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30. April 2008

Was braucht der Mensch Kultur!

Gestern hatte ich mal wieder eine dieser fruchtbaren Diskussionen, bei denen man sich als Schriftsteller entweder eine Depression oder die Tür hinter sich zuzieht. Ein reifer, gestandener Mensch, der schon viel vom Leben gesehen hat, fragte mich, wann ich endlich aufhören würde, Bücher zu schreiben. Es ginge doch nicht an, dass in meinem Alter bei einem Job so wenig "rumkomme". Andere in meinem Alter hätten längst Karriere und Geld gemacht.

Tja, ich bin aber nicht andere... Wohl eher kläglich habe ich versucht zu erklären, dass das Schreiben für mich so nötig sei wie für andere das Atmen. Und dass ich daran glaube, dass man für seine Talente eine gewisse Verantwortung trage, etwas daraus zu machen.

Alles Kappes. Essen, Trinken, Atmen ja. Aber all das Drumherum, das brauche man nun wirklich nicht zum Leben. Und deshalb brauche der Mensch auch einen ordentlichen Job, um ordentlich Knete zu machen. Wenn ich es bis jetzt nicht geschafft hätte, richtig berühmt zu werden, sei vielleicht auch das mit dem Talent ein Irrtum. Der Hape Kerkeling und der Dieter Bohlen, die könnten es...

Mir geht es gut. Essen und Trinken kann ich mir leisten und für die neuen Heizölpreise wird auch noch irgendwann vor dem Winter genug Geld hereinkommen. Vielleicht friere ich bei dieser Lebensweise einmal mehr als andere. Aber ich bin reich, innerlich reich. Kunst und Kultur machen das Leben reich - bringen Schönheit, Ideen, Faszination, Reibungsflächen, Fortentwicklung.

Alles Kappes. Der Mensch braucht weder Kultur noch Kunst. Alles überflüssiger Luxus, aus Langeweile geboren. Die, die das machen, bräuchten sich doch nicht zu wundern, wenn sie verarmen. Was haben sie der Gesellschaft schon zu geben. Tun nur, was ihnen Spaß macht. Leben in den Tag hinein. Kümmern sich nicht um ordentliche Jobs. Sind nicht bereit, ordentlich zu arbeiten. Machen nicht richtig Knete. Und darum sind sie selbst schuld, wenn sie keine haben.

Solche Gespräche (obiges wurde der Deutlichkeit halber mit einem anderen "gekreuzt") machen mir klar, dass es einen Punkt in meinem Leben gegeben haben muss, an dem ich aus einem "bürgerlichen" Leben herausgefallen bin - und wo es kein Zurück mehr gab. Früher hat mir das Angst gemacht, weil ich zwar wusste, dass ich "anders" war und ausgeschlossen werden würde, aber ich wusste nicht, wohin ich falle.

Heute weiß ich, dass ich nicht gefallen bin. Ich fliege. Und sehe, dass auf dieser anderen Seite des Zauns so viele andere Menschen mit mir fliegen. Die daran glauben, dass der Mensch ohne Kultur auf Dauer nur vegetieren, aber nicht überleben kann. Menschen, die es auf sich nehmen, vielleicht nicht in Geld zu schwimmen, sondern in Ideen - mit denen sie sich an andere Menschen verströmen können, in ihrer Kunst.

Was wäre, wenn alle bildenden Künstler, alle Musiker, Tänzer, Schauspieler, alle Autoren und Dichter und Kulturschaffenden heute in den Generalstreik treten würden, habe ich gefragt. Ja und, bekam ich zur Antwort. Die Supermärkte öffnen weiter.

28. April 2008

Künste-Crossover

Es ist auf die Dauer einseitig, sich immer nur schreibend mit dem Schreiben oder Schreibenden zu beschäftigen. So geht es jedenfalls mir. Ich werde kreativ, wenn ich gefordert werde - am liebsten von Fremdem, neuen Denkwelten, sehr unterschiedlichen Menschen... und folglich liebe ich das Crossover von Künsten.

