In diesem Jahr feiern die United Nations, die Vereinten Nationen oder UN(O), ihr 70jähriges Bestehen. Wie wichtig die UN auch noch lange nach Kriegsende für die Welt ist, wird in diesem Jahr besonders deutlich: Ohne deren Organisationen UNHCR und UNICEF wäre das Flüchtlingsleid auf dieser Welt kaum auszuhalten. Es lohnt sich durchaus, wieder einmal bei obigem Link nachzulesen, was die UN in der Vergangenheit getan haben, wie sie funktionieren und wofür sie heute global agieren. Aber was haben die UN mit Rosen zu tun?
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27. September 2015
22. September 2015
Lesetipp: Ann Cleeves
Seit Jahren greife ich nur noch selten zu meinem Lieblingsgenre: dem Krimi. Das liegt nur an meinem persönlichen Geschmack, denn ich kann Serienmörder und Blutglibbersauce mit akribisch beschriebenen Leichenteilen nicht ab und langweile mich bei sogenannten Regiokrimis, die man zumindest im Fernsehen etwas ehrlicher Heimatkrimis nennt. Weil ich für meinen Geschmack immer weniger fand, las ich mich durch meine alten Regale: Chandler und Hammett stehen da neben Dorothy Sayers und Martha Grimes, die feinen psychologischen Beobachtungen einer Celia Fremlin neben den gestochen scharfen Sozialbildern eines Ian Rankin. Bis ich auf die Idee kam, dass Fernsehen oft auf Romanen beruht.
Die britische Serie "Vera - Ein ganz spezieller Fall" reizte mich in letzter Zeit besonders wegen ihrer außergewöhnlichen Hauptdarstellerin Brenda Blethyn, auch wenn ich bei den Krimis (dank der Sendezeit?) schon eingeschlafen bin. Könnte es für so etwas eine Romanvorlage geben? Es gibt! Und zwar nicht nur die Reihe um die Ermittlerin Vera Stanhope; Ann Cleeves ist in England eine überaus erfolgreiche Krimiautorin, die schon mehrere Krimireihen geschrieben hat. Ihre Romane wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Allein die Fernsehserie, von der im Original seit 2011 fünf Staffeln liefen, brachte bis zu 6 Millionen Briten vor die Glotze und hat weltweit Erfolg. Und die Briten wissen, wie man von der Serie aus wieder die Bücher verkauft.
Darum war es relativ einfach, Ann Cleeves Website, ihre Krimis mit genauer Reihenfolge und in allen Ausgaben zu finden - und der Einstieg mit dem englischen Verlag ist auf dem Kindle fast erschreckend preiswert. Als ich dann herausfand, dass der deutsche Verlag Rowohlt nicht einmal den Auftaktroman veröffentlicht hatte und zwei verschiedene Übersetzerinnen benutzt, war mir klar, ich würde diese Krimis - wie so viele - lieber im Original lesen. Eine Wahl, die ich nicht bereut habe, obwohl ich mir im Kindle zunächst erstaunlich viele unbekannte Wörter anzeigen lassen musste. Aber genau diesen Reiz des Lokalkolorits in der Sprache einiger Figuren kann ich mir in Übersetzung nur schwer vorstellen. Eine Herausforderung dürfte auch der hauchzarte, sehr britische Humor sein, der zuweilen aus Dialogen wie Auftreten blitzt.
Ann Cleeves wird in Großbritannien vor allem für ihre Settings und Psychologie gerühmt, ein Grund, warum ihre Romane sich so gut für ruhige und stimmungsvolle Drehbücher eignen. Dass die preisgekrönte Schriftstellerin in deutschsprachigen Amazonrezensionen eher schlecht wegkommt, war für mich sofort ein gutes Zeichen - das verspricht inzwischen Literatur von Finesse. Die Story klingt zunächst nach gar nichts: Drei Frauen bilden eine Zwangswohngemeinschaft auf Zeit, um ein Schutzgebiet zu untersuchen, auf dessen Grund eine Mine errichtet werden soll. Eine der Frauen findet eine alte Freundin erhängt im angrenzenden Bauernhaus - ganz offensichtlich ein Selbstmord. Doch als eine andere erwürgt im Moor gefunden wird, nimmt Vera Stanhope die Ermittlungen auf.
In der Tat darf man keinen Krimi nach vertrautem Strickmuster erwarten. Die Geschichte wird zunächst aus der Sicht von drei sehr unterschiedlichen Frauen erzählt, die nur eines zu einen scheint: Sie alle haben in ihrem Leben schon einmal Enttäuschung und Vertrauensbruch erleben müssen. Der Roman entwickelt von Anfang an einen Sog wie die weite Moorlandschaft, in der er spielt. Ich bin hingerissen, mit wie wenigen Worten Ann Cleeves die Landschaft, Interieurs und Orte vor meine Augen malt, mich auch hören und riechen lässt. Ähnlich intensiv - und mit der dazu notwendigen Ruhe - entwickelt sie ihre Figuren psychologisch und hat ein unwahrscheinliches Geschick, unterschiedliche soziale Schichten so zu umschreiben, dass sie nie zum Klischee werden, sondern authentische britische Realität zu spiegeln scheinen. Die Welten sind vielfältig: vom Herrenhaus bis zu heruntergekommenen Farmen, vom Treiben einer Stadt ähnlich wie Newcastle bis zu einer ländlichen Klinik, vom Bussiness der Minenbesitzer bis zur einsamen Natur.
