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23. Februar 2016

Launisch, grummelig und trotzdem gut

Im Moment schleiche ich oft um mein Blog und schreibe dann doch nichts. Manchmal muss ich mich sogar regelrecht auf die Hände setzen, damit ich mich angesichts der Weltlage und fröhlich umtriebigem Faschismus nicht gleich in die Tastatur auskotze. Ein paar Wehwehchen davon landen bei Facebook oder Twitter - und die Frau, die so wütend ist angesichts der galoppierenden Dummheit mancher Menschen, in der Natur. Stille. Pflanzen und Tiere scheinen doch die besseren Menschen zu sein. Und selbst ein Schleimpilz führt augenscheinlich ein sinnvolles Leben im Schleimpilzverband.

Highlandcattle in den Nordvogesen. Sie halten auf ökologische Weise die Bachtäler und Sumpfniederungen baumfrei. Mich beruhigen diese Rinder so sehr, dass ich manchmal extra hinfahre, um sie zu beobachten.
Keine Angst, ich erzähle jetzt keine Geschichten von Pilzen. Soll ich erzählen, dass wir trotz relativer Wärme hier am unteren Gebirge mal wieder den Winterkoller haben? Weil die Leute sich im Winter nicht mehr ins Auto setzen mögen, Angst vor den Straßen haben, sitzen wir Halbgebirgler meist nur unter uns und werden dann auch zu faul, herumzufahren. Selbst der Hund weigert sich neuerdings, vor die Tür zu gehen, denn hier stehen die Wiesen unter Wasser, fließen einige Maisfelder schlicht auf die Straße. Es haben sich wohl in letzter Zeit zu viele gewünscht, Gott möge Hirn regnen lassen. Weil sich aber so viele dem Hirn verweigerten, floss es ungenutzt zur Erde ...

Vielleicht merkt man es: Meine Stimmung ist nicht die Beste, weil das Schreiben nicht laufen will. In meinem Krimi hatte ich bei der ersten Idee vor einigen Jahren an wichtiger Stelle einen schleimigen, gutbürgerlichen Rassisten eingebaut. Den ich als Autorin auch noch lieben können muss, weil man alle Figuren lieben muss, damit sie gelingen. Ich gebe ihm Saures und habe mich selbst herrlich amüsiert, auf welche Weise. Aber seit im wahren Leben brennende Asylunterkünfte offenbar "Gewohnheit" werden und Rassisten immer unmenschlichere, brutalere, menschenverachtendere Fratzen zeigen, sind mir meine Krimifinten viel zu niedlich, klingen mir fast lächerlich. Ich will aber auch keinen düsteren Sozialkrimi schreiben. So schleiche ich auch um mein Manuskript und weiß nicht, wie ich es wieder lieben können soll. Wie ich diese Figur weiter behandeln werde, damit es kein Klischee wird und kein Kinderkram. Rausschreiben kann ich den Mann nicht, er ist ein tragendes Teilchen.

Auch das ist normal. Solche Phasen müssen sein und wenn sie sich noch so eklig anfühlen. So reifen Manuskripte. So wächst man. Wenn es doch nur einen Dünger gäbe, den man einfach schluckt und gut ist! Grummelig macht mich das, bis es vorbei ist. Eigentlich darf ich in solchen Phasen dann gar nicht noch mehr schlechte Nachrichten lesen.

Natürlich habe ich bei Kollegin Christa S. Lotz ins Blog geschaut. Immer wieder berichtet auch sie von dem, was man manchmal sogar in der Branchenpresse liest oder was man in AutorInnenkreisen sonst nur hinter vorgehaltener Hand erzählt: Das Self Publishing ist endgültig weg von der Goldgräberzeit, die Einbrüche bei Amazon Unlimited an Tantiemen sind immens, E-Books werden immer unsichtbarer, die Laufzeiten immer kürzer.

Das bestätigt auch meinen persönlichen Eindruck: Exponential steigende Trashmengen im Kindle-Shop, wo man immer häufiger nicht mehr vor Plagiaten gefeit ist. Was seltsam ist: Es klauen vor allem die eigentlich sehr Erfolgreichen so dreist. Vielleicht merkt es bei den anderen auch nur keiner? Nicht zu sprechen von einer Junk-Wüste an "Kundenmeinungen", wo die Konkurrenz von der Klobürstenfabrik über die Kondomfirma bis hin zu Selfpublishern ihren Dampf ablässt, einfach, um auch mal reinhauen zu dürfen. Als Kundin kann ich so etwas schon lange nicht mehr ernstnehmen.

