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30. März 2012

Grabenkämpfe

In den Social Media und anderswo tobt derzeit ein Grabenkampf ums Urheberrecht, dass es nicht mehr schön ist. Beide Seiten (auch die Urheber!) haben teilweise keine wirkliche Ahnung, wovon sie reden, es wird tüchtigst Schwarz-Weiß gemalt - und vor lauter hochkochenden Emotionen merkt eigentlich niemand mehr, dass beide Seiten auch in Teilen recht haben. An manchen Stellen sind die Diskussionen so schlimm und fäkal, dass ich mich langsam frage, ob das Ganze nicht zur perfekten Inszenierung verkommt, um uns alle doof zu halten.

Ich habe es gerade bei FB geschrieben: Mich erschreckt etwas sehr viel mehr. Ich habe mich lange und intensiv mit der Avantgarde Anfang des 20. Jhdts. beschäftigt. Der Großteil der sogenannten Bohème damals war bitter arm und oft kurz vor dem Verhungern. Seither hat sich für Künstler in unseren Breiten nicht wirklich viel verändert - mit Ausnahme des Sozialsystems, das ein Verhungern vermeidet. Aber dieses Sozialsystem ist für alle Menschen geschaffen. Eines aber war damals grundlegend anders: Die Avantgarde konnte viel freier und wilder Dinge unternehmen, um zu Geld und Publikum zu kommen. Viele dieser Ideen ließen sich heute gar nicht mehr umsetzen, weil wir gar nicht mehr dürfen in unserem Vertragskorsett. Und das gibt mir verdammt viel zu denken.

Deshalb möchte ich gleich zwei Seiten der aktuellen Diskussion zeigen, weil ich glaube, beide Seiten haben in Teilen recht und unrecht zugleich. Beide Seiten könnten sich eigentlich annähern und miteinander reden. Um endlich das zu bekämpfen, was uns Künstler wirklich klein hält: Immer miesere Entlohnungen, Buy-outs, Leistungsschutzrechte von Dritten, erpresserische Verträge, Rechtevergaben für 'n Appel und 'n Ei etc. pp.
Die Drehbuchschreiber des Tatorts haben einen offenen Brief an Grüne, Piraten, Linke und "Netzgemeinde" geschrieben - und der Chaos Computer Club hat ihnen geantwortet. Die Lektüre beider Briefe gibt meiner Meinung nach sehr schön den Stand der Diskussion unter den etwas Gemäßigteren wieder.
Noch ein schöner Artikel über die falsche Gleichmacherei, wenn immer wieder die ach so böse Netzgemeinde angeführt wird - wer ist eigentlich diese Netzgemeinde?

29. März 2012

Feed leer?

Wer dieses Blog abonniert hat und sich wundert, dass das Feed öfter mal leer bleibt, der sollte doch mal ganz stationär hier rechts im Menu in meine anderen Blogs schauen, denn da tut sich einiges. Mein Tipp gegen Langeweile: Einfach auch diese anderen Blogs als Feed abonnieren und nie wieder etwas verpassen!

Geschrieben habe ich diesen Beitrag übrigens nur, weil ich immer noch nicht weiß, welches Genus "feed" im Deutschen eigentlich hat. Und weil ich als Kind immer dachte, "feed" sei der unregelmäßige Plural von "food". Guten Appetit beim Verspeisen!

27. März 2012

John Malkovich über das Menschsein

John Malkovich hat zum 50. Welttheatertag ein Grußwort  an die UNESCO geschrieben, in dem er sagt:
"Macht Eure Arbeit unwiderstehlich und originell. Macht sie tief, bewegend, ergründend und unverwechselbar. Sie soll uns zum Nachdenken über die Frage anregen, was es heißt, ein Mensch zu sein - zu einem herzlichen, aufrichtigen, freimütigen und freundlichen Nachdenken."
Den kompletten Text gibt es beim Internationalen Theaterinstitut ITI. Seine Worte möchte ich jeder Künstlerin und jedem Künstler ans Herz legen. Vor allem redet hier einer, der lebt, was er sagt.

24. März 2012

Was für eine Bosselei!

Ich will's jetzt wissen! Anstatt den zweiten und eigentlich ersten Roman nachzuschieben, mache ich mich nun doch zuerst an die E-Neuauflage derjenigen Bücher, auf die ich wirklich stolz bin. Und deren Verschwinden (durch Verlagsverkauf oder Programmumgestaltung) ich traurig finde. Dumm nur, dass die Konvertierung von Sachbüchern wirklich eine ziemliche Bosselei ist!

