Es ist schon lustig, durch was für Googlehupf-Eingaben dieser Blog gelesen wird. Am 20.2. wollte jemand doch tatsächlich wissen, was man gegen Mehltau an Cannabis tun könnte.
Mein Gärtnerinnenrat: Bloß nicht wie bei den Rosen mit Milch spritzen! Oder zu Mehltau und Milch wenigstens gleich Hefe geben, damit die Kekse besser aufgehen.
Dass die Leute aber auch immer ihre Pflanzen am falschen Standort verstecken müssen, tztztz...
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27. Februar 2008
26. Februar 2008
Der Menschenflüsterer
Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Rocco, ich bin eine edle Mischung aus einem Malinois, der kurzhaarigen Variante des belgischen Schäferhundes, und einem Beauceron oder Berger de Beauce, einem französischen Hirten- und Gebrauchshund. Und nebenbei - ich lebe mit der Autorin zusammen. Gestern hat mir meine Menschin einen Artikel in der taz vorgelesen, von einer toughen Hundeflüsterin, die es mit Schäferhunden hat und in Israel meine Artgenossen fürs Militär trainiert hat.
Ich betrachte solche Artikel mit gemischten Gefühlen. Es mag mich ja jetzt schon kaum einer (wobei ich fremden Menschen gegenüber auch eher zurückhaltend bin). Selbst Freunde oder andere Hundehalter wollen mich auch nicht für wenige Stunden hüten - sie haben Angst. Auf die Frage nach dem Warum antworten sie wie aus der Pistole geschossen: "Der sieht aus wie diese Leichenhunde aus dem Tatort oder dem Polizeiruf!"
Ja, Herrschaften, was würdet ihr ohne unsereins tun? Eure Leichen selbst suchen? Mit der Nase in Trümmern nach Überlebenden schnüffeln? Wie viele Sorten Sprengstoff kann euer nutzloser Gesichtserker unterscheiden? Seht ihr einem Koffer die Drogen an? Wer bitte riskiert ständig, weltweit, sein Leben für euch bei Polizeieinsätzen, in Antiterroraktionen und bei Naturkatastrophen? Und wenn man dann mal privat sein will und frei hat, hört man nur ein "Iiiiih, der sieht ja aus wie ein Leichenhund!" Pfui, Mensch.
Jetzt, nach der Hundeflüsterin mit dem Stachelhalsband, höre ich die Deutschen schon wieder aufschreien. Dabei erinnere ich mich nicht ohne Grinsen an die Zeit, als meine Menschin mich aus dem Tierheim holte und mal schnell von Huskies auf einen Gebrauchshund umsteigen wollte. Ich war gut ausgebildet, aber sie nicht. Naiv die Frau. Dachte, wer Jahrzehnte mit fünf Huskies umging, könne das mal einfach auf einen ausgebildeten Schutzhund übertragen! Mein erster unangekünigter Ansitz auf ein Wildschwein hat ihr fast die Schulter ausgerenkt. Der Tierarzt hat sie dann verarztet: "So einen Hund können sie nicht normal festhalten, das will gelernt sein." Menschen brauchen, wie gesagt, immer etwas länger...
Aber eins hat mich an dem Artikel dann doch aufgeregt. Diese Sache mit dem Alphatier Mensch ist ja gut und richtig. Natürlich wollen wir Konsequenz, Eindeutigkeit und ein festes soziales Gefüge mit Hierarchie, auf das wir uns verlassen können (übrigens alle Hunde - und wir können in Sachen Konsequenz als Vertrauensraum die Menschen lehren!). Aber das heißt doch bitte nicht, dass man deshalb so einem dollen Kerl wie mir das Bett verbieten müsste! Gut, wenn ich Mensch wäre, ich würde mich auch nicht mit jedem Polizeihund in die Kissen kuscheln. Die Kollegen sind manchmal etwas rüde. Aber bitte, man kann doch auch im Bett Alpha bleiben!
Ich will den Menschen mal was flüstern: Diese Dominanzprobleme mit dem Hund im Bett habt ihr nur, wenn ihr selbst nicht wisst, was ihr wollt! Eine Menschin, die dem Hund gegenüber Befehle erteilen und Alphatier sein will, die aber ihrem Männe gegenüber kuscht und den Müll selbst rausträgt, ja also bitte - das ist doch nicht glaubhaft! Da lacht doch der Hund! Oder glaubt ihr, wir riechen es nicht, wenn einer woanders rudelt, äh fremdgeht und damit die Hierarchie daheim zerbricht? Kurzum: Wenn der Hund nur deshalb nicht mehr gehorcht, weil er ins Bett darf, dann stimmt eindeutig in euren Betten was nicht.
Wölfe schlafen im Rudel. Sie rufen sich nachts, jeder singt sein eigenes Lied, um den Platz in diesem Rudel zu fühlen, sich zu versichern, wo genau er in der Hierarchie steht. Wir Hunde sind da nicht anders. Zeigen Sie die Vormachtstellung eines Alphawolfes auch im Bett: Das ist MEIN Kopfkissen, MEIN Liegeplatz ... und wenn du deinen schweren Kopf nachts wieder auf meinen Hals legst, dann knurre ich fürchterlich. Und wenn du mich ansabberst, drehe ich mich weg oder sabbere zurück. Zeigt uns einfach, dass ihr richtige Hunde sein könnt!
Ich muss los, arbeiten. In meinem Fall: Meterlange Wühlmaus- und Maulwurfgänge freilegen und das Viech in Nullkommanichts aufspüren. Irgendeinen Ersatz braucht unsereins schließlich, liegen ja nicht überall so viele Leichen herum wie im Tatort...
Ich betrachte solche Artikel mit gemischten Gefühlen. Es mag mich ja jetzt schon kaum einer (wobei ich fremden Menschen gegenüber auch eher zurückhaltend bin). Selbst Freunde oder andere Hundehalter wollen mich auch nicht für wenige Stunden hüten - sie haben Angst. Auf die Frage nach dem Warum antworten sie wie aus der Pistole geschossen: "Der sieht aus wie diese Leichenhunde aus dem Tatort oder dem Polizeiruf!"
Ja, Herrschaften, was würdet ihr ohne unsereins tun? Eure Leichen selbst suchen? Mit der Nase in Trümmern nach Überlebenden schnüffeln? Wie viele Sorten Sprengstoff kann euer nutzloser Gesichtserker unterscheiden? Seht ihr einem Koffer die Drogen an? Wer bitte riskiert ständig, weltweit, sein Leben für euch bei Polizeieinsätzen, in Antiterroraktionen und bei Naturkatastrophen? Und wenn man dann mal privat sein will und frei hat, hört man nur ein "Iiiiih, der sieht ja aus wie ein Leichenhund!" Pfui, Mensch.
Jetzt, nach der Hundeflüsterin mit dem Stachelhalsband, höre ich die Deutschen schon wieder aufschreien. Dabei erinnere ich mich nicht ohne Grinsen an die Zeit, als meine Menschin mich aus dem Tierheim holte und mal schnell von Huskies auf einen Gebrauchshund umsteigen wollte. Ich war gut ausgebildet, aber sie nicht. Naiv die Frau. Dachte, wer Jahrzehnte mit fünf Huskies umging, könne das mal einfach auf einen ausgebildeten Schutzhund übertragen! Mein erster unangekünigter Ansitz auf ein Wildschwein hat ihr fast die Schulter ausgerenkt. Der Tierarzt hat sie dann verarztet: "So einen Hund können sie nicht normal festhalten, das will gelernt sein." Menschen brauchen, wie gesagt, immer etwas länger...
Aber eins hat mich an dem Artikel dann doch aufgeregt. Diese Sache mit dem Alphatier Mensch ist ja gut und richtig. Natürlich wollen wir Konsequenz, Eindeutigkeit und ein festes soziales Gefüge mit Hierarchie, auf das wir uns verlassen können (übrigens alle Hunde - und wir können in Sachen Konsequenz als Vertrauensraum die Menschen lehren!). Aber das heißt doch bitte nicht, dass man deshalb so einem dollen Kerl wie mir das Bett verbieten müsste! Gut, wenn ich Mensch wäre, ich würde mich auch nicht mit jedem Polizeihund in die Kissen kuscheln. Die Kollegen sind manchmal etwas rüde. Aber bitte, man kann doch auch im Bett Alpha bleiben!
