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28. März 2014

Bei Interviews stark bleiben

Autoren werden immer mal wieder interviewt und die erste Reaktion ist meist Freude: Endlich interessiert sich jemand für mich! Zeitung, Radio, Fernsehen - endlich richtige Öffentlichkeit! Ist der Beitrag gelaufen, kann dagegen der große Katzenjammer ausbrechen. Man hat das in dieser Art doch alles nicht gewollt! Man fühlt sich entblößt, die Worte wurden einem womöglich im Mund umgedreht, ungünstige Schnitte lassen Sätze in einem völlig neuen Licht erscheinen. Wer schimpft dann nicht über die ach so bösen Journalisten, die es mit der Wahrheit nicht so genau nähmen. Was aber ist die Wahrheit? Und sind die Journalisten wirklich nur fiese Zeitgenossen, die Interviewpartner öffentlich grillen wollen?

Leute, die sich PR-Berater leisten können wissen es: Da spielen zwei sehr unterschiedliche Seiten miteinander, oft mit unterschiedlichen Zielen. Der Journalist will einen Skandal aufdecken - der Lokalpolitiker aber ein unpopuläres Projekt verkaufen. Der Journalist rätselt über das Phänomen von Vampirbüchern im 21. Jahrhundert - die Autorin versteht nicht, warum er ihre angeblichen Bestsellerqualitäten nicht erkennt. Der Journalist will eine Stimmung im Lande aufnehmen, die nicht nur er wahrzunehmen glaubt - der Interviewte lebt in einer völlig anderen Stimmung.
Die Kunst ist es, sich über seine eigenen Ziele sehr klar zu sein und diese gut an die Frau oder den Mann zu bringen.

Dann ist da noch die Sache mit der Eigenwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung. Wenn ich morgens in den Spiegel schaue, kann mich das eine dunkle Haar unter der Nase so sehr stören, dass ich mich an diesem Tag hässlich finde. Doch keiner meiner Mitmenschen wird es wahrscheinlich bemerken. Die schauen vielleicht eher auf meine Augen oder das schrille Kleid. Und leiten ab: Die fühlt sich wohl in ihrem Körper.
Ähnlich kann es bei Interviews passieren. Irgendwann im Laufe des Gesprächs lasse ich fallen, dass ich Gummibärchen am liebsten zuerst den Kopf abbeiße. Der Journalist hat mir so nett welche angeboten. Nicht sehr günstig, wenn ich gerade zum Thema Todesstrafe interviewt werde oder Stellung beziehen soll über einen Halsabschneider aus der Wirtschaft. Mein Gummibärchentick ist nämlich dann das gefundene Fressen für den Journalisten: Er wird sich besonders auf diese Metapher stürzen. Hat er wirklich gelogen, wenn er mich als eine hinstellt, die schon mal Köpfe rollen lässt? Nein. Ich habe ihm das Bild selbst auf dem Silbertablett serviert.

In letzter Zeit häufen sich in meinem Umfeld die Stimmen, die nach schlechten Erfahrungen sagen, sie würden grundsätzlich kein Interview mehr geben. Zeitungsjournalisten schlagen sich schon seit Jahren damit herum, dass Interviewte zuerst jeden einzelnen Satz nachlesen und dann freigeben wollen. Aber wer schreibt dann eigentlich das Interview?

Man muss sich nicht für alle Zeiten verkriechen. Oft hilft es, die unterschiedlichen Welten und Erwartungen einigermaßen zur Deckung zu bringen. Dazu sollte man sich intensiv vorbereiten. Hier ein paar Tipps & Tricks dazu, die ich als Journalistin, PR-Frau und Interviewte gleichermaßen gebe:

1. Erfragen Sie vorab das genaue Thema und vor allem den Kontext.
Die Vampirromanautorin wird in einem kulturhistorischen Artikel in der FAZ ganz andere Dinge gefragt werden wie im Fanzine - und sie wird dementsprechend anders dastehen. Der Lokalpolitiker kann sich im Aufmacher des Lokalblatts seiner Couleur womöglich anders ausbreiten als in einem Einspieler für eine Talkshow, wo man ihn als schlechtes Beispiel braucht. Versuchen Sie, dieses Umfeld zu analysieren. Entscheiden Sie vorab, ob sie darin eine gute Figur machen können. Wenn ja, beschäftigen Sie sich damit. Wenn nein, verzichten Sie.

2. Erfragen Sie vorab die tatsächliche Länge des veröffentlichten Beitrags.
Für ein Vollinterview im Sonntagsmagazin ist es hilfreich, möglichst viele interessante Dinge zu erzählen - der Journalist hat genügend Platz, um Ihrer Person gerecht zu werden. Wenn dagegen ein Kamerateam 30 Minuten Gespräch aufnimmt, so ist das wahrscheinlich nur für einen Beitrag unter 5 Minuten. Sie haben also jede Menge Zeit, sich für einen 1:30er Nachrichtenbeitrag gründlich zu verplappern. Je mehr Sie reden, desto leichter kann nachher "herumgeschnitten" werden. Stimmen Sie, was Sie sagen, auf diese tatsächliche Länge ab. Kommen Sie immer wieder auf die wichtigen Punkte zurück. Sie kennen das von Politikern, die durchaus wichtige Statements öfter wiederholen, damit sie nachher im Schneideraum auch als wichtig erkannt werden.

3. Legen Sie Wert auf ein professionelles, neutrales Umfeld.
Ich habe früher bei der Zeitung Menschen am liebsten in ihrer eigenen Wohnung oder ihrem privaten Umfeld interviewt. Das ist praktisch: Man kann mit wenigen Blicken den Interviewten beurteilen. Und der ist vor allem lockerer, weniger nervös und darum zugänglicher. Wenn die nette Reporterin beim Kaffee so sympathisch wirkt und sich sogar fürs Familienalbum interessiert - wer will da nicht gleich drauflosschwatzen? Vorsicht: Genau darauf ist die nette Reporterin aus - sie will in möglichst kurzer Zeit möglichst viel erfahren.
Vor allem Laien und medienunerfahrene Menschen sollten sich darum einen neutralen Treffpunkt aussuchen, der folgende Kriterien erfüllen sollte: Sie müssen sich dort sicher fühlen und gut konzentrieren können. Sie sollten sich vielleicht nicht zu wohl und privat fühlen, denn dann lässt die Aufmerksamkeit nach. Bei Fernsehaufnahmen denken Sie an die Bildkraft: Die Umgebung gibt Ihren Worten womöglich einen Nebensinn. Es macht einen Unterschied, ob ich über reiche Investoren spreche, während ich vor einer Luxusimmobilienagentur stehe oder in einem Armenviertel.

4. Merken Sie sich, was Sie nicht sagen wollen.
Sie müssen persönliche Tabus im Vorfeld genau festlegen. Denken Sie erst beim Interview darüber nach, ist es bereits zu spät. Ihnen werden Dinge im Eifer des Gefechts und der Aufregung herausrutschen, die sie womöglich bereuen könnten. Dazu gehört zuerst einmal, dass Sie für sich selbst einen genauen Rahmen abstecken, was und wie viel von ihrem Privatleben in die Öffentlichkeit gelangen darf. Denn genau diesen privaten Menschen wird jeder erfahrene Journalist herauskitzeln wollen - das ergibt schließlich die menschlichsten Geschichten! Stehen Sie zu Ihren Tabus. Und legen Sie sich ein Thema zurecht, das sie in einem privaten Licht erscheinen lässt, ohne etwas über ihr Intimleben zu offenbaren. Haustiere sind ideale Ablenker. Ich kann stundenlang über meinen Hund reden, ohne dass irgendwer erfährt, wie ich tatsächlich lebe. Allerdings sollten sie diese Tabus mit Ihrem Auftritt im Internet und in Social Media abstimmen, denn dort machen sich Journalisten zuerst über Sie kundig.

5. Merken Sie sich auch inhaltliche Tabus zu einem Thema.
Sie würden vielleicht zu gerne die eine Aussage machen, die Sie selbst schwer beschäftigt: Sie haben gerade im großen Stil Gold gekauft. Weil Sie Banker sind, mag das normal sein. Nun werden Sie aber als leitender Banker zur Pleite einer großen Immobilienbank befragt werden. Da ist es immer noch normal, dass Sie gerade viel Gold gekauft haben - schließlich sind Sie ja nicht pleite. Die Fußangel lauert anderswo: Welche Stimmung herrscht im Land? Welche Stimmung soll der Beitrag wiedergeben, in welchem Umfeld wird das Interview gesendet werden? Banker und Superreiche haben es in der Öffentlichkeit gerade verspielt. Vor der Sendung, in der Sie über Gold reden wollen, läuft eine Doku über wachsende Armut in der reichen Welt, danach folgt eine Talkshow zum Thema Steuerflucht. Vielleicht vergessen Sie die Freude über Ihren Goldankauf erst einmal. Vielleicht schweigen Sie darüber, dass Sie für Gold sind? Es wird nämlich unmöglich zu Ihrem Vorteil gereichen in einer solchen Situation.

6. Behalten Sie das Heft in der Hand.
Wenn Sie interviewt werden, dann will der Journalist etwas von Ihnen, nicht umgekehrt. Sollten Sie nicht komplett öffentlichkeitsgeil sein, so können Sie auch ganz gut ohne dieses Interview leben. Sagen Sie sich das immer wieder: Ich muss ja nicht! Denn daraus resultiert die wichtige Einsicht: Ich kann jederzeit Nein sagen. Ich kann unterbrechen. Ich kann nachfragen, wie eine Frage gemeint ist. Ich kann einen anderen Drehort vorschlagen. Ich kann fragen, warum der Interviewer mich das gerade fragt, was er damit bezweckt. Ich kann Fragen ablehnen. Ja, ich darf jederzeit Nein sagen und schweigen! Unsere Vampirromanautorin wird vielleicht ausgerechnet während eines globalen Blutspendeskandals befragt. Die Boulevardpresse geifert über den Präsidenten von Blutistan, der nicht ganz legal Blutspenden verschoben hat. Unsere Autorin ist in Blutistan geboren. Was liegt näher, als sie für ein politisches Statement zu missbrauchen!? Die Autorin kann aber Nein sagen. Sie kann sagen: Ich äußere mich nicht über den Präsidenten / die Politik. Ich rede über Vampirromane, befragen Sie mich dazu. Nur muss Sie dann auch konsequent sein: Kein Wörtchen über den Präsidenten oder die Politik darf über ihre Lippen kommen! Und sei die Journalistin auch noch so nett.

7. Weniger ist mehr.
Im journalistischen Tagesgeschäft ist Kürzen an der Tagesordnung. Es liegt außerdem in der Natur der Sache, dass man lieber etwas zu viel Material sammelt, als man verwenden kann. Je besser und vielfältiger das Material, desto mehr kann der Journalist aus dem Vollen schöpfen und auf gewisse Themen hin zuspitzen. Hat der Banker nicht nur über seinen Goldankauf geplappert, sondern war auch sonst sehr redselig, so lassen sich aus seinen Worten unterschiedliche Geschichten machen: Eine über Goldankäufe in Zeiten der Pleiten, eine über Konkurrenten im Bankgeschäft, das Portrait eines hämischen Gewinnlers, die Erzählung vom Urlaub auf den Bahamas in der Millionenvilla und vielleicht sogar ein Einspieler über die Beeinflussung der Politik durch einen hochvernetzten Banker. Nichts davon wird erlogen sein, nichts an den Haaren herbeigezogen: Der gute Mann hat schlicht zu viel geplappert!

Halten Sie deshalb durchaus auch öfter inne: Welche Erwartungshaltung hat mein Gegenüber? Diese ganze Historie über die Aktiengesellschaften des 18. Jahrhunderts: Will der das wirklich wissen? Interessiert sie das das Publikum in dieser Lage, in dieser Sendung? Oder ist das nur mein privates Steckenpferd? Wenn Sie dringend solche Geschichten bringen wollen, bürsten Sie sie auf Aktualität. Vielleicht erzählt unser Banker besser, was er von seinem Vorfahr im 18. Jahrhundert genau für diese aktuelle Situation gelernt hat - und dass er nur deshalb noch nicht pleite ist. Tun Sie das nicht, wird man an anderer Stelle des Gesprächs knackigere Sätze suchen.
Je zielgerichteter Sie also beim Thema bleiben, je weniger Sie fröhlich und unbedacht drauflos plappern, desto eher werden Sie sich nachher im Interview selbst wiedererkennen.

Das alles zu beherzigen und trotzdem natürlich und authentisch zu bleiben, ist eine große Kunst. Man kann sie trainieren. Man kann sich sogar coachen lassen, wenn man öfter in der Öffentlichkeit steht. Aber alle anderen, die Anfänger und diejenigen, die nur sporadisch einmal befragt werden, sollten bei all der Aufregung auch locker bleiben. Früher sagte man: "Die Zeitung vom Morgen ist am Mittag gerade noch gut dazu, einen Hering einzuwickeln." Ein Einspieler in einer Nachrichtensendung ist bei neuer Nachrichtenlage schon wieder vergessen. Kein Zuschauer wird ihn so aufmerksam betrachten wie der Interviewte selbst. Man wird also weder das dunkle Haar unter Ihrer Nase entdecken noch diesen einen Satz, den sie so ungeschickt formulierten.
(C) Petra van Cronenburg, alle Rechte vorbehalten

16. März 2014

Renn über die Linie!

Es wird allerhöchste Zeit: Madame schraubt und feilt an einem Ende für ihr Stück "Jeux. Russische Spiele in Baden-Baden", das am 27.5. als szenische Lesung mit Schauspielern des Theaters Baden-Baden Premiere haben wird. Es ist eine völlig neue Erfahrung für mich, direkt für die Bühne zu schreiben. Und ich habe es mir nicht unbedingt einfach gemacht: Aus Finanzierungsgründen läuft das wie bei einem Dreh zum "Tatort". Personen und teure Orte streichen - übrig bleibt ein Kammerstück zwischen zwei Personen, Vaslav Nijinsky und Sergej Diaghilew. Kammerstücke sind bekanntlich schwieriger als Massenaufgebot auf der Bühne zu gestalten.

Professioneller Abstand zur Figur im Stück?

Ein nicht nur fiktives Stück über zwei nicht fiktive Personen der Geschichte, mit fiktiven Dialogen und möglichen Emotionen. Irgend ein Schlaule hat einmal behauptet: "Es ist ganz einfach, Theaterstücke zu schreiben. Man muss nur vom Roman alles weglassen, was nicht Dialog ist." Aber klar doch. Und weil man einfach alles weglässt, muss das Publikum dann lachen oder heulen.

Ganz ehrlich: Nichts scheint mir persönlich schlimmer, als zwei Figuren der Weltgeschichte auf einer winzigen Bühne zuerst so in Wut zu versetzen, dass sie sich fast Hass entgegenspucken, um sie dann über eine tieftraurige Phase in eine Szene zu treiben, die ein völlig neues Bild ergibt. Und das auch noch so, dass die Zuschauer wissen, worum es geht, obwohl sie die Dinge nicht kennen, die ein Roman so gemütlich über Hunderte von Seiten erzählen kann. Ich gebe zu: Ich bin ein Weichei. Ich leide mit meinen Figuren oft allzu sehr mit. Wenn sie mir derart ans Herz gewachsen sind, sowieso. Da müssen dann Tricks her, um nicht selbst in Schwermut zu verfallen.

Man macht im Leben bekanntlich nichts umsonst. So bewährt es sich derzeit, dass ich fleißig am Theater in Baden-Baden Laienkurse belegt habe. Ursprünglich, um meine Lesungen noch besser und lebendiger gestalten zu können. So manche Übung kommt mir wieder in den Sinn. Etwa diese: Der Saal ist mit Kreidestrichen in vier Quadrate aufgeteilt, die für Emotionen stehen: Glück, Trauer, Wut, leise Freude. Je näher man an die Linie kommt, desto unverfälschter prallen die Emotionen aufeinander. Alle laufen im Kreis, eine Trommel regelt die Geschwindigkeiten. Zuerst ganz langsam, schreitend. Ohne Worte und Text, ohne Stück und Geschichte mimt man die Emotionen aus dem Viereck, in dem man sich gerade befindet. Mit dem Gesicht, den Armen, dem ganzen Körper. Und das geht immer schneller, bis man über die Linien rennt, von höchstem Glück in tiefste Trauer fällt, sich leise freut oder wütend wird. Es gibt auch Paarübungen, wo man auf Fremde prallt, die eine andere Emotion verkörpern als man selbst.

Preiswerter: Wenn man bis auf die zwei Figuren links alle anderen streicht

Im Geist lasse ich meine zwei Pappkameraden durch den Raum laufen. Renn über die Linie!, rufe ich ihnen zu. Diaghilew schreitet ins Feld väterlicher Gefühle, er will bewahren - Nijinsky kämpft um Freiheit. Der eine wird wütend, der andere ist beleidigt. Der Beleidigte wird noch wütender als der Wütende, der Wütende dagegen traurig. Unerbittlich treibe ich sie mit meiner Trommel an, bis sie sich Dinge sagen, die sie nie aussprechen wollten. Entsetzen und dann diese lähmende Stille.

Da ist noch ein anderer Sog, der an mir reißt. Jeder Satz bekommt in der derzeitigen Weltsituation plötzlich einen Beigeschmack, eine doppelte Konnotation. Der schwule Nijinsky ist wegen eines unzüchtigen Kostüms aus dem Kaiserlichen Theater in Sankt Petersburg herausgeflogen. Damals hat er es absichtlich darauf angelegt, um im freien Paris auftreten zu können. Jetzt sehnt er sich plötzlich wieder nach Russland. Werden ihn die Russen je zurückkehren lassen? Die beiden sind Gefangene ihrer Freiheit: Im eigenen Land hätten sie sich nie derart austoben und entwickeln können wie in Paris, aber Paris hätten sie nicht aufgemischt, wenn sie nicht diese urrussische Kultur im Hintergrund gehabt hätten. Ob am Ende das bestimmt, was auch heute zu bestimmen scheint: das Geld?

Es ist die große Chance für einen Text, wenn er plötzlich weitere Ebenen entwickelt. Es kann ihm allerdings leider auch zum Verhängnis werden, wenn man nicht einen kühlen Kopf bewahrt. Jaja, Stückeschreiben ist ja so einfach: Man muss nur alles Unwichtige weglassen.

12. März 2014

Schönwetterdrösel

Die Sonne bringt es an den Tag: Madame streckt in Gedanken all die vielen Arme weit von sich, die sie derzeit eigentlich bräuchte, und hat die beste Ausrede, Freiluftfaulenzia zu genießen: Es soll wieder etwas kälter werden. Das tut es immer, wenn im Elsass die Magnolien blühen - und die stehen kurz vor ihrer Pracht. Also schnell Sonne süffeln!

Lesungen aus Büchern sind out. Warum nicht aus einem ungelösten Rätsel des Buchs ein Theaterstück machen?
Ich stecke außerdem mit dem Kopf fest in meinem Kammerstück, das noch eine Art Showdown benötigt. Höchste Zeit, denn die Flyer liegen aus, der Vorverkauf hat begonnen. Gleich nach Thomas Mann die Veranstaltung - sicher ein gutes Omen, denn der spielt ja auch im Nijinsky-Buch eine Rolle. Wer die szenische Lesung des Stücks "Jeux. Russische Spiele in Baden-Baden" mit Schauspielern des Theaters in der gleichnamigen Stadt erleben will, der reserviere schnell bei der Bibliotheksgesellschaft seine Karten für den 27. Mai.

Und es wird höchste Zeit, einen Berg Fotos zu sichten. Fotos von einem wunderbaren Garten mit Kunstobjekten ... aus denen ein feiner Bildband werden soll. Alles in Eigenregie als Verlegerin in einem Privatauftrag. Ein Konzept will erdacht werden und mit Texten so montiert, dass der Gestalter sich austoben kann, während der Lektor an den Texten schwitzt.

Gleichzeitig bastle ich schon wieder an einem neuen Blog. Keine Angst, ich bin nicht verrückt geworden, sondern übernehme nach der FB-Seite nun die Social-Media-Arbeit für die Deutsch-Russische Kulturgesellschaft in Baden-Baden. Es gibt nichts Schöneres, als wenn sich die Arbeit derart an die eigenen Lieblingsthemen annähert! Meine eigene Bloggerei auch im Blog über Nijinsky und in den Grenzgängereien hat sich gelohnt.

War noch was? Die Marketingtante in mir bereitet Vaslav Nijinskys 125. Geburtstag im April vor.

Und die Frau, die gern viele Arme mehr hätte, muss jetzt unbedingt noch Sonne trinken. Und die Magnolienblüten genießen, bevor sie wie jedes Jahr verregnet werden.

4. März 2014

Putin? Wodka!