Ein Verbrechen gibt es anfangs nicht und auch DI Vera Stanhope taucht zunächst nicht auf. Das ist ein psychologischer Roman, Krimi erst in zweiter Linie. Suspense schleicht sich raffiniert und subtil zwischen den Zeilen ein, entsteht durch die drei Perspektiven der Beteiligten, die zunächst alles sein könnten: Mörderin, künftiges Opfer oder einfach nur Zeugin. Schon bevor sich der Roman zum Whodunit wendet, rätsle ich als Leserin, was die Figuren vor mir verstecken, welche Beziehungen zu viel Geheimnis besitzen, um unverdächtig zu sein. Was mich an Ann Cleeves Roman besonders beeindruckt, ist die Art, wie die Autorin ihre Hauptfiguren langsam und allmählich wie Zufallsbekanntschaften im echten Leben entwickelt und sie gleich mit Nebenfiguren umgibt, die unverwechselbar sind. Man begegnet Veras Assistent recht früh, ohne es wirklich zu merken, wenn man seinen Namen nicht vom Film her kennt. Vera Stanhopes erster Auftritt - ohne Namen und weitere Umstände, aber umso treffender als Bild - ist genauso umwerfend wie Hitchcocks Auftritte in seinen eigenen Filmen. Sie verschwindet wieder, taucht erst bei der zweiten Toten auf - Ann Cleeves hat Zeit. Sie muss nicht durch Knalleffekte beeindrucken.
Überhaupt will ich diese Vera einfach nicht mehr loslassen und bin süchtig. Vera verkörpert all das, was weibliche Ermittlerinnen in glattgebügelten Romanen nicht sein dürfen. Sie ist ungeheuer vielschichtig und ihre Dialoge sind (zumindest im Original) messerrattenscharf, klug, polternd, aufsässig, liebevoll, herausfordernd. Überhaupt gäbe ich etwas darum, auch nur halb so gute Dialoge schreiben zu können. Dass ich mit Brenda Blethyn bereits ein Bild vor Augen hatte, bevor ich den Roman las, macht überhaupt nichts aus, denn die Rolle ist absolut genial besetzt. Dieses leicht schmuddelige massige Weib, dem man die Obdachlose eher abnehmen würde als die Hauptkommissarin, schleppt ihre eigenen Dämonen im Gepäck mit und hat vielleicht gerade deshalb ein Händchen dafür, die der anderen herauszulocken. Sie entspricht keinem Schönheitsideal, ähnelt den alten Jungfern von früher und weiß zu verbergen, wie klug sie ist. Ihr Umgang mit den Untergebenen ist manchmal mehr als fragwürdig, aber ihre Ermittlungen sind erfolgreich. Vera ist eine Frau, der man im Zug sein gesamtes Leben anvertrauen möchte, in deren Arme man flüchten will, wenn Krisen zu bewältigen sind ... und genau das nutzt sie bei ihren Ermittlungen aus.
Ob bewusst oder unbewusst, wird zunächst nicht so ganz klar. Weil bei ihr wie bei den Opfern und Verdächtigen zunächst alles in der Schwebe bleibt, auf jenem schmalen Grat, der mal auf die eine, mal auf die andere Seite kippen kann und darum die Spannung hält. Aber es ist eine sanfte, englische Spannung, Suspense wie Nebel über einem Moor, Wetterleuchten über den sozialen und psychologischen Ent- und Verwicklungen der Personen. Ganz und gar nichts für Knall-Fall-Krimi-Leserinnen, für Voyeuristen scheinbar leer wie die Landschaft Northumberlands, die ihre Reize oft erst auf den dritten Blick offenbart. Die drei Frauen im Krimi zählen nicht umsonst Pflanzen, Vögel und Säugetiere durch, auf der Suche nach der einen schützenwerten Spezies. Dieser Krimi ist eine Suche zwischen klitzekleinen, unscheinbaren Perlen für Lesegourmets, die Landschaften ebenso lieben wie gute Dialoge und die sich einlassen können auf die Untiefen von äußerlich sehr alltäglich wirkenden Menschen.
Wer solche Krimis liebt, wird vom Roman wie in einen Film hineingesogen - und natürlich sind die Romane trotz der absolut passenden Besetzung um vieles reicher als die TV-Serie. Es lohnt sich absolut, sich mit der schillernden Ann Cleeves zu beschäftigen, die viele Berufe ihrer Romanfiguren selbst ausgeübt hat und sprachlich Kleinode geschaffen hat, die jene nördliche Landschaft Englands auch in Worten wiederspiegeln. Über die deutschen Übersetzungen kann ich nur sagen, dass aus unerfindlichen Gründen erst ab Band 2 übersetzt wurde. Band 1, The Crow Trap, ist im Film übrigens als "Heiliger Boden" die Folge 3 der ersten Staffel. Wer an Ann Cleeves behutsamem, treffsicheren Stil und dem intensiven Eintauchen in die Psyche der Beteiligten Gefallen gefunden hat, kann sich freuen - die Autorin ist mit mehreren Serien sehr aktiv.
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Der erste Roman um Vera Stanhope |
Darum war es relativ einfach, Ann Cleeves Website, ihre Krimis mit genauer Reihenfolge und in allen Ausgaben zu finden - und der Einstieg mit dem englischen Verlag ist auf dem Kindle fast erschreckend preiswert. Als ich dann herausfand, dass der deutsche Verlag Rowohlt nicht einmal den Auftaktroman veröffentlicht hatte und zwei verschiedene Übersetzerinnen benutzt, war mir klar, ich würde diese Krimis - wie so viele - lieber im Original lesen. Eine Wahl, die ich nicht bereut habe, obwohl ich mir im Kindle zunächst erstaunlich viele unbekannte Wörter anzeigen lassen musste. Aber genau diesen Reiz des Lokalkolorits in der Sprache einiger Figuren kann ich mir in Übersetzung nur schwer vorstellen. Eine Herausforderung dürfte auch der hauchzarte, sehr britische Humor sein, der zuweilen aus Dialogen wie Auftreten blitzt.