Das liegt daran, dass man sich in analogen Zeiten keine wirklich für E-Maßstäbe "geputzte" Enddatei des Manuskripts gesichert hat. Meist liegen Autoren auch nur die Dateien mit Lektoratskommentaren vor, nicht des Druckes letzte Weisheit (grober Fehler!). Macht höllischen Spaß, diese Version dann erst einmal mit dem Endprodukt abzugleichen. Im Moment bin ich bei "Das Buch der Rose" immerhin mit den ersten beiden Kapiteln durch ... (von sechs Kapiteln).

Der Umschlag des Hardcovers

"Das Buch der Rose" - eine Kulturgeschichte, die eigentlich noch mehr über den Menschen selbst verrät als über seine Lieblingsblume, soll nun als erstes zum E-Book werden. Aber dafür steckt eine Menge "Schweinkram" im Text: unbedingt zu erhaltende Kursivformatierungen, Zitatformatierungen, Endnoten. Zu allem Überfluss hat das Buch einen wissenschaftlichen Apparat: Register (fällt beim durchsuchbaren E-Book weg), ein Verzeichnis der Rosensorten, eine detaillierte Biografie auch mit Onlinetexten (müsste alles verlinkt werden) und ein Abbildungsnachweis (muss neu geschrieben werden). Endnoten machen besonders Spaß. Die müssen nämlich so programmiert sein, dass man auf dem Reader durch Klick direkt drauf- und wieder zurück springt. Um es anschaulich zu beschreiben: Jede einzelne Endnote muss verlinkt und speziell formatiert werden, ohne Fehler in den Befehlen. Sehr einfach (hahaha), aber eine elende Konzentrationsarbeit.

Niedlich ist auch das Durchforsten nach Sonderzeichen (weg damit!) und Printdingen, die auf dem Reader zu Fehlerquellen werden können. Etwa, wenn dieser eine 50 000 nach der 50 trennt. Sind dann alle Korrekturen geschafft, kommt das Gefährliche (heilig: Back-ups) - das Entfernen unnötiger Absatzformatierungen. Immer wieder gern verschwinden dabei dann auch notwendige andere Formatierungen, die man nachher bei der Konvertierung mit der Hand eintragen darf. Und der kleine Kobold, der sie schluckt, verrät einem natürlich nie, warum.

Damit das Ganze nicht zu langweilig wird, möchte ich das E-Book vielleicht ganz gewagt mit Abbildungen herausbringen. Leider sind hier technisch noch enorme Grenzen gesetzt, wollte man ein anspruchsvolleres Layout auf allen Gerätearten gleich perfekt anbieten. Ich habe mich daher für die langweilige Minimallösung entschieden: Ein Bild auf eine "Bildschirmseite". In Farbe - sichtbar auf Tablets, in E-Ink leider (noch?) Schwarzweiß. Dumm ist nur, dass ich natürlich die Rechte der im gedruckten Buch reichlich vorhandenen Farbtafeln nicht besitze. Sie zu erwerben würde das Buch unnötig verteuern. Also auch hier Improvisation: Ich werde neue Bilder aussuchen, eigene. Vielleicht finde ich auch in Museen noch das ein oder andere günstige Material.

Ich habe keine Ahnung, ob ich das mit den Bildern schaffe. Zuerst werde ich natürlich die Cracks bei Facebook mit dämlichen Fragen nerven. Und wenn es nicht so will, wie ich mir das vorstelle, sind die Bilder auch ratzfatz wieder gelöscht. Ob das Buch jemals zu einem funktionierenden E-Book werden wird, wage ich nur zu hoffen. Es ist leicht, einen Roman mit Fließtext und ein paar Kapitelüberschriften zu konvertieren. Aber ein Sachbuch, das derart aufwändig angelegt wurde - auch typografisch und im Layout - "lebt" einfach in einer völlig anderen Denkwelt als ein E-Text.