Mein Eindruck: Das E-Book wird einerseits zum neuen Groschenroman, andererseits wird es irgendwann mal als kostenlose Dreingabe zum Bundle mit der Printausgabe enden. Denn längst fragen die LeserInnen wieder nach Print, wenn es kein "Wegwerfbuch" ist, das man nur einmal liest. Und diejenigen, die Genre schreiben? So ein E-Book soll anscheinend im Schnitt vier Monate laufen, dann müsste das nächste kommen. Nun denn ...

Mit meinen zeitlosen Büchern erlebe ich dagegen immer wieder persönliche Highlights. Unlängst hat jemand "Faszination Nijinsky" für jemanden aus dem Sektor Tanz signieren lassen - und eine solche Wertschätzung baut auf. Es macht mich glücklich, wenn meine Bücher bei genau dem richtigen Publikum landen. Aber wirtschaftlich ist es die Katastrophe: Ich habe den Eindruck, je besser ein Buch wertgeschätzt wird, desto schlechter verkauft es sich. Es für den stationären Buchhandel vorzuhalten, rechnet sich jedenfalls nicht, auch wenn ich das aus alter Verbundenheit trotzdem mache. Schnelldreherin werde ich jedenfalls nicht, im Gegenteil, es stößt mir sehr auf, dieses Algorithmengeschäft.

Konsequenz? Wenn ich endlich mal dazukomme, muss ich meine E-Books für Tolino fertig machen. Wäre längst gelaufen, wenn die nicht ein größeres Coverformat wollten als Amazon und wenn ich drei Arme mehr hätte und Zeit und Lust ... Kommt aber, versprochen.

Ja, ich fühle Überdruss. Weil die "Ware Buch" immer schlimmer verkommt, immer weniger geschätzt wird und die Menschschreibmaschine am besten im Dreimonatstakt 99-Cent-Büchlein raushaut. Bei fast 25% Sozialabgaben vor Steuer ist mir das zu heftig. Vielleicht überwinde ich mein Tief bald, vielleicht kann ich mich demnächst wieder fürs Bücherschreiben begeistern. Wie gesagt, solche Phasen sind normal, sie vergehen. Und die edlen Verlage haben ja ähnliche Probleme - kaum ein Buch im Feuilleton platziert, ist es schon fast wieder veraltet.

Die Arbeit in meinem Atelier Tetebrec und für den Dawanda-Shop dagegen macht mir riesigen Spaß. Auch wenn es hier wie in jedem Geschäft Rückschläge gibt. Der Mensch, der mir vielleicht den besten aller Lacke, der nun leer ist, hätte besorgen können, ist erst mal nicht verfügbar. Ist oft so in Frankreich. La vie en rose und dann wartet man und wartet und wartet. Den Lack selbst besorgen ... reichlich abenteuerlich. Ich habe viel gelernt. Etwa, dass man dank Ausnahmegesetzgebung in Frankreich nicht mehr so einfach Chemikalien per Post bestellen kann, jedenfalls nicht aus dem Ausland. Innerhalb von zwei Tagen Recherche wurde ich zur Spezialistin für Holz- und Papierlacke und deren Einkaufsquellen. Wieder ein neues Produkt testen ... Es soll ja nicht nur ökologisch und giftfrei sein, sondern auch hautverträglich. Abenteuerlich, was manche in dem Metier einfach so draufkleistern!

Gleichzeitig freue ich mich wie ein kleines Kind auf meine erste Lieferung vom Großhändler. Die Firma allein ist eine Freude - vor zehn Jahren habe ich da mal fürs Hobby bestellt und es war ein Einfrauunternehmen vom heimischen Herd aus. Inzwischen arbeitet die Firma international und mit Angestellten (immer eine Freude, solche Entwicklungen). Trotz nigelnagelneuer professioneller Website fand ich noch meine Produkte von vor zehn Jahren gespeichert und der Kundenservice ist extraklasse (schneller als bei Amazon). Demnächst kann ich dann mein Paket auspacken, mit Zubehör wie Kettenschließen, Zwischenringen und allem möglichen Band- und Fadenmaterial. Vor allem aber auf die Perlen freue ich mich: Cloisonné aus Indien, Holzmalerei aus Russland, Silberblatt-Glas aus Murano oder Kristall aus Tschechien. Mein Kopf explodiert vor Ideen, wenn ich die Farben und Formen sehe.