Ann Cleeves wird in Großbritannien vor allem für ihre Settings und Psychologie gerühmt, ein Grund, warum ihre Romane sich so gut für ruhige und stimmungsvolle Drehbücher eignen. Dass die preisgekrönte Schriftstellerin in deutschsprachigen Amazonrezensionen eher schlecht wegkommt, war für mich sofort ein gutes Zeichen - das verspricht inzwischen Literatur von Finesse. Die Story klingt zunächst nach gar nichts: Drei Frauen bilden eine Zwangswohngemeinschaft auf Zeit, um ein Schutzgebiet zu untersuchen, auf dessen Grund eine Mine errichtet werden soll. Eine der Frauen findet eine alte Freundin erhängt im angrenzenden Bauernhaus - ganz offensichtlich ein Selbstmord. Doch als eine andere erwürgt im Moor gefunden wird, nimmt Vera Stanhope die Ermittlungen auf.
In der Tat darf man keinen Krimi nach vertrautem Strickmuster erwarten. Die Geschichte wird zunächst aus der Sicht von drei sehr unterschiedlichen Frauen erzählt, die nur eines zu einen scheint: Sie alle haben in ihrem Leben schon einmal Enttäuschung und Vertrauensbruch erleben müssen. Der Roman entwickelt von Anfang an einen Sog wie die weite Moorlandschaft, in der er spielt. Ich bin hingerissen, mit wie wenigen Worten Ann Cleeves die Landschaft, Interieurs und Orte vor meine Augen malt, mich auch hören und riechen lässt. Ähnlich intensiv - und mit der dazu notwendigen Ruhe - entwickelt sie ihre Figuren psychologisch und hat ein unwahrscheinliches Geschick, unterschiedliche soziale Schichten so zu umschreiben, dass sie nie zum Klischee werden, sondern authentische britische Realität zu spiegeln scheinen. Die Welten sind vielfältig: vom Herrenhaus bis zu heruntergekommenen Farmen, vom Treiben einer Stadt ähnlich wie Newcastle bis zu einer ländlichen Klinik, vom Bussiness der Minenbesitzer bis zur einsamen Natur.
Ein Verbrechen gibt es anfangs nicht und auch DI Vera Stanhope taucht zunächst nicht auf. Das ist ein psychologischer Roman, Krimi erst in zweiter Linie. Suspense schleicht sich raffiniert und subtil zwischen den Zeilen ein, entsteht durch die drei Perspektiven der Beteiligten, die zunächst alles sein könnten: Mörderin, künftiges Opfer oder einfach nur Zeugin. Schon bevor sich der Roman zum Whodunit wendet, rätsle ich als Leserin, was die Figuren vor mir verstecken, welche Beziehungen zu viel Geheimnis besitzen, um unverdächtig zu sein. Was mich an Ann Cleeves Roman besonders beeindruckt, ist die Art, wie die Autorin ihre Hauptfiguren langsam und allmählich wie Zufallsbekanntschaften im echten Leben entwickelt und sie gleich mit Nebenfiguren umgibt, die unverwechselbar sind. Man begegnet Veras Assistent recht früh, ohne es wirklich zu merken, wenn man seinen Namen nicht vom Film her kennt. Vera Stanhopes erster Auftritt - ohne Namen und weitere Umstände, aber umso treffender als Bild - ist genauso umwerfend wie Hitchcocks Auftritte in seinen eigenen Filmen. Sie verschwindet wieder, taucht erst bei der zweiten Toten auf - Ann Cleeves hat Zeit. Sie muss nicht durch Knalleffekte beeindrucken.
Überhaupt will ich diese Vera einfach nicht mehr loslassen und bin süchtig. Vera verkörpert all das, was weibliche Ermittlerinnen in glattgebügelten Romanen nicht sein dürfen. Sie ist ungeheuer vielschichtig und ihre Dialoge sind (zumindest im Original) messerrattenscharf, klug, polternd, aufsässig, liebevoll, herausfordernd. Überhaupt gäbe ich etwas darum, auch nur halb so gute Dialoge schreiben zu können. Dass ich mit Brenda Blethyn bereits ein Bild vor Augen hatte, bevor ich den Roman las, macht überhaupt nichts aus, denn die Rolle ist absolut genial besetzt. Dieses leicht schmuddelige massige Weib, dem man die Obdachlose eher abnehmen würde als die Hauptkommissarin, schleppt ihre eigenen Dämonen im Gepäck mit und hat vielleicht gerade deshalb ein Händchen dafür, die der anderen herauszulocken. Sie entspricht keinem Schönheitsideal, ähnelt den alten Jungfern von früher und weiß zu verbergen, wie klug sie ist. Ihr Umgang mit den Untergebenen ist manchmal mehr als fragwürdig, aber ihre Ermittlungen sind erfolgreich. Vera ist eine Frau, der man im Zug sein gesamtes Leben anvertrauen möchte, in deren Arme man flüchten will, wenn Krisen zu bewältigen sind ... und genau das nutzt sie bei ihren Ermittlungen aus.