Warum ich es trotzdem selbst mache? Es fasziniert mich. Schließlich bin ich die Schöpferin des Inhalts. Ich habe mir sehr viel bei der Aufteilung, den Kapiteln und Sequenzen, den Motti und Zitaten gedacht. Die Layouterin und Setzerin hat das damals kongenial in Papierform umgesetzt. Aber das Glück hat man nicht immer, schon gar nicht zwischen Papier und Bildschirm. Ich bin diejenige, die diesen Text auch in "E" fühlen kann, weil ich E-Books konsumiere. Ich kann mein eigenes Buch in allen möglichen Medien denken, weil es für mich dreidimensional lebt. Mit mir selbst habe ich die Wette abgeschlossen, dass der Inhalt eben auch in einer völlig anderen Lesart "funktioniert".

Was für eine maßlose Angeberei! Was für ein Möchtegernwissen (die Nerds krümmen sich schon vor Lachen, weil sie meine heiße Luft durchschauen)!

Ich schreibe das wirklich nur so großkotzig dahin, um mir selbst Mut zu machen. Denn eigentlich weiß ich noch nicht mal, wie ich die nächsten vier Kapitel schaffen soll, ohne über der Klickerei einzuschlafen. Ein neues Cover brauche ich dann ja auch noch. Tut euch das nicht an, Leute. Es macht nämlich süchtig. Verdammt süchtig. Und ganz schlimm: Es bringt tatsächlich Geld ein. Vor allem aber ist es so witzig wie die ersten Websites, als das Internet noch laufen lernte. Ich hatte damals auch eine, in der ich irgendwann die Listenpunkte durch dreidimensional scheinende, sich drehende Kugeln ersetzte, jeden Absatz durch güldene keltisch gestylte Linien trennte. Hach, was war das aufregend, als man den ersten Lauftext einbauen konnte und Blinkerglimmernervkram! In ein paar Jahren werde ich über meine ersten E-Books genauso lachen.

21. März 2012

Beruf oder Hobby?

Im Januar hatte ich für eine Speedübersetzung ein traumhaft schönes Gartenbuch vor mir liegen. Eine wunderbare Arbeit in jenem langen Winter, zumal ich ja selbst solche Bücher geradezu sammle. Wenn sich Arbeit und Hobby jedoch derart annähern, kann es auch verdammt gefährlich werden! Ich habe nämlich gestern etwas vom Übersetzungshonorar in die Gärtnerei geschafft ...

Erst mal mit den robusten Frühblühern anfangen: Blaukissen, Stiefmütterchen, Bellis (c) PvC


Die Ranunkeln möchten in Vogesennächten derzeit noch drinnen übernachten (c) PvC


Der erste selbstgepflückte Strauß als Belohnung fürs Graben (c) PvC

16. März 2012

Ja, was denn nun?

Veränderungen in der Verlagslandschaft sind Thema bei der Leipziger Buchmesse. Der Stoff eignet sich hervorragend zum Streiten - was immer ein Zeichen dafür ist, dass sich lebendige Umbrüche abzeichnen.

Eine Befragung von 80 Autoren und 30 Verlagen will herausgefunden haben, dass Autoren weiter ohne jedes Wenn und Aber auf Verlage setzen. Leider wird nicht verraten, wie man die Befragten aufschlüsselte. So viel Idyll um beste persönliche Betreuung und rührige Pressestellen wie bei diesem Ergebnis dürfte so manche gestandene Autoren ein wenig wundern. Zumal sich das Deutschlandradio unlängst nicht umsonst über die Schlamperei vieler Verlage beim Korrektorat aufgeregt hat.

Genau umgekehrt sieht es im Buchreport aus mit seinem Bericht zu einer Diskussionsrunde in Sachen Self Publishing und Verlagsveränderungen. Da fielen solche Worte:
"Einige Verleger geben offen zu, ihre Autoren bisher schlecht behandelt zu haben, berichtet Heinold: „Verlage haben Autoren jahrelang aus ihrer Monopolsituation als Gatekeeper heraus ausgenutzt.“ Besonders gefährlich ist es aus seiner Sicht, dass viele Verlage ihr Lektorat outsourcen und damit einräumen, dass die qualitative Bearbeitung für sie keine Kernaktivität darstellt."
Bleibt zu hoffen, dass die größere Freiheit der Autoren und eine größere Bandbreite an Alternativangeboten tatsächlich die Situation von AutorInnen in denjenigen Verlagen verbessert, die inzwischen mit den traditionellen Kernkompetenzen eher geizen. Als da wären: Autorenentwicklung, echtes Lektorat, mehrfaches Korrektorat, Werbung und Pressearbeit für alle.

Das zumindest lässt die Diskussion vermuten: Autoren haben es heute leichter, Nein zu sagen. Zu verlieren haben sie ohnehin nichts mehr, denn sie werden immer ärmer. Aus der Position neuer Möglichkeiten heraus stehen sie in besserer Verhandlungsposition und können vom Bittsteller zum gleichberechtigten Partner werden. Das führt vielleicht zur Rückbesinnung auf die alten Werte, als Autoren und Verlage noch ein Tandem bildeten, dem ein Buch wichtiger war als die Tageslosung von McKinsey.

12. März 2012

Versuch am lebendigen Leib

Der Lesetipp der Woche! Was passiert eigentlich, wenn Schriftsteller twittern?
Die Schriftstellerin Margaret Atwood hat es getestet und berichtet über ihre Abenteuer im Twungle. Vor dem Lesen Getränke abstellen und Mund leeren. Bildschirm oder Tastatur könnten sonst leiden.

11. März 2012

Feeds abonnieren!

Hinweis in eigener Sache: Ich habe mehrere Blogs, die ich reihum bestücke, so dass in diesem Hauptblog auch mal nichts läuft. Wer nicht ständig überall einzeln nachschauen möchte, hat zwei Möglichkeiten:
  • Hier im Menu rechts erscheinen die neuesten Beiträge aus den anderen Blogs zum Anklicken, der jeweils aktuellste rückt nach oben.
  • Man kann alle Blogs noch viel bequemer per Feed abonnieren. Dann muss man sie nicht ständig absurfen, sondern kann bequem auswählen, wann man welchen Beitrag lesen möchte.
Zum Beispiel "Das Du im Ich" im Blog "Buchgeburt". Informationen gibt es natürlich auch auf meiner Fanseite bei Facebook und bei Twitter.

6. März 2012

Under Cover

Pünktlich zum Erscheinen meiner alten "Jugendsünde", des Romans "Lavendelblues", möchte ich meine Hexenküche öffnen und einmal zeigen, wie Cover entstehen können. Der Roman erschien zuerst bei BLT, einem Imprint von Lübbe, als Taschenbuch. Heiße Diskussionen gab es damals um die Positionierung. Ich war der Meinung, es handele sich ganz eindeutig um das Untergenre "Frankreichroman" und nicht um einen Frauenroman, aber ich konnte mich leider nicht durchsetzen. Dieses erste Cover wurde - ohne mein Wissen - so sogar in der Buchhandelsvorschau abgedruckt:
Ich tat einen Entsetzensschrei, mein damaliger Agent desgleichen. Die Blonde mit den geöffneten Beinen ging gar nicht, nicht für mein Publikum! Dank Agentur ließ es sich in buchstäblich letzter Sekunde kippen und noch in der gleichen Nacht sandte ich 45 Fotos in den Verlag, die mir seriöser schienen. Das erste auf der Liste, nicht mein Favorit, aber das, von dem ich vermutete, der Verlag würde es lieben, kam dann auch aufs Cover. Mein persönlicher Favorit zeigte einen lustigen genießerischen Haufen von Menschen in einem südfranzösischen Bistro. "Lavendelblues" erhielt also das endgültige Cover, mit dem ich gut leben konnte. Schade nur, dass es die Buchhändler nicht mit der Blondine in ihrem Katalog identifizieren konnten, dafür war es zu spät ... es war auch ein elender Kampf, das falsche Cover aus den Onlinekatalogen zu nehmen! Mein eigentliches Publikum traute sich erst beim zweiten Cover richtig ans Buch. Ich bekam einige graue Haare mehr. Damit konnte ich mich dann sehen lassen:


In Litauen wurden meine beiden Romane als Hardcover herausgegeben und es fiel ein Mensch am Fallschirm in den "Lavendelblues". Ich fand das sehr liebevoll und aufmerksam, denn im Roman spielt ein sehr besonderes Stück Fallschirmseide eine Rolle. Da hatten die Macher also tatsächlich auch das Buch gelesen. Faszinierend sind für mich immer wieder die kulturellen Unterschiede in Covervorlieben. Was in Litauen an der Gestaltung gelobt wurde, hätte auf dem deutschen Buchmarkt wahrscheinlich wenig Chancen:


Damit stand ich nun da vor der Herausgabe als E-Book. Ich konnte mir - da aufgrund des noch zu kleinen E-Book-Marktes unwirtschaftlich - keine professionelle Grafikerin leisten. Ich konnte mir auch kein teures Bild von Getty Images kaufen (davon stammen die Fotos der Lübbe-Cover). Was tun? Ich sichtete bestimmt tausende Fotos, die zuerst mit Lavendel und dann mit Südfrankreich zu tun hatten, in Billigdatenbanken. Selten habe ich so viele schlechte Fotos anschauen müssen. Und dann fiel mir spontan ein außergewöhnliches Motiv von Tim Caspary bei pixelio.de auf (das machte schließlich auch das Rennen).

Absolut schrottig war jedoch die Möchtegerngrafikerin! Ich beging den Fehler aller betriebsblinden Autoren, die keinen blassen Schimmer haben. Im Buch schrieb eine Freundin ständig Postkarten. Also müsste doch eine Postkarte aufs Cover? Das Bastelergebnis ist so schauderhaft, dass ich es als abschreckendes Beispiel vorführen möchte. Dieses Cover sagt potentiellen Käufern: "Achtung. Wenn das Cover schon aussieht, wie auf eine Serviette gerotzt, dann kann das Buch auch nicht viel taugen."


Neuer Anlauf. Vielleicht wäre es ganz praktisch, in die Richtung des Print-Covers zu arbeiten? Von wegen Wiedererkennungseffekt? Mir selbst kam mein Entwurf vor wie ein französisches Schulheft. So sehen typische Self Publishing Cover aus oder Cover von Dienstleistern, die mit drei Templates arbeiten. Zum Glück habe ich das Ding zum Verriss ins Blog gestellt und bin von sämtlichen Fachleuten und Laien auch richtig verrissen worden. Drum merke: Auch wenn die Autorin selbstverliebt Lavendelblau zum Lavendelblues für unumgänglich hält, ein gutes Cover muss keine Titel illustrieren oder Geschichten nacherzählen! Ein gutes Cover muss ein Hingreifer sein, eine Stimmung und den Stil des Buchs emotional vermitteln. Und natürlich auch irgendwie auf dem Buchmarkt "gehen" und sich innerhalb von Konkurrenztiteln behaupten können.


Ich probierte es weiter mit vielen unterschiedlichen Fotos. Und merkte schnell: Die ewigen Lavendelfelder waren schrecklich konventionell, langweilig, leblos. Vor allem aber handelt es sich bei Lavendelfelder-Büchern recht häufig um Chick Lit (deutsch: "Freche-Frauen-Bücher"). In der Schublade wollte ich natürlich keinesfalls landen! Hier einer der Versuche der Marke "Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich ein Reiseführer oder ein Selbsthilfebuch sein will". Wäre das nicht schön als das typische BoD-Buch? ;-)


Das Motiv vom Anfang ließ mich einfach nicht los, weil es genau ausstrahlt, was ich brauchte. Aber wie zum Teufel klatscht man auf ein derart unruhiges und buntes Bild auch noch Namen und Titel, wenn man ein Möchtegern ist? Dieser Versuch ist aus zwei Gründen grausig: Die Gesamtkomposition ist so gelungen wie Erbsbrei, der am Kochtopf hängt. Und weiße Hintergründe sind für die Darstellung in den Shops einfach tödlich, wenn man keinen Rahmen bastelt. Ach ja, die Farbstimmung verursachte mir dann selbst fast Migräne ...

Viele Versuche später kam dann das endgültige Cover heraus. Ich sehe zwar auch dort, was verbesserungsfähig wäre, aber ich kann damit sehr gut leben, weil es mich nur sehr viele Arbeitsstunden in fröhlicher Selbstausbeutung gekostet hat. Ich würde sagen: Belebt den E-Book-Markt, ladet, was das Zeug hält, damit die Verkäufe eines Tages so fett fließen, dass ich vom Honorar meine Wunschgrafikerin beschäftigen kann. Oder mir wenigstens einen professionellen Schriftschnitt leiste ...

Von der Profigrafik eines Verlags und edlen Fotos von Getty-Images bin ich also tief gesunken. Aber von der leicht bekleideten breitbeinigen Blondine bis zum südfranzösischen Restaurant (das auch noch im Buch vorkommt) war's doch irgendwie ein Aufwind, der mich Jahre nach dem unseligen Kampf ums Cover sehr befriedigt. Noch mehr befriedigt mich, dass mein eigenes Gefühl für mein Zielpublikum mich nicht getrogen hat und ich mich nach sechs Jahren endlich aus einer Romanschublade befreien kann, in die ich nie hineingehörte.

Damit ist vielleicht eine meiner schlimmsten Schreibblockaden überwunden. Ich gebe es ungern zu, aber die damalige Vermarktungsschiene hatte mich belletristisch völlig gelähmt. Bis vor einem Jahr bin ich nicht bereit gewesen, meine alten Romane neu aufzulegen. Nun soll der Roman "Stechapfel und Belladonna" bald als Kindle folgen. Denn jetzt habe ich endlich auch die Freiheit, dem Buch einen passenderen Titel zu geben. Und falls ich doch mal wieder belletristisch unterwegs sein sollte, werde ich meine Schubladen von vornherein selbst bestimmen. So lustig-lächerlich die Eigenbastelei sein mag, sie stärkt doch den Blick für das Werk, das man da eigentlich verbrochen hat. Und das gibt in Sachen Pitching Selbstsicherheit bei der nächsten Bewerbung.

Update: Die Sommerlaune des "Lavendelblues" kann man sich inzwischen in Sekundenschnelle auf den Kindle holen, mit App auf anderen Geräten lesen oder via Calibre auf den epub-Reader transferieren - und ganz frisch erschienen ist mein anderer Roman "Alptraum mit Plüschbär". Auf den gewünschten Titel klicken, herunterladen, sich vergnügen!

4. März 2012

Meilensteine im All

Gestern war wieder so ein Tag. Immer wieder einmal im Leben passieren diese kleinen Wunder, an denen man merkt, dass die Geschichte sich entwickelt und Zukunft kurz hereinlugt ins Leben. Ich weiß nicht, wann ich das Gefühl zum ersten Mal hatte. Vielleicht an dem Tag, an dem ich im Schaukelstuhl saß und mich wunderte, dass das Gehirn nicht einfach lose wie verrückt in der Hirnschale herumschwappt. Wenn es sich so gut equilibrieren konnte, wäre es womöglich fähig, noch ganz andere Dinge ohne mein bewusstes Zutun zu bewältigen? Ich war damals ein sehr kleines Kind und fühlte mich wie der größte Schaukelstuhlforscher aller Zeiten.

Foto: anavanz / pixelio.de
  Noch während meiner Kindheit wurde sogar die kühnste Science Fiction plötzlich Gegenwart. Wir starrten in den Himmel, um Sputniks zu finden und auf den Fernsehbildschirm, als der erste Mensch den Mond betrat. Unser Weltbild explodierte mit den Feuerstößen unter den Raketen. Wenn die Eltern nicht zuschauten, unterhielten wir uns mit imaginären Marsmännchen und träumten von Reisen ins All im Stil von "Raumschiff Enterprise". Da war so viel Aufbruch, so viel Hoffnung. Als Teenie schrieb ich mir selbst einen Brief ins Jahr 2000. Ich würde dann eine "uralte" Frau sein, in einer unvorstellbaren Science-Fiction-Zeit, in der wahrscheinlich die Autos fliegen konnten, die Gehsteige durch Rollbänder ersetzt wären und Menschen durch kleine umgehängte Geräte in allen Sprachen auf der ganzen Welt sprechen konnten.

Und dann kam eine Weile nichts. "Null Bock" und das Gefühl, diese Gegenwart sei irgendwie nicht das Erträumte. Schließlich Bedrohungsgejammere, Krisengejammere. Bis es wieder einschlug. Ich hatte mich vor dem deutschen Krisengejammere in den ehemaligen Ostblock abgesetzt und saß in Polen, bestückt mit einem uralten, analogen feuerwehrroten Plastiktelefon, das aussah wie aus dem Fundus von James Bond, aber nur funktionierte, wenn das Wetter schön oder die Kupferleitung nicht gerade geklaut war. Wilde Zeiten im Umbruch, 1993. Plötzlich ist es wieder passiert. Aus dem fernen Nachbarland drang durch den Hörer das Wort "Faxweiche". Als ich weggefahren war, hatte es dieses Wort noch nicht gegeben. Ich suchte es vergeblich in den Wörterbüchern. Ich fand nur ein Wunder. Da gab es ein Gerät, das Texte und Bilder fraß ... plötzlich geschah irgendeine geheimnisvolle Magie in der Telefonleitung - und schon spuckte ein ähnliches Gerät am anderen Ende die Texte und Bilder wieder aus. Die Faxweiche sorgte offensichtlich dafür, dass man von Stimme auf Papier umschalten konnte. Ein Beam-Regulator!

