diese mit einem Blick in den Duden zu korrigieren gewesen wären, desto schlechter stehen die Chancen - da kann die Geschichte noch so gut sein (ist sie allerdings meist nicht, wenn schon die Sprache nicht beherrscht wird).

Genug kluggeeiert. Ich möchte nicht wissen, wie viele Fehler ich in diesem Beitrag redigieren müsste, wäre er für ein Qualitätsblatt geschrieben. Dass ich als Bloggerin einen Korrektor nicht bezahlen kann, sollte keine Ausrede sein.

28. Dezember 2010

Denkste!

*** Angeblich werden Bücher zu 95% von Frauen gekauft. Angeblich kauft fast die ganze Menschheit Bücher beim Online-Buchhändler. Angeblich können auch Fischverkäuferinnen und ungelernte Kräfte Bücher verkaufen.

Denkste! Die sogenannte "Zukunftsstudie" des Börsenvereins räumt mit diesen Märchen auf, die Zahlen sind überraschend. Vor allem zeigen sie mal wieder eines: Kundinnen und Kunden sind nicht ganz so doof, wie sie diejenigen gern hätten, die sich ausmalen, wie Kunden denn zu sein haben.

*** Angeblich ist der oder das Libroid irgend so etwas wie ein neuer Reader oder eine neue Software und wird den E-Book-Markt völlig aufmischen. So war es zumindest in vielen großen Medien zu lesen.

Denkste! Das Literaturcafé hat dem Kaiser seine neuen Kleider ausgezogen und entdeckt lediglich eine App und einen schlauen Marketingschachzug für ein Sachbuch.

*** Angeblich ist alles, was aus dem angelsächsischen Raum kommt, so toll, dass es von deutschsprachigen Verlagen sofort 1:1 lizensiert wird. Angeblich halten deutschsprachige Verlage Leserinnen und Leser von Historischen Romanen für intelligent.

Denkste! Zwei Buchgestalter zeigen im Börsenblatt, wie Fischer-Scherz einen der bekanntesten Cover-Gestalter unserer Zeit abbügelt und ein Buch zu dümmlicher Schmonzettenware umbügelt, das nun wirklich mal "anders" war. Kein Einzelfall, leider.

*** Angeblich ist Social Media der Schlüssel zum Erfolg von Büchern und Multimedia der letzte Hype.

Denkste! "Literaturkritik" hat sich Verlagswebsites angeschaut und festgestellt: Weniger ist mehr. Ein absolut lesenswerter Artikel über Verlage, die es können, und Verlage, die noch viel lernen müssen, damit das Buch im Geblinkere nicht untergeht. Davon können sogar Autoren für ihre Websites lernen.

27. Dezember 2010

...keeps the world go round

Moneymoneymoney... was sonst. Ganz im Sinne des VS muss ich noch ein Wörtchen über Einkünfte von Buchautoren verlieren.

Eben schneit aus den USA die Meldung herein, Julian Assange bekomme für seine Autobiografie 1,3 Millionen Dollar Vorschuss. Lassen wir mal mein persönliches Problem beiseite, weil ich mich immer frage, wie viel Leben solche Jungs eigentlich schon hinter sich haben, dass sie einen in Buchlänge damit besemmeln dürfen. Mich interessiert gerade eine Milchmädchenrechnung ganz anderer Art. Man behauptet ja immer, all dieses Promi-Gedöns zwischen Pappedeckeln käme uns unbekannten Autoren zugute. Weil damit so schweinisch viel verdient würde, dass man mal wieder ohne schlechtes Gewissen ein bißchen deutschsprachige Altpapiertapete einkaufen könne. Wenn ich mir aber die Bestsellerlisten Sachbuch und die Prognosen in Branchenzeitschriften anschaue, findet man außer Promis nicht mehr viel Tapete.

Jetzt bin ich in Mathematik immer verdammt schlecht gewesen. Dreisatz muss ich mir in Lebensmitteln vorstellen, um ihn berechnen zu können. Vielleicht frage ich mich deshalb plötzlich, ob diese Hoffnungsgleichung nicht in Minuszahlen ausgehen müsste. Nehmen wir mal einen Verlagskühlschrank, in den wir ständig Kaviar reinstellen, weil alle Leute irre viel von dem Zeug kaufen, wenn man ihnen verklickert, dass alle das haben wollen. Teuer genug war es ja. Jetzt mal ehrlich: Würde so eine Hausfrau noch freiwillig Kartoffeln kaufen? Die muss doch ihre letzten Kröten sparen, um sich wieder ihren Stoff reinzuziehen, der ohne Champagner gar nicht schmeckt? Und wer übergibt sich nach dieser Diät eigentlich am Ende?

Einer, der es mit Mathematik sehr viel besser kann als ich, ist der US-Autor J.A. Konrath, der vor nicht allzu langer Zeit Schlagzeilen machte, weil er aus dem herkömmlichen Verlagsgeschäft ausstieg. Jetzt rechnet er bei Daily Finance vor, was sich mit den selbstverlegten E-Books verdienen lässt (man vergleiche die in Deutschland üblichen lächerlichen Tantiemen). Der Artikel weist zwar kritisch darauf hin, dass Marketing zu einer der größten Herausforderungen solcher Autoren werden wird. Aber selbst eine Mathematikbanausin wie ich kommt da auf die glorreiche Idee, dass man sich mit 70% Tantiemen und vielleicht ein wenig Tauschhandel doch eigentlich ein Marketing-Netzwerk finanzieren könnte?

Dies war ein Prokrastinationsbeitrag. Ich drücke mich vor Erstellung der Jahresabrechnung für eine gewisse Behörde bis zum letzten Moment, in dem ich der Ödnis ins Auge sehen muss. Denn der gesetzliche Mindestlohn gilt in Frankreich auch für Schriftsteller (irres Gelächter ertönt) ...

Versprecher-Spaß

Der schönste Versprecher aus der Buchbranche stammt von Imre Török, dem Bundesvorsitzenden des Verbandes deutscher Schriftsteller - vielleicht aber auch nur aus der zusammengesparten Redaktion im Südkurier. Darin gibt er dem angehenden, noch unveröffentlichten Schriftsteller als Spezies nämlich den weisen Rat: "Er sollte besser ein paar Einkünfte einholen."

Ich möchte diesen Ratschlag auf schon veröffentlichte Autoren ausweiten: Ja, liebe KollegInnen und Kollegen, sorgt für einen ordentlichen Brotjob. Denn nur mit ordentlichen Einkünften lässt sich genügend für den leeren Kühlschrank einholen.

Buch-Jahresrückblick

Ich hasse Jahresrückblicke. Ich schau sie nicht an und lese sie nicht, weil ich dann nur noch einmal geballt mit dem bombardiert werde, was mich unterm Jahr schon in den Medien genervt hat. Witziger finde ich spezielle Rückblicke, wie sie etwa der "Buchmarkt" noch täglich bis 6. Januar bringt: Leute aus der Buchbranche werden "buchlastig" interviewt. Zum Glück werde ich nie befragt, denn was ich da antworten müsste, kann ich öffentlich manchmal gar nicht sagen. Die Erinnerung an die Leute, über die man sich wirklich geärgert hat, wirft man besser auf den Kompost, statt solchen Leuten auch noch die Ehre anzutun, sie zu nennen ... Andererseits schreibe ich Freunden auch immer einen "Jahresbrief" (statt Weihnachtskarten) - für mich ein schönes Ritual, auch mit denen Kontakt zu halten, die man nur selten sehen kann.

Wie war mein Buchjahr?
Es fing schon entsetzlich an, als im Januar meine wunderbare Literaturagentur dicht machte, und es war ein Omen: Jeder andere Beruf ist wirtschaftlicher, als sich ausschließlich anspruchsvollen Büchern und Literatur zu widmen. Es hat mich so ins Mark getroffen, dass ich immer noch keine neue Agentur haben will, weil ich eigentlich keine Bücher schreiben möchte, wie sie die großen Agenturfabriken zunehmend haben wollen. Freudige Überraschung: Bei Verlagen, die solche Bücher auch nicht haben wollen, kann man wider allem Geraune unter Autoren sehr gut selbst anklopfen. Trotzdem heule ich meinem Agent immer noch nach. Er war einfach mehr als nur ein Agent, er hat mir geholfen, die eigenen Stärken quer zu allen Außenerwartungen zu entwickeln.

Die anderen Katastrophen des Buchbranche gruppierten sich um zwei Todesfälle in der Familie. Gleichzeitig kämpfte ich ums finanzielle Überleben mit einem Übersetzungsauftrag, für den ich mir die letzte Kraft aus den Knochen kratzte. Danke der Verlegerin, die Verständnis zeigte und mir Verlängerung gewährte. Denn ebenfalls gleichzeitig scheiterte mein Herzensprojekt kurz vor der Produktionsphase an den Finanzen (nicht den meinen). Wieder ein wunderbarer Mensch: Mein Anwalt kümmerte sich für mich um den schnellen Rückfall der Rechte. Aber was macht man mit einem Buch, das eigentlich fertig ist und doch nicht das Licht der Welt erblickt? Ich weiß nicht mehr, woher ich die Kraft nahm, mich damit noch woanders zu bewerben, ja sogar das Exposé völlig umzuschreiben.