Ob bewusst oder unbewusst, wird zunächst nicht so ganz klar. Weil bei ihr wie bei den Opfern und Verdächtigen zunächst alles in der Schwebe bleibt, auf jenem schmalen Grat, der mal auf die eine, mal auf die andere Seite kippen kann und darum die Spannung hält. Aber es ist eine sanfte, englische Spannung, Suspense wie Nebel über einem Moor, Wetterleuchten über den sozialen und psychologischen Ent- und Verwicklungen der Personen. Ganz und gar nichts für Knall-Fall-Krimi-Leserinnen, für Voyeuristen scheinbar leer wie die Landschaft Northumberlands, die ihre Reize oft erst auf den dritten Blick offenbart. Die drei Frauen im Krimi zählen nicht umsonst Pflanzen, Vögel und Säugetiere durch, auf der Suche nach der einen schützenwerten Spezies. Dieser Krimi ist eine Suche zwischen klitzekleinen, unscheinbaren Perlen für Lesegourmets, die Landschaften ebenso lieben wie gute Dialoge und die sich einlassen können auf die Untiefen von äußerlich sehr alltäglich wirkenden Menschen.
Wer solche Krimis liebt, wird vom Roman wie in einen Film hineingesogen - und natürlich sind die Romane trotz der absolut passenden Besetzung um vieles reicher als die TV-Serie. Es lohnt sich absolut, sich mit der schillernden Ann Cleeves zu beschäftigen, die viele Berufe ihrer Romanfiguren selbst ausgeübt hat und sprachlich Kleinode geschaffen hat, die jene nördliche Landschaft Englands auch in Worten wiederspiegeln. Über die deutschen Übersetzungen kann ich nur sagen, dass aus unerfindlichen Gründen erst ab Band 2 übersetzt wurde. Band 1, The Crow Trap, ist im Film übrigens als "Heiliger Boden" die Folge 3 der ersten Staffel. Wer an Ann Cleeves behutsamem, treffsicheren Stil und dem intensiven Eintauchen in die Psyche der Beteiligten Gefallen gefunden hat, kann sich freuen - die Autorin ist mit mehreren Serien sehr aktiv.
19. September 2015
Über die grüne Grenze
Es mutet bei den aktuellen Nachrichtenbildern fast schon absurd an: Man kann zwischen dem Nordelsass und der Pfalz auf dem sogenannten "Grenzgängerweg" wandern und im grünen Luxus des Biosphärenreservats Nordvogesen - Pfälzerwald viel zum Thema Grenzen und Erfahrungen mit Grenzen lernen. Die meisten Touristen stutzen bereits beim jüngsten Thema Schengen - wenn sie etwa erfahren, dass auch bei freiem Personenverkehr innerhalb der EU Grenzkontrollen legal und möglich sind.
Ich habe das große Glück, dass nur für meine Vorfahren und Familie Grenzen traumatische Bedeutungen haben konnten. Ich war nicht dabei, als Vorfahren mit nichts als einem Bündel Habseligkeiten (damals war diese Habe selig, das letzte Verbliebene vom alten Leben) in Ellis Island in der Schlange stehen mussten zur medizinischen Kontrolle. Man riss ihnen den Mund auf und kontrollierte die Zähne, prüfte ihre Augen, das Gehör und den Rest. Ein kleiner Augenfehler konnte das Aus bedeuten: sofortige Abschiebung zurück in die Armut in Europa, die nun ein Nichts war, ein letztes Bündel. Nur wer die Gesundheitseinträge bekam, durfte weiter. Die Fluchtgeschichten meiner Oma, die schwanger und allein mit kleinen Kindern von einem der schlimmsten Nazigauleiter vertrieben wurde, als er Frauen und Kinder in seiner "Festung" zum unwerten Leben erklärte, kenne ich kaum. Zu traumatisch war diese Flucht zu Fuß bis nach Bayern, man schwieg sich so etwas früher vom Leibe, Therapien gab es nicht. Ab und an tauchte ein Bild im Reden auf, das das ganze Ausmaß vielleicht hochrechnen ließ. Dass sie nie wieder Pferdefleisch anrührten, weil sie sich zum Schluss aus Verzweiflung um die verendeten Ackergäule gerissen haben. Und manche im Treck sollen so verzweifelt gewesen sein, dass sie zum Schluss auch die Toten anrührten ...
In meiner Generation, an der deutsch-französischen Grenze aufgewachsen, empfand ich das Konstrukt "Grenze" wie die meisten eher als überflüssig und störend. Als Jugendlicher im Zollgrenzbezirk erschien die Grenze als etwas, das man mit Erfindungsreichtum aushebeln musste: Schmuggeln gehörte damals zum Alltag, war fast ein Sport. Damals erlebten Froschschenkel à la provencal einen echten Boom! Wir aßen sie, wenn wir die Kontrollen auf der deutschen Seite abkürzen wollten, denn sie waren die knoblauchhaltigste Speise, die es gab. Bei geschlossenen Autofenstern wurde dann kurz vor der Grenze tüchtig mit dem Mund ausgeatmet, gehechelt. Die meisten Zöllner im damals noch nicht von ausländischem Essen verwöhnten Deutschland senkten ihren Kopf, um am Fahrerfenster ihren Spruch aufzusagen, zuckten zurück und winkten einen eilig durch. Fast lächerlich wirken heute die kleinen Tricks von damals.
Weil wir für die Abifeier mehr Sekt als erlaubt brauchten, befüllten wir eine Ente mit neun Personen, hatten also das Recht auf 27 Flaschen zollfreien Sekt. Dafür mussten 5 Leute aus dem engen Auto vor der Grenze aussteigen, zu Fuß über die Rheinbrücke gehen und außer Sichtweite der Grenzer wieder einsteigen. Die Jungs, die sich ihr Taschengeld mit Mofaschmuggel über die grüne Grenze aufbesserten, hatten dann schon richtig kriminelle Energie und gingen Risiken ein. Wie schnell wurde der brave Bürger angesichts von Grenzen kriminell, zum eigenen Vorteil schon und nicht aus Not. Als 1995 das Schengener Abkommen in Kraft trat, mit dem der freie Personenverkehr von EU-Bürgern (!) zwischen den EU-Staaten garantiert wurde; als die Schlagbäume und Schranken fielen, brauste wahrscheinlich nicht nur ich am ersten Tag mit unerlaubten hundert Sachen über die Grenze, jubelnd, vor Freude kreischend: was für ein Freiheitsgefühl! Die Jungen wissen oft gar nicht mehr, wieviel Kämpfe, Visionen, Verhandlungen nötig gewesen waren, um solche Räume der Freiheit zu schaffen, zwischen Ländern, die früher in den Kriegen noch gegeneinander gekämpft hatten.
Viele, die sich heute in Social Media darüber aufregen, wissen auch nicht mehr, dass Zöllner und Grenzposten zwar verschwunden sind, Grenzkontrollen aber auch unter dem Schengener Abkommen nach gewissen Regeln (!) jederzeit möglich sind, bis ins Hinterland hinein übrigens. Und dass der freie Verkehr nur für EU-Bürger gilt. Dass der Schengener Raum nicht deckungsgleich mit dem der EU-Staaten ist. Hochkompliziert und reformbedürftig. Grenzgänger kennen unregelmäßige Grenzkontrollen aus dem Alltag: Immer mal wieder wird auf Rauschgift kontrolliert oder die Grenze mit Beamten bestückt, wenn irgendwo ein Bankräuber ausgebrochen ist. Auch die Polizei und der Zoll arbeiten heute grenzüberschreitend vernetzt. Allerdings ist das Errichten von Zäunen zwischen EU-Staaten ist ein glatter Verstoß gegen die Grundsätze.
Mauern der Idiotie hatte man auch auf dem Gebiet des Grenzgängerwegs zwischen Wingen (F) und Nothweiler (D) schon errichtet: beim Kappelstein. Als unser Team den heutigen Premiumwanderweg im Rahmen eines EU-Projektes konzipierte, die Installationen und zweisprachigen Texte ersann, kam uns sofort das Bild vom Brett vor dem Kopf in den Sinn. Man muss sich vorstellen, dass auch früher der Personenverkehr stets über die grünen Grenzen floss - man pflegte in Friedenszeiten Freundschaften, heiratete sogar mal hüben, mal drüben. Und Schmuggeln galt auch damals als Handwerk. Wie so oft war es ein Krieg, der die Familien trennte, Freunde entzweite. Und im Zweiten Weltkrieg baute die französische Armee einen Spähturm auf den Kappelstein - das schien ja auch praktisch bei der exponierten Grenzlage. Die deutschen Soldaten fällten auf der anderen Seite Bäume. Nicht etwa, um die Sicht zu erleichtern, sondern für eine hohe Bretterwand vor dem Spähturm! Die alten Bewohner von Wingen können sich noch gut an das "Brett vor dem Kopf" erinnern, das damals den Wahnsinn des Krieges und der Grenzkämpfe wie kaum eine andere Metapher verkörperte.
Wir wissen gar nicht mehr zu schätzen, was wir an unserer heutigen Freiheit haben. Wie bewahrungswürdig sie ist. Auf dem 5 km langen Wanderweg, für den man wegen der Höhenunterschiede gemütliche zwei Stunden rechnen sollte, markieren rote Pfosten mit gespaltenen Herzen den Grenzverlauf im Wald, erzählen die alten Grenzsteine eine bewegte Geschichte. Die Kelten konnten im Grenzland noch recht frei ihrer Arbeit nachgehen, aber das hatte bald ein Ende. Die Römer stritten gegen die sogenannten Barbaren um den Grenzverlauf, später waren es die Burgherren, deren Sicherheitsanlagen heute so begehrte Wanderziele sind. Klöster und Bischofssitze, Adlige und auch einmal Raubritter stritten um Territorien in der Gegend. Nach der Französischen Revolution entstanden die Staatsgrenzen.
Vor der Revolution wirkte der Grenzschutz noch wie ein Spiel. Weil sich die Grenzsteine so leicht in der Nacht ausgraben und versetzen ließen, ordnete man sie in Schussweite an und beging einmal im Jahr den sogenannten "Grenzgang" als Fest. Die Dorfoberen kontrollierten, ob jeder Stein noch am Platz stand und nahmen ihre Söhne als Zeugen mit. Kurzweilig musste es sein für die Kinder, drum legte man Münzen auf die Grenzsteine. Die Jungs, mit gebundenen Händen, mussten die Münzen mit dem Mund aufschnappen - damit war der Stein kontrolliert. Und die Grenze symbolisch mit dem Geld des jeweiligen Territoriums verbunden.
Das historische Kuddelmuddel um jene Grenze im heutigen Naturpark war jedoch alles andere als ein Kinderspiel. Nach den Revolutionskriegen wurde die gesamte linksrheinische Pfalz Teil des Departements Donnersberg in der Französischen Republik. Nach dem Wiener Kongress 1816 fiel die Pfalz als Gebietsausgleich an Bayern: bayrisches Hoheitsgebiet als Exklave. Und dann folgte der Irrsinn der deutsch-französischen Auseinandersetzungen in einem Gebiet, in dem man vorher eigentlich friedlich miteinander lebte: Durch den Sieg des Deutschen Kaiserreichs 1871 im detsch-französischen Krieg wurden das Elsass und ein Teil von Lothringen deutsch. 1919 wechselte das Elsass innerhalb der Grenze von 1825 wieder zu Frankreich. Neue Grenzsteine wurden 1925 aufgestellt, das Elsass im Zweiten Weltkrieg von Nazideutschland besetzt und 1945 befreit - dann wieder französisch.