Dass man als bildlich geprägter Mensch aus der bildenden Kunst viel ins Schreiben hinübernehmen kann, ist am ehesten vorstellbar. Seit ich in Sachbüchern auch explizit mit bildender Kunst arbeite, ist diese Verknüpfung selbstverständlich. Schräger erscheint es da schon, sich bei den Musikern zu bedienen. Tatsächlich gibt es jede Menge von Arbeitsparallelen zwischen Profimusikern und Profiautoren - am runden Tisch stöhnen wir ungefähr über ähnliche Dinge und können sogar die Fußschmerzen einer Balletttänzerin nachfühlen, die harte Arbeit und eiserne Disziplin verursachen. Musiktheorie hat es aber noch mehr in sich. Wer sich einmal Gedanken machen will über Inhalt und Form und deren Verhältnis - und über die eigene Stellung zum Erzeugen von ... ja von was eigentlich! ... der findet vielleicht eine Idee in Eduard Hanslicks musiktheoretischer Abhandlung "Vom Musikalisch-Schönen". Uralt, immer noch interessant und teilweise herrlich spitz formuliert.


Heute habe ich das Crossover dann noch einmal auf die Spitze getrieben und mir einen Workshop im Theater gegönnt - die Anfangsgründe des Schauspielerns. Wirklich vermessen bis lächerlich, das in einigen Stunden absolvieren zu wollen (und es wird nicht bei diesem Workshop allein bleiben). Aber selbst die einfachsten Übungen in der Gruppe haben nicht nur überbordende Energie gegeben, sondern Inspirationen fürs Schreiben an völlig unvermuteten Stellen. Artikulationsübungen, Körperarbeit, kleine Tricks - das ist auch für Lesungen nützlich.

Viel spannender aber war die wirklich körperliche Erfahrung, dass lebendige Geschichten aus der Reibung entstehen. Dass es diese Momente sind, wo zwei Extreme aufeinander treffen und sich eben nicht harmonisieren - sondern diesen kleinen Moment (aus)halten können, wo die Extreme auf gleicher Augenhöhe sind... und schließlich umkippen können, wohin auch immer. Wie gut halten wir Autoren diese Spannung aus, dieser Verweigerung der Harmonie und Bequemlichkeit?

Oder die Erfahrung, wie schnell und leicht man sozusagen auf Knopfdruck Stimmungen und Situationen wechseln, ja sogar abrufen kann, wenn man sich nur vorher genau genug darauf konzentriert hat, was man fühlen und fühlen lassen will. Das herrliche Gefühl von Improvisation, wenn einem die Geschichte entgleitet. Nicht angestrengt Kollegen fragen, was man denn dagegen mache und ob es Rezepte gebe, den sicheren Weg nicht zu verlassen. Nein, spielen, Kind sein, Blödsinn machen, den anderen fordern, Abstruses wagen, überzeichnen, experimentieren, sich Bälle zuspielen...

Zauberhaft für die Autorenseele sind auch einfache Paarexperimente, wo man lernt, wann nur noch eine Figur spielt und sich abzappelt - oder ab wann zwei Figuren wirklich miteinander spielen, reden, reagieren. Ich habe das Gefühl, ich muss unter diesem Gesichtspunkt meinen ganzen bisherigen Text überprüfen, denn so streng wie im Theater habe ich mir selbst noch nie Dialog- oder Szenenkritik gegeben.

Mein Fazit: Öfter mal das Schreiben sein lassen tut dem Schreiben gut. Und es ist erstaunlich, durch welche Künste ohne Schreiben man das Schreiben neu zu betrachten lernt.