Die Arbeit an meinem Schmuck fühlt sich in der Tat an wie Therapie. Sie erdet, bringt einen aufs Wesentliche wie eine gute Meditation und kurbelt vor allem wieder diesen kreativen Vernetzungsgenerator im Hirn an, der einem in der Buchbranche manchmal abhanden zu kommen droht. Deshalb wende ich das auch gegen meinen Überdruss an.

Ich mache mir dabei aber nichts vor: Geschäftsdenken und Planung brauche ich auch hierfür, Dawanda ist ähnlich hart wie Amazon ... sprich, wer nichts für sich tut, bleibt auch da unsichtbar. Einen Shop einzurichten und mit Warentexten und Fotos zu bestücken, das wird demnächst "nebenher" entstehen. Nebenher ist ein Witz, denn ich muss AGBs nach französischer / europäischer Gesetzeslage haben und die mindestens ins Englische, aber eigentlich auch ins Deutsche übersetzen. Ich muss nicht laut sagen, dass ich sowas hasse? Aber da muss ich durch, andere haben es auch geschafft.

Kurzum: Ich lasse mich weder von durchgeknallt erscheinenden Teilen der Weltlage entmutigen noch von der Entwertung in der Buchwelt. Während ich aus alten Büchern Perlen drehe, muss ich manchmal sogar lachen, weil ich denke: Ihr wollt reine "Ware"? Sollt ihr haben. Könnt ihr stückweise anfassen. Und Haptik bekommt ihr obendrein extrafett und dann könnt ihr euch sogar mit fremden Büchern schmücken. Wenn das mal keine Zweitverwertung ist!

17. Februar 2016

Schwelgen gegen das Wettergrau

Ich bin im Moment schwer beschäftigt. Und ich finde, die Fotos aus meinem Atelier sollten nicht in der Geschwindigkeit von Instagram untergehen. Bis ich wieder bloggen kann - hier ein paar Einblicke in meine Vorbereitungen, Fotos vom Rohmaterial. Es artet in Arbeit aus ... Arbeit, die unverschämt viel Spaß macht!

Das Blau der Ballets Russes - eine meiner Lieblingsfarben. Handaquarellierte Büttenperlen inspiriert von einem Kostüm Nijinskys.

10. Februar 2016

Endlich ein Logo!

Eine Firma ohne Logo ist im Zeitalter der Selbstdarstellung nichts. Nur mit dem eigenen Namen für etwas zu stehen, klingt fast popelig, wenn man nicht gerade Zuckerberg heißt oder ... wie heißen diese anderen Gurus gleich noch mal? Ein schlechtes Logo kann allerdings auch geschäftsschädigend wirken - es ist so etwas wie der erste Eindruck, wenn man zur Tür hereinkommt. Normalerweise übergibt man den Auftrag kompetenten GrafikerInnen und gut ist. Aber ich wollte mal wieder mit dem Kopf durch die Wand.
Der erste Entwurf, mit dem ich überhaupt zufrieden bin. Wahrscheinlich nehme ich die Farbe noch aus der Schrift heraus. Und dann wird das erst mal richtig formatiert und auf der Website eingebaut.

3. Februar 2016

Eine Lehre in Geduld

Es heißt, man könne nur dann langfristig Künstlerin sein, wenn man auch Geduld und Ausdauer in sich habe. Gar nicht so einfach! In meinem Beruf bin ich eigentlich ein extrem ausdauernder Mensch und Geduld muss ich schon deshalb haben, weil sich bei mir ein Buch nicht in zwei Monaten herunterratzt. Ich kann auch Probleme geduldig von allen Seiten betrachten und ertragen, bis ich dann - für andere scheinbar völlig ungeduldig - einen Schlussstrich ziehe, wenn sie sich nicht lösen lassen. Bin ich ein geduldiger Mensch?

Mich inspirieren archäologische Funde, denen ich mit ungewöhnlichen Materialkombinationen neues Leben gebe: Papierperlen mit Kupferpulver, ungeschliffener Bernstein, polierter Goldstein und gedrehte Glasperlen aus Böhmen.

2. Februar 2016

Literatur bewegt ...

Vorhin bei Twitter entdeckt und mehr als Gänsehaut bekommen: