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29. Juni 2013

Madame hat getanzt ...

... und das ist natürlich nichts für ein Autorenblog. Deshalb gebe ich bei dieser Gelegenheit mal wieder den Tipp, sich meine anderen Blogs ebenfalls als Feed zu abonnieren oder hier rechts im Menu zu schauen, ob es Neuigkeiten gibt. Getanzt wird bitte hier entlang.

16. Juni 2013

Zeit der Gärten

Der Sommer verwöhnt uns endlich. Zeit für mich, ein paar Tage Online-Pause einzulegen. Nicht etwa, weil ich Urlaub mache, sondern weil eine Arbeit vor mir liegt, die sich in ihrer ersten Phase wie Urlaub anfühlen mag: Ich muss einen Garten, den ich bisher nur aus Zeitschriften kenne, intensiv auf mich wirken lassen. Will seine Räume erkunden, die Kunstwerke darin ... den Duft aufnehmen und die Texturen, die Elemente. Spüren muss ich diesen Garten und lauschen, welche Geschichten er mir erzählt. Und dann sind da natürlich noch die Geschichten seiner Schöpferin.


Foto: PvC

 Das Projekt, das mich die nächsten Monate intensiv begleiten wird, ist dank meiner Spezialisierung und eigenen Vorliebe für die Natur eines, das zwar wirklich viele Fähigkeiten (heraus)fordern wird, das ich aber mit besonders großer Freude angehen kann. Ich werde zum ersten Mal ein Buch im Privatauftrag für jemand anderen schreiben, herstellen und verlegen. Fachleute fürs Lektorat, Fotografie und die Herstellung stehen schon bei Fuß. An mir ist es nun, zu recherchieren, ein Konzept zu erstellen, den richtigen Ton dazu fürs Schreiben zu finden. Nach dem Besuch des Gartens und dem Sichten von hoffentlich vielen Fotos geht es dann ganz intensiv ans Schreiben. Ein Gartenbuch, ein Bildband - mit sinnlichen Texten.

Foto: PvC
 Es ist eine Herausforderung für mich, nicht für einen Verlag zu schreiben, sondern gleich zum Schreiben die gesamte Verlagsarbeit selbst zu erledigen. Natürlich geht so etwas nur in einem Team von Profis. Aber das Self Publishing hat sich gelohnt, ich habe viel gelernt. Und schalte nun erst einmal ab, weil ich in der nächsten Woche mit all meinen Sinnen arbeiten muss, in der Abgeschiedenheit vom Kommunikationsterror ...

Foto: PvC
Die Fotos zeigen übrigens meine eigenen Rosen, oben eine porzellanrosa französische Frédéric Mistral und dann die englische Austin-Rose Tradescant, die je nach Alter der Blüten von leuchtend pink bis fast blauscharz blüht.

11. Juni 2013

Viele Augen verderben nicht den Brei

Ich bin völlig überwältigt von dem Ansturm an Hilfsbereitschaft auf allen Kanälen, mir beim Aussuchen des Rohmaterials für die Covergestaltung meiner Kulturgeschichte der Rose zu helfen. Auf Twitter und Facebook liefen die Bits heiß, Blogger ging zeitweise bei den Kommentaren in die Knie. Ich litt bis heute Mittag am information overflow ... Aber nun möchte ich allen fleißigen Bienchen natürlich nicht vorenthalten, was so eine Aktion überhaupt bringt und was dabei herauskam. Vor allem hat es mir riesig Spaß gemacht, weil ich dabei lerne, mit weniger betriebsblinden Augen zu schauen!

Zunächst die knallharten Daten:
Spitzenreiter war das Gemälde Pot Pourri von Herbert James Draper mit der Nr. 7 (40 Stimmen).
Platz 2: Der Rosenstrauß von Waldmüller mit der Nr. 6 (31 Stimmen)
Platz 3: Helen Keller mit ihrem Braille-Buch und der Nr. 8 (22 Stimmen)
Die wenigsten Stimmen bekamen Nr. 2 (9 Stimmen), Nr. 5 (9 Stimmen) und Nr. 3 (2 Stimmen)

Spannend bei der umgekehrten Frage, was gar nicht ginge:
Als absolutes Ekelpaket entpuppte sich Nr. 4, gefolgt von Nr. 1 (wegen der Kleinteiligkeit) und - man staune - Nr. 7! Der Publikumsliebling bekam also gleichzeitig die dickste Kritik!

Wie kommt so etwas zustande?