Rechterückfall ist ein kurioses Ding. Heuer bekam ich nämlich endlich endlich, nach unzähligen Briefen und Kämpfen über die Jahre, von Random-House meine Rechte für das Odilien- und das Madonnenbuch zurück. Die hatten zu guter Letzt nämlich das aufgekauft, was von den über die Jahre ständig verkauften, fusionierten und sonstwie verkneteten Ursprungsverlagen übrig geblieben war - und im Gegensatz zu den Vorgängern funktioniert hier die Rechtsabteilung perfekt. (An den stets unzuständigen Vorgängern hatten sich sogar zwei Agenten die Zähne ausgebissen.) Es ist schon der helle Wahnsinn, was man manchmal tun muss, um endlich wieder über ein eigenes Werk verfügen zu dürfen, das man vor dreizehn Jahren geschrieben hat. Daran, dass das erste Buch ein Bestseller war und dann zu Höchstpreisen gehandelt wurde, darf ich gar nicht denken. Jetzt, wo ich die Rechte wiederhabe, ist es hoffnungslos veraltet.

Weniger schön läuft es leider auch bei Lübbe, die ja jetzt wieder Bastei heißen und pünktlich mit der Namens- und Programmänderung all meine Bücher verramschen. Ärgerlich ist, dass ich davon jetzt nur im Fall eines der Viola-Beer-Büchlein ordnungsgemäß informiert wurde - die anderen Male erfuhr ich oft Monate zu spät und nur durch peinlichste Zufälle über Leser davon und hatte nicht einmal die Gelegenheit, noch Exemplare meines ersten Romans zu erstehen. Auch beim "Lavendelblues" muss erst ich wieder mühsam anfragen und den Rechterückruf veranlassen - ich kann im Moment nur vermuten, dass er verramscht wurde. Die Autorin erfährt das als letzte... Ärgerlich, dass ich, solange ich nicht über die Rechte verfüge, nicht einmal selbst eine Backlist schaffen kann. Die Bücher sind so lange schlicht tot. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass dieses Kapitel zu Ende ist und ich sehr viel daraus gelernt habe - mehr, als mir zunächst lieb war.

Dann noch eine Katastrophe: Der Verlag, der mir telefonisch quasi ein Buch über die Ballets Russes zugesagt hatte, machte aus Konkurrenzangst sehr plötzlich einen Rückzieher, weil weltweit so viele Ausstellungskataloge erschienen. An dem Punkt war ich zum Glück schon jenseits von Gut und Böse, ich hatte so viel mit Tod, verpassten Leben, gnadenloser Überarbeitung und einem drohenden Burn-out zu kämpfen, dass mir plötzlich alles herrlich egal wurde. Ich weiß nicht mehr, ob es wirklich so war oder nur fiktionalisierte Realität ist, jedenfalls vermeine ich, mich an einen hysterischen Lachanfall zu erinnern. Ich lachte über mich selbst. Über dieses dumme kleine Tanzmäuschen in seinem Laufrad, das dabei war, weitere wertvolle Jahre seines Lebens damit zu vergeuden, nach der oft irrsinnigen, weil contra-logischen Pfeife anderer zu tanzen und nur das zu machen, was kleine Tanzmäuschen eben angeblich so tun.

2010 war aber auch das Jahr besonderer Begegnungen und seelenrettender, kraftgebender Musik (besonderer Dank an Monsieur Schostakowitsch). Das kleine Tanzmäuschen, das sich gerade aus dem Käfig freigebissen hatte, voll Trotz und Wut im Bauch, begegnete Petersburg in Wissembourg und einigen Menschen, die es gehörig aufhetzten. Seither ist nichts mehr, wie es vorher war. Sollte ein Projekt, an das so viele nicht ganz dumme Menschen fest glaubten, an dem ich zwei Jahre hart gearbeitet hatte, für das ich im Winter jämmerlich gefroren und ein Jahr in Armut gelebt hatte, einfach so mit Fingerschnipp sterben? Nie werde ich diese beiden amerikanischen Musikmäzene vergessen, die mir den Kopf gewaschen haben: Wenn man Kunst macht und an ein Projekt glaubt, dann hört man nicht auf die Verhinderer und Zauderer, dann stellt man alles Mögliche und Unmögliche auf die Beine, damit das Werk auch eins wird. Und wenn der eine Weg nicht funktioniert, sucht man einen anderen. Ziemlich entsetzt schauten sie mich an, als ich meinte, ich bräuchte halt einen Verlag. "But why?", fragten sie. Und das fragte ich mich natürlich fortan auch.

Das war damals wie ein "point of no return". Türen waren zugeschlagen, andere öffneten sich. Hinter den anderen fand ich eine Welt, die mir sehr viel mehr entspricht, in der es sich endlich wirklich kreativ sein lässt - sogar innerhalb der Buchbranche. Faszinierend, welche Querdenker und Mitdenker ich plötzlich kennenlernte - wo ich die Jahre zuvor noch relativ allein vor mich hingewerkelt hatte. Allein die Menschen, die in mein zweimal "verunfalltes" Buch hinein fanden, waren alle Mühe wert. 2010 war das Jahr, alles anders zu machen - auf das Herkömmliche, vermeintlich so Sichere, zu pfeifen.

Ach ja - das gehört auch zu diesem Jahr: Ich lerne unwahrscheinlich viel. Dazu zählt auch die Auffrischung meiner Kenntnisse von Satz und Layout und das harte Brot der Buchherstellung. Ich knüpfe wieder an alten, bisher brachliegenden Berufskenntnissen an. Das Übersetzen lehrt mich unwahrscheinlich viel über die eigene Muttersprache und beeinflusst so mein Schreiben. Die Katastrophen haben mich absolut gelassen gemacht: Ich will mir eines Tages nicht selbst vorwerfen müssen, ich hätte Lebenszeit vergeudet. Bücher, die an Verlagspleiten oder Firmenänderungen scheitern; Bücher, die einem Programmstrategiewechsel zum Opfer fallen - wo es weder um Inhalte noch Arbeit geht, sondern nur um Strategie oder Profit? Aber Hauptsache, sie waren "ordentlich" verlegt?

Das ist mein Wunsch fürs nächste Jahr: Ich will Bücher machen, die das Publikum nicht für blöde verkaufen, sondern ihm etwas geben und gern auch fordern. Ich will Bücher schreiben, die von denen, die sie machen, wertgeschätzt werden und gepflegt. Ich möchte mir die Freiheit nehmen, in einem glattgebügelten Markt Risiko zu wagen und Anderssein. Ich glaube nämlich daran, dass viele Leserinnen und Leser die Nase voll haben von Eintöpfen. Ich will ARTE statt RTL. Und ich will das nicht nur wollen, ich mach das auch ... Dass ich eine immense Kraft dazu habe, habe ich ebenfalls gelernt. Aber auch, diese Kraft nicht mehr an den falschen Stellen zu vergeuden. Inzwischen kann ich zuversichtlich an Stellen Nein sagen, an denen ich früher froh gewesen wäre, Ja sagen zu dürfen.

Spannend wird das Jahr 2011 werden, das wie pure Science Fiction klingt. Und das erinnert mich an einen Brief, den ich als Teenie an die Frau geschrieben hatte, die ich im "Science-Fiction-Jahr" 2000 sein würde: "Vergiss nie die Träume, die ich habe. Lass sie dir von keinem wegnehmen. Mach sie wahr!"

PS: Typisch, dass ich ausgerechnet das vergesse, worüber andere am meisten jubeln würden: Ein Verlag hat mir ganz von sich aus einen Vertrag angeboten. Aber erstens glaube ich das nur nach den Unterschriften und zweitens weiß ich noch nichts. Mit beginnendem Frühjahr werde ich mehr wissen ... und bis dahin produziere ich ein Buch.

22. Dezember 2010

Kitschkiller

So - ich habe jetzt zum letzten Mal in diesem Jahr einen Supermarkt betreten und muss sagen, das war nach all der Schneeruhe doch sehr "strange". Schon lange nicht mehr habe ich so viele genervte, gehetzte und aggressive Zweibeiner auf einem Haufen gesehen - man könnte meinen, die Christenheit ziehe in den heiligen Krieg. Wie die Krieger fahren sie nämlich auch auf den Straßen. Und wer davon noch keine Depressionen hat, bekommt sie beim Einkaufen.

Erstens wird es in Frankreich immer abenteuerlicher, wirklich unverfälschte Frischware statt Convenience-Food zu erstehen. Selbst die Gänsestopfleber (das langweilige Must zum Fest) wird inzwischen fabrikartig hergestellt, aufbereitet, eingeschweißt, verdost, verglast und in rauen Mengen gestapelt. Dafür fahren wir für ein gutes Brot, das diese Bezeichnung auch verdient, schon 30 Kilometer. Und zweitens frage ich mich, wie man das Essen mit einem französischen Durchschnittsgehalt überhaupt noch bezahlen soll, wenn ein Kilo Gemüse schon so viel kostet wie ein Kilo Wildschwein. Aber wenigstens tropft aus allen Lautsprechern quietschesüße Xmas und die schlimmsten Aufreger werden mit Plastikzweiglein und Plastikbeerlein kaschiert. Nur wer genau hinschaut, erkennt, dass die Mobilen längst in Deutschland einkaufen und die Armen im Land immer mehr werden. Heute dürfte ich nicht an einem Elsassbuch schreiben, es käme das Gegenteil von Idylle heraus.

Deshalb schweige ich besser. Und wünsche all meinen Leserinnen und Lesern, die Weihnachten feiern, ein wunderschönes und ruhiges und besinnliches solches. Und allen anderen wünsche ich möglichst wenig falschen Kitsch und trotzdem ein gutes Essen. Und rutschet mer guet, ab'r nit uff dr' Strooß!

Ich verschwinde dahin, wo um diese Jahreszeit die nervigen Zweibeiner fast nie anzutreffen sind, dafür aber umso mehr Wildschweine: in den Bergwald!