Grenzen machen Menschen. Aber Menschen haben auch irgendwann Visionen entwickelt, wie sie ohne Kriege und Feindschaften in einer mühsam erarbeiteten Freiheit miteinander leben wollen. Allzu oft hat man versäumt, solche Errungenschaften nachhaltig und auf Zukunftsfähigkeit hin zu gestalten. Sicher hat man auch nicht laut genug auf sie gepocht, wenn man neue Mitglieder aufnahm. Deshalb sind unsere europäischen Werte und Regelungen leider auch fragil und müssen immer wieder von Neuem in Erinnerung gerufen und geschützt werden. Es geht nicht an, dass Regierungen von EU-Staaten zwischen EU-Staaten Stacheldraht auslegen wie im Ersten Weltkrieg und Zäune errichten wie damals das wahnsinnige "Brett vor dem Kopf".
Wer einmal direkt in der Landschaft die Bedeutung von Grenzen für die Menschen - und damit echte Grenzgängereien erleben möchte, findet den Zugang zum deutsch-französischen Grenzgängerweg direkt bei Nothweiler (Pfalz) oder beim Wanderparkplatz Col du Litschhof. Mit etwas weiterem Anmarsch kommt man dorthin auch vom Parkplatz Gimbelhof und von Wingen (Elsass). Informationen und vielleicht auch noch unsere Broschüre (?) gibt es bei der Touristinformation Dahner Felsenland in Dahn, dem Office de tourisme Sauer-Pechelbronn in Durrenbach und dem Syndicat d'initiative de Lembach daselbst.
Und wer keine Zeit zum Reisen hat oder sich vorbereiten möchte, kann das Elsass samt meinen persönlichen Rezepten und seiner Kultur genießen in Petra van Cronenburg: Elsass, wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt. (Als Taschenbuch, E-Book und Hörbuch)
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Blick aufs Grenzgebiet Richtung Nothweiler |
In meiner Generation, an der deutsch-französischen Grenze aufgewachsen, empfand ich das Konstrukt "Grenze" wie die meisten eher als überflüssig und störend. Als Jugendlicher im Zollgrenzbezirk erschien die Grenze als etwas, das man mit Erfindungsreichtum aushebeln musste: Schmuggeln gehörte damals zum Alltag, war fast ein Sport. Damals erlebten Froschschenkel à la provencal einen echten Boom! Wir aßen sie, wenn wir die Kontrollen auf der deutschen Seite abkürzen wollten, denn sie waren die knoblauchhaltigste Speise, die es gab. Bei geschlossenen Autofenstern wurde dann kurz vor der Grenze tüchtig mit dem Mund ausgeatmet, gehechelt. Die meisten Zöllner im damals noch nicht von ausländischem Essen verwöhnten Deutschland senkten ihren Kopf, um am Fahrerfenster ihren Spruch aufzusagen, zuckten zurück und winkten einen eilig durch. Fast lächerlich wirken heute die kleinen Tricks von damals.
Weil wir für die Abifeier mehr Sekt als erlaubt brauchten, befüllten wir eine Ente mit neun Personen, hatten also das Recht auf 27 Flaschen zollfreien Sekt. Dafür mussten 5 Leute aus dem engen Auto vor der Grenze aussteigen, zu Fuß über die Rheinbrücke gehen und außer Sichtweite der Grenzer wieder einsteigen. Die Jungs, die sich ihr Taschengeld mit Mofaschmuggel über die grüne Grenze aufbesserten, hatten dann schon richtig kriminelle Energie und gingen Risiken ein. Wie schnell wurde der brave Bürger angesichts von Grenzen kriminell, zum eigenen Vorteil schon und nicht aus Not. Als 1995 das Schengener Abkommen in Kraft trat, mit dem der freie Personenverkehr von EU-Bürgern (!) zwischen den EU-Staaten garantiert wurde; als die Schlagbäume und Schranken fielen, brauste wahrscheinlich nicht nur ich am ersten Tag mit unerlaubten hundert Sachen über die Grenze, jubelnd, vor Freude kreischend: was für ein Freiheitsgefühl! Die Jungen wissen oft gar nicht mehr, wieviel Kämpfe, Visionen, Verhandlungen nötig gewesen waren, um solche Räume der Freiheit zu schaffen, zwischen Ländern, die früher in den Kriegen noch gegeneinander gekämpft hatten.
Viele, die sich heute in Social Media darüber aufregen, wissen auch nicht mehr, dass Zöllner und Grenzposten zwar verschwunden sind, Grenzkontrollen aber auch unter dem Schengener Abkommen nach gewissen Regeln (!) jederzeit möglich sind, bis ins Hinterland hinein übrigens. Und dass der freie Verkehr nur für EU-Bürger gilt. Dass der Schengener Raum nicht deckungsgleich mit dem der EU-Staaten ist. Hochkompliziert und reformbedürftig. Grenzgänger kennen unregelmäßige Grenzkontrollen aus dem Alltag: Immer mal wieder wird auf Rauschgift kontrolliert oder die Grenze mit Beamten bestückt, wenn irgendwo ein Bankräuber ausgebrochen ist. Auch die Polizei und der Zoll arbeiten heute grenzüberschreitend vernetzt. Allerdings ist das Errichten von Zäunen zwischen EU-Staaten ist ein glatter Verstoß gegen die Grundsätze.
Mauern der Idiotie hatte man auch auf dem Gebiet des Grenzgängerwegs zwischen Wingen (F) und Nothweiler (D) schon errichtet: beim Kappelstein. Als unser Team den heutigen Premiumwanderweg im Rahmen eines EU-Projektes konzipierte, die Installationen und zweisprachigen Texte ersann, kam uns sofort das Bild vom Brett vor dem Kopf in den Sinn. Man muss sich vorstellen, dass auch früher der Personenverkehr stets über die grünen Grenzen floss - man pflegte in Friedenszeiten Freundschaften, heiratete sogar mal hüben, mal drüben. Und Schmuggeln galt auch damals als Handwerk. Wie so oft war es ein Krieg, der die Familien trennte, Freunde entzweite. Und im Zweiten Weltkrieg baute die französische Armee einen Spähturm auf den Kappelstein - das schien ja auch praktisch bei der exponierten Grenzlage. Die deutschen Soldaten fällten auf der anderen Seite Bäume. Nicht etwa, um die Sicht zu erleichtern, sondern für eine hohe Bretterwand vor dem Spähturm! Die alten Bewohner von Wingen können sich noch gut an das "Brett vor dem Kopf" erinnern, das damals den Wahnsinn des Krieges und der Grenzkämpfe wie kaum eine andere Metapher verkörperte.
Wir wissen gar nicht mehr zu schätzen, was wir an unserer heutigen Freiheit haben. Wie bewahrungswürdig sie ist. Auf dem 5 km langen Wanderweg, für den man wegen der Höhenunterschiede gemütliche zwei Stunden rechnen sollte, markieren rote Pfosten mit gespaltenen Herzen den Grenzverlauf im Wald, erzählen die alten Grenzsteine eine bewegte Geschichte. Die Kelten konnten im Grenzland noch recht frei ihrer Arbeit nachgehen, aber das hatte bald ein Ende. Die Römer stritten gegen die sogenannten Barbaren um den Grenzverlauf, später waren es die Burgherren, deren Sicherheitsanlagen heute so begehrte Wanderziele sind. Klöster und Bischofssitze, Adlige und auch einmal Raubritter stritten um Territorien in der Gegend. Nach der Französischen Revolution entstanden die Staatsgrenzen.
Vor der Revolution wirkte der Grenzschutz noch wie ein Spiel. Weil sich die Grenzsteine so leicht in der Nacht ausgraben und versetzen ließen, ordnete man sie in Schussweite an und beging einmal im Jahr den sogenannten "Grenzgang" als Fest. Die Dorfoberen kontrollierten, ob jeder Stein noch am Platz stand und nahmen ihre Söhne als Zeugen mit. Kurzweilig musste es sein für die Kinder, drum legte man Münzen auf die Grenzsteine. Die Jungs, mit gebundenen Händen, mussten die Münzen mit dem Mund aufschnappen - damit war der Stein kontrolliert. Und die Grenze symbolisch mit dem Geld des jeweiligen Territoriums verbunden.
Das historische Kuddelmuddel um jene Grenze im heutigen Naturpark war jedoch alles andere als ein Kinderspiel. Nach den Revolutionskriegen wurde die gesamte linksrheinische Pfalz Teil des Departements Donnersberg in der Französischen Republik. Nach dem Wiener Kongress 1816 fiel die Pfalz als Gebietsausgleich an Bayern: bayrisches Hoheitsgebiet als Exklave. Und dann folgte der Irrsinn der deutsch-französischen Auseinandersetzungen in einem Gebiet, in dem man vorher eigentlich friedlich miteinander lebte: Durch den Sieg des Deutschen Kaiserreichs 1871 im detsch-französischen Krieg wurden das Elsass und ein Teil von Lothringen deutsch. 1919 wechselte das Elsass innerhalb der Grenze von 1825 wieder zu Frankreich. Neue Grenzsteine wurden 1925 aufgestellt, das Elsass im Zweiten Weltkrieg von Nazideutschland besetzt und 1945 befreit - dann wieder französisch.
Grenzen machen Menschen. Aber Menschen haben auch irgendwann Visionen entwickelt, wie sie ohne Kriege und Feindschaften in einer mühsam erarbeiteten Freiheit miteinander leben wollen. Allzu oft hat man versäumt, solche Errungenschaften nachhaltig und auf Zukunftsfähigkeit hin zu gestalten. Sicher hat man auch nicht laut genug auf sie gepocht, wenn man neue Mitglieder aufnahm. Deshalb sind unsere europäischen Werte und Regelungen leider auch fragil und müssen immer wieder von Neuem in Erinnerung gerufen und geschützt werden. Es geht nicht an, dass Regierungen von EU-Staaten zwischen EU-Staaten Stacheldraht auslegen wie im Ersten Weltkrieg und Zäune errichten wie damals das wahnsinnige "Brett vor dem Kopf".
Wer einmal direkt in der Landschaft die Bedeutung von Grenzen für die Menschen - und damit echte Grenzgängereien erleben möchte, findet den Zugang zum deutsch-französischen Grenzgängerweg direkt bei Nothweiler (Pfalz) oder beim Wanderparkplatz Col du Litschhof. Mit etwas weiterem Anmarsch kommt man dorthin auch vom Parkplatz Gimbelhof und von Wingen (Elsass). Informationen und vielleicht auch noch unsere Broschüre (?) gibt es bei der Touristinformation Dahner Felsenland in Dahn, dem Office de tourisme Sauer-Pechelbronn in Durrenbach und dem Syndicat d'initiative de Lembach daselbst.