Hochinteressant ist es, sich die Antworten mit Begründungen genauer anzuschauen. Ich kann daraus nämlich ablesen, ob sich jemand nur spontan an einem schönen Hingucker erfreut oder sich auch Gedanken zum Zielpublikum und speziellen Buch gemacht hat. Ich kann auch oft erkennen, ob die Leute einfach nur LeserInnen sind, oder vielleicht BuchhändlerInnen, VerlegerInnen oder Profis vom Grafikfach. Das war breit gestreut mit den Antworten und deshalb aufschlussreich. Für meine endgültige Entscheidung sind einzelne Begründungen darum wichtiger als viele Stimmen.

Zugegeben, Nr. 7 hat auch mich betört gehabt - und es ist der Liebling aller Frauen, die sehr romantisch und harmonisch "drauf sind". Was aber, wenn diese Leserinnen dann auf mein Anti-Kitsch-Kapitel stoßen, in dem ich nachvollziehe, wie süßliche Rosenromantik im 19. Jahrhundert die Frau politisch wie gesellschaftlich zu unterjochen half? Und wie würde ich all die Männer ansprechen, die dieses Buch doch sehr häufig lesen und lieben? Es ist ja kein romantisches Buch. Es geht darin sogar um knallharte Themen wie Gentechnik und Größenwahn. Es wird jetzt Stöhnen geben ... aber ich für mich habe Nr. 7 weggelegt. Es ist ein wunderschönes Coverbild für ein Wellnessbuch mit Rosenpotpourris und Rosenrezepten - oder ein Cover für eine Anthologie mit romantischen Rosengedichten.

Nr. 1, der Parfummacher von Ernst, ist für ein E-Cover - das erkannten viele - zu kleinteilig und zu wenig kontrastreich, obwohl es zu einer Kulturgeschichte wunderbar passen würde. Leider ist außerdem nirgends eine bezahlbare hochauflösende Variante zu finden, die eine entsprechende Ausschnittsvergrößerung erlauben würde.

Nur Rosen - auch da waren sich viele einig - das sieht nach Geschenkbüchlein aus. Und bei den Frauen schieden sich dann endgültig die Geister. Einige standen voll auf die Präraffaeliten, aber die meisten hatten damit ein Problem: Es erinnerte sie an historische Romane. Leider zu Recht, die Verlage haben hier ganze Arbeit geleistet, für dieses Genre jeden auch nur irgendwie erreichbaren Maler dieser Epoche zu verwursten, in Faltenwürfe, Frauen ohne Kopf und dergleichen zu verhackstücken. Die Dame auf Nr. 4 wurde von sehr vielen als krank eingestuft, irgendwie leidend, "sie hat Rücken" meinte jemand so schön. Das geht natürlich gar nicht. Diejenigen, die sie mochten, wurden von ihr an Bücher über "starke Frauen, die lesen oder schreiben" erinnert. Gut erkannt! Das ist teilweise der Stil des Verlags von Elisabeth Sandmann. Und weil diese Konnotation zu deren Marke offensichtlich so stark etabliert ist, muss ich die Finger davon lassen. Denn in meinem Buch geht's nicht um Frauen, sondern um Menschen.

Obwohl so vielen Leuten Nr. 8 gefiel - und mir zunächst durch die Illustration des Titels "Das Buch der Rose" ebenfalls - gab es hier einen Einwand, der stark wirkt. Wenige Leute dachten dabei sofort an diese altmodischen, nachgemachten Postkarten mit launigen Sprüchen. Ich dann leider auch - das geht mir gar nicht mehr aus dem Kopf.

Und dann fand ich noch eine Sache sehr spannend: BuchhändlerInnen griffen spontan eher zum Konventionellen. LeserInnen griffen zum Vertrauten oder eigenen Sehvorlieben, oft, ohne den Inhalt des Buchs zu betrachten. Und die wirklich Mutigen, die dann auch an allen Vorlagen etwas auszusetzen hatten - das waren Verleger oder Profis aus dem Bereich Fotografie und Grafik. Männer fanden sich auch eher weniger von den Bildern angesprochen und schlugen am schnellsten und lautesten Kitschalarm, Ihnen ein besonderer Dank! Ich bin ja bekanntermaßen selbst kitschallergisch.

Und jetzt will ich nicht weiter auf die Folter spannen: Mein Favorit ist die Nr. 6. Nicht nur als Hingucker und wegen der Rose im Mittelpunkt, sondern auch und vor allem aus technischen / grafischen Gründen. Ich liebäugle allerdings noch mit einer völlig eigensinnigen Gestaltung gegen alle bequemen Sehgewohnheiten. Ich sprach es bereits an, Charles Rennie Mackintosh mit seinen Rosen war mir im Hinterkopf, zumal man dazu wunderbar mit Typografie spielen kann (er hat sogar eigene Schriften entworfen).

Lady Rose von Mackintosh
Dieses Bild war dann die Überraschung. Ich habe nämlich vorhin in den uralten Daten herumgeschnüffelt, aus der Zeit, in der ich noch mein Exposé schrieb und mich bei Verlagen bewarb. Meine Exposés haben gern mal ein echtes Titelblatt fürs Auge. Und vor vielen Jahren habe ich einmal den guten alten Mackintosh mit Tusche und Aquarell kopiert - die Lady Rose hängt bei mir ganz groß an der Wand. Die hatte ich doch tatsächlich fürs Exposé abfotografiert! "Die Rose ist wie ein Buch" war mein damaliger Arbeitstitel. Mache ich vielleicht daraus etwas? Back to the roots?

Es bleibt spannend. Das Rennen läuft zwischen Waldmüller und Mackintosh!

10. Juni 2013

Welches Cover hätten wir denn gern?

Viele Augen sehen mehr als zwei. Und deshalb rufe ich mal wieder zur freundlichen Mithilfe auf, weil ich mich nicht entscheiden kann, wie ich ein Buchcover gestalten könnte.
Das Buch ist eine Kulturgeschichte der Rose (Sachbuch), in der es zwar auch um die "Ethnologie" der Rose durch die Geschichte geht, vorwiegend aber um Literatur, Kunst, Philosophie, Religion ... all die Bereiche, in denen Rosen eine Rolle spielen. Herausgegeben werden soll als Backlist ein E-Book. Print lohnt sich leider deshalb nicht, weil das Originalbuch noch antiquarisch den Markt verstopft (hier anzuschauen). Und weil ich die Rechte an dessen Gestaltung nicht besitze, muss ich neu gestalten.

Obwohl ich prachtvolle Rosenfotos besitze, habe ich mich gegen Fotos entschieden - die sind branchenüblich für Gartenbildbände und Gartenratgeber reserviert. Unten zeige ich nun eine Auswahl an Gestaltungsmöglichkeiten. Das sind noch keine Cover, sondern nur Bilder, aus denen ein Cover entstehen könnte. Wenn ich mich denn entscheiden kann. Welches ist euer Liebling, oder welches geht gar nicht? Bitte unbedingt die Zahlen nennen zum eindeutigen Zuordnen! Begründungen sind kein Muss, können aber für mich sehr hilfreich sein!

Die reinen Rosenbilder



Rosen in "Bearbeitung"


Frauen und Rosen



(Die Bilder dienen nur einer internen Abstimmung und sind deshalb komprimiert und für weitere Nutzung unkenntlich gemacht. Bei Nutzungen auf anderen Plattformen bitte selbst Rechte abklären!)

5. Juni 2013

Edel soll es werden

Was macht eine Autorin mit einem solch wunderbaren Sommertag, während sie scheinbar ständig im Internet schwatzt? Genau, sie erledigt diese lästigen Arbeiten, die einem auch ein Verlag nicht abnimmt. Ende Juni bin ich zu einem edlen Anlass eingeladen, bei dem sich haargenau mein Zielpublikum für "Faszination Nijinsky" herumtreibt. Aber sowas von haargenau! Also wurde die Idee geboren, dass rasend schnell ein Flyer für dieses Event her muss. Und der soll sehr edel werden.


Skizzieren kann man Ideen zum Glück auch draußen an der Sonne. Schön muss das ja nicht aussehen, nur die Grundideen festlegen. Etwa das ungewöhnliche Menukartenformat einer längs gefalteten DIN-A-4-Seite. Vorne muss Nijinsky dem Betrachter entgegentanzen. Viel Bild, viel Wirkung, wenig Text. Auf der Rückseite dreht er dem Betrachter dann auch den Rücken zu, tanzt in den Flyer hinein.


Und warum bei diesem schmalen Format den Innenteil nicht ganzseitig nutzen? Hier darf Nijinsky dann zweispaltig liegen. Tja, so weit, so gut. Jetzt muss die Sonne leider ohne mich scheinen, denn die Kleinarbeit am Computer braucht leider Konzentration. Hätte ich an diese Arbeit eigentlich nicht schon vor einem Jahr denken können?

3. Juni 2013

Verkaufen mit Hashtags

Eben habe ich über die Verkäufe eines meiner E-Books gestaunt, das normalerweise nur ganz selten verkauft wird, weil das Zielpublikum eher zum Print greift. Dachte ich bisher. Wie war es zur Steigerung des E-Book-Verkaufs gekommen?

Ich habe ein Jubiläum im Monat Mai als Anlass genommen, wieder regelmäßiger zum Thema zu bloggen und diese Geschichten zum Buch in Beziehung zu setzen. Man könnte sich stattdessen aber auch alle möglichen Anlässe ausdenken, um ein Thema neu ins Gedächtnis zu bringen: Für Gartenbücher den Saisonbeginn, für Rosenbücher den Beginn der Blüte, für den Vampirroman den Kinostart eines Vampirfilms, für einen Frauenroman über eine Köchin vielleicht Parallelen zu einer Kochsendung, über die gerade kontrovers diskutiert wird. Aber auch recht schräge Ideen laufen ganz gut. So wurde mein Artikel über die Traditionen von Pferdefleischverzehr nebst Rezept wie kaum ein anderer konsumiert, als es den Pferdefleischskandal gab. Das nennt man dann wohl antizyklisches Denken: Während die Mehrheit der Leute die Nase voll davon hatte, Pferdefleisch als Rindfleisch untergeschoben zu bekommen, bekamen offensichtlich genügend Appetit auf mehr. Hätte ich doch zu der Zeit nur ein Buch zum Thema gehabt!

Das Themenbloggen, wie ich es mit meinen anderen Blogs praktiziere, hat den Vorteil, dass es Zielpublikum direkter bindet und vor allem via Google immer neues "frisches" Blut heranführt. Blogartikel bieten den Lesern Zusatznutzen, sind wie die Zusatzinhalte auf einer Film-DVD. Sie machen neugierig auf den Stoff und verraten bereits, ob jemand schreiben kann oder ob man dessen Stil mag. Vorausgesetzt natürlich, sie sind nicht werberisch geschrieben, sondern erzählen wirklich Geschichten.

Der eigentliche Glücksfall kommt aber erst dann zustande, wenn die eigenen Blogartikel auch von anderen empfohlen werden oder bei Twitter fleißig retweetet. Dafür sorgen Fans, das passiert, wenn man wirklich Interessantes bietet. Erwischt man jedoch auch noch den passenden Hashtag, kann sich so eine Empfehlung richtig verselbstständigen und Menschen erreichen, die einem bisher gar nicht folgen. Hashtags sind mit # gekennzeichnete, klickbare Suchstichworte bei Twitter. Man kann mit dieser Kurzsprache spielen, um Worte zu sparen oder schnell etwas zu erklären:
Nichts geschafft #Faulheit
Nichts geschafft #Krank
Meist werden Hashtags aber auch breit etabliert und weitergegeben, damit man live einer Veranstaltung folgen (#buchcamp) oder weltweit sämtliche Nachrichten zu einem Ereignis lesen kann (#occupygezi). Berühmt geworden sind Hashtags bei Twitter deshalb im Arabischen Frühling - so haben sich protestierende Menschen, die sich nicht kannten, in Sekundenschnelle vernetzen und organisieren können.

Im Idealfall kann man nun den Link zum Blogartikel mit einem etablierten Hashtag verbinden. Vorsicht, es wird absolut übel genommen, wenn man unpassend Spam abliefert! Also z.B. Bucheigenwerbung mit #buchcamp kombinieren würde. So verkauft sich kein einziges Buch. Das macht die Twitterer zu Recht wütend. Man muss also schon zum Hashtag-Thema etwas beizutragen haben.

Das ist mir z.B. mit diesem Jubiläum gelungen. So wie viele Medien habe ich einen Artikel zum Jubiläum geschrieben, nicht etwa über mein Buch. Aber ich bin als Autorin Fachfrau fürs Thema. Leider viel zu spät, nämlich am Tag danach, habe ich entdeckt, dass ARTE einen Hashtag dazu etabliert hatte. Die hatten das Jubiläum nämlich am Vorabend gefeiert. So konnte ich mit dem Hashtag auch etwas zum Thema sagen und den Link zum Artikel weitergeben. Nicht zum Buch wohlgemerkt. Es tröpfeln immer noch einzelne Fans via Twittersuche zu diesen Tweets. Und mein ganz großer Vorteil: Genau dieses ARTE-Publikum ist mein Zielpublikum. In den Statistiken kann ich sehen, dass bereits die Blogartikel neue Leser brachten. Mit dem Hashtag kam es dann richtig zu einem kleinen Rekord.