Die Fasnachtsredaktion Oberes Leserland hat dem Krimiband "Rouge & Revolver" von Dan Rocco die Goldene Bouteille verschärften Grades verliehen. Die offensichtlich überhaupt nicht ernst gemeinten Schnellkrimis dieses Nonames bestechen dabei in ihrem Alkoholgrad, dem der Schriftsteller bei der Arbeit erlegen war. Oder wie ein infizierter Leser meinte: "Vollkommen durchgeknallter Stoff! Ich habe selten so gelacht." Diese halluzinatorische Promillfüllung derart gekonnt mit politischer Brisanz und himmelschreiender Korruption in der Marketingabteilung zu paaren, ist bisher noch keinem Verlag gelungen. Dagegen fallen selbst Rowohlts zwischengeschaltete Pfandbriefobligationen an der Börse ins Bodenlose.

KAUFEN! ABER HOPP!
Dem geneigten Leser fällt nicht einmal auf, dass die Werbespots, die dieses Büchlein finanzieren sollten, schon etwas älter sind. Putin ist eben immer gut, auch wenn die betreffende Wodkafirma den Rubel bis heute nicht rollen ließ. Putin, das ist der Stoff aus dem ... was eigentlich ist? Dan Rocco hat darum die Preisverleihung bitter nötig: Kauft niemand sein Buch, wird er künftig sein Küchenmesser nicht mehr für Schwarzwälder Schinken wetzen können. Wir befürchten Schlimmstes.

Um unseren Lesern einen Vorgeschmack auf die Geschmacklosigkeiten dieses Buchs zu geben, zitieren wir zwei der Werbespots, die dieses Buch unterbrechen, in voller Länge und rufen dem Autor zu: Das geht gar nicht, Dan, das geht gar nicht in dieser verzweifelten Weltlage! Wir bitten außerdem für Verständnis, dass der Autor sich einiges an Textarbeit gespart hat ... Sie erinnern sich ... die unbezahlten Rechnungen.

Werbeunterbrechung 1

Knallrote Gesamtaufnahme des Kreml. Quietschbunte Zwiebeltürmchen. Scharfe Schnitte auf eine quietschbesoffene Kommissarin mit Zwiebelturmfrisur. Wieder der Kreml, regengewaschen, Pfützen davor. Der Kopf der Kommissarin in einer Pfütze auf blank poliertem Kneipentisch.
     Mühsam hebt sie den Kopf und eine Flasche ins Bild. Noch mühsamer lächelt sie, hebt dazu ein Glas und flüstert:
     „Wwwodka Med... Medwed... nur den echten guten Medizin, glucks, MedwedMedwod, äh Wwwwoddd, hicks, Wodka Medwed... also ich, glucks hicks, trinke nur den echten Wodjew Medwedka!“
     Totale auf eine Pfütze, in der sich der Kreml spiegelt.
Ein irrer Regieassistent rennt fuchtelnd durchs Bild und brüllt etwas Unverständliches.
„Cut, Cut! Verdammt noch mal!“, schreit der Regisseur.
„Scheffe, wir hatten inzwischen Wahlen“, sagt der Assistent.
„Na und? Gewinnen doch eh immer die gleichen Nasen!“
„Jetzt ist es der andere“,  beharrt der Assistent.
„Das ist gehupft wie gesoffen. Der soll erst mal das Geld überweisen. Dann kriegt er die zensier... äh korrigierte Fassung nach der nächsten Story.“


Werbeunterbrechung 2

Knallrote Gesamtaufnahme des Kreml. Quietschbunte Zwiebeltürmchen. Scharfe Schnitte auf eine quietschbesoffene Kommissarin mit Zwiebelturmfrisur. Wieder der Kreml, regengewaschen, Pfützen davor. Der Kopf der Kommissarin in einer Pfütze auf blank poliertem Kneipentisch.
     Mühsam hebt sie den Kopf und eine Flasche ins Bild. Noch mühsamer lächelt sie, hebt dazu ein Glas und flüstert:
     „Wwwodka Put... Putput... nur den echten guten Hühner..., glucks, Putputputkaputt, äh Wwwwoddd, hicks, Wodka Puti... also ich, glucks hicks, trinke nur den echten Wodin Putka!“
     Totale auf eine Pfütze, in der sich der Kreml spiegelt.


Aus Dan Rocco: Rouge & Revolver, Edition Tetebrec (alle Rechte vorbehalten). Als DRMfreies Kindle weltweit in Sekundenschnelle auf den Reader zu saugen!