Das Wunder war für mich insofern ein noch größeres, als das gekaufte ausländische Gerät auch mit der alten Kupferleitung funktionierte, falls schönes Wetter herrschte und falls sie nicht wieder von irgendwem zu Geld gemacht worden war. Das fühlte sich an wie im Raumschiff Enterprise, das war Beamen! Kurze Zeit später hatten wir wegen der Kupfermisere ein riesiges, ultraschweres Telefon mit Antenne, das eigentlich für Autos erfunden worden war, aber transportabel in die Wohnung mitgenommen werden konnte. Wir bekamen Angst um unsere Hirnströme, wenn wir den affig großen Hörer an den Kopf legten, während wir das Gerät sogar in die Küche mitschleppen konnten. Wenn es dann in einem Funkloch britzelte, sah ich wieder Scottie vor mir, wie er panisch an Knöpfen dreht, während ihm Kirk zuruft: "Alle Energie zuschalten, Warp5!" Wir lachten uns kaputt über die Idee, wann sie wohl Telefone entwickeln würden, die einem nicht mehr den Arm schwer machen würden. Womöglich würde man eines Tages sogar das eigene Bild beamen können. Hinein in den Hyperraum und am anderen Ende wieder heraus.

Gestern war nun wieder so ein Tag. Ich habe mein Buch gebeamt! Wer mich sehen kann, erkennt, dass ich stolz wie Scottie im Maschinenraum herumstolziere und kurz in die Sprechtröte sage. "Alles in Ordnung Captain. Sind wieder voll auf Stoff." Spock macht noch einmal den großen Maschinencheck: "Keine besonderen Vorkommnisse, Sir, es validiert!" Kirk schmunzelt Uhura an und murmelt sein: "na dann kann's losgehen" - und das Raumschiff fliegt eine Kurve in die unendlichen Weiten des Weltalls.

Meine Bibliothek strahlt Magie aus. Aber was ich jetzt getan habe, ist auch magisch. Ich habe die Datei eines Papierbuchs gehäckselt und geschreddert, in die Waschanlage gefahren und neu zusammengesetzt, bis nichts mehr an ein "Buch" erinnerte. Und dann habe ich den großen roten Knopf gedrückt.
"Beam me up, Scottie!"
Und wuuuuusch. Blaue Balken in zwei Reihen laufen über Spocks Bildschirm, zucken ein wenig, laufen weiter. "Sir, die Mannschaft ist auf dem Planeten Mobi erfolgreich gelandet!"
Und wuuuuusch. Blaue Balken in zwei Reihen laufen über Spocks Bildschirm, zucken ein wenig, laufen weiter. "Sir, die zweite Mannschaft ist auf dem Planeten Epub gelandet!"
Natürlich musste ich gegenchecken. Ich habe meinen Reader angeschlossen und die Mannschaft von Mobi herübergebeamt. Und bin hin und weg. Ein richtiges, echtes, feines E-Book, das kein bißchen weniger perfekt aussieht wie das von "echten Verlagen" - im Gegenteil, es sieht meiner Meinung nach sogar besser aus als die Konvertierung von einigen.

Irgendwie ist das immer noch die pure Magie. Ich staune wie der Eingeborene, der sich zum ersten Mal auf einem Foto sieht. Das ist Beamen pur, das ist gigantischer Hyperraum im Buch. Nicht auszudenken, welche fernen Planeten noch denkbar sind! Und wenn das Ding die gleiche schnelle Entwicklung durchlaufen würde wie einst das ultraschwere Tragetelefon?

Mein Raumschiff muss natürlich jetzt erst einmal landen und dann muss Spock noch einmal alle Daten durchchecken, ob auch wirklich kein Fehler übersehen wurde. Uhura brütet an der Kommunikation, denn der Prototyp darf sich erst dann E-Book nennen, wenn Klappentext und all der Kram gedichtet sind. Erst dann darf Scottie noch mal ran. Er muss das Wunder in die Galaxie von Amazonien bringen. Schon sehr bald wird dort ein kleines lavendelblaues Licht den Himmel erhellen. Zu dem neuen Stern namens "Lavendelblues" werden noch viele kleine andere neue Sterne kommen und der Entdeckung durch die Erdlinge harren.