Darum mein Tipp: Leser wollen Geschichten lesen, keine Direktwerbung. Und weil auf dieser Welt so viele ähnliche Geschichten parallel ablaufen, kann man sich für Bücher immer neue Tagesaktualitäten oder Anknüpfungspunkte schaffen. Ein Hashtag ist die kürzeste, einfachste Verknüpfungsmethode. Man kann in Aktionen, am besten gemeinsam mit anderen, eigene etablieren und verbreiten. Man kann aber auch geschickt existierende Hashtags nutzen, sofern man mehr zu sagen hat als reine Werbung.

Einen Wermutstropfen hat die Methode allerdings: Viele Hashtags sind sehr kurzlebig und müssen an einem Tag intensiv genutzt werden, indem man auch der Community etwas gibt und andere retweetet. Dann versandet die Sache schnell wieder. Umso wichtiger, wenn man dann wirklich Substanz zu bieten hat und die Leute vielleicht für ein Blog begeistern kann, auf das sie zurückkehren.

1. Juni 2013

Das Träumen von Büchern

Es ist wieder da. Dieses Wunder. Ich wache ganz früh auf, nehme mir im Kopf die kommende Situation in meinem Roman vor, schlafe sofort wieder ein und träume die nächste große Szene. Dann kann ich gar nicht schnell genug Frühstück machen und den Computer einschalten - denn ich muss nur noch diesen Traum in die Tasten hacken. Währenddessen bin ich so sehr fern dieser Welt, werden die Personen im Roman derart lebendig, dass ich mich gegen Mittag schütteln muss, um Fiktion nicht mit Realität zu verwechseln. Ein Spaziergang im Regen ist schon einmal nötig, um festzustellen, dass wir tatsächlich nicht das Jahr 1909 schreiben. Nachts geht der Kreislauf von Neuem los ... ich träume irrwitzig bunt und aufregend. Dinge, die nichts mit dem Roman zu tun haben, mich aber auf innere Spuren bringen. Und morgens die nächste Szene. Wer kann schon von sich sagen, dass die Arbeit im Schlaf gelingt?


Zehn Jahre lang habe ich mit der Grundidee zu diesem Roman gekämpft und seit vielen Jahren auch keinen Roman mehr geschrieben. Übrig geblieben von der Idee sind immer nur ein Koffer, ein uralter seidener Sonnenschirm von einer Reise mit einem Dampfer, ein alter Gehstock ... Zwischendurch habe ich sogar geglaubt, ich könne überhaupt nicht schreiben. Brache über so viele Jahre, in denen andere Bücher entstanden, aber auch viel künstlerischer Leerlauf mich schier verrückt machte. Schreiben, was "man" schreiben sollte, weil es so schön läuft - das wollte ich nie.

Und nun die Erkenntnis, dass da gar kein Leerlauf war. Man schreibt auch, wenn man scheinbar nichts tut. Das bemerke ich erst jetzt beim Tippen, um wie viel ich gewachsen bin. Handwerkliche Dinge, die mir früher unendlich schwer fielen, für die ich tagelang Notizen machen musste - das fliegt mir jetzt zu. Meine Figuren flüstern mir Dialoge zu wie in einem Film. Ich staune, wie sie Neugier wecken, für Spannung sorgen, Andeutungen machen. Ich wundere mich, wie sich meine größten Probleme in Wohlgefallen auflösen: Zwei Handlungen zu zwei völlig unterschiedlichen Zeiten und eine davon läuft auch noch rückwärts davon ... Lachhaft, dieses Problem, für Leute, die ordentlich plotten. Mir hat es Knoten im Kopf verursacht, weil ich beide Zeiten auch noch in Berührung bringen will. Und jetzt läuft es einfach in die Tasten.

Dabei sollte ich mir völlig andere Gedanken machen. Das legen jedenfalls Diskussionen nahe, wie ich ihnen täglich geballt auf Facebook begegne. Demnach interessiert sich die aufgeschlossene moderne Autorin von heute vornehmlich für Bestsellerlisten, massenverkäufliche Stoffe, Profit, Marketing, Bestsellerlisten, publikumswirksame Stoffe, nochmal Profit und all diesen Ranking-Kram ... und wie man effektiv an die Spitze gelangt. Eigentlich sollte das künftige Ranking am besten gleich wie Blut aus der Feder laufen. Was, du schreibst kein Genre? Was, du bist nicht in einer der meistverkauften Schubladen drin? Du schaust nicht mindestens zehn Mal täglich ins Amazon-Ranking und bastelst nach jedem Kapitel heiße Marketingaktionen? Wie ewig gestrig. So wird nie etwas aus dir. Schau dir die Kolleginnen und Kollegen an, die das dicke Geld scheffeln. Die machen es richtig.