Und wer keine Zeit zum Reisen hat oder sich vorbereiten möchte, kann das Elsass samt meinen persönlichen Rezepten und seiner Kultur genießen in Petra van Cronenburg: Elsass, wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt. (Als Taschenbuch, E-Book und Hörbuch)
18. September 2015
Liebe deinen Mörder ...
Wer Giftpflanzen, die Entwicklungszeiten von Maden in Leichen und Tötungsdelikte googelt, darf auch solche Schlagzeilen schreiben. Wahrscheinlich bin ich auf Überwachungslisten längst markiert, weil ich mir herausnehme, im Internet genauso freudig nach Drogen wie nach Waffen zu recherchieren. Ich bin ja seit einiger Zeit Krimiautorin - diese Spezies darf sowas. Aber nicht nur der Hang zum Abstrusen ist für mich völlig neu beim Schreiben - viel zu neugierig war ich ja schon immer.
13. September 2015
Ein neuer Star?
Heute ist es passiert: Das Viech war so richtig übel nervig. Hat beim Telefonieren zu lautstark mitgeredet. Hat gelernt, eine Tür zu öffnen, die nach innen aufgeht. Quakte unablässig nach einem Spaziergang, nachdem wir gerade gelaufen waren. War zipfelig wie ein kleines Kind bei Schlechtwetter. Da schwor ich ihm die schlimmste Rache nach Schriftstellerinnenart!
Ich drohte ihm nicht nur, ich tat es! Bilbo Edler von Butterblum, jene undefinierbare Mischung zwischen Beagle und Bracke, klebt seit heute in meinem Krimi fest. Als Nebenfigur. Und weil es ja aus Rache geschah, hat er seinen ersten Auftritt gleich unter dem Namen, den ich ihm immer gebe, wenn er nicht hören will. Zuerst rufe ich ihn "Billinger". Hilft das nichts, folgt ein "Monsieur Billinger" und dann ein harsches "Monsieur". Spätestens danach schaut er mich an, als sei er ein Engel in Pelzgestalt. Ab sofort gibt es eben auch einen Monsieur Billinger im Roman.
Ich muss nun allerdings einige Probleme lösen: In welchen Szenen darf Billinger absolut nicht auftauchen, weil er sonst die Leichen zu schnell ausbuddeln würde? Wie wird er mit dem Zeug umgehen, dass sich einer der Kommissare ständig in die Backen stopft? Und das Schlimmste: Wann lüfte ich das Geheimnis von Monsieur, der - aus Gründen - von Luc zuerst geheimgehalten wird? Grandios an der Sache: Jeden Waldlauf, jedes Pirschen über Wiesen kann ich fortan zu Arbeitszeit erklären. Recherche!
Übeltäter sollten sich ihre Übeltaten ab sofort dreifach überlegen. Denn Monsieur Billinger hat so manchen besonderen Blick drauf. Ob ich meinen Hund langsam darauf trainieren sollte, dass er Lesungen begleitet?
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Als könne er kein Wässerchen trüben - in Sachen Public Relations hat er die Fotopose voll drauf. |
Ich muss nun allerdings einige Probleme lösen: In welchen Szenen darf Billinger absolut nicht auftauchen, weil er sonst die Leichen zu schnell ausbuddeln würde? Wie wird er mit dem Zeug umgehen, dass sich einer der Kommissare ständig in die Backen stopft? Und das Schlimmste: Wann lüfte ich das Geheimnis von Monsieur, der - aus Gründen - von Luc zuerst geheimgehalten wird? Grandios an der Sache: Jeden Waldlauf, jedes Pirschen über Wiesen kann ich fortan zu Arbeitszeit erklären. Recherche!
Übeltäter sollten sich ihre Übeltaten ab sofort dreifach überlegen. Denn Monsieur Billinger hat so manchen besonderen Blick drauf. Ob ich meinen Hund langsam darauf trainieren sollte, dass er Lesungen begleitet?
6. September 2015
Das Sonntags-Omm
Kreativität schließt Wissen so ein, dass es zur praktischen Anwendung kommt. Was wir lernen, bewegen wir durch unsere Hände von unseren Köpfen in unsere Herzen. Wir sind als Macher geboren und Kreativität ist der ultimative Akt der Integration - die Art, wie wir unsere Erfahrungen ins Leben bringen ... Der indonesische Stamm der Asaro und die Papua in Neuguinea haben ein schönes Sprichwort, das da heißt: "Wissen ist nur ein Gerücht, solange es nicht in den Muskeln lebt."
Brené Brown
Brené Brown
4. September 2015
Der Atem der Geschichte
Ich mache heute viele Worte und drehe mich wohl im Kreis, weil ich kaum die angemessenen Worte finde. Gestern noch war ich völlig sprachlos, wütend, traurig, fassungslos. Ich muss dagegen anschreiben, weil das meine Art ist, Dinge zu verarbeiten und nachzudenken. Auch auf die Gefahr hin, meine LeserInnen zu nerven. Es geht wieder um das Thema Flucht. Aber es geht diesmal um Momente, in denen einen der Atem der Geschichte stärker trifft, als man sich das wünschen mag.
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(Foto public domain von pixabay) |
3. September 2015
Sich schlau lesen
Ich werde immer wieder gefragt, wo ich die interessanten Artikel abseits des Mainstreams finde, ich ich manchmal bei Twitter verteile. Deshalb möchte ich hier ein paar meiner Quellen der Frühstückslektüre empfehlen. Manche kann man per Feed abonnieren, andere sind Newsletter frei Mailbox. Oder man klickt sich einfach rein und kann Stunden versurfen ...