21. Dezember 2010

Twitter-Märchen

Die einen halten es für Zeitverschwendung und reine Spielerei, die anderen nutzen es intelligent für den Beruf und manche sollen sogar süchtig sein: Es ist die Rede von Twitter. Für Generalverweigerer sei kurz erklärt: Twitter ist Teil der sogenannten Social Media, des kommunikativen Internets. Vergleicht man Social Media mit Putzwerkzeugen, wäre Twitter vielleicht der Wischlappen, denn es ist schnell und einfach zu benutzen, hat aber durchaus ein wenig Chaos an sich. Ob es sich damit putzen lässt, liegt wie bei allen Mitteln in der Hand des Benutzers.

Viel wird darüber geschrieben, doch die wenigsten erzählen prägnant vom wirklichen Nutzen in Spezialgebieten. Ganz anders Wibke Ladwig, Online-Managerin in der Buchbranche. Ihr Interview für "Verlage der Zukunft" ist absolut lesenswert: "Durch Twitter können Verlage direktes, unverfälschtes Feedback erhalten". Autoren sollten unbedingt auch hineinschauen, denn sie erfahren nicht nur, was Verlage so treiben, sondern vor allem, wie sich die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Buchbranche verändert - bis hin ins reale Leben abseits der Bildschirme. Vieles gilt auch für Autoren. Was Wibke Ladwig von Twittagessen und Buchcamps erzählt, erinnert mich an meine eigene Twitterlaufbahn. Nach einem Jahr ist es Zeit für ein Resumée, ein sehr persönliches aus Autorensicht - nachdem ich Twitter lediglich als "beruflichen Kanal" auf Herz und Nieren testen wollte.

Vorweg: Ich klöne nicht privat auf Twitter herum und erzähle nicht, dass mir gerade der große Zeh juckt. Es sollte von Anfang an ein berufliches Kommunikationsmedium sein, einigermaßen begrenzt auf Buchbranche, Kunst und Kultur. Dementsprechend handverlesen und zahlenmäßig begrenzt sind die Leute, denen ich folge (deren Beiträge ich sozusagen abonniere und tatsächlich lese). Bei denen, die mir folgen, filtere ich Werbekram und Blödsinn aus, soweit das möglich ist: Klasse statt Masse. Meine Strategie ist diesselbe wie im Blog: Keine Dauerwerbung abzusetzen, kein reiner Info-Ticker zu sein, sondern ein ansprechbarer Mensch - professionell, aber authentisch, und offen für Chaosstrukturen des Mediums. Diesbezüglich hatte ich gerade mal wieder eines der schönen Twitter-Erlebnisse, als ich eine docx-Datei nicht öffnen konnte. Nachgefragt - und innerhalb weniger Sekunden bekam ich die Lösung und Tipps obendrein. Ich bekam bei Twitter aber noch viel mehr...

Angefangen hat alles damit, dass die dem Medium gegenüber überkritische Autorin namens @buchfieber spaßhalber an einem Buchgewinnspiel mitmachte und prompt gewann. Es entspann sich ein Dialog, das Buch begeisterte mich heftig wie lange kein anderes mehr, und ich besprach "Die Engelspuppe" im Blog. Daraus wiederum ergab sich ein netter Mailwechsel mit der Verlegerin, die heute auch twittert. Ich hatte von ihrem Verlag zuvor noch nichts gehört. Aber sie gab mir unbewusst den Anstoß, mehr Verlage entdecken zu wollen, deren Bücher nicht in jeder Buchhandlung auslagen. Heute muss ich sagen: Twitter ist ein Eldorado der Independents, die in diesem Medium genauso laut und sichtbar erscheinen wie Großverlage - die aber in Sachen Social Media manchmal flexibler sind. Nicht wenige von ihnen zeigen nämlich Persönlichkeit und kommunizieren wirklich, anstatt nur Meldungen abzusetzen - das macht sie sympathisch und ihre Follower neugierig auf die Bücher. Viele Verlage in meiner Blogliste habe ich aufgrund von Twitter entdeckt oder wiederentdeckt.

Seit Twitter bin ich informierter als früher. Bis ich Zeit habe, abends die Nachrichten anzusehen, weiß ich längst mehr, als in der Sendung erzählt werden wird - oft sogar das, was man bewusst weglässt. Denn ich habe wichtige Medien und auch einige Medienleute abonniert und erfahre Nachrichten weltweit. Diese Auswahl bringt mir den Stoff schneller als unzählige Feed-Abos. Ich schätze durchaus auch die Auswahlfunktion mancher Kollegen, von denen ich weiß, sie empfehlen Artikel zu meinen Interessensgebieten als Mensch, nicht als Software. Die neuesten Nachrichten der Buchbranche bekomme ich ebenfalls auf dem Silbertablett serviert.

Zuerst überraschte mich, wie Twitter die Begrenztheiten unseres Berufs aufhebt. Im echten Leben oder in Autorenforen erscheinen die Verlage mit ihren Lektoren gerne mal als Institutionen und Menschen mit konträren Interessen. Kommunikation ist begrenzt, wird meist von den Agenturen erledigt und findet allenfalls beim Buchlektorat intensiver statt. Plötzlich erlebte ich eine völlig andere Welt: Verlagsmitarbeiter oder Verleger, Beschäftigte der Buchbranche und deren Medienmacher, Buchhändler und Antiquare, Übersetzer, Lektoren, Autoren, aber auch Leser kommunizieren auf Augenhöhe wie an einem gemeinsamen Tisch. Da wird endlich fühlbar, dass ein Buch zwar ohne Autoren nicht existieren könnte, aber ohne das Teamwork vieler Beteiligter auch gar nicht das Licht der Welt erblicken würde. Endlich konnte ich Leute befragen, mit denen ich sonst nie in Kontakt gekommen wäre! Endlich konnte ich die Sicht der anderen Gruppen kennenlernen - und meine eigene dadurch öfter in Frage stellen.

Durch die offenere Kommunikation im Internet verlor ich auch die Scheu, Menschen anzusprechen, die man "normalerweise" als Autor nicht einfach so "anhaut". Und dank der Chaosstruktur von Twitter kam man natürlich öfter ins Klönen und Diskutieren - und wenn die 140 Zeichen zu knapp waren, folgten Mails nach. Die Knappheit habe ich als Spracharbeiterin übrigens schätzen gelernt. Man verblödet dabei nicht, wie oft prophezeit, man lernt im Gegenteil, seine Inhalte besser zu konzentrieren und zu strukturieren. Wer den Inhalt eines Buchs in drei Tweets pitchen kann, punktet damit auch in der Bewerbungssituation am Telefon.

Und was ist konkret passiert? Es klingt wie ein Twitter-Märchen, aber die Begebenheiten sind ganz real und irgendeiner seltsamen Chaos-Magie gedankt. Zunächst hatte sich mein Denken in Sachen "Büchermachen" stark verändert. Ich war zwar durch reale Ereignisse schon bereit, noch dickköpfiger "mein" Schreiben zu verfolgen und wenn nötig Grenzen zu überschreiten. Aber richtig aufgehetzt, es auch tatsächlich zu tun, haben mich ein paar kluge Köpfe aus der Buchbranche bei Twitter, zum Teil sogar aus Verlagen. Dort erfuhr ich später auch, dass es gar nicht mehr ehrenrührig ist, ein Buch selbst herauszubringen - diese Legende kursiert eigentlich nur noch unter Autoren und Feuilletonisten.

Da kam dieses Foto. Es gibt bei Twitter ganz witzige Rituale, manchmal sind es kollektive Sprachspiele mit Falschbuchstaben, manchmal fotografieren Leute den Himmel über sich. Ich bekam ein Himmelsbild geschickt und juchzte: Unter dem Himmel prangte ein riesiges Plakat eines Nijinsky-Balletts. Zufällig folgte ich auch dem Opernhaus, das es inszenierte. Ich weiß nicht mehr genau, welcher Teufel mich ritt und welche Synapsen sich ohne mein Zutun wild verschalteten. Mein Hirn und meine Finger handelten ganz ohne mich. Plötzlich hatte ich die geniale Idee für mein Buch, das mit dem Hörtext viel zu kurz war und auch etwas Unverwechselbares brauchte.

Kurzum: Ein Tweet ans Opernhaus brachte die Sache ins Rollen und schon am nächsten Tag hatte ich jemanden am Telefon, den ich noch vor einem Jahr nicht gewagt hätte, zu kontaktieren. Nicht, dass ich schüchtern wäre - ich telefoniere mich als Journalistin auch bis zum Papst durch, wenn es sein muss. Aber mein Anliegen empfand ich doch als ziemlich schräg. Das fand der Mensch am Telefon offensichtlich nicht. Also wurde ich richtig verwegen. Bei Twitter war nämlich noch jemand, mit dem ich mich fleißig austauschte... Nein, zuviel wird nicht verraten, dazu ist es noch zu früh. Nur wäre ohne Twitter das Nijinsky-Buch in dieser Form nie entstanden, wäre ich nicht einmal auf die Idee gekommen, ein Buch in dieser Weise aufzuziehen.

Na - und dann war da noch die an Ballett interessierte BücherFrau... Auch so eine Vereinigung, von der ich früher zwar einmal nebulös gehört hatte, die mir aber nichts sagte. Es wurden dann immer mehr BücherFrauen bei Twitter und aus dieser Kommunikation heraus entstand meine Idee zur "Buchbranchen-Frauenwoche" im Januar im Blog. Die Interviews dazu kamen durch Twitter zustande. Und dort wurden in gemeinsamer Kommunikation auch weitere Ideen geboren. Spaßhalber und ohne viel zu erwarten, fragte ich nämlich meine Follower, welche von Frauen geführten Verlage sie kennen würden. An zwei Tagen habe ich gefragt und vielleicht eine Stunde investiert. Erfreulich viele Verlage haben mitgemacht. Herausgekommen ist eine stolze Liste, die jeden Blogbeitrag sprengt und deshalb anders "haltbar" gemacht werden wird. Twitter ist für mich inzwischen auch ein Rechercheinstrument und ein feiner Kanal, Kollegen Fragen zu stellen - etwa wenn man als Übersetzerin Anhaltspunkte für Honorare braucht. Und es ist ein Pool an Kompetenzen - sollte ich schnell einmal eine Grafikerin brauchen, wüsste ich sofort, wen ich ansprechen kann.

Was das "social" betrifft, war ich immer besonders kritisch. Ist es nicht eher so, dass Menschen, die ständig im Internet kommunizieren, keine Zeit und kein Interesse an "Echtleben"-Kontakten haben? Zum Glück ist das Gegenteil der Fall. Einige besondere Menschen haben Eingang in mein reales Leben gefunden, auch wenn vielleicht aufgrund der allzu großen Entfernung erst einmal nur Mails und Telefon reichen müssen. Aber man bleibt eben nicht mehr nur im Internet - viel schneller als früher greift man zum Telefon, um eine Dimension hinzuzufügen. Wäre ich mobiler, hätte ich längst an einem Buchcamp teilgenommen. Bei der nächsten Buchmesse werde ich garantiert Kontaktmöglichkeiten à la Twitter nutzen und gern auch die Verlagsleute an ihren Ständen persönlich kennenlernen. Bis dahin freue ich mich auf kleinere Treffen, die Menschen zusammenbringen, die hunderte von Kilometern auseinander leben und arbeiten. Social Media haben die Teilnehmer tatsächlich mobiler gemacht, bringen Online-Kontakte ins echte Leben - vorausgesetzt natürlich, man ist offen dafür.

Ein paar Nachteile hat das reale Märchen Twitter natürlich auch:
  • Es ist mittlerweile nervig, die elenden Spam-Follower auszusortieren, aber die völlig offene Struktur macht auch den Reiz des Mediums aus. Für Extrem-Spam gibt es inzwischen eine App.
  • Man kann nur eine begrenzte Zahl von Leuten in der Timeline wirklich lesen und muss sich entweder beschränken oder mit Listen arbeiten.
  • Man braucht wie in allen Medien des Internet eiserne Disziplin im Zeitmanagement. Auf der anderen Seite wären einige der oben genannten Kontakte nie ohne wildes Klönen über den Zeitplan hinaus zustande gekommen.
  • Wer nicht wirklich kommunikativ ist, sollte die Finger davon lassen. Kommunikationsjunkies müssen sich öfter auf diesselben klopfen...

20. Dezember 2010

Väterchen Frost kichert

Manchmal muss man einfach ganz schnell Links zu wunderbaren Artikeln weitergeben. Dank @marcelwink habe ich "Unser umwintertes Gedächtnis" im Spiegelfechter entdeckt und wünsche mir vom Weihnachtsmann mehr solchen Journalismus!
Meine Erfahrung hier in den Vogesen trifft der Artikel auch: Der Schnee wäre kein Problem. Das Problem ist der große Schneepflug, der nicht mehr wie früher mehrmals täglich die Landstraße freischaufelt, sondern neuerdings nur noch alle zwei Tage einmal kommt. Und der Fahrer des klitzekleinen Ministraßen-Schneepflugs, der dauerbesoffen Pirouetten um den Dorfbrunnen dreht und dabei vergisst, dass man die Schaufel nicht in die Luft reckt...

Seid umschlungen, Millionen

Nachdem die Sendung "Die Ungelesenen" für Erschrecken in den Reihen von Autoren gesorgt hat, ist heute vorübergehend Entwarnung angesagt - und das nicht nur, weil einzelne Initiativen dem sang- und klanglosen Verschwinden ungeliebter Bücher den Kampf angesagt haben. Während unsereins noch darüber jammert, wie ein Buch unter knapp 100 000 Neuerscheinungen jährlich überhaupt gefunden werden kann, frohlocken die Branchennachrichten: Zum Jahresende soll der Kindle die Marke von 800 000 vorrätigen Titeln knacken. Das sind rund acht Mal so viele E-Books wie Print-Neuerscheinungen eines Jahres auf dem deutschen Markt. Und es wird ja bereits gemunkelt, dass der Kindle 2011 auch nach Deutschland kommen soll. Derweil sind andere Riesen wie Google oder Apple auch nicht untätig.

Sie alle versprechen eines: Direktzugang zu den größten globalen Buchmärkten - und das sogar ganz ohne Verlage (und natürlich den herkömmlichen Buchhandel). Ist das nicht verführerisch, wo selbst Buchhandelsketten wie Thalia über Gesundschrumpfen nachdenken (Interview mit Douglas-Chef)? All die Autoren, die mangels Rabattfreudigkeit ihrer Verlage nicht auf Stapeln landen, und die Heerschar derjenigen, die gar nicht erst in den Buchhandelsketten auftauchen, weil ihre Verlage zu klein sind - die müssten doch eigentlich jubeln, oder? Zugang zu einem 800 000-Titel-Markt, international, von der heimischen Telefonleitung aus - Tendenz rasant steigend. Wow. Findbar, lesbar und wenigstens theoretisch unzerstörbar (wenn Amazon nicht, wie schon einmal, in die Kindle-Version eingreift).

Halt! Stopp! Wie war das mit den Ungelesenen? Wie schlimm haben Verlage und Autoren da manchmal malocht und trotzdem nichts verkauft? Und jetzt kann ich mich plötzlich in die Arme von Millionen werfen?

Ich finde, angesichts solcher Riesenzahlen ist es angebracht, einmal innezuhalten und einen Schritt zurück zu treten. Statt mit Duck'schen Dollarzeichen in den Augen herum zu laufen, wäre es aufschlussreicher, den ständig verarmten Donald zu fragen, warum er trotz seiner Menschenfreundlichkeit und unerschütterlichen Arbeit auf keinen grünen Zweig kommt. Dahinter verbirgt sich ausgerechnet das Geheimnis seines Erfolgs: Es gibt auf dieser Welt einfach viel zu viele Enten seiner Art - und für so eine sympathische Jedermann-Ente interessieren sich Zweibeiner eben nur, wenn sie außerdem etwas ganz Besonderes ist. In einem Millionenmarkt ist jedoch auch der schrägste Autor, das außergewöhnlichste Buch nichts Besonderes mehr. Deshalb mein Ratschlag fürs nächste Jahr: Think small! Pfannkuchenbacken mit Donald...

Ja, ich glaube an die gesunde Selbstbegrenzung, die verhindert, dass man sich verzettelt oder Milchmädchenrechnungen anstellt. Vergessen wir den Quatsch mit den Millionen potentiellen Lesern, solange wir noch keine 1000 herbeischaffen können. Jedes Imperium hat mal klein angefangen - ich erinnere an Dagoberts Glückstaler! Und wie macht man das? Ein paar ungeordnete Gedanken dazu:

Nähe zum Buch

Autor Noname hat es schwer, gleich eine Rezension in ZEIT oder FAZ zu bekommen. Der Autorin mit dem hunderttausendsten historischen Roman rennen die Buchhändler die Türen mit Lesetourneen sicher nicht ein. Und wie bekomme ich den Serienmörder an die Frau, wenn in der nächsten Großstadt schon vier andere Serienmörder die Seiten vollbluten? Warum erreicht der Vertreter nichts, der nicht einmal 30 Sekunden für mein Buch hat? Warum versandet die Presseaktion, die doch so schön mit der Gießkanne verschüttet wurde? Alle anderen machen das doch auch so?

Genau das ist das Problem. Alle anderen machen das auch. Denken wir mal kleiner: Wäre in der eigenen Stadt vielleicht eher ein Artikel in der Lokalpresse zu bekommen - womöglich in Zusammenhang mit einem Auftritt oder einer Aktion? Mit dem könnte man in die nächstgrößere Stadt gehen, man hätte etwas in der Hand und schon ein bißchen einen Namen, wenn man am Ball bleibt. Und muss es immer die berühmte Wasserglaslesung sein? Warum nicht dort auftreten, wo das Buch spielt? Warum nicht eine prominente Eigenschaft des Buchs unkonventionell ins Leben bringen? Ich erinnere mich an Lesungen bei Optikern und Floristen, im Kostüm und mit der Musik zur Zeit oder bei einem vergnüglich unblutigen Krimi-Dinner. "Think small" ist eigentlich der falsche Ausdruck. Näher ans Buch, müsste es heißen. Es geht um das Geheimnis, das Unverwechselbare des eigenen Buchs zu finden und daraus etwas zu machen. In Marketingsprech USP genannt: Unique Selling Point. Wohl dem, der vor lauter Markt-Glattbügelei noch einen hat.

Markenname

Natürlich hat ein Buch in einem Millionenmarkt kaum noch einen. Wenn ich ein Buch über das Elsass oder über Rosen schreibe, haben das schon Tausende vor mir getan, Tausende nach mir werden es wieder tun. Es wird immer schwerer, das Besondere eines solchen Buchs nach außen zu vermitteln, wenn man nicht ganz direkt und gezielt an die Interessenten herankommt. Und Hand aufs Herz: Wer schaut etwa bei Stapelware wirklich auf Autorennamen, wenn diese unbekannter sind? Wer Vampire liebt, kauft Vampirbücher - egal von wem. Es sei denn, da hat jemand einen Namen. Dann ist man Fan und will  mehr. Dann geht man nicht so schnell fremd. Es wird also immer wichtiger, dass nicht Bücher, sondern Autoren zur Marke werden. Von letzteren gibt es erstens sehr viel weniger und zweitens sind Persönlichkeiten noch nicht maschinell zu klonen. Und es ist auch praktischer: Man muss nicht bei jedem neuen Thema alles frisch aufbauen. Wer bin ich und wer will ich sein? Was kann ich besonders gut, was kann ich besser als andere? Was ist anders, besonders bei mir? Welche Persönlichkeit soll hinter der zu schaffenden Marke "Autor" stecken? Mit jedem Buch bekommt sie ein Mosaiksteinchen mehr. Daraus folgt:

Nachhaltigkeit und Ausdauer

Man etabliert weder ein Buch noch einen Autor mit Fingerschnippen auf dem Markt - Ausnahme sind Prominenz (Marke!), Skandale oder Sensationen. Otto Normalautor muss lange rödeln, bis jemand Notiz nimmt - und das wird erschwert durch die immer kürzer werdenden Haltbarkeitsdaten bei Büchern. Es reicht nicht, das Herzensbuch des Lebens auf den Markt zu kippen und dann die Hände in den Schoß zu legen. Trendautoren können ein Lied davon singen: Da muss fleißig nachgelegt werden, allerdings auch nicht allzu fleißig, denn dann erschreibt man sich den Ruf der Oberflächlichkeit.

Die idealen Werbemaßnahmen starten eigentlich schon lange vor dem Erscheinen eines Buchs und begleiten es länger als vier Wochen. Wer also keine Schnelldreher oder Trendware schreibt, muss auf Nachhaltigkeit setzen. Longseller sind manchmal Spätzünder, vorausgesetzt, sie werden langfristig begleitet. Wer nicht ständig bei den Spitzentiteln zu finden ist, hat auch nach einigen Jahren Veröffentlichen noch keinen Namen. Wer sich auf einem Millionenmarkt tummelt, kann sich ausrechnen, wie hart und langwierig die Arbeit sein wird, sich wenigstens bei einem begrenzten Publikum einen kleinen Namen zu verschaffen. Einen Vorteil haben die E-Books ja: Sie können nicht verramscht werden (obwohl sich irgendwer auch das noch ausdenken wird). Sie lassen einem die Zeit, nachhaltig für ein Buch zu arbeiten.

Aktionen

"Think small" bedeutet auch, keine Zeit mehr mit Aktionen zu vergeuden, die ins Leere laufen. Es gibt bestimmte Lesungen, die außer einem schönen Honorar weder mehr Bekanntheit noch höhere Buchverkäufe schaffen. Ich habe Lesungen erlebt, bei denen ich fleißigst signieren musste - aber die Leute hatten alle ihr eigenes Buch dazu mitgebracht und auch welche zum Verschenken. Bei der Lesung selbst wurde nichts verkauft. Der Nutzen war ein anderer: Fans kennenzulernen und einen Abend Arbeit bezahlt zu bekommen. Genauso frohlockte ich umsonst über eine Rezension in der FAZ. Immerhin verkaufte ich dadurch ganze 21 Bücher mehr. Bei einem Seminar zum gleichen Thema bekam ich dagegen an die 150 Bücher los. Auch das ist eigentlich ein alter Hut: Feuilleton bringt nur etwas für den berühmten Angeber-Blurb bei der nächsten Bewerbung oder auf dem Buchrücken. Abverkäufe schafft es nur, wenn viele Feuilletonisten etwa zeitgleich einsteigen.

Und die aufwändige Lesetournee? Erinnern sich die Hamburger, Berliner und Kleinzwiebelhausener wirklich nach einem Monat noch an die Autorin aus Hintertupfingen? Ach nein, sorry, letzten Monat, das war doch der Dingens aus Vordertupfingen, was hat der gleich noch mal gelesen, wie hieß der noch? Bei vielen herkömmlichen Wegen der Vermarktung ist die Luft raus - weil es eben jeder so macht und weil es zu viel davon gibt.

Weil ich durch meinen Hund in Sachen Mobilität einigermaßen gehandicapt bin, habe ich irgendwann beschlossen, in einem überschaubaren regionalen Raum aufzutreten, aber dafür einigermaßen regelmäßig. Zunächst hielt ich es für tödlich, nicht mit den anderen mithalten zu können. Und dass ich dabei auch noch jährlich immer beim gleichen Veranstalter zugegen war, ließ andere hämisch grinsen: Irgendwann werden dich die Leute da über haben.

Das Gegenteil ist eingetreten. Jener Veranstalter ist nicht nur einer meiner fleißigsten Verkäufer - ich habe dort auch schon wichtige Kontakte knüpfen können. Und was die Region betrifft, so schleift ein Stammpublikum inzwischen Freunde und Bekannte mit, viele haben schon mehrere meiner Lesungen besucht, manche erkennen mich sogar auf den Plakaten wieder. Die Kulturwelt ist klein und so wird man herumgereicht, lernt wichtige Multiplikatoren kennen, bekommt Angebote woanders. Ich kenne einige Buchhändler persönlich und weiß, dass sie meine Bücher auch auf den "besonderen Tisch" legen, wenn sie schon etwas älter sind. Irgendwann schwappte das sogar über den Rhein. Dass ich womöglich durch eine Empfehlung für einen Salon du Livre eingeladen werde, bringt mich direkt in Verlegenheit: Ich muss schnellstens dafür sorgen, dass es das Elsassbuch wieder gibt!

Natürlich ist das alles nicht zu verallgemeinern, dazu sind Autoren und Bücher zu individuell. Was ich damit sagen will: Lasst euch von angeblichen Riesenmärkten nicht verrückt machen. Spart eure Kräfte noch stärker, setzt sie noch intensiver und gezielter in absoluter Buchnähe ein. Es ist schwer genug, sich ein überschaubares Publikum zu schaffen - noch schwerer, es auch langfristig zu halten. Aber das überschaubare Publikum, zu dem man selbst noch einen Draht hat, ist wertvoller als die gesichtslose Masse von Käufern - denn Bücher leben wie kaum ein anderes Produkt von persönlichen Empfehlungen und Mundpropaganda.

18. Dezember 2010

Schriftgelüste

Man kann natürlich auch an einem Bildschirm in schöner Buchgestaltung schwelgen (wo sie ja heutzutage gemacht wird). Ich wusele beispielsweise gerade durch Hunderte von Schriften und einen Berg Typografie-Nachhilfe. Viel hat sich nämlich getan, seit ich Mitte der 1980er in der Schlussredaktion Klebesatz betreuen musste. Man stelle sich das vor: Wir tippten unsere Artikel auf altertümlichen mechanischen Schreibmaschinen auf Manuskriptpapier, das Anschläge und Zeilen vermaß. Redigiert wurde mit rotem Kuli und dann noch einmal abgetippt. Ganz normaler Standard bei einer der wichtigsten badischen Zeitungen damals. Die Assistentin trug die Maße in den handgezeichneten "Spiegel" des Redaktionsleiters ein, also das geplante Layout der Zeitungsseiten.

Dann flatterten die Papierpacken flugs in den Keller, wo in einem Großraumbüro sogenannte "Schreibfräulein" saßen. Das waren schlecht bezahlte Frauen, die das Getippsel noch einmal abtippten - diesmal in einen anderen Standard, mit dem man die Linotype-Maschinen füttern konnte. Daneben lag die Setzerei, wo man wirklich noch mit Schere und Papierkleber hantierte. Die Arbeit war brutal, meist ebenfalls schlecht bezahlt - und musste vor allem schnell gehen. Schließlich durften die Druckmaschinen keine Minute umsonst und nicht zu spät anlaufen. Im Nachtdienst in der Schlussredaktion ging es dann nach Augenmaß. Ich rannte zwischen den Setzern herum und musste ratzfatz entscheiden: Hier war eine Schlagzeile zu lang, dort war ein Hurenkind zu beseitigen oder ein Foto klemmte im Text. Die Setzer waren heilfroh, wenn meine Lösung mit einfachen Schnitten zu bewerkstelligen war oder wenn man Wörter aus Abfällen dazukleben konnte. Unbeliebt waren die Redakteure, die wegen fünf Buchstaben eine neue Schlagzeile erfanden. Die musste nämlich wieder ins Schreibbüro, wieder geklebt werden ... Ich war eher unbeliebt bei den Redakteuren, denen ich zur Freude der Setzer radikal Floskeln gestrichen hatte, damit das Foto Luft bekam.

Ich will diese Arbeit nicht missen, weil ich heute noch nach Augenmaß entscheide. Sicher war es nicht unbedingt schön für die Betroffenen, dass viele dieser damals beteiligten Berufe ausstarben. Und trotzdem - welche Erleichterung, das alles zusammen - vom Layouten bis hin zum Satz - am Bildschirm machen zu können, ohne dass man durch Korrekturen Müll produziert und wertvolle Zeit verliert. Gerächt haben sich die Entlassungen insofern, als die Redakteure eben nicht mehr nur schreiben durften, sondern sich immer mehr Zusatzkenntnisse aneignen mussten. Die moderne Wollmilchsau hat auch Ahnung von Typografie, Desktop Publishing und den Abläufen für die Druckerei.

Für Laien gibt es eine Menge wunderbarer Seiten zum Thema Textgestaltung, man muss nur einmal "Typografie / Typographie" (Fluch der Rechtschreibreform: Mehrfachsuche) in die Suchmaschine eingeben. "Regeln zur Lesbarkeit" etwa zeigt, worauf man achten muss, dass ein gestalteter Text nicht "gebastelt", sondern edel aussieht - egal für welches Medium er gemacht ist. Schaut man sich z.B. das Kapitel über "Schriftmischung" an, erkennt man schnell die typischen Anfängerfehler von Websites: Da werden fünf verschiedene Schriften wild gemischt, bis das Auge fast explodiert. Tatsächlich gibt es auch für so etwas Erfahrungswerte und Wissen.

Großen Spaß machen auch "Die hundert besten Schriften", in denen man endlos schmökern kann. Das sollte man auch tun, wenn man sie verwenden will, denn hier wird schnell klar: Schriften haben eine psychologische Wirkung. Wer sich z.B. von einem Prospekt in "Frutiger" gedrängelt oder wie auf dem Abstellgleis fühlt, liegt ziemlich richtig: Das ist die Schrift für den französischen Flug- und Nahverkehr.

Blogleser erraten natürlich, dass ich mich mit dem Satz des Nijinsky-Buchs beschäftige. Da gab es auch ein kurioses Erlebnis: Bei den Schrifttypen, die spontan für mich wirken, als kämen sie aus der Zeit Nijinskys, steht ganz oben "Souvenir". So müssen damals Bücher ausgesehen haben, fand ich. Damit lag ich genau richtig: Morris Fuller Benton entwickelte die Schrift 1914. Aber Schönheit ist nicht alles. Viel mehr Fragen muss man sich zum Gesamtlayout in Kombination mit Titelschriften stellen oder dazu, ob die Schrift gut lesbar ist, psychologisch nicht in die Irre führt (ein Ballettbuch titelt man nicht mit Stummfilmatmosphäre) - und sich auch für den Druck eignet. Laserdruck ist da nämlich ein wenig eigen mit dünnen Linien oder leicht grauwertigen Schriften.

Ein Schmankerl für alle, die sich mit Normseiten herumplagen: Die habe ich als erstes aufgegeben. Ist zwar ganz praktisch, um ungefähr zu berechnen, wie dick ein Buch werden mag - aber je nach Layout eben auch völlig überflüssig. Ich schiebe meinen Text in genau der Schrift herum, die später auch gedruckt werden soll. Und da kann so ein Buch je nach Seitengröße, Layout und Typografie schon mal um 20 bis 30 Seiten divergieren!

PS: Natürlich habe ich Panik, dass das Buch nachher aussieht wie ungedruckter Klebesatz. Natürlich werden mich die Hurenkinder und Schusterjungen bis in Alpträume verfolgen!

Eine Preziose von Buch

Es ist inzwischen schon eine Litanei geworden, die ich nicht mehr hören kann: Die Nerds frohlocken über den baldigen Untergang des gedruckten Buchs - und die Haptiker halten dagegen oder weinen über den Untergang der Schwarzen Kunst. Ich selbst besaß schon lange vor dem E-Book ganze Literatursammlungen auf CD-ROM, weil es sich darin leichter recherchieren lässt und sich auch ein armer Autor auf diese Art "fünf Meter" Klassiker leisten kann. Trotzdem bin ich eine unverbesserliche Haptikerin geblieben. Noch schlimmer: Je mehr ich die neuen Medien genieße, desto stärker avanciere ich beim Buchkonsum in gedruckter Form zum Sinnenmensch.

Deshalb glaube ich fest ans Comeback von Luxusausgaben und Buchkunst in limitierter Auflage. Heute umso mehr, denn ich halte eine Buchpreziose in der Hand, mit der man jeden, der sich irgendwie für Kafka interessiert, dringend beglücken sollte. Mein Geheimtipp: Man kann es auch so machen wie ich und sich das Buch selbst schenken (nicht nur zu Weihnachten). Es ist nicht nur ein Augenschmaus, sondern einer für weit mehr Sinne! Der schlichte Schuber enthält einen großformatigen, reich bebilderten und mit ausführlichen Originalzitaten versehenen Band mit Otto Cermáks Kafka-Biografie "Ich habe seit jeher einen gewissen Verdacht gegen mich gehabt".

Der andere Band entpuppt sich als eine Mappe, die jedes Entdeckerherz höher schlagen lässt. Hier sind nämlich alle möglichen Originaldokumente zu Kafka in Faksimiledruck versteckt (mit Erklärungsheft), von persönlichen Ansichtskarten über Zeugnisse und Briefe bis hin zu Notizen. Freude machen auch schon die Kleinigkeiten in ihrer Schlichtheit: Der weiße Schuber glänzt, Buch und Mappe sind matt, aber dafür spiegelt der schwarze Namenszug im Licht, auf der Vorderseite "Kafka", auf dem Buchrücken "Franz".

Die Dokumente auszupacken, ist die pure Sinnenlust. Hier sind nicht nur die Papiere in Stärke und Struktur den Originalen nachempfunden. Der Faksimiledruck ist so gut, dass Tinte auf der anderen Seite durchscheint, sich Stempel durchzudrücken scheinen und ja, ich bin tatsächlich mit dem Finger über die Briefmarken gefahren, weil ich dachte, eine löse sich ab. Dabei sind die Briefmarken wie die Stempel gedruckt. Selbst der Schmutz an den Faltkanten mancher Briefe - perfektes Trompe-l'oeil! Man muss sich das aber vor allem in den Fingerspitzen vorstellen: Aus dieser Mappe kommt nicht einfach irgendein Buchpapier! Da ist ein gelblicher dünner Brief vorsichtig zu entfalten, da hat Kafka eine Einladung auf Karton drucken lassen, ein anderer Brief ist auf rosa Papier geschrieben - und selbst die Tinten wechseln.

Wer solche Bücher entwickelt, stellt die Rezensenten vor ein Problem: Wie wird man mit Worten diesem Sinnenvergnügen gerecht? Ich jedenfalls kürze ab, denn ich will das Buch noch vor Weihnachten empfehlen, komme aber leider noch nicht zum Lesen (vom Überfliegen her gesehen wird es sich lohnen). Allerdings hätte ich das Buch allein schon wegen der Abbildungen und der Mappe gekauft (daran mögen die Leser sehen, dass der Jubel hier nicht bezahlt wurde, sondern von Herzen kommt). Ich habe deshalb ein wenig fotografiert (leider verfälscht der Schnee vor dem Fenster die Farben erheblich) und hoffe, mein Vergnügen mit Franz Kafka wird damit deutlich! Kaufbefehl an alle Freunde Kafkas und schöner Bücher:

Otto Cermák: Franz Kafka - Dokumente zu Leben und Werk
"Ich habe seit jeher einen gewissen Verdacht gegen mich gehabt"
Parthas Verlag Berlin in Zusammenarbeit mit dem Stroemfeld Verlag Frankfurt/M.
(Stroemfeld erarbeitet eine Gesamtausgabe von Franz Kafkas Werken in 25 Bänden, großteils ebenfalls in Faksimiledruck)
Fotos zum Vergrößern anklicken:
Blick ins Buch

Die Mappe mit den Dokumenten
Briefe von Kafka - wie gerade geschrieben
Fans haben auch seine Zeugnisse und Vorlesungsverzeichnisse im Haus
Jedes Papier fühlt sich anders an, jede Tinte scheint echt.
Diese Briefmarken lassen sich nicht ablösen. Sie sind genauso gedruckt wie Stempel und Wasserflecken.

17. Dezember 2010

Die Schönheit von Petra

Wenn etwas Petra heißt, kann einfach nur Schönes dabei herauskommen. Ein paar Impressionen aus einem Land, in dem es statt mit "Schneechaos" und "Schneefront" ganz unmartialisch und beschaulich zugeht. Sogar die Schulbusse fahren - wenn es sein muss, eben mit Schneeketten. Ist schließlich endlich mal ein stinknormaler Winter in den Vogesen! (Mit einem Klick sind die Bilder zu vergrößern)
Oder war es nicht doch eher Gizeh?

Der Blick aus dem Arbeitszimmer verheißt Freuden an der Tastatur.
Gnade des Spätaufstehens: Die ersten Autos sind schon ins Nachbardorf gefahren.
Und so langsam lichtet sich das Wolkenfeld...
...ein Tag mit strahlendem Sonnenschein über der Märchenlandschaft
Zwar ist sogar draußen der Tisch dick gedeckt, aber nach anderthalb Stunden Schneeschippen trinke ich den heißen Tee dann doch lieber drinnen.

16. Dezember 2010

Im alten Saft

Als ich noch richtig jung war, lief ich zur Bestform auf, wenn im Großraumbüro der Redaktion die Telefone um die Wette klingelten, zwei Kollegen live Besucher interviewten, der dritte in den Hörer brüllte, der Chef vom Dienst wie angesengt durch die Tür stürmte und irgendetwas mit "Ticker!" schrie - und der Aufmacher, zu dem noch kein Interviewpartner zu erreichen war, in zwei Stunden im Satz sein musste. Den Hörer ans Kinn geklemmt, bändigte man mit der linken Hand Bandwürmer aus eben jenen Tickern und wählte ratzfatz die meisten und interessantesten Toten aus, die einspaltig fünfzeilig passten. Die Schlagzeilen dazu spuckte man beim Kaffeeschlürfen aus. Je schlimmer das Chaos, desto ruhiger wurde ich. Man wird dann einfach berufsbedingt Adrenalinjunkie.

In dieser Woche fiel mir auf, warum man als Buchautorin eine solch eiserne Disziplin braucht: das leckere Adrenalin ist weg. Kein Mensch da draußen braucht den verdammten Text dringend, um gleich Heringe oder Salatköpfe darin einzuwickeln. Kein Chef vom Dienst brüllt den neuesten Terroranschlag in den Raum, der ungefähr so wach macht wie ein kleiner Kaffee. Weg ist der Kollege, der einem die Probleme mit Sonntagsdienst und Freundin ins linke Ohr jammert, während das rechte von der Sekretärin beschallt wird, die eine Seitenänderung bekannt gibt, und gegenüber der Reporter über der Tastatur gähnt, der nur noch mit einem Glas Whisky richtig schreiben kann. Gegen diesen Thrill in den Adern ist das High-Gefühl eines Schreib-Flows am Buch eine müde Nummer.

Offensichtlich ist man nie zu alt für den Thrill. Seit ein paar Tagen habe ich ihn nämlich wieder, weil ich fünf Sachen gleichzeitig erledige, recherchiere und jongliere - mindestens. Tage, an denen an Bucharbeit eigentlich nicht zu denken ist. Heute kam es dann völlig durcheinander dicke, inklusive Elektriker, inklusive Kaffeetrinken, inklusive unaufschiebbarer Post und Recherchen bei Twitter. Und was ist an diesem Chaostag passiert? Ganz genau: Ich habe schon lange nicht mehr so viel und intensiv am Buch gearbeitet, trotzdem oder gerade deshalb. Dabei bin ich angeblich eine, die zum Bücherschreiben absolute Ruhe, Muße und Einsamkeit braucht. Vielleicht lag das aber auch nur am Adrenalinmangel?

15. Dezember 2010

In den Miesen

Noch bis Dienstag ist das Radiofeature "Die Ungelesenen" auf SWR2 als Podcast abzurufen, außerdem kann man das Sendemanuskript als pdf herunterladen. So unterhaltsam und tröstlich das Spiel zwischen einem sprechenden ungelesenen Buch und O-Tönen aus Branche und Wissenschaft war - es hielt auch einen echten Schocker bereit.

Über Zahlen und Gehälter spricht man in Deutschland bekanntlich nicht laut. Und jeder weiß: Wo nur im Verborgenen gemauschelt wird, wird auch kräftig zurechtgebogen und betrogen. Autorinnen und Autoren lügen sich schön, weil man sonst mit Fingern auf sie zeigen würde, wenn sie die Wahrheit zugäben oder gar das "Nest beschmutzten". Richtig laut reden ohnehin nur die Spitzenplatzhirsche über das Thema Auflage. Wie viele Exemplare eines Buchs tatsächlich gedruckt wurden, erfahren Autoren vielleicht nachträglich pi mal Daumen anhand der Abrechnungen, wenn die gesamte Auflage auch verkauft wurde. Das Dumme ist nur - von einem Großteil der Bücher werden gar keine ganzen Auflagen mehr verkauft, immer schneller wird verramscht.

So ist die Auflage auch vor den Urhebern ein gut gehütetes Geheimnis. Und in der Öffentlichkeit sowieso. Verkaufszahlen gibt es verlässlich nur auf den jährlichen persönlichen Abrechnungen, wo Autoren spätestens sehen, wie Amazonränge täuschen. In den Buchvorschauen werden die Vorabbestellungen der Buchhändler auch schon mal künstlich nach oben getrieben, schließlich will man den noch zaudernden Buchhändlern zeigen, wie viele Stapel ihre schlaueren Konkurrenten bereits geordert haben. Und im Feuilleton schreibt man Zahlen von Vorschauen oder Bestsellerlisten ab, die anderen Bücher interessieren ohnehin selten.

Mir als Autorin wurde die Sache mit den Abverkäufen zum ersten Mal verdächtig, als mein literarischer Verlag meinen riesigen Publikumsverlag in Sachen Abverkauf schlicht plattmachte. War das also ein Märchen, dass ein Konzernverlag automatisch besser verkaufe als ein literarischer? Und wie ließ es sich erklären, dass ausgerechnet eins meiner dümmsten Projekte so fleißig über den Ladentisch ging, das ich beim Frühstück aus Zitatedatenbanken kompiliert hatte, um mir endlich wieder Butter aufs Brot leisten zu können? Kreativ waren daran nur das Vorwort und die Grafik. Warum brach ein anderes Buch mit einem Verlagsverkauf völlig ein, obwohl da draußen im Publikum doch niemand über den Besitzerwechsel wusste, obwohl doch angeblich Inhalte verkauft werden?

Ich hörte mich um, erschrak und schlug mir mehr als nur einmal an den Kopf. Als ich einmal drei Tage über einer Abrechnung heulte, tröstete mich jemand, der Einblick bei Media Control hatte - ich lag im oberen Mittelfeld des Verlags mit dem, was ich persönlich als absolut vernichtende Schmach empfand. Ich Trottel hatte mich an der falschen Elite orientiert - oder an erlogenen Zahlen. Eine gute Bekannte aus einem Publikumsverlag gestand, dass es zwar nicht jeder so mache, aber die Vorabzahlen auch schon mal bei Bedarf eine Null hinten angehängt bekämen. Ohne Komma, versteht sich. Ein Thrillerautor brachte mich zum Staunen: Mit knapp 600 abverkauften Exemplaren bekam er sogar einen zweiten Vertrag. Der arme Kerl ahnte damals noch nicht, dass man das "Altpapiertapete" nennt, was Hintergrunddekoration für die Bestseller abgeben soll. So ein Verlag braucht schließlich ein gefülltes Programm, nicht nur die großen Bringer.

Ich bin also einiges gewohnt. Ich bin inzwischen absolut abgebrüht bis sarkastisch, was die Innereien meiner Berufe betrifft. Trotzdem blieb mir bei der Passage über Verkaufszahlen im Feature "Die Ungelesenen" der Mund offen stehen.

Wir schielen ja gern in die USA. Fleißig werden von dort Lizenzen eingekauft, von Büchern, die sich ja ach so irre toll verkaufen. SWR2 stellte klar: Von 1,2 Millionen lieferbaren Titeln in den USA verkaufen 950.000 Titel weniger als 99 (!) Exemplare im Jahr. Also verkaufen nur 250.000 Titel mehr als 99 Exemplare im Jahr. Man kann auf die Elite der wirklichen Bestseller hochrechnen. Im Schnitt, so der Beitrag, finde eine amerikanische Neuerscheinung immerhin 500 Käufer...

Aus, der schöne amerikanische Traum. Das machen wir doch im deutschsprachigen Markt gründlicher. Schließlich kaufen wir all die tollen Bestseller von außen ein und beschäftigen nur einheimische Topautoren. Weit gefehlt!

Da hat nämlich ein Professor Michel Clement, der in der Sendung spricht, anhand von Media-Control-Daten die Wirkmechanismen von Bestsellerlisten erforscht. Der saß nun vor etwa 90.000 Neuerscheinungen pro Jahr, von denen 13.000 Titel aus der Belletristik stammen. Das war zu viel für eine Untersuchung, also grenzte der Professor die Bücher ein - auf einem nicht zu anspruchsvollen Niveau, wie er glaubte. 1500 Stück mussten von einem Buch mindestens im ersten Jahr über den Ladentisch gegangen sein, außerdem sollten es belletristische Hardcover aus den Jahren 2003-2005 sein, die zum Taschenbuch wurden - das waren immerhin noch 38.000 Titel. Leicht zu erreichen, oder? Was sind schon 1500 Stück im ersten Jahr: Peanuts! Da müssten doch massenhaft Bücher von den 38.000 übrig bleiben?

Es waren genau 609 Buchtitel, die alle Kriterien des Professors erfüllten. 189 Titel davon schafften es mindestens eine Woche lang auf die Spiegel-50-Bestsellerliste. 189 Titel von etwa 90.000. Nein, seien wir gnädig, er zählte ja nur Belletristik: 189 Titel von 13.000. Ganze 609 Titel wurden in diesen drei Jahren zuerst im Hardcover aufgelegt, dann als Taschenbuch und schafften die Hürde von 1500 abverkauften Büchern im ersten Jahr.

Aber hoppla: Da ist ein Rechenfehler! Der Professor hatte drei Jahre untersucht. Das waren also 609 Titel von 3x13.000 = 39.000. Wieviel Prozent sind das? Nein, ich will es gar nicht wissen. Seither rate ich jedem, der davon träumt, dass ordentlich etwas über den Ladentisch läuft und monatlich ein Grundeinkommen gesichert ist, es vielleicht einmal mit einem Job bei Aldi an der Kasse zu versuchen.

update:
Der Artikel zieht Kreise: Schreibtäter Matthias Brömmelhaus und Richard K. Breuer nehmen den Faden in ihren Blogs auf.

13. Dezember 2010

E-Books als Werbefläche

Golem vermeldet, in den USA sollen E-Books jetzt mit Werbung bestückt werden, wobei der Form keine Grenzen gesetzt sind: Vom Video über Bilder bis zum Text ist technisch alles machbar. Dumm nur, dass man die Konsumlustmacher im Shakespeare oder Goethe dann nicht so einfach herausreißen kann.

Mir hat es vor allem die Möglichkeit angetan, Binnentextanzeigen zu schalten. Natürlich habe ich keine Mühen gescheut und kräftig Werber ins Boot geholt:

aus: Petra van Cronenburg: Das Buch der Rose

... Seither habe ich in den Rosen unermesslichen inneren Reichtum entdeckt. Guru Swami Rosadze zeigt dir an einem Wochenende den inneren Reichtum deiner Seele. Sofortbucher bekommen eine rosenfarbene Plastikperle gratis. Schönheit, Duft, Farben, das haben andere Blüten auch, wenngleich nicht immer in dieser Vielfalt. Darum Schmuck und Parfum von La Rose in Paris, damit Sie immer auf der duftenden Seite des Lebens sind! Die Rose aber ist für mich längst nicht mehr nur „Pflanze“ Kübelpflanzen im Angebot bei Gärtner Schneidmichtot – sie birgt die Geheimnisse der Menschen Heute schon an WikiLies gespendet?, die sie liebten, und sie erzählt die spannendsten Geschichten aus Kultur und Historie Kunden die dieses Buch kauften, bestellten auch "Abnehmen mit Rosa Moppel-Ich" und Verhüterli mit Minzgeschmack, wenn man auf sie hört. Eine einzelne Rosenblüte kann zu einer dieser berühmten Fasern werden, an denen man zupft reißfeste Watte im Großwindelpack, garantiert aus 100% Biobaumwolle – und plötzlich offenbart sich ein roter Faden. Und der lässt zusammen mit all den anderen roten Fäden vielleicht ein wenig ahnen, wie unermesslich reich dieses Gewebe sein muss Fashion kauft man bei Red Fabrics, das man doch immer nur in Teilchen betrachten kann, zufällig, ausschnitthaft, und manchmal völlig subjektiv.