Aha. Machen es all die, die nicht in der Bestsellerliste stehen, dann falsch? Warum aber kaufen Menschen Bücher, die nicht Topseller sind? Es ist eine seltsame Entwicklung. Zuerst hatten einzelne Autoren es über, dass in Konzernverlagen bereits Manuskripte hauptsächlich auf potentiellen Profit abgeklopft wurden. Jetzt ahmen Self Publisher die Konsumhaltung fast identisch nach, schreiben die Ware, die sich in kaum etwas von der Ware großer Verlage unterscheidet. Wo bleibt das Experiment? Das "Andere", das Ausloten inhaltlicher wie literarischer Chancen? Ich fühle mich ein wenig wie auf dem Mond und stelle fest, so eng darf eine vermeintlich freie Welt nicht sein. Eine in Verlagen nicht und eine außerhalb erst recht nicht. Wo bleiben die Fragen von künstlerischem oder literarischem Belang?

Ich genieße die Freiheit in vollen Zügen. Es ist schon Luxus, sich zehn Jahre Zeit zu nehmen, bis man endlich Text tippt, mit dem man halbwegs zufrieden ist. Noch größerer Luxus ist es offenbar, sehenden Auges eine Geschichte zu schreiben, von der man keine Ahnung hat, ob sie sich je verkaufen wird. Noch schlimmer: Mit der man gar nicht erst darüber nachdenken möchte, was sie auf einem wie auch immer gearteten "Markt" erreichen wird. "L'art pour l'art", die Kunst nur um der Kunst willen ... das war einst ein Schocker für eine ganze Generation. Der Schocker der heutigen Zeit scheint zu werden, sich einfach vollkommen auszuklinken aus allen Systemen ... und völlig autistisch auf die eigene Geschichte zu hören, sich mit ihr auseinanderzusetzen, zu schöpfen ohne Zweckgebundenheit. Kreation ohne die Frage des Wieviel und des Wozu. Eine ganze Welt will entstehen, Figuren werden lebendig. Und ihre einzige Rechtfertigung ist die Tatsache, dass sie atmen wollen.

Geldwert. Ranking-Werte. Marketing-Effektivität. Markenbewusstseinsgrade. Treffsicherheit von Strategien. Zahnpasta und Fußpilzsalbe. Etwas anderes scheint die Ware Buch nicht mehr zu sein. Eine neue Fußpilzsalbe gefällig? Auch als Zahnpasta verwendbar, echt für die ganz großen Massen geeignet. Viral wie Fußpilz wird die Marke von Dr. Möchtebest verkauft. Der beste Dr. Möchtebest verkauft sich gleich selbst mit. Im Fußpilzsalbendoppelpack.

Manchmal, wenn man ganz still ist, hört man Bücher weinen. Manchmal strafen Leser solche Ideen Lügen und putzen sich die Zähne nicht. Oder wollen barfuß im feuchten Sand eines Strandes laufen und spüren, wie der Schlamm durch die Zehen quietscht. Manchmal wollen Texte befreit werden und Figuren atmen.

Vielleicht ist es das, was mich im Moment am meisten euphorisch macht. Mir ist all dieses Marktgedöns und Geschwätz, was man muss und was man nicht darf, so herzlich egal. Ich habe meine Macht abgegeben und lasse mich von meinen Figuren an der Hand führen, wie in einem Traum. Ich bin jeden Morgen beim Aufwachen aufs Neue überrascht, wohin sie mich bringen, und am Abend nach dem Schreiben auch. Selbst die Leserinnen und Leser, so schlimm das für sie klingen mag, sind mir egal. Würden sie zum jetzigen Zeitpunkt in meinem Roman herumtrampeln, käme ich mit meinen Zeitebenen nicht mehr zurande.

Jener alte Koffer, der schon mit dem Dampfer in den USA war, ist mir sozusagen zugelaufen, ohne dass ich auch nur einen Cent dafür bezahlt hätte. Aber ich habe mich nie von diesem Stück Leder und seinen Geschichten, die er erzählt, trennen können. Mit Geld ist er nicht aufzuwiegen. Bücher kann man träumen und dann werden sie so wertvoll wie eine Blumenwiese.