27. April 2008

Shopping für die Figur

Ich bin ein Mensch, der immer neugierig alles ausprobieren muss. Wenn ich eine Romanfigur über einen Berg jage, bin ich vorher selbst über einen gegangen. Ich finde es ungeheuer spannend, mir zwielichtige Viertel anzusehen, oder Leuten mit einem bestimmten Beruf auf die Nerven zu fallen, um möglichst viel darüber zu erfahren. Meine Neugier ist manchmal so hemmungslos, dass mir früher jemand gesagt hat: "Nicht, dass Sie eines Tages mal Krimis schreiben und vorher um der Recherche willen einen Mord begehen!"

Nein, keine Angst, ich habe mich in Extremfällen in der Hand. Allerdings können die kleinen unscheinbaren Recherchen manchmal auch fast tödlich sein.

Am Freitag war ich für eine Romanfigur shoppen. Ich musste wissen, was sie isst, wie sie sich kleidet. Also bin ich in den Laden einer bekannten deutschen Billigmarke, wo ich die mir teilweise völlig unbekannte Ware so neugierig angeschaut habe, dass ich ständig Angst hatte, des möglichen Diebstahls bezichtigt zu werden. Denn um mich herum warfen die Leute das Zeug mit einem Affenzahn in den Wagen, um es dann von der Kassiererin in einem noch schlimmeren Affenzahn entgegen zu nehmen. Offensichtlich Ware, die man besser nicht genauer anschaut - und schon gar nicht das Kleingedruckte liest, wie ich das gewöhnt bin.

Es war spannend. Nicht bei Nudeln, Käse oder Klopapier. Aber all die Paletten mit dem "Lebensnützlichen", auf das sich die Leute stürzten, als könne man ohne nicht existieren. Plastikvorleger fürs Bad, wahlweise in quietschorange oder kackbraun, Schweißfußpulver und Vergrößerungsspiegel, Kabel - einfach nur Kabel mit Stecker, ein Negligé in "Sahnegelb" (wer trägt heute noch Polyester-Negligés?) passend zur Küchengardine aus dem gleichen Gefaser. Unmengen von Süßem, Schokolade - und Plastikpantoffeln, wie sie die alten Männer in meiner Kindheit getragen hatten.

Ich wurde mutig. Nachdem ich mich informiert hatte, mir welcher Farbe sich meine Figur die Haare tönen könnte, wenn sie nicht in der Drogerie einkauft, entschied ich mich für ein Parfum. War sie eher "Madame" oder "Mademoiselle"*? In irgendeiner weisen Vorahnung sprühte ich beides nicht auf mich, sondern auf meinen Einkaufszettel. Bis zur Kasse war ich sozusagen geruchsblind. Draußen schon hatte sich Madame dünn gemacht und Mademoiselle stank wie ein Puff. Ich bekam so etwas wie einen allergischen Anfall. Meine Augen tränten.

Ab in die Hosentasche mit dem Zettel, den ich noch brauchte. Zuhause musste die Hose in die Wäsche, das Puff hatte sich wahrscheinlich unter meiner Körperwärme zu einer Generalversammlung aller Rotlichtbezirke begeben. Den Zettel zerknüllte ich und beging einen fatalen Fehler. Er landete im Papierkorb. In einem offenen Papierkorb. Heute betrat ich mein Arbeitszimmer und fiel rückwärts wieder hinaus. Es ist mir unvorstellbar, wie ein Mensch diesen Geruch auf der eigenen Haut ertragen kann. Die Generalversammlung stank jetzt wie eine Deponie mit Chemiesondermüll. Mein Zimmer ebenfalls.

Als ich dann noch in einem Billig-Fabrikladen nach Klamotten für meine Figur fahndete, landete ich zwischen Polyester-T-Shirts mit glitzernden Totenköpfen und grellfarbenen, affigen Sprüchen, wo sich die Nähte schon vom Anschauen auflösten. Schuhe gab es für drei oder acht Euro, die wahrscheinlich nicht mal so weit hielten, wie man das Geld werfen konnte. Manche waren schon kaputt produziert worden, garantiert nicht im Lande.

Nach so viel Müll, der angeblich nichts kostet, schrieb ich meine Romanfigur um. Sie ist jetzt eine unscheinbare Landpomeranze, die ihre einfarbigen Baumwoll-T-Shirts zehn Jahre lang aufträgt und sorgsam pflegt. Vielleicht lasse ich sie ihr Lavendelwasser selbst ansetzen. Aber dass mir eine Romanfigur noch mal so zum Himmel stinkt, kommt mir nicht mehr aufs Papier! Schließlich zahlt mir keiner eine Gefahrenzulage.

*Namen geändert - man erkennt's am "Duft"...

21. April 2008

Die Gnade des Vergessens

Anna Mitgutsch räsonniert im Standard über das "Verfallsdatum von Literatur" und kommt zum schon länger bekannten Schluss, dass auch das Buch als Ware dem Neoliberalismus zum Opfer gefallen sei.
"Wie sollen wir uns dem Verschleiß eines gefräßigen, alle Produkte nivellierenden Marktes entziehen, ohne von diesem Markt zu verschwinden? Wie die Konkurrenz einer Überfülle an Buchware aushalten, ohne die literarische Qualität einzubüßen, die wir uns abfordern müssen und die unser Schreiben überhaupt erst motiviert?", fragt sie zu Recht. Aber ist es wirklich so schlimm, dass sich die Halbwertszeit der Ware Buch - gegenüber den sicher weiterhin existierenden epochemachenden Werken - verkürzt hat?

Ich komme aus einem Metier schnellen Verfalls. "Was du heute schreibst - in das wird morgen der Hering gewickelt", lernte ich in meinem Volontariat und es war mir ein Trost. Mein Erstling über einen dörflichen Angorahasen-Züchterverein, mein erstes dilettantisches Interview mit einem Bürgermeister, mein unseliger Vergleich zwischen heißen Würstchen und sprechenden Computern - was bin ich froh, dass sich an solche Texte niemand mehr erinnert! Aber ich habe damit feuchte Schuhe ausstopfen können und meine Welpen stubenrein erziehen. Nicht, dass ich mir darum weniger Mühe um meine Texte gegeben hätte...

Dann kamen die ach so langlebigen Bücher (ein Exemplar aus dem 17. Jhdt. wird sie alle vom reinen Material her überleben - machen wir uns nichts vor mit billigem Recyclingpapier und TB-Klebung). Als ich mein erstes Buch druckfrisch in Händen hielt, bin ich vor Scham fast im Boden versunken. Die Praktikantin, der man Lektorat und Herstellung anvertraut hatte (der Verlag existiert nicht mehr, da kann man solche Schauergeschichten erzählen), hatte nicht nur ganze Satzteile geschreddert (Fahnenkorrektur gab es nie), sondern auch noch ausgerechnet die schlecht belichteten Fotos ausgesucht. Müssen solche Bücher ewig leben? Jahre später war ich froh, dass es vergriffen war: Meine Kenntnisse hatten sich enorm erweitert, die Wissenschaft war fortgeschritten, der Text restlos überholt.

Und all die Bücher, die ich nach wenigen Seiten weglegte und für karitative Zwecke spendete, Fehlkäufe, weil man den Dschungel des Buchmarkts nicht mehr überschaut und dem ein oder anderen Rezensenten auf den Leim geht. Bücher, die für den einen gut sind und für den anderen Zeitverschwendung. Halbwertszeit - warum nicht? Lasst solche Bücher rotieren, anderen eine Freude machen... Und wenn die eigenen Bücher rotieren: Wieder ein neuer Versuch, eine mögliche Verbesserung, ein Dazulernen. Und auch mal zwischendurch eine schnelle Chance: Wer hätte denn vor zweihundert Jahren das 1001ste Zitatebuch mit schlauen Sprüchen gekauft? Wer hätte einem vor 50 Jahren ernsthaft Geld für irgendwelche Ratgeber in die Hand gedrückt?

In einem hat Anna Mitgutsch leider Recht: Die Entwertung von Text im großen Zusammenhang mit der Entwertung von Kunst- und Kulturschaffen nimmt erschreckende Ausmaße an. In Frankreich ist es derzeit so schlimm, dass Kunst- und Kulturschaffende deshalb auf die Straße gehen. Aber seltsamerweise sind genau die Autoren am schlimmsten betroffen, die an den Neuen Markt glauben, die sich zu Hungerhonoraren für den Massenausstoß von Billigware verdingen, die schnelllebige Trends bedienen und nicht bemerken, wie sie selbst zur völlig austauschbaren Nummer statt zur Marke werden.

Qualität und Können hat auch heute noch seinen Preis. Und Qualitätsbücher gelangen auch heute noch bei Qualitätsverlagen in die Backlist. Ich würde mir wünschen, dass wir weniger lamentieren, wie wunderbar die Zeiten unserer Urgroßmütter waren. (Die meine schuftete bei Herrschaften als Köchin, ob sie jemals zum Lesen kam oder lesen konnte, entzieht sich meiner Kenntnis). Wir sollten lieber genauso lautstark und vor allem selbstbewusst vermitteln, welchen Wert Qualität hat, egal in welchem Metier. Indem sie berühren kann, bewegen, vielleicht sogar verändern.

Und ich denke, vielleicht zu idealistisch, dass die Leidenschaft für unsere - doch hoffentlich sorgfältige - Arbeit, so wir sie vermitteln können, ansteckend wirkt, nachwirkt... Vielleicht nur für eine selige Lesestunde, vielleicht für einen Tag, vielleicht länger. Aber Leidenschaft heißt in dem Land, in dem ich lebe, "passion" - diese Art Hingabe war auch in Zeiten vor Neoliberalismus und Globalisierung noch nie ein bequemes Zuckerschlecken.

16. April 2008

Lesung in Kehl-Odelshofen

Noch eine Lesung kann ich jetzt schon ankündigen:

KULINARISCHE LESUNG mit Petra van Cronenburg - DAS BUCH DER ROSE
am 5. Juli 2008
in der Galerie KUNSTvollerGARTEN in Kehl-Odelshofen

Weitere Infos, Anschrift etc. finden sich hier , es gibt außerdem die Website der Galerie - und des dazugehörigen Vereins Galand e.V., einem Ort nahe der deutsch-französischen Grenze, an dem unterschiedliche Künste Europas aufeinander treffen.

Natürlich ist es bis Juli noch ein wenig hin... ich werde rechtzeitig hier im Blog noch einmal daran erinnern.

Alle aktuellen Veranstaltungen auf einen Blick

15. April 2008

Veranstaltungen im Kübelrosarium

Meine Rose Louise Odier hat bereits Blütenknospen - die Rosensaison beginnt also schneller, als man sich versieht! Und weil sich durch den Rosenkongress der Gesellschaft deutscher Rosenfreunde anlässlich des 125jährigen Jubiläums viele Rosenliebhaber im Raum Baden-Baden tummeln werden, heißt es rechtzeitig anmelden.

Ich werde lesen und signieren in Europas einzigem Kübelrosarium:

LA REINE DES ROSES
Haute Couture der Rosen

61 rue principale
F- 67690 Hatten
Tel. (0033) 3 88.80.10.90
Fax (0033) 3 88.80.17.25
Mail: Die.Rosenkoenigin@gmx.de
Öffnungszeiten des Rosariums: Fr-Sa 10-12 / 15-18 Uhr, So 10-12 Uhr

Hatten befindet sich etwa 30 min. von Baden-Baden entfernt im Elsass, erreichbar über die Grenzübergänge Iffezheimer Staustufe oder noch besser Wintersdorfer Brücke. Die Veranstaltungen finden in deutscher Sprache statt.

Während der Benefizkunstausstellung "Kunst trifft Rosen", die vom 31.05.-09.06.2008 im Kübelrosarium mehrere KünstlerInnen präsentiert:

8.6.2008, 19.30 Uhr
LESUNG MIT PETRA VAN CRONENBURG aus "Das Buch der Rose" im zauberhaft blühenden Rosarium mit Sektempfang.
Eintritt inkl. Empfang 10 E, nur mit Voranmeldung!

Und während des Jubiläumskongresses:

22.6.2008, 10.30-12.00 Uhr
SIGNIERSTUNDE MIT PETRA VAN CRONENBURG im Kübelrosarium La Reine des Roses - hier besteht ausreichend Gelegenheit, sich zwanglos mit der Autorin zu unterhalten.

Europas einziges Kübelrosarium La Reine des Roses und die Autorin freuen sich auf zahlreiche Rosenliebhaber und Gäste! Denken Sie bitte daran, sich rechtzeitig bis zum 01.06.2008 für die Lesung bei La Reine des Roses anzumelden.

(Update meiner Website mit den Terminen in Kürze)

12. April 2008

Kronenbourg - die Rose

In meinem Einleitungs-Sermon, wie man meinen Namen (Cronenburg) richtig buchstabiert, habe ich unter den "falschen" Schreibweisen doch glatt vergessen, dass Kronenbourg nicht nur ein Bier und eine Brauerfamilie ist, sondern auch eine Rose - die Rose Kronenbourg! Peinlich, wächst sie doch unter meinem Küchenfenster, unverwüstlich, immer gesund, und weder von Nässe noch Trockenheit zu beeindrucken, edel als einzelne Schnittrose in der Vase. Denn ihre Petalen sind innen in einem dunklen Karminrot getönt und an der Außenseite gelb. Mit dem Aufblühen bekommt das Karminrot einen Blaustich, die Petalenränder wölben sich dann nach außen über das verblassende Gelb. Eine moderne Rose, die sogar leicht duftet und ideal für Anfänger ist. Durch die Kombination von Blaustich und Gelbton ist sie farblich in Beeten allerdings nicht ganz leicht zu kombinieren: Orangetöne und Lachsfarben mag sie trotz des nahen Farbspektrums gar nicht.

McGredy (Irland) züchtete sie 1966 als Sport (Zufallsmutation) der weltberühmten Peace von Meilland (Frankreich) und nannte sie wegen ihrer Farben Flaming Peace. (Es gibt noch einen zweiten, unbekannteren Sport namens Chicago Peace). Der Name Kronenbourg kann von seiner Schreibweise her eigentlich nur zu Ehren der berühmten elsässischen Bierbrauerfamilie entstanden sein, sicher ist das nicht festzustellen. Flaming Peace wird vor allem in Deutschland und Frankreich als Kronenbourg gehandelt.

Auch die Mutterpflanze hat international mehrere Namen. Vom Züchter zunächst Madame A. Meilland genannt, kennt man sie heute als Peace, Gloria Dei oder Gioia. Ihre spannende Geschichte als Friedensmythos kann man in Das Buch der Rose ab S. 114 nachlesen. Es ist gleichzeitig die Geschichte einer der gelungendsten Werbekampagnen für eine Rose.

8. April 2008

Schwarze Löcher

Soll man die Sommerzeit abschaffen, weil sowieso immer mehr Menschen immer früher keine Arbeit haben? Was passiert, wenn man einen Schalttag falsch schaltet? Warum kann man Schlafzeit nachholen, aber nicht vorholen? Kann man Zeit beliebig dehnen oder zusammenschnurren lassen? Warum will der Moment beim meckernden Chef nicht genauso schnell vergehen wie der gleich lange unter Freunden? Und was zum Teufel soll man tun, wenn der Tag wieder einmal nur unzureichende 24 Stunden hat?

Zeit ist ein komisches Ding. Seit wir die Uhr erfunden und schamanische Zeitreisen in Paralleluniversen abgeschafft haben, wird sie immer knapper. Manchmal so knapp, dass wir nicht einmal mehr dazu kommen, all diese Uhren rechtzeitig nachzustellen: Die Uhr im Auto, im Handy, im Fernseher, im Videogerät, im Telefon, im Backofen, im Hühnerstall... Und trotzdem ist ein Tag so oft zu kurz, selbst wenn alle Uhren nachgehen!

Kein Problem. Naturwissenschaftliche Dokumentationen lehren uns Zeitlaien, dass die Lösung draußen im All liegen muss. Von wo man ja bekanntlich, wenn man nur schnell genug fliegt, jünger zurück kommt, als man zur Startzeit war, oder so ähnlich. Und dann sind da diese schwarzen Löcher, die Materie schmatzen. Ob sie nach hinten rülpsen oder speien, wissen wir nicht so genau. Aber die Zeitlösung könnte in den berühmten Wurmlöchern liegen, sagen sie.

Und das ist nun wirklich ganz einfach. Für die muss man nicht ins All. Suchen Sie sich einen Blumentopf, der in seiner Größe Ihrem Zeitmangel entspricht (übertreiben Sie nicht). Füllen Sie ihn mit kompostreicher Erde, die sie befeuchten. Setzen Sie einen, nein besser zwei Regenwürmer ein (auch Regenwürmer können einsam sein). Und nun stellen Sie sich diesen Topf an Ihren Arbeitsplatz, womöglich neben den Computer. Lassen Sie sich von nichts ablenken, arbeiten Sie weiter, als würde nichts geschehen. Die Wurmlöcher entstehen fast wie von selbst. Sozusagen in der Traumzeit. Manchmal werden sie sich sogar kreuzen und in beliebige Richtungen abzweigen.

Jetzt sind Sie Herr Ihrer Zeit.

Und glauben Sie mir: Das ist einfacher und billiger als Zeitschleifen zu binden. Daran verzweifle ich heute wieder einmal fürchterlich. Jedes Mal, wenn ich so ein Ding für die erste Schlaufe mit den Zähnen festhalte, rutscht es mir durch die Hirnwindungen, fällt aufs Papier und schreit wie am Spieß. Zeitschleifen sind ja sowas von empfindlich! Vor allem, wenn sie noch klein sind und noch mit smaragdgrüner Tinte gesäugt werden müssen. Nichts für Leute mit zu wenig Zeit...

7. April 2008

Babylon und Mesopotamien

Wenn man ein sogenanntes "erzählendes Sachbuch" schreibt, stellt sich einem das gleiche Problem wie beim Roman: Wie erzeuge ich Bilder beim Leser? Im Gegensatz zum Roman müssen sie außerdem möglichst den Tatsachen entsprechen. Ich benutze dabei gern das, was mir manche Zeitgenossen als zu viel Fantasie ankreiden. Die stehen nämlich vor einem Fleck Land mit Steinen und sehen - nichts. Währenddessen ordne ich im Kopf die Steine zu Grundmauern und erahne das Gebäude dreidimensional, das einst dort gestanden haben mag. Und dann stelle ich mir einfach nur noch vor, ich würde einen Film im Kopf drehen und davon erzählen...

Nein, ganz so einfach ist es natürlich nicht. Ich bin verdammt neidisch auf die Kollegen vom Film mit ihren wissenschaftlichen Helfern, die diese Bilder heute mit der Rechenleistung von Computern erzeugen können. Plötzlich baut sich die Vergangenheit scheinbar mühelos vor unseren Augen auf, bunter als im Kopf - und meist überraschender, als wir uns das in Schulzeiten hätten träumen können. Nicht selten fühlt man sich angesichts vergangener Epochen sehr klein und unscheinbar, weil sie entwickelter waren, als uns das Bild vom primitiven Barbaren vormachen wollte.