Vielleicht kann dieses Buch ein wenig von dieser Faszination der „Königin der Blumen“ Immer wieder neu: Unsere privaten News über die Queen vermitteln. Und vielleicht ist dann der Rosenstrauch in Ihrem Garten nicht mehr nur Sorte XY, sondern eine lebendige Pflanze, die voller Geschichte und Geschichten steckt? Und die sie selbstverständlich bei Rosenzüchter Weltweitwichtig bestellen!
Na?
Natürlich habe ich jetzt Dollarzeichen in den Augen. Was Ebook-Shops können, können wir Autoren doch schon lange. Verkaufe Werbefläche in meinem nächsten Buch. Wetten, dass ich in diesem elend bezahlten Beruf dann endlich endlich einmal auf ein normales Monatsgehalt käme? Kauft, Leute, kauft!!! Noch gibt es obiges Buch werbefrei!

Frauenwoche mit Büchern

Das Christkind ist im Elsass - selbstverständlich eine Frau. Und schaut man sich die Buchbranche heutzutage an, so kann man im Gegensatz zu früheren Jahren sagen: Eigentlich ist auch die Buchbranche eine Frau. Ein Heer fleißiger Lektorinnen und Übersetzerinnen hat in einen ehemaligen Männerberuf gefunden und von Frauen geführte Verlage sind nichts Ungewöhnliches mehr. Autorinnen müssen sich nicht mehr - oder nur selten - hinter männlichen Pseudonymen verstecken, um überhaupt veröffentlichen zu dürfen. Leserinnen dürfen frei zu jedem Buch ihrer Wahl greifen, ohne sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, sie litten an der gefährlichen Geisteskrankheit der "Lesesucht", zu deren Vermeidung Männer im 19. Jahrhundert "erbauliche Familienliteratur" und Modekataloge schufen.

Was hat das Christkind mit der Buchbranche zu tun? Nun - ich schenke meinen Leserinnen und Lesern eine Themenwoche im Blog, in der es selbstverständlich um Bücher geht, aber vor allem um Frauen. So trifft es sich bestens, dass das wichtigste Frauennetzwerk der Branche in diesem Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen feiert und das Erscheinen einer grundlegenden Studie mit Nachwirkungen noch dazu. Ich habe bereits die BücherFrauen e.V. vorgestellt und von ihrer Studie "MehrWert" berichtet. Dieser Artikel hat es inzwischen zum meistgelesenen aller Beiträge im Blog geschafft - und das will viel heißen. Offensichtlich füllt diese Studie eine Lücke - und legt obendrein einige Missstände bloß, um die sich jahrelang niemand gekümmert hat.

Schwerpunkt meiner "Frauenwoche" werden deshalb zwei Interviews mit Bücherfrauen sein - und natürlich gibt es alles Wissenswerte um den Verein dazu. Ich habe ein paar Bücher im Gepäck; will nachschauen, was für Bücher Verlegerinnen machen und mich selbst auch ganz spontan inspirieren lassen. Und damit mir die männlichen Leser nicht gleich in Scharen davonrennen können, starte ich diese Woche ganz plötzlich, unverhofft ... demnächst.

Update: Man sollte nie zu früh herausposaunen, was man mal eben mit Links erledigen wolle. Nun rennen mir die guten Ideen die Tür ein, ich werde außerdem selbst interviewt - in einem anderen Blog. Kurzum: Die Frauenwoche startet Anfang Januar 2011. Klingt wie Science Fiction, ist aber ernst gemeint.

12. Dezember 2010

Den Sonntag versurfen

Wer nichts mit diesem herrlichen Tag anzufangen weiß, bekommt hier mal wieder Surftipps bis zum Abendgrauen. Zuvor aber zwei Anschaltbefehle:

14.12.2010 (übermorgen), 22:05 in SWR 2 - Die Ungelesenen.
Über das Schlimmste und Normalste, was Büchern und Autoren passieren kann. Eine Sendung über alte Bücher, deren Seitenbögen nie aufgeschnitten wurden, und über neue Bücher, die ihr Publikum nicht erreichen.

19.12.2010, 22:15 in 3sat: Die Frau mit den fünf Elefanten
Dass es diese wunderbare Doku über die leider in diesem Jahr verstorbene Dostojewskij-Übersetzerin Svetlana Geier gibt, hatte ich bereits mit Filmausschnitt im Blog angekündigt. Dieser Film ist weit mehr als nur ein tiefer Einblick in die Arbeit einer Literaturübersetzerin und das Portrait einer faszinierenden Frau - er zeichnet auch anhand ihres Lebens Geschichte nach. Einer der Filme, die ich auch im Regal haben möchte, um ihn öfter als nur einmal anzuschauen.

Bis dahin ist noch ein wenig Zeit, die wir füllen müssen. Etwa mit dem Wegwerfen von Büchern. Das jedenfalls praktiziert die Schriftstellerin Sybille Berg immer öfter und sagt The European im Interview (deutsch): "Dass sich die Buchbranche durch ein unqualifiziertes Überangebot von Mist selbst erledigt, ist nicht Schuld des Konsumenten."

 Derweil proben andere Kunstbranchen den engeren Kontakt zum Publikum. Leider habe ich die Aktion verpasst (sie kann noch nachgelesen werden), die per Facebook und Twitter organisiert wurde und von zahlreichen Blogs weltweit begleitet: 24 Stunden lang ließen sich 60 internationale Spitzendirigenten von Fans und Musikliebhabern mit Fragen löchern. Als Medium wurde Twitter benutzt, unter dem Hashtag (Suchbegriff bei Twitter) #askaconductor ließ sich die Aktion in Echtzeit mitverfolgen. Das Opern-Blog bietet eine Zusammenfassung einiger Stimmen, das gesamte Skript der Twitterkonversation bietet die britische Conductors Guild (pdf, fast 3 MB).

Ähnliche Aktionen gab es bereits mit weltweit bekannten Museen ("ask a curator") und Musikern ("ask a musician"). Auffallend ist die unverständliche Zurückhaltung auf deutscher Seite, sei es bei den aktiven Befragten, sei es beim Verbreiten der Aktionen in der Öffentlichkeit. Anscheinend hat man dort noch nicht verstanden, dass man sich mit Kommunikation dieser Art mehr Gutes tut als mit einem teuren Hochglanzprospekt - vor allem beim Publikumsnachwuchs. Und wann kommen die Künstler aus ihren analogen Löchern, deren Medium das Schreiben ist?

Einige Verlage zumindest erproben die Kommunikation des Lesers bis ins Buch hinein: enhanced ebooks nennt man das, was Walt Disney schon früh auf Papier erfand, indem er mehrere Plots für Donalds Abenteuer anbot. Während ein paar ewig Gestrige immer noch den Kulturuntergang des stinknormalen Buchs bejammern, steht eigentlich jetzt schon fest: Es wird nicht weniger Bücher geben, sondern mehr Arten von Büchern. Dass es irgendwann einmal Überschneidungen des Erzählens zwischen unterschiedlichen Medien geben würde, war längst überfällig - Literaten wie Jonathan Safran Foer (Text / Bild / Text als Bildnis) oder Olga Tokarczuk (Romane aus Textfragmenten unterschiedlichster Formen) experimentierten damit schon länger auf Papier.

Jetzt ist nicht nur die Technik endlich so weit, es engagieren sich auch mehr und mehr Verlage. Friederike Gildemeister gibt im Buchreport einen Überblick über die Experimente mit Mitmachbüchern. Die Nintendo-Idee, Lieblingsbücher wie in einem Spiel entdecken zu können, hätte ich mir als Kind sofort zu Weihnachten gewünscht, als Erwachsene finde ich es absolut raffiniert, dass man Bonusmaterial bekommt, wenn man Freunden Probekapitel aus einem Buch weitergibt. Aber auch diese Entwicklung um Enid Blyton's "Fünf Freunde" gibt es noch nicht in Deutschland...

Es war da mal ein "Trüffelschwein" namens Martin Baltes, der in den USA als Buchscout für deutsche Verlage unterwegs war. Der hat die Reihenfolge ein wenig umgekehrt und sich die Perlen, die keiner seiner Auftraggeber haben wollte, im Hinterkopf gemerkt. Das Deutschlandfunk-Interview über seinen Verlag Orange Press steht stellvertretend für viele Start-ups von Independents, die den Markt erobern, indem sie den Markt bewusst aufbrechen. Was Baltes über die Entstehung und Arbeitsweise seines Verlags erzählt, zeigt, dass man erfolgreich gegen den Strom schwimmen kann und da draußen ein Publikum wartet, welches das Besondere und durchaus auch Anspruchsvolle wünscht. Er erzählt aber auch, wie engstirnig Buchhändler sein können, welche Rolle der Zufall spielt, was sich Konzernverlage entgehen lassen und wie man mit kleinem Budget Bücher größer macht. Orange Press ist in der aktualisierten Liste feiner Verlage in diesem Blog zu finden.

Noch ein wenig kulturelle Bildung gefällig, die riesig Spaß machen kann? Dann will ich nachholen, was mir im letzten Beitrag entgangen ist und das Portal openculture empfehlen. Dan Colman, stellvertretender Dekan des Stanford's Continuing Studies Program, hatte die Idee, mit einigen Mitstreitern alles Bildende zu sammeln, was kostenlos oder zu Kleinstpreisen zu finden ist: Vom wissenschaftlichen Vortrag über Filme, E-Books bis zu Lesungen - vom historischen Gruselfilm über legendäre Popmusik bis hin zu moderner Physik und Philosophie. Via Twitter kann man die Updates und gute Tipps abonnieren.