Ich will den Menschen mal was flüstern: Diese Dominanzprobleme mit dem Hund im Bett habt ihr nur, wenn ihr selbst nicht wisst, was ihr wollt! Eine Menschin, die dem Hund gegenüber Befehle erteilen und Alphatier sein will, die aber ihrem Männe gegenüber kuscht und den Müll selbst rausträgt, ja also bitte - das ist doch nicht glaubhaft! Da lacht doch der Hund! Oder glaubt ihr, wir riechen es nicht, wenn einer woanders rudelt, äh fremdgeht und damit die Hierarchie daheim zerbricht? Kurzum: Wenn der Hund nur deshalb nicht mehr gehorcht, weil er ins Bett darf, dann stimmt eindeutig in euren Betten was nicht.
Wölfe schlafen im Rudel. Sie rufen sich nachts, jeder singt sein eigenes Lied, um den Platz in diesem Rudel zu fühlen, sich zu versichern, wo genau er in der Hierarchie steht. Wir Hunde sind da nicht anders. Zeigen Sie die Vormachtstellung eines Alphawolfes auch im Bett: Das ist MEIN Kopfkissen, MEIN Liegeplatz ... und wenn du deinen schweren Kopf nachts wieder auf meinen Hals legst, dann knurre ich fürchterlich. Und wenn du mich ansabberst, drehe ich mich weg oder sabbere zurück. Zeigt uns einfach, dass ihr richtige Hunde sein könnt!
Ich muss los, arbeiten. In meinem Fall: Meterlange Wühlmaus- und Maulwurfgänge freilegen und das Viech in Nullkommanichts aufspüren. Irgendeinen Ersatz braucht unsereins schließlich, liegen ja nicht überall so viele Leichen herum wie im Tatort...
22. Februar 2008
Rowling in France oder Amtsschimmel, wiehernd
Eine lustige französische Behörde, deren Namen ich nicht nennen möchte, weil sonst halb Frankreich lacht, hat mir heute einen langen freundlichen Brief geschrieben. Ich möge doch bitte noch einmal eine Jahresbilanz schicken, denn es könne doch nicht sein, dass ein Schriftsteller so wenig verdiene! (Deutsche Verleger, wollt ihr eine Kopie?)
Man mache mir ein freundliches Angebot. Es existiere ein staatliches Programm zur Hilfe der Wiedereinsetzung in Arbeit, oder so ähnlich. Ich möge mich doch bitte beim zuständigen Betreuer im Landesparlament melden, mit ausführlichem C.V. bitte, Liste meiner Tätigkeiten und besonderen Fähigkeiten, und dann würde man gemeinsam überlegen, wie ich gezielter in Brot und Arbeit kommen könne. Es gäbe Fortbildungsmaßnahmen, Direkthilfen zur Arbeitssuche, Vermittlung von Kontakten, ja sogar im Ernstfall kostenlose psychologische Betreuung!
Zugegeben, meine Bilanz im letzten Jahr war bei einem Buchvertrag nicht gerade rekordverdächtig. Vielleicht sind solche Briefe aber auch normal hierzulande. Ein Kollege sagte mir, dass ein französischer Erstlingsroman sich im Schnitt 463 mal verkaufe. So von wegen Brot zur Arbeit ...
Ich werde diesmal den Amtsschimmel reiten. Meinen C.V. mitnehmen und allen Charme aufbieten. Werde den Herren vom Landesparlament eine feine Liste vorlegen, wie sie mich in Brot zur Arbeit bringen könnten: Mein Elsassbuch freundlich in ihren Hochglanzgazetten bewerben, mir Veranstalter für Lesungen verschaffen, und weil's so schön ist, bitte auch gleich noch französische Lizenzen für alle meine Bücher dazu. Was, falsche Sprache? Nanana, unser Tomi, der Ungerer, der hat in Irland auch nicht Gälisch geschrieben! Im Gegenzug werde ich großzügig auf die psychologische Beratung verzichten, denn Lachen ist bekanntlich die beste Therapie, wenn man unter die Hufe des Amtsschimmels gerät.
Bitte merkt euch das für die nächste Honorarverhandlung, liebe deutsche KollegInnen: bei den Summen würde man euch im Ausland glatt für arbeitslos halten!
Man mache mir ein freundliches Angebot. Es existiere ein staatliches Programm zur Hilfe der Wiedereinsetzung in Arbeit, oder so ähnlich. Ich möge mich doch bitte beim zuständigen Betreuer im Landesparlament melden, mit ausführlichem C.V. bitte, Liste meiner Tätigkeiten und besonderen Fähigkeiten, und dann würde man gemeinsam überlegen, wie ich gezielter in Brot und Arbeit kommen könne. Es gäbe Fortbildungsmaßnahmen, Direkthilfen zur Arbeitssuche, Vermittlung von Kontakten, ja sogar im Ernstfall kostenlose psychologische Betreuung!
Zugegeben, meine Bilanz im letzten Jahr war bei einem Buchvertrag nicht gerade rekordverdächtig. Vielleicht sind solche Briefe aber auch normal hierzulande. Ein Kollege sagte mir, dass ein französischer Erstlingsroman sich im Schnitt 463 mal verkaufe. So von wegen Brot zur Arbeit ...
Ich werde diesmal den Amtsschimmel reiten. Meinen C.V. mitnehmen und allen Charme aufbieten. Werde den Herren vom Landesparlament eine feine Liste vorlegen, wie sie mich in Brot zur Arbeit bringen könnten: Mein Elsassbuch freundlich in ihren Hochglanzgazetten bewerben, mir Veranstalter für Lesungen verschaffen, und weil's so schön ist, bitte auch gleich noch französische Lizenzen für alle meine Bücher dazu. Was, falsche Sprache? Nanana, unser Tomi, der Ungerer, der hat in Irland auch nicht Gälisch geschrieben! Im Gegenzug werde ich großzügig auf die psychologische Beratung verzichten, denn Lachen ist bekanntlich die beste Therapie, wenn man unter die Hufe des Amtsschimmels gerät.
Bitte merkt euch das für die nächste Honorarverhandlung, liebe deutsche KollegInnen: bei den Summen würde man euch im Ausland glatt für arbeitslos halten!
Intelligenz nein danke!
Als ich in den frühen Neunzigern nach Polen kam, kursierte dort ein böser Witz über die Neureichen, die sich am Systemumschwung bedient hatten und auch schon mal mit irgendeiner Mafia in Verbindung standen - der russischen insbesondere: Eine Villa von 800 Quadratmetern und drei Bücher im Haus, wenn sie verheiratet sind! Was sind das für Bücher? (Auflösung: Das Telefonbuch, das Branchenverzeichnis und die bei der Trauung zwangweise überreichte Familienbibel. Wobei echte Mafiosi sogar allein mit dem Telefonbuch ausgekommen seien).
Der Witz hat inzwischen einen langen Bart. Aber im Westen hielt man seit der Perestroika wenigstens die Heimat der Russenmafia für gefeit gegen die galoppierende Kultur- und Bildungsverachtung von Menschen, die morgens überlegen, wie sie abends reicher ins Bett fallen können. Noch hörte man wunderschöne Geschichten von armen Arbeitern, die stehend in der U-Bahn ihren Dostojewskij oder Tolstoi lasen, die ganzen ehemals Verfemten noch dazu. Die Westler bekamen leuchtende Augen bei klingenden Namen wie Achmatowa oder Mandelstam, Turgenjew oder Puschkin. Nehmt euch ein Beispiel!, hieß es in Zeiten schlimmer PISA-Ergebnisse.
Ich habe gesehen, wie sich die Polen in den späten Neunzigern ein Beispiel nahmen, schnell und schmerzlos, unterstützt von amerikanischen und deutschen Großverlagen. Ich habe nie so viele lesende Menschen gesehen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, sitzend, stehend, hängend. Die Lyrik wich ganz schnell den neuen Nackenbeißerformaten, statt Tragödien gab es amerikanische Manager-Handbücher, statt der Dramen bildete man sich, dass Frauen anders Bus fahren als Männer und Moppel andere Falten haben. Kann man es einem ganzen Land verdenken, dass es nach der Öffnung zum Westen endlich all den westlichen Segen lesen will, mit dem wir uns bilden?
Nun setzen die Russen dem wieder eins drauf. Wenn schon, dann richtig! Olga Martynowa zeichnet in der NZZ ein haarsträubendes Bild einer neuen Generation von Lesern, das an kommunistische Unterdrückerzeiten gemahnt, als man die Intelligentsia noch offen ausgerottet hat. Demokratische Einflüsse sorgen dafür, dass nun jeder selbst ausmerzen kann, was ihm zu gebildet und anspruchsvoll erscheint.
Fast könnte man sagen: die eigene Avantgarde wird geächtet. Und im Westen zeigt man mit dem Finger, sich selbstzufrieden suhlend in der Vorgabe, Kunst und Kultur hochzuhalten.
Geben wir doch zu: Diese Vorgabe ist reine Angabe.
Wenn Martynowa ein russisches Buch zitiert: "Anna Achmatowa habe sich nicht recht zu kleiden gewusst, an übertriebenem Ehrgeiz gelitten und ihre Menopause nicht würdig überstanden – und überhaupt: So eine Schönheit sei sie nun auch wieder nicht gewesen" - dann müsste uns das doch irgendwie bekannt vorkommen, oder? Was wäre die neuere deutsche Literatur ohne das Fräuleinwunder? Wie sieht die Promi-Autorin aus, die beim Casting für die nächste Talkshow durchkommt? Und haben wir nicht all diese wunderbaren, gleichförmigen "-innen"-Bücher von Frauen für Frauen, weil Frauen wissen, was Frauen wünschen, und immer mehr Frauen bestimmen, wie rückwärtsgewandt, niedlich und erzkonservativ Frauen zu sein haben? Wenn wirklich mal eine ausschert... der eigene Kopf sitzt dann schnell auf der Vagina, von der man im Westen ja schon im Mittelalter glaubte, sie besitze ein eigenes Hirn und wandere deshalb nachts heimlich herum, bereit zu allerlei Untaten.
Vladimir Sorokin verkündet heute trotz seiner eigenen Vergangenheit (oder deshalb?): "Putin hat unseren politischen Kompass umgestellt" und "Es kommt die Zeit der Bilanz.» Und die ist so: «Kunst muss allen verständlich sein." Die Intellektuellen im Westen stöhnen auf! Aber warum eigentlich? Nur, weil der Osten uns jetzt alles nachmacht? Nur weil der Osten auch mal haben will, was der Westen längst hat?
Dort ist die Zeit der Bilanzen und gnadenlosen Vermarktung von Kunst und Kultur schon so weit gediehen, dass die Urheber, die geistig und kreativ Schaffenden, langsam überflüssig werden, entlassen, oder mies bezahlt und mies geachtet. Das Zeitalter der Content-Verwalter und Werbemacher hat längst in Verlagen Einzug gehalten. Marketing kommt ganz oben. Kunst und Literatur später. Und die Kunst selbst? Art sells. Bilanz ist alles. Und eigentlich ist Kunst auch nur Werbung. Eine verdammt kluge Werbung, denn sie peppt Spaghettisauce genauso auf wie Religionen.
Wir Schriftsteller und Künstler können also von den russischen Verhältnissen nur über unsere eigenen lernen. Und sollten uns nicht so viel dabei denken, wenn gestohlene Kunstwerke ausgerechnet auf dem Parkplatz einer psychiatrischen Klinik gefunden werden.
Der Witz hat inzwischen einen langen Bart. Aber im Westen hielt man seit der Perestroika wenigstens die Heimat der Russenmafia für gefeit gegen die galoppierende Kultur- und Bildungsverachtung von Menschen, die morgens überlegen, wie sie abends reicher ins Bett fallen können. Noch hörte man wunderschöne Geschichten von armen Arbeitern, die stehend in der U-Bahn ihren Dostojewskij oder Tolstoi lasen, die ganzen ehemals Verfemten noch dazu. Die Westler bekamen leuchtende Augen bei klingenden Namen wie Achmatowa oder Mandelstam, Turgenjew oder Puschkin. Nehmt euch ein Beispiel!, hieß es in Zeiten schlimmer PISA-Ergebnisse.
Ich habe gesehen, wie sich die Polen in den späten Neunzigern ein Beispiel nahmen, schnell und schmerzlos, unterstützt von amerikanischen und deutschen Großverlagen. Ich habe nie so viele lesende Menschen gesehen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, sitzend, stehend, hängend. Die Lyrik wich ganz schnell den neuen Nackenbeißerformaten, statt Tragödien gab es amerikanische Manager-Handbücher, statt der Dramen bildete man sich, dass Frauen anders Bus fahren als Männer und Moppel andere Falten haben. Kann man es einem ganzen Land verdenken, dass es nach der Öffnung zum Westen endlich all den westlichen Segen lesen will, mit dem wir uns bilden?
Nun setzen die Russen dem wieder eins drauf. Wenn schon, dann richtig! Olga Martynowa zeichnet in der NZZ ein haarsträubendes Bild einer neuen Generation von Lesern, das an kommunistische Unterdrückerzeiten gemahnt, als man die Intelligentsia noch offen ausgerottet hat. Demokratische Einflüsse sorgen dafür, dass nun jeder selbst ausmerzen kann, was ihm zu gebildet und anspruchsvoll erscheint.
Fast könnte man sagen: die eigene Avantgarde wird geächtet. Und im Westen zeigt man mit dem Finger, sich selbstzufrieden suhlend in der Vorgabe, Kunst und Kultur hochzuhalten.
Geben wir doch zu: Diese Vorgabe ist reine Angabe.
Wenn Martynowa ein russisches Buch zitiert: "Anna Achmatowa habe sich nicht recht zu kleiden gewusst, an übertriebenem Ehrgeiz gelitten und ihre Menopause nicht würdig überstanden – und überhaupt: So eine Schönheit sei sie nun auch wieder nicht gewesen" - dann müsste uns das doch irgendwie bekannt vorkommen, oder? Was wäre die neuere deutsche Literatur ohne das Fräuleinwunder? Wie sieht die Promi-Autorin aus, die beim Casting für die nächste Talkshow durchkommt? Und haben wir nicht all diese wunderbaren, gleichförmigen "-innen"-Bücher von Frauen für Frauen, weil Frauen wissen, was Frauen wünschen, und immer mehr Frauen bestimmen, wie rückwärtsgewandt, niedlich und erzkonservativ Frauen zu sein haben? Wenn wirklich mal eine ausschert... der eigene Kopf sitzt dann schnell auf der Vagina, von der man im Westen ja schon im Mittelalter glaubte, sie besitze ein eigenes Hirn und wandere deshalb nachts heimlich herum, bereit zu allerlei Untaten.
Vladimir Sorokin verkündet heute trotz seiner eigenen Vergangenheit (oder deshalb?): "Putin hat unseren politischen Kompass umgestellt" und "Es kommt die Zeit der Bilanz.» Und die ist so: «Kunst muss allen verständlich sein." Die Intellektuellen im Westen stöhnen auf! Aber warum eigentlich? Nur, weil der Osten uns jetzt alles nachmacht? Nur weil der Osten auch mal haben will, was der Westen längst hat?
Dort ist die Zeit der Bilanzen und gnadenlosen Vermarktung von Kunst und Kultur schon so weit gediehen, dass die Urheber, die geistig und kreativ Schaffenden, langsam überflüssig werden, entlassen, oder mies bezahlt und mies geachtet. Das Zeitalter der Content-Verwalter und Werbemacher hat längst in Verlagen Einzug gehalten. Marketing kommt ganz oben. Kunst und Literatur später. Und die Kunst selbst? Art sells. Bilanz ist alles. Und eigentlich ist Kunst auch nur Werbung. Eine verdammt kluge Werbung, denn sie peppt Spaghettisauce genauso auf wie Religionen.
Wir Schriftsteller und Künstler können also von den russischen Verhältnissen nur über unsere eigenen lernen. Und sollten uns nicht so viel dabei denken, wenn gestohlene Kunstwerke ausgerechnet auf dem Parkplatz einer psychiatrischen Klinik gefunden werden.
18. Februar 2008
Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt
Mich haben nun schon mehrfach Anfragen erreicht, warum mein Buch "Elsass. Wo der Zander am liebsten im Riesling schwimmt" bei amazon nicht richtig zu finden sei. Nun, das liegt schlicht daran, dass dort trotz mehrmaliger Anfragen ein Katalogfehler bis heute nicht behoben wurde. So kommt es, dass die Suchmaschine auf die erste Auflage mit Titelblatt verweist, während längst die zweite Auflage erschienen ist - die gibt's dann dafür ohne Titelblatt.
Also, noch einmal ganz deutlich: Mein Buch gibt es selbstverständlich nach wie vor, nämlich bereits in der zweiten Auflage. Jeder ordentliche Buchhändler wird es sofort finden:
Und inzwischen kann man das Buch auch hören, Gugis hat es als Hörbuch mit zwei CDs in einer hochwertigen Geschenkaufmachung produziert, die dem Buch mit seinem farbigen Schuber in nichts nachsteht (im Beiheft gibt es Rezepte aus dem Buch und Surftipps zum Elsass). Das Hörbuch kann man im Internet anschauen und überall im Fachhandel bestellen unter
In diesem Sinne: Bon appétit mit dem Original!
Also, noch einmal ganz deutlich: Mein Buch gibt es selbstverständlich nach wie vor, nämlich bereits in der zweiten Auflage. Jeder ordentliche Buchhändler wird es sofort finden:
- ISBN-13: 9783836300872
- ISBN-10: 3836300877
Und inzwischen kann man das Buch auch hören, Gugis hat es als Hörbuch mit zwei CDs in einer hochwertigen Geschenkaufmachung produziert, die dem Buch mit seinem farbigen Schuber in nichts nachsteht (im Beiheft gibt es Rezepte aus dem Buch und Surftipps zum Elsass). Das Hörbuch kann man im Internet anschauen und überall im Fachhandel bestellen unter
- ISBN-13: 9783939461265
- ISBN-10: 3939461261
In diesem Sinne: Bon appétit mit dem Original!
Schreiben durch Nichtstun...
... und Plotten wie ein Hund.
Ungefähr so könnte man meine neue Arbeitsmethode umschreiben, die sich immer mehr bewährt. Heute, wo meine Spatzensippe wieder zum Nestbau unters Dach eingezogen ist, die warme Jahreszeit also naht, habe ich die Methode außerdem am Entwerfen eines Exposés härtegetestet. Es geht ganz einfach:
Man nehme einen Hund, einen Rucksack mit leckerem Proviant und Getränk, nebst einem Ausdruck des missratenen Texts oder Notizen für den zu schaffenden. Schreibzeug für den Notfall natürlich auch.
Ich verlege dann meine Mittagspause auf den Berg "nebenan". Vor Abmarsch lese ich mich noch einmal in den Text ein. Dann muss sich erst der Hund etwas müde laufen, während ich den Text im Kopf bewege und möglichst nicht gezielt oder konzentriert nachdenke. Ich lasse die Natur wirken, freue mich am Reiher, der uns immer begleitet, oder lasse die Gedanken um Farben und Texteindrücke kreisen - je wilder, je assoziationshafter, desto besser.
Oben auf dem Berg, in der Sonne, gibt's dann ein kleines Picknick, bei dem ich mir Zeit nehme, den Text noch einmal genau zu lesen. Rocco freut sich derweil auf sein Häppchen, das er bekommt, wenn ich fertig bin. Vorher spreche ich aber mit ihm den Plot doch lieber noch einmal durch...
Ein wunderbares Gefühl, beim scheinbaren Nichtstun frische Luft zu schnappen, sich zu bewegen und im Innern zu texten. Voraussetzung: Ich darf nur im äußersten Notfall zu Papier bringen, was mir einfällt. Denn ich habe herausgefunden, dass nur die Ideen wirklich Bestand hatten, die mir nach der Heimkehr noch im Kopf geblieben sind. All diese flüchtigen, zuerst ach so genialen Schnapsideen sind bisher beim Eigenlektorat immer gestorben.
Ich lerne viel von meinem Hund. Heute saß ich zum ersten Mal in diesem Jahr im ärmellosen T-Shirt in der prallen Sonne auf einem Zauntritt am Südhang und züchtete selbstvergessen Sommersprossen. Rocco hatte derweil einen frischen Maulwurfshügel aufgestöbert und ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Erdarbeiten. Beaucerons werden ja oft als Erdbeben-Spürhunde ausgebildet, der meine findet auf Anhieb jede Wühlmaus, jeden Maulwurf.
Da saß ich denn mit einem Exposé, das mich nicht überzeugte, das nicht spannend genug zu lesen war und obendrein ziemlich wirr. Rocco zeigte mir, wie das geht mit den blinden Gängen, den falschen Spuren und Verästelungen. Er wusst nämlich längst, an welchem Punkt der Maulwurf hockte. Aber er wäre ja dumm gewesen, das Kerlchen vorzuwarnen, indem er sich geradeaus durch seinen Gang buddelte! Nein, da wird von unterschiedlichen Seiten gebohrt und zwischendurch legt auch der Hund den ein oder anderen Scheingang an, um den Maulwurf in Sicherheit zu wiegen. Und wenn der Maulwurf sich vor der Gefahr rechts fürchtet, baggert der Hund sich von links durch.
Immer das Ziel klar vor Augen, die Geruchsspuren bilden eine innere Landkarte mit einem roten Punkt. Und darauf gräbt man dann sein Netz in die gewünschten Richtungen. Egal, ob man es tiefgründig im weichen Boden anlegt oder oberflächlich im frostharten - der rote Punkt ist das Ziel beider Netzsysteme. Und ehe man sich versieht, hat man in der Mitte zugepackt und auf dem Weg dahin all die losen Enden von unterirdischen Gängen wieder zugeschaufelt.
Was soll ich noch sagen? Wir haben eine zweistündige Bergwanderung in praller Vorfrühlingssonne im lauen Vogesenwald genossen, Rocco schnarcht glücklich und gräbt noch im Traum. Und ich werde mir jetzt einen großen Café au lait genehmigen und loslegen. Das neue Exposé habe ich glasklar und perfekt vor Augen - ich muss es nur noch "abtippen"... Früher war das eine Schreibtischarbeit von Wochen und zig Überarbeitungsschritten...
Ungefähr so könnte man meine neue Arbeitsmethode umschreiben, die sich immer mehr bewährt. Heute, wo meine Spatzensippe wieder zum Nestbau unters Dach eingezogen ist, die warme Jahreszeit also naht, habe ich die Methode außerdem am Entwerfen eines Exposés härtegetestet. Es geht ganz einfach:
Man nehme einen Hund, einen Rucksack mit leckerem Proviant und Getränk, nebst einem Ausdruck des missratenen Texts oder Notizen für den zu schaffenden. Schreibzeug für den Notfall natürlich auch.
Ich verlege dann meine Mittagspause auf den Berg "nebenan". Vor Abmarsch lese ich mich noch einmal in den Text ein. Dann muss sich erst der Hund etwas müde laufen, während ich den Text im Kopf bewege und möglichst nicht gezielt oder konzentriert nachdenke. Ich lasse die Natur wirken, freue mich am Reiher, der uns immer begleitet, oder lasse die Gedanken um Farben und Texteindrücke kreisen - je wilder, je assoziationshafter, desto besser.
Oben auf dem Berg, in der Sonne, gibt's dann ein kleines Picknick, bei dem ich mir Zeit nehme, den Text noch einmal genau zu lesen. Rocco freut sich derweil auf sein Häppchen, das er bekommt, wenn ich fertig bin. Vorher spreche ich aber mit ihm den Plot doch lieber noch einmal durch...
Ein wunderbares Gefühl, beim scheinbaren Nichtstun frische Luft zu schnappen, sich zu bewegen und im Innern zu texten. Voraussetzung: Ich darf nur im äußersten Notfall zu Papier bringen, was mir einfällt. Denn ich habe herausgefunden, dass nur die Ideen wirklich Bestand hatten, die mir nach der Heimkehr noch im Kopf geblieben sind. All diese flüchtigen, zuerst ach so genialen Schnapsideen sind bisher beim Eigenlektorat immer gestorben.
Ich lerne viel von meinem Hund. Heute saß ich zum ersten Mal in diesem Jahr im ärmellosen T-Shirt in der prallen Sonne auf einem Zauntritt am Südhang und züchtete selbstvergessen Sommersprossen. Rocco hatte derweil einen frischen Maulwurfshügel aufgestöbert und ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Erdarbeiten. Beaucerons werden ja oft als Erdbeben-Spürhunde ausgebildet, der meine findet auf Anhieb jede Wühlmaus, jeden Maulwurf.
Da saß ich denn mit einem Exposé, das mich nicht überzeugte, das nicht spannend genug zu lesen war und obendrein ziemlich wirr. Rocco zeigte mir, wie das geht mit den blinden Gängen, den falschen Spuren und Verästelungen. Er wusst nämlich längst, an welchem Punkt der Maulwurf hockte. Aber er wäre ja dumm gewesen, das Kerlchen vorzuwarnen, indem er sich geradeaus durch seinen Gang buddelte! Nein, da wird von unterschiedlichen Seiten gebohrt und zwischendurch legt auch der Hund den ein oder anderen Scheingang an, um den Maulwurf in Sicherheit zu wiegen. Und wenn der Maulwurf sich vor der Gefahr rechts fürchtet, baggert der Hund sich von links durch.
Immer das Ziel klar vor Augen, die Geruchsspuren bilden eine innere Landkarte mit einem roten Punkt. Und darauf gräbt man dann sein Netz in die gewünschten Richtungen. Egal, ob man es tiefgründig im weichen Boden anlegt oder oberflächlich im frostharten - der rote Punkt ist das Ziel beider Netzsysteme. Und ehe man sich versieht, hat man in der Mitte zugepackt und auf dem Weg dahin all die losen Enden von unterirdischen Gängen wieder zugeschaufelt.
Was soll ich noch sagen? Wir haben eine zweistündige Bergwanderung in praller Vorfrühlingssonne im lauen Vogesenwald genossen, Rocco schnarcht glücklich und gräbt noch im Traum. Und ich werde mir jetzt einen großen Café au lait genehmigen und loslegen. Das neue Exposé habe ich glasklar und perfekt vor Augen - ich muss es nur noch "abtippen"... Früher war das eine Schreibtischarbeit von Wochen und zig Überarbeitungsschritten...
13. Februar 2008
Kübelrosarium
Bei diesem Wetter wird es höchste Zeit, sich um den Garten zu kümmern. Dieses Jahr gibt es eine Neuerung bei mir, mit der ich seit zwei Jahren experimentiert habe: Rosen in Kübeln. Ideal für kleine Plätze, Balkone, Terrassen und überall dort, wo keine Erde zu haben ist.
Entstanden ist das Experiment, weil mir in den letzten Wintern immer wieder einige meiner riesigen Oleanderbüsche eingegangen sind, die ich so liebe. Aber die Winter wurden warm, feucht, Krankheiten und Ungeziefer machten mancher Pflanze den Garaus. Und die Sommer wurden so unbeständig, dass nicht jeder Oleander blühte oder die Blüten im Regen verklebten. Jährlich die riesigen schweren Töpfe in den Überwinterungsraum zu wuchten, das machte auch keinen Spaß.
Und dann bekam ich eines Tages zum Hundefutter ein paar Tonnen geschenkt, hatte Rosen gekauft, für deren Standort ich mich noch nicht genau entschieden hatte - und schon war die Idee geboren! Die Tonnen wurden zur Drainage aufgebohrt und dann hübsch grün gespritzt. Dadurch, dass die Rosen ziemlich hoch zu sitzen kamen, gaben sie bereits im ersten Jahr einen guten Sichtschutz ab, wenn man am Tisch saß, den Duft direkt in der Nase! Noch waren die Kübel nicht ideal - diese Rosen werden jetzt "ausgesetzt".
Warum aber nicht den empfindlichen Oleander gegen Rosen tauschen? Ich hatte Glück, und fiel durch Zufall über Europas einziges Kübelrosarium, das, wie es noch ein Zufall wollte, in Hatten im Nordelsass liegt (La Reine des Roses). Dort lernte ich, dass es gegenüber den Oleandern noch einen Vorteil gibt. In den terracottafarbenen Spezialcontainern aus frostresistentem Kunststoff muss die Rose nie mehr umgetopft werden - vorausgesetzt, das Behältnis hat bereits die richtige Größe für die ausgewachsene Pflanze. Gute Nachrichten auch für die Wirbelsäule: Die Rosen bleiben auch im Winter draußen an Ort und Stelle. Ich habe dort in Kübeln wahre Preziosen gesehen. Meterhohe, glutrote Schönheiten am breiten Spalier, über Jahrzehnte liebevoll gezogene Rosenbäumchen aus englischen Sorten, bunte Zwerge für den Hauseingang und üppige Wasserfälle von Blüten für die Hinterhofbegrünung.
Ich freue mich schon auf meinen Liebling. Pierre de Ronsard nennen sie die Franzosen nach ihrem bekannten, ebenso rosenverliebten Dichter; in Deutschland ist sie als Edenrose 85 bekannt. Ich habe zwar schon eine, aber ich bin in diese Züchtung von Meilland so vernarrt, dass ich noch eine im Kübel an einer vanillegelben kahlen Wand hochranken lassen möchte. Das ist ideal, weil die Blüten nur eins nicht mögen: Regen. Sonst aber öffnen sie sich je nach Wetter in einem grünlichen bis gelblichen Weiß, die Mitte mehr oder weniger pinkfarben gerötet. Ihr Duft ist unwiderstehlich wie bei alten Rosen - zitronig, blumig, mit einer leichten Honignote. Und falls sie sich im späten Herbst oder bei Regen kaum noch öffnen wollen, kann man sie ideal trocknen. Sie werden dabei braun, ergeben aber, mit Goldlack überspritzt, schöne Geschenke.
Dann wäre da noch ein winziges zu besetzendes Plätzchen. Warum nicht auch mit einer Rose? Mein Favorit ist im Moment die Sorte Nostalgie, auch als La Garconne bekannt. Im Strauß kann sie ein ganzes Zimmer ausduften. Ihre farbig gemischten Blüten aus karminrot und cremefarben sind betörend. Ideal zum Schneiden - mehr Schönheit braucht es nicht. Aber wer weiß, in welche Sorten ich mich noch verlieben werde ...
Entstanden ist das Experiment, weil mir in den letzten Wintern immer wieder einige meiner riesigen Oleanderbüsche eingegangen sind, die ich so liebe. Aber die Winter wurden warm, feucht, Krankheiten und Ungeziefer machten mancher Pflanze den Garaus. Und die Sommer wurden so unbeständig, dass nicht jeder Oleander blühte oder die Blüten im Regen verklebten. Jährlich die riesigen schweren Töpfe in den Überwinterungsraum zu wuchten, das machte auch keinen Spaß.
Und dann bekam ich eines Tages zum Hundefutter ein paar Tonnen geschenkt, hatte Rosen gekauft, für deren Standort ich mich noch nicht genau entschieden hatte - und schon war die Idee geboren! Die Tonnen wurden zur Drainage aufgebohrt und dann hübsch grün gespritzt. Dadurch, dass die Rosen ziemlich hoch zu sitzen kamen, gaben sie bereits im ersten Jahr einen guten Sichtschutz ab, wenn man am Tisch saß, den Duft direkt in der Nase! Noch waren die Kübel nicht ideal - diese Rosen werden jetzt "ausgesetzt".
Warum aber nicht den empfindlichen Oleander gegen Rosen tauschen? Ich hatte Glück, und fiel durch Zufall über Europas einziges Kübelrosarium, das, wie es noch ein Zufall wollte, in Hatten im Nordelsass liegt (La Reine des Roses). Dort lernte ich, dass es gegenüber den Oleandern noch einen Vorteil gibt. In den terracottafarbenen Spezialcontainern aus frostresistentem Kunststoff muss die Rose nie mehr umgetopft werden - vorausgesetzt, das Behältnis hat bereits die richtige Größe für die ausgewachsene Pflanze. Gute Nachrichten auch für die Wirbelsäule: Die Rosen bleiben auch im Winter draußen an Ort und Stelle. Ich habe dort in Kübeln wahre Preziosen gesehen. Meterhohe, glutrote Schönheiten am breiten Spalier, über Jahrzehnte liebevoll gezogene Rosenbäumchen aus englischen Sorten, bunte Zwerge für den Hauseingang und üppige Wasserfälle von Blüten für die Hinterhofbegrünung.
Ich freue mich schon auf meinen Liebling. Pierre de Ronsard nennen sie die Franzosen nach ihrem bekannten, ebenso rosenverliebten Dichter; in Deutschland ist sie als Edenrose 85 bekannt. Ich habe zwar schon eine, aber ich bin in diese Züchtung von Meilland so vernarrt, dass ich noch eine im Kübel an einer vanillegelben kahlen Wand hochranken lassen möchte. Das ist ideal, weil die Blüten nur eins nicht mögen: Regen. Sonst aber öffnen sie sich je nach Wetter in einem grünlichen bis gelblichen Weiß, die Mitte mehr oder weniger pinkfarben gerötet. Ihr Duft ist unwiderstehlich wie bei alten Rosen - zitronig, blumig, mit einer leichten Honignote. Und falls sie sich im späten Herbst oder bei Regen kaum noch öffnen wollen, kann man sie ideal trocknen. Sie werden dabei braun, ergeben aber, mit Goldlack überspritzt, schöne Geschenke.
Dann wäre da noch ein winziges zu besetzendes Plätzchen. Warum nicht auch mit einer Rose? Mein Favorit ist im Moment die Sorte Nostalgie, auch als La Garconne bekannt. Im Strauß kann sie ein ganzes Zimmer ausduften. Ihre farbig gemischten Blüten aus karminrot und cremefarben sind betörend. Ideal zum Schneiden - mehr Schönheit braucht es nicht. Aber wer weiß, in welche Sorten ich mich noch verlieben werde ...
10. Februar 2008
Storchenwetter
Gute Nachrichten für Winterhasser: Selbst wenn es noch einmal tüchtig Frost geben sollte - der Winter wird sich als solcher nicht mehr durchsetzen. Denn die Störche sind schon seit einiger Zeit ins Elsass zurückgekehrt und waren auch gar nicht weit fortgereist. In Andalusien hatten sie es sich in diesem Winter gemütlich gemacht. Seit heute pfeifen und schwatzen auch wieder die Stare in den Bäumen ... unter denen die ersten Krokusse blühen!
8. Februar 2008
Milch für die Rose
Im Elsass macht sich Frühling breit. Die Schneeglöckchen blühen üppig, an den Südwänden haben die Rosen den ganzen Winter nicht aufgehört, Knospen anzusetzen. Selbst an den schattigsten Stellen treiben sie tüchtig aus, höchste Zeit für Gartenarbeit!
Leider treiben mit den Rosen auch die Krankheiten. Mit der Rose ist es ein bißchen so wie mit dem Mops. Ihr Anblick erfreut den Menschen, aber sie wurden über so lange Zeit hochgezüchtet, dass es ab einem gewissen Alter ohne gewisse Wehwehchen kaum geht. Und wer wie ich alte Rosen liebt, muss einfach auch mit Mehltau leben. Aber will man wirklich all das Gift verspritzen, das angeblich schnelle Hilfe verspricht? Aus dem Krankenhaus wissen wir doch: Viren und Bakterien mutieren umso fleißiger, je mehr man sie mit der chemischen Keule erschlagen will.
Das beste Mittel gegen den hartnäckigen Mehltau bei meiner alten Dorothy Perkins ist immer noch Lecithin, das es in Spritzmitteln des Biogarten-Fachhandels gibt. Wichtig ist nur, schon jetzt damit anzufangen und nicht erst, wenn sich der schneeweiße Schrecken verbreitet. Bei feuchtem Wetter und Regen wiederholen. Ziemlich teuer auf die Dauer, so eine Rosenkur. Eine Gärtnerin hat mir einen wunderbaren Tipp gegeben, einfach, preiswert und wirksam: MILCH! Und zwar Vollmilch, möglichst nicht entfettet. Deren Lecithin und die Fette verhindern genauso, dass sich Mehltau festsetzt. Einziger Nachteil: Nach Regengüssen muss man nachsprühen. Da haftet das pure Lecithin doch besser.
Noch so ein Billigmittel ist Kaffeesatz. Hier auf dem Land ist es üblich, den ins Blumenbeet zu kippen. Man sagt, rote Blumen würden dadurch noch röter und irgendwie würde es auch düngen, Genaues wissen die Landleute aber nicht. Wissenschaftler haben das jetzt erforscht: Das Koffein im Kaffeesatz nebst diversen anderen Stoffen macht die Pflanze fit und stark gegen Bakterien- und Pilzbefall. Also nicht nur auf die Geranien damit!
Die ganz alten Leute im Elsass haben dann noch ein paar seltsame Gärtnertricks auf Lager. Alte Schuhe aus echtem Leder wurden grundsätzlich im Blumenbeet verbuddelt (Spurenelemente) und auch die tannin- und gerbstoffreichen, magnesiumhaltigen Rotweinreste eines Festes hat man früher immer seinem Rosenstock zu Trinken gegeben!
Gönnen Sie Ihren Rosen mal ein Frühlingsschlemmermahl...
Leider treiben mit den Rosen auch die Krankheiten. Mit der Rose ist es ein bißchen so wie mit dem Mops. Ihr Anblick erfreut den Menschen, aber sie wurden über so lange Zeit hochgezüchtet, dass es ab einem gewissen Alter ohne gewisse Wehwehchen kaum geht. Und wer wie ich alte Rosen liebt, muss einfach auch mit Mehltau leben. Aber will man wirklich all das Gift verspritzen, das angeblich schnelle Hilfe verspricht? Aus dem Krankenhaus wissen wir doch: Viren und Bakterien mutieren umso fleißiger, je mehr man sie mit der chemischen Keule erschlagen will.
Das beste Mittel gegen den hartnäckigen Mehltau bei meiner alten Dorothy Perkins ist immer noch Lecithin, das es in Spritzmitteln des Biogarten-Fachhandels gibt. Wichtig ist nur, schon jetzt damit anzufangen und nicht erst, wenn sich der schneeweiße Schrecken verbreitet. Bei feuchtem Wetter und Regen wiederholen. Ziemlich teuer auf die Dauer, so eine Rosenkur. Eine Gärtnerin hat mir einen wunderbaren Tipp gegeben, einfach, preiswert und wirksam: MILCH! Und zwar Vollmilch, möglichst nicht entfettet. Deren Lecithin und die Fette verhindern genauso, dass sich Mehltau festsetzt. Einziger Nachteil: Nach Regengüssen muss man nachsprühen. Da haftet das pure Lecithin doch besser.
Noch so ein Billigmittel ist Kaffeesatz. Hier auf dem Land ist es üblich, den ins Blumenbeet zu kippen. Man sagt, rote Blumen würden dadurch noch röter und irgendwie würde es auch düngen, Genaues wissen die Landleute aber nicht. Wissenschaftler haben das jetzt erforscht: Das Koffein im Kaffeesatz nebst diversen anderen Stoffen macht die Pflanze fit und stark gegen Bakterien- und Pilzbefall. Also nicht nur auf die Geranien damit!
Die ganz alten Leute im Elsass haben dann noch ein paar seltsame Gärtnertricks auf Lager. Alte Schuhe aus echtem Leder wurden grundsätzlich im Blumenbeet verbuddelt (Spurenelemente) und auch die tannin- und gerbstoffreichen, magnesiumhaltigen Rotweinreste eines Festes hat man früher immer seinem Rosenstock zu Trinken gegeben!
Gönnen Sie Ihren Rosen mal ein Frühlingsschlemmermahl...
5. Februar 2008
for men only
Brandheiße Neuigkeiten aus dem Handarbeitsladen: Frankreichs Männer, so munkelt man, sollen sich in hochgeheimen Clubs zusammenrotten. Geschlossene Gesellschaft, for men only.
Was sie da tun? Sie lernen miteinander stricken und tun das auch exzessiv. Mann hat herausgefunden, dass Stricken ideal ist, um sich das Rauchen abzugewöhnen. Mann ist dabei so schön beschäftigt mit den nervösen Fingern. Und weil man's unter sich tut, lässt sich dabei so richtig schön tratschen, pardon, parlieren.
Einst war Stricken in Frankreich berüchtigt. Die sogenannten Tricoteuses, die Strickerinnen, schrieen während der Revolution aus den hinteren Reihen des öfteren nach Blut und Köpfen. Kaum zu glauben, dass die Zukunft friedlicher sein wird: Statt Revoluzzerinnen im Blutrausch Pullover tragende Nichtraucher ... Kaum auszudenken: "Liebling, ich kann dich jetzt nicht streicheln, dein warmer Schal soll doch fertig werden!"
Was sie da tun? Sie lernen miteinander stricken und tun das auch exzessiv. Mann hat herausgefunden, dass Stricken ideal ist, um sich das Rauchen abzugewöhnen. Mann ist dabei so schön beschäftigt mit den nervösen Fingern. Und weil man's unter sich tut, lässt sich dabei so richtig schön tratschen, pardon, parlieren.
Einst war Stricken in Frankreich berüchtigt. Die sogenannten Tricoteuses, die Strickerinnen, schrieen während der Revolution aus den hinteren Reihen des öfteren nach Blut und Köpfen. Kaum zu glauben, dass die Zukunft friedlicher sein wird: Statt Revoluzzerinnen im Blutrausch Pullover tragende Nichtraucher ... Kaum auszudenken: "Liebling, ich kann dich jetzt nicht streicheln, dein warmer Schal soll doch fertig werden!"
4. Februar 2008
Der Tag danach
Gestern sind also die korrigierten Fahnen pünktlich im Verlag gelandet. Aufgrund des drängenden Termins hat mein uraltes polnisches Papierfax schnaufen dürfen ... und es hat durchgehalten! 61 Seiten in 51 Minuten, das wurde selbst dem Hund zu langweilig.
Der Tag danach fühlt sich immer eigenartig an. Arbeitskater. Man hat sich tagelang von der Welt abgeschottet, das Leben vergessen, den Briefkasten und Mülleimer nicht mehr geleert, auf Anrufe nicht reagiert. Endlich einmal wieder seit langem so halbwegs ausgeschlafen - so wie man eben ausschläft, wenn man sich das Schlafen in Nachtschichten gerade abgewöhnt hatte.
Und plötzlich ist all das verschwunden, wirklich ein für alle mal bearbeitet, woran man zwei Jahre seines Lebens hing. Es verabschiedet sich nicht. Ich habe die Sekretärin angerufen, ob das Fax da ist, nur um ein eindeutiges Zeichen zu haben: Ja, das war es jetzt. Mein Buch hat mich verlassen, jetzt ist es selbst dran, seine Arbeit zu leisten, Leser zu finden. Und ich bin eigentlich nicht arbeitslos, im Gegenteil, aber ich schwebe heute irgendwo zwischen den Welten.
Da half auch die lange Wanderung mit Rocco nichts. Alles so unwirklich heute. Das Reiherpärchen in den Wiesen hat uns arglos im Sicherheitsabstand von 50 Metern begleitet. Am Bach stand ein schneeweißes Frettchen, machte Männchen und glotzte uns an. Und daheim ... irgendwie war da mal so etwas wie Haushalt. Die Hundehaare auf dem Boden künden von kommendem Frühling. Hatte ich nicht sonst nach Buchabgabe immer die Fenster geputzt? Ich sollte vielleicht öfter mal Bücher abgeben? Aber nein, heute bin ich nur müde, zu nichts zu gebrauchen, und laufe neben mir her, ohne zu wissen, was ich als nächstes tun könnte.
Mein Romanprojekt muss endlich zum Verkauf fertig gemacht werden. Aber das Hirn hat sich verabschiedet. Wahrscheinlich schmort es auf Mallorca in der Sonne. Abgemeldet hatte es sich schon heute morgen, als die letzte Rückfrage zum Text kam:
Haben die Deutschen tatsächlich im Krisenjahr 2004 eine ganze Milliarde Euro nur für Schnittrosen ausgegeben? In diesem Jahr, so eine Summe?
Bis vor kurzem war ich mir sicher, die Summe stimmt. Jetzt zweifelte ich auch. Das war doch dieses Jahr, als es allen so dreckig ging, angeblich für nichts Geld da war. Eine Milliarde Euro in so einem Jahr für Blumen, die in ein paar Tagen verwelkt sind?
Und dann will ich es genau wissen. Die Quelle habe ich vom Schriftbild her vor Augen - das war die ZEIT. Und da gab es mal diesen Artikel über arme und reiche Länder und Blumenhandel. Aha. Das müsste in den Tonnen von Material etwa drei Zentimeter unter den Unterlagen in Sachen Luxus liegen, etwa fünf Zentimeter vom Boden entfernt, auf den ich den halbmeterhohen Packen lege. Zwei mal geblättert ... da ist der Artikel von 2005. Ja, stimmt. So viel Geld hatten die Deutschen damals übrig für Rosen in der Vase - und nun noch viel mehr! Endgültiger Abschied von dieser Arbeit. Geschafft.
Ich habe zwar ein fotografisches Gedächtnis, aber Rechnen kann ich nicht mehr.
Geschafft bin auch ich. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder Text produzieren zu können. Aber heute geht wahrscheinlich nicht mal Lesen ...
Erst einmal lasse ich mir Zeit zu kapieren, dass jetzt demnächst gedruckt wird.
Bis dahin könnte ich ja endlich mal diesen schauderhaften Moloch von Website neu designen und übersichtlicher gestalten. Oder soll ich nicht doch besser Fenster putzen? Wenn nur Rocco nicht so gemütlich zu meinen Füßen schlafen würde...
Der Tag danach fühlt sich immer eigenartig an. Arbeitskater. Man hat sich tagelang von der Welt abgeschottet, das Leben vergessen, den Briefkasten und Mülleimer nicht mehr geleert, auf Anrufe nicht reagiert. Endlich einmal wieder seit langem so halbwegs ausgeschlafen - so wie man eben ausschläft, wenn man sich das Schlafen in Nachtschichten gerade abgewöhnt hatte.
Und plötzlich ist all das verschwunden, wirklich ein für alle mal bearbeitet, woran man zwei Jahre seines Lebens hing. Es verabschiedet sich nicht. Ich habe die Sekretärin angerufen, ob das Fax da ist, nur um ein eindeutiges Zeichen zu haben: Ja, das war es jetzt. Mein Buch hat mich verlassen, jetzt ist es selbst dran, seine Arbeit zu leisten, Leser zu finden. Und ich bin eigentlich nicht arbeitslos, im Gegenteil, aber ich schwebe heute irgendwo zwischen den Welten.
Da half auch die lange Wanderung mit Rocco nichts. Alles so unwirklich heute. Das Reiherpärchen in den Wiesen hat uns arglos im Sicherheitsabstand von 50 Metern begleitet. Am Bach stand ein schneeweißes Frettchen, machte Männchen und glotzte uns an. Und daheim ... irgendwie war da mal so etwas wie Haushalt. Die Hundehaare auf dem Boden künden von kommendem Frühling. Hatte ich nicht sonst nach Buchabgabe immer die Fenster geputzt? Ich sollte vielleicht öfter mal Bücher abgeben? Aber nein, heute bin ich nur müde, zu nichts zu gebrauchen, und laufe neben mir her, ohne zu wissen, was ich als nächstes tun könnte.