Wem nun die inneren Buch-Bilder aus dem Reich der ersten Rosen nicht genügen, aus dem alten Zweistromland Mesopotamien, dem sei sehr warm ein Fernsehabend bei ARTE empfohlen, wo das gestrige Spektakel um Babylon noch einmal wiederholt wird. Wer es verpasst hat:
16.04. Wiederholung der Doku "B wie Babylon" von Bernard George (F 2008) - auf neuestem Stand des Wissens - und mit ein bißchen viel Gerede von "Magischem" (man meint Religion), aber eindrucksvollen Bildern, die ältere Sphinx-Sendung "Geheimnis Babylon" von Günther Klein (D 2000), die ich vor allem Liebhabern der Farbe Blau ans Herz lege.

Übrigens: Wer Englisch kann, sollte unbedingt den Link oben bei "Mesopotamien" ausprobieren, aber Zeit mitbringen! Es ist eine wunderbar gemachte, interaktive Archäologieseite des British Museum über die alten Reiche Sumer, Babylon und Mesopotamien. Mit der Maus wird der Betrachter selbst zum Ausgräber und lernt spielerisch viel Wissenswertes. Und ein Originalspiel von damals, Fund aus einer Grabstätte, lässt sich heute am Computer spielen!

6. April 2008

Verspäteter Rosenschnitt

Der April rast auf seine Mitte zu. Kennen Sie das auch: Irgendwie blieb die wichtige Gartenarbeit im März liegen. Man kam nicht herum, andere Sachen waren wichtiger, mal war es zu kalt, mal zu nass. Und plötzlich stehen da Rosen im Garten, die wie wild mit den milderen Apriltemperaturen austreiben. Wild im wahrsten Sinne des Wortes, weil man vergessen hat, sie zu schneiden.

Kein Problem! Das ist auch jetzt noch machbar. Alte strikte Schnittanweisungen sind heute oft gärtnerisch und inzwischen immer häufiger auch klimatisch überholt. Wer seine immerblühenden Rosen bis Mitte April schneidet, erlebt einfach nur die Blüte später und muss vielleicht bis Ende Mai / Anfang Juni darauf warten.

Solche Schnitte zur "Unzeit" nutze ich zunehmend, um die Rosen an die längeren Hitzeperioden anzupassen. Hier im Elsass hat sich das Klima derart verschoben, dass öfterblühende Rosen mindestens fünf Mal zur Blüte ansetzen - in geschützten Lagen bis in den Dezember hinein. Leider verlangt das auch einige Kraft von der Pflanze. Nach drei Blütephasen wird der bunte Flor sehr viel kleiner und schwächer, die Rose anfälliger gegen Krankheiten. Anstatt die Pflanze noch mehr durch Dünger zu strapazieren, experimentiere ich seit zwei Jahren mit künstlichen Pausen.

Nach zwei üppigen Blühphasen schneide ich schon einmal mehr zurück als normal. Je nach Wetter erreiche ich damit eine Pause von vier bis sechs Wochen. Damit nicht alle Rosenbüsche gleichzeitig grün bleiben, versetze ich den Schnitt einzelner Pflanzen um zwei bis drei Wochen und versuche, auf ihre individuellen Rhythmen einzugehen. Da hier das Frühjahr oft schon sommerheiß ist, sich aber Juli und August langsam zu Regenmonaten entwickeln, gönne ich meinen Rosen in dieser nassen Zeit gern eine Pause. Vor allem diejenigen, die zu Mumienbildung bei Nässe neigen, danken es. Wenn sich dann in der zweiten Augusthälfte wieder die ersten Knospen öffnen, habe ich noch sommerhaft warme Monate vor mir - bis in den November hinein. Und einen Rosenstrauß an Weihnachten...

Ganz sicher kein Patentrezept für jede Region - und schon gar keine starre Anleitung. Ich will nur ermutigen: Haben Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie mal den Rosenschnitt vergessen. Und experimentieren Sie vielleicht auch einmal - das Wetter tut es auch. Falls es je einen Klimawandel geben sollte, so sind in unseren Breiten Rosen auf jeden Fall die Gewinner!