Mein Romanprojekt muss endlich zum Verkauf fertig gemacht werden. Aber das Hirn hat sich verabschiedet. Wahrscheinlich schmort es auf Mallorca in der Sonne. Abgemeldet hatte es sich schon heute morgen, als die letzte Rückfrage zum Text kam:
Haben die Deutschen tatsächlich im Krisenjahr 2004 eine ganze Milliarde Euro nur für Schnittrosen ausgegeben? In diesem Jahr, so eine Summe?
Bis vor kurzem war ich mir sicher, die Summe stimmt. Jetzt zweifelte ich auch. Das war doch dieses Jahr, als es allen so dreckig ging, angeblich für nichts Geld da war. Eine Milliarde Euro in so einem Jahr für Blumen, die in ein paar Tagen verwelkt sind?
Und dann will ich es genau wissen. Die Quelle habe ich vom Schriftbild her vor Augen - das war die ZEIT. Und da gab es mal diesen Artikel über arme und reiche Länder und Blumenhandel. Aha. Das müsste in den Tonnen von Material etwa drei Zentimeter unter den Unterlagen in Sachen Luxus liegen, etwa fünf Zentimeter vom Boden entfernt, auf den ich den halbmeterhohen Packen lege. Zwei mal geblättert ... da ist der Artikel von 2005. Ja, stimmt. So viel Geld hatten die Deutschen damals übrig für Rosen in der Vase - und nun noch viel mehr! Endgültiger Abschied von dieser Arbeit. Geschafft.
Ich habe zwar ein fotografisches Gedächtnis, aber Rechnen kann ich nicht mehr.
Geschafft bin auch ich. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder Text produzieren zu können. Aber heute geht wahrscheinlich nicht mal Lesen ...
Erst einmal lasse ich mir Zeit zu kapieren, dass jetzt demnächst gedruckt wird.
Bis dahin könnte ich ja endlich mal diesen schauderhaften Moloch von Website neu designen und übersichtlicher gestalten. Oder soll ich nicht doch besser Fenster putzen? Wenn nur Rocco nicht so gemütlich zu meinen Füßen schlafen würde...
3. Februar 2008
Wo steckt sie denn?
Die Autorin ist fleißig und arbeitet sich die Augen aus dem Kopf. Letzter Tag Fahnenkorrektur, die Termine sind eng gesetzt, man hört förmlich schon die Druckmaschinen brummen. Deshalb fasse ich mich auch jetzt schon kurz und verrate nur, dass ich selbst ganz begeistert bin, wie der Verlag Das Buch der Rose umsetzt. Allein die Bebilderung ist ein Genuss!
Endspurt...
Endspurt...
Gossip
Blau strahlt der Himmel über Frankreich, hell die Sonne. Das aber nicht etwa, weil das ganze Land, wie einem die längst nicht mehr kritischen Medien glauben machen könnten, im Hochzeitrausch wäre. Immerhin eierte man in den Interpretationen herum. Der eine Moderator findet, dass Carla Bruni als First Lady mehr Emanzipation ins Land bringe, denn die Frau ist intelligent. Der andere verkneift sich leise ein Grinsen, dass da wieder mal ein Mächtiger, Mann natürlich, die ideale Dame zum Repräsentieren gefunden habe - und die wiederum Geld und Macht. Wie in der Evolution versteht sich.
Der Großteil der Franzosen aber ist müde, sich solchen Boulevard-Überlegungen hinzugeben. Gestern haben sich Millionen in diesem Land, in dem fast jede zweite Ehe geschieden wird, gefragt, warum bei ihnen die Gerichte nicht mit der Scheidung beikamen und alles sich unnötig in die Länge zog. Warum all dieser stinknormale Amtskram um Scheidung und Eheschließung bei Otto Dupont so kompliziert ist. Keine leichte Frage, wo doch ausgerechnet Sarkozy jetzt zig Regionalgerichte abschafft, die schon vor Jahren an der Belastungsgrenze arbeiteten.
Es gibt einen Witz in Frankreich:
Wie bekommt man lebenslänglich? Man geht in U-Haft.
In Zukunft wird man, wenn man dort vergessen wird und die Richter nicht beikommen, weil es zu wenige für zu viel Arbeit gibt, vielleicht gleich mehrmals lebenslänglich in der Zelle schmoren, bis man gehört wird. Aber vielleicht besucht ja dann die neue Madame Sarkozy den Präsidenten, um Gnade für die vergessenen Gefangenen zu erbitten?
Und dann war da noch eine andere Frage im Land, die bei diesem schönen Wetter umtreibt: Wann werde ich endlich mal eine Reise machen können oder mir wenigstens ein klitzekleines bißchen Kaufkraft leisten können? Es ist nicht schön, mit ansehen zu müssen, wie da einer auf Staatskosten die ganze Familie jetset-like um die Welt schippert - und nun vielleicht eine noch größere Familie. Nicht, dass der gemeine Franzose neidisch und missgünstig wäre. Aber es kommt nicht gut, wenn der gleiche Präsident erlässt, Sozialhilfeempfänger müssten polizeilich erfasst werden - schließlich sind arme Menschen ja potentielle Kriminelle.
Ja, genau. Die Deutschen wird das an einen eigenen Politiker erinnern. Und deshalb ist deutsch-französische Freundschaft auf Regierungsebene so einfach. Aber bitte ... führt eure Wahlkämpfe nicht immer so bitter ernst und grau. Mehr Glamour! Längere Beine! Keep smiling! Brot und Spiele! Dann würden auch die bösen Journalisten nicht auf böse Ideen kommen, wenn sie stattdessen alle Hände voll zu tun hätten, in Reisekatalogen und edlen Modemagazinen zu blättern! Vive l'amour! Denn sie ist kurzlebig, die schnöde...
Der Großteil der Franzosen aber ist müde, sich solchen Boulevard-Überlegungen hinzugeben. Gestern haben sich Millionen in diesem Land, in dem fast jede zweite Ehe geschieden wird, gefragt, warum bei ihnen die Gerichte nicht mit der Scheidung beikamen und alles sich unnötig in die Länge zog. Warum all dieser stinknormale Amtskram um Scheidung und Eheschließung bei Otto Dupont so kompliziert ist. Keine leichte Frage, wo doch ausgerechnet Sarkozy jetzt zig Regionalgerichte abschafft, die schon vor Jahren an der Belastungsgrenze arbeiteten.
Es gibt einen Witz in Frankreich:
Wie bekommt man lebenslänglich? Man geht in U-Haft.
In Zukunft wird man, wenn man dort vergessen wird und die Richter nicht beikommen, weil es zu wenige für zu viel Arbeit gibt, vielleicht gleich mehrmals lebenslänglich in der Zelle schmoren, bis man gehört wird. Aber vielleicht besucht ja dann die neue Madame Sarkozy den Präsidenten, um Gnade für die vergessenen Gefangenen zu erbitten?
Und dann war da noch eine andere Frage im Land, die bei diesem schönen Wetter umtreibt: Wann werde ich endlich mal eine Reise machen können oder mir wenigstens ein klitzekleines bißchen Kaufkraft leisten können? Es ist nicht schön, mit ansehen zu müssen, wie da einer auf Staatskosten die ganze Familie jetset-like um die Welt schippert - und nun vielleicht eine noch größere Familie. Nicht, dass der gemeine Franzose neidisch und missgünstig wäre. Aber es kommt nicht gut, wenn der gleiche Präsident erlässt, Sozialhilfeempfänger müssten polizeilich erfasst werden - schließlich sind arme Menschen ja potentielle Kriminelle.
Ja, genau. Die Deutschen wird das an einen eigenen Politiker erinnern. Und deshalb ist deutsch-französische Freundschaft auf Regierungsebene so einfach. Aber bitte ... führt eure Wahlkämpfe nicht immer so bitter ernst und grau. Mehr Glamour! Längere Beine! Keep smiling! Brot und Spiele! Dann würden auch die bösen Journalisten nicht auf böse Ideen kommen, wenn sie stattdessen alle Hände voll zu tun hätten, in Reisekatalogen und edlen Modemagazinen zu blättern! Vive l'amour! Denn sie ist kurzlebig, die schnöde...