Nebelwaten, Medienstraucheln

Kaum fährt man seinen Ausstoß an Blogartikeln herunter, machen sich die ersten Sorgen um die Autorin. Natürlich diejenigen, die mich sonst als erste fragen: "Wie machst du das nur, so viel zu schreiben?" Also mal ein kleiner Trösteartikel zwischendurch, aus den nebligen Tiefen der Verinnerlichung ...

Die kommt nicht wegen des Wetters zustande, sondern weil ich in regelmäßigen Abständen einen Schritt zurücktrete von dem, was ich so mache, und nachdenke: Hat es einen Sinn? Sollte ich irgendetwas ändern?

Stoff zum Innehalten bietet einem das Leben reichlich. Die ersten Übersetzerinnen in meinem Bekanntenkreis müssen umschulen, weil unsere Berufsbedingungen immer lausiger werden. Ein Buchautor in meinem Bekanntenkreis mit mittlerem Renommé kann sich nur deshalb über Verlagsverträge freuen, weil er sich auf das Spiel einlässt, inklusive Pseudonym alle halbe Jahre einen Roman "herauszuhauen". Dafür tut der Verlag absolut nichts für die Bücher und seine Ehefrau verdient das Geld, um die Familie zu ernähren. Eine Kollegin mit sehr großem Renommé und Bücherpause hat endlich einen winzig kleinen Verlag gefunden. Alle anderen, inklusive mehrerer Agenturen, haben sie jahrelang am langen Arm verhungern lassen, mit der Begründung, ihre Bücher seien zu leise und anspruchsvoll, das könne man sich heutzutage nicht mehr leisten. Zwei Buchhändler in meinem Umfeld, die letzten unabhängigen, kämpfen ums nackte Überleben, weil das Feine, das Leise, das Besondere von der Massenware der Kettenkonkurrenz überbrüllt wird. In so einer Welt werde ich dann immer wieder gefragt, warum ich so viel blogge. Schreiben ist für mich atmen. Ich muss schreiben. Ich stelle ja auch nicht das Atmen plötzlich ein. Mein Blog ist oft die letzte freie Form im Freiberuflerleben. Das kaum mehr Freiräume bietet.

Und natürlich gehöre ich zu der übel berechnenden Sorte Mensch, die nichts, was viel Arbeit macht, umsonst tut. Ich trete zurück und betrachte mein Schreiben im Internet: Was bringt mir wirklich etwas, wo vergeude ich nur Zeit? Das Experiment, sich die immense Blogarbeit durch freiwillige Spenden finanzieren zu lassen, ist kläglich gescheitert. Meine Artikel übers Self Publishing wurden von einer riesigen Leserschaft konsumiert, die sich sonst keinen Deut für meine Arbeit interessiert. Die Konsequenz ist einfach: Einer reinen Abgreifgesellschaft macht man die Reaktion in Zukunft eben etwas leichter. Die Artikel mit der großen Recherche, die Ratgeberqualität haben, landen künftig im Kindleshop und nicht im Blog. Die Bücherselbstbastler werden mir jetzt in Scharen davonrennen, aber Zahlen sind nicht alles. Die wirklich interessierten Leser bleiben.

Überhaupt ist das seltsam mit den Zahlen - und darüber denke ich derzeit auch nach: Was bringen Social Media tatsächlich? Wo muss man dabei sein, wo macht man sich nur selbst etwas vor? Ein bißchen ist es wie in der New Economy - bald wird die Blase wohl platzen. Meine Statistiken erzählen davon, dass die Menschen müde sind, sich auf zig Plattformen verströmen zu müssen, sich von Informationen und Kommunikation zuballern zu lassen. Ich selbst schaffe meine Mails und Nachrichten nicht mehr - zu viele kommen herein. Seit einigen Monaten sinken die Zugriffszahlen im Blog, die durch Facebook einst reichlich kamen, rapide. Das liegt nicht nur daran, dass viele zu Google+ gehen. Es liegt daran, dass im Blog die treuen Leser bleiben, aber in Social Media nur noch geklickt wird, was schrill oder schrullig ist. Man fühlt sich zugebaggert von all den Links. Wie viel Texte soll man denn noch lesen? Auch bei Twitter werden Verlage plötzlich still.

Es geht so nicht weiter. Wir werden an unserer Textvermüllung irgendwann ersticken. Und was bringt das Vernetzen? Zugegeben: Nette Leute. Um die man sich dann mehr kümmert als um die Freunde, die still und ohne Internetaktivität ein ganz anderes Leben leben? Manche Internetbekanntschaften werden zu Freunden - und dann ist die schnelle Kommunikation nebenher bereichernd. Aber Kunden? Aufträge? Wichtige berufliche Connections? Ich arbeite nun wirklich intensiv in Internet-Netzwerken seit den ersten Stunden. Bisher hatte ich nur einen einzigen Auftrag, der virtuell zustande gekommen war. Die BBC entdeckte damals meine zum Glück englischsprachige Website und damit eine Fachfrau für ihr Thema. Es folgten eine Mail, ein Telefonat und sofort der Kontakt im echten Leben. Ansonsten folgten nur eine Menge unredlicher Angebote. Von Kunden, die meinen, bei "virtuellen" Kontakten keine ordentlichen Honorare zahlen zu müssen. Von Kunden, die im Internet Dumme suchten. Von Kunden, die sich aufwändige Kostenvoranschläge machen ließen und von denen ich daraufhin nie wieder etwas hörte.

Mein Beruf findet nicht im Internet statt - das mag bei Leuten in Metropolen und in anderen Berufen ganz anders aussehen. Meine Website ist die wichtige Visitenkarte, um Echtlebenkontakten schnell Informationen liefern zu können. Suche ich nach den Menschen, mit denen ich tatsächlich arbeite, bei Facebook oder in anderen Netzwerken - Fehlanzeige. Und man kommt übrigens auch nicht leichter an einen Lektor heran, nur weil man bei Facebook mit einem Verlag befreundet ist - man kann allenfalls leichter erfahren, wer für die Ablehnung von Manuskripten zuständig ist. Auch hier: Echtlebenmaloche. Nur Leserinnen und Leser findet man per Social Media. Wenn man es richtig macht. Und sich nicht verzettelt. Im Zeitalter der unsichtbaren Bücher im Buchhandel ist das wichtig.

Mein Fazit des großen Experiments: Ich bin bei Twitter stiller geworden und finde dort die meisten Menschen, die mich interessierten, kaum noch vor. Der Twitterhype ist vorbei. Die kommerziellen Werbemüllspucker unter den Followern sind nicht mehr zu ordnen. Aber man findet immer noch neue Blogleser, mit sehr geringem Zeitaufwand.

Facebook ist zu einer Quasselbude geworden. Manche preisen das als "human relations" oder so ähnlich. Aber Quasseln kann ich eigentlich besser am Telefon mit den Leuten, die mir wirklich wichtig sind. Da muss ich keiner Datenkrake unendliche Informationen und Daten in den Rachen werfen. Facebook ist gefährlich - zumindest für Kommunikationsjunkies wie mich. Man verzettelt sich. Ich verbringe dort zu viel Zeit. Also wird auch das auf ein Niveau heruntergefahren, das mit meiner Arbeit verträglich ist. Und wer weiß, vielleicht erübrigt es sich irgendwann von selbst. Google+ ? Viele wollen mich überzeugen. Nein. Nicht noch ein Netzwerk, nicht noch einmal diese Aufbauphase - für was? Ich bin auf dieser Welt, um Bücher zu schreiben, nicht um Social Media zu bestücken.

Und was, wenn wir sie überhaupt nicht bräuchten? Wenn wir uns das nur einbilden? Ich rate immer wieder, die eigene Website und / oder das eigene Blog als Zentrum der Eigendarstellung zu behalten. Nur dort hat man die eigene Datenhoheit. Social Media können ein Werkzeug sein, um Menschen auf die eigenen Seiten zu locken. Und wenn auch das eingebildet ist?

Ich habe ganz lustig nebenbei mal schnell ein Blog gebastelt, das mit einem Teil meines Brotberufs zu tun hat und gar nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht ist - Zwischen den Stühlen. Dementsprechend finden sich da auch erst drei kleine Beiträge, denn es ist nicht mehr als ein öffentliches Notizheft für mich, unregelmäßig bestückt. Wie erstaunt aber war ich von den Zugriffsstatistiken! Noch mit keinem Blog habe ich diese Anfangszahlen erreicht. Von Twitter kommt niemand. Von Facebook eine lächerliche Minderheit. Die meisten Leute finden es durch dieses Blog hier und durch Google. Noch mehr Menschen aber kommen von der größten russischen Suchmaschine. Und sie kommen wieder, sie geben deutsche Suchbegriffe ein. Auch so kann man zu seinem Zielpublikum finden: Durch Inhalte. Wie einfach eigentlich. So wenig Hype nötig, so wenig Verzetteln und Quatschen.

Und genau das ist es, was mich nachdenklich macht. Da will ich hin. Ich will wieder mehr Inhalte, weniger "da musst du dabei sein" und "dort musst du dich vernetzen". Ich will schreiben. Nicht Fotos von missratenen Mittagessen anschauen und dumme Sprüche belabern müssen. Nicht Leuten hinterherrennen, die für die Fachinformationen, mit denen ich (zu) großzügig bin, nicht einmal ein Dankeschön übrig haben. "Kannste mir mal da helfen, kannste mal das tun?" - sie greifen nur ab, revanchieren sich nie.

Die Blase platzt. Wir werden in Zukunft eine Menge Kotztüten brauchen. Auf uns ballert zu viel ein. Da ist zu viel laute Oberfläche. Mir ist wieder nach Inhalten, die auch leise sein dürfen. Nach Schreiben, das auch Stille vermittelt. Das einen zurücktreten lässt vom Mediengebrüll. Mir ist nach Tiefe.

Bloggen für den harten Kern, der das mitmacht. Und hoffentlich schaffe ich es trotz Winterisolation, in den Quasselbuden dieser Welt stiller zu werden. Nicht zu verschwinden, aber abzubauen. Wer mir am Herzen liegt, wem ich am Herzen liege - wir brauchen keine fremdgesteuerten Plattformen, um das zu zelebrieren. Zum Schriftstellern braucht es vor allem eins: echtes, wahres, greifbares Leben - fernab von Medienverzerrungen und künstlichen Hypes. Ein Künstler muss immer wieder von der ach so wahren Welt zurücktreten können.

update:
absolut lesenswerte Antwort von The Rum Diary (deutsch)

20 Kommentare:

  1. "Die Blase platzt. Wir werden in Zukunft eine Menge Kotztüten brauchen. Auf uns ballert zu viel ein. Da ist zu viel laute Oberfläche. Mir ist wieder nach Inhalten, die auch leise sein dürfen. Nach Schreiben, das auch Stille vermittelt. Das einen zurücktreten lässt vom Mediengebrüll. Mir ist nach Tiefe."

    Danach ist mir ebenfalls. Ganz dringend!

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Petra,

    es hat sehr gut getan, diesen Artikel von Dir zu lesen. Es fühlt sich an, als hättest Du mir ein weichgepolstertes Pflaster auf eine Wunde geklebt.
    Social Media ist vor allem ein Zeitfresser. Kostbare Zeit wird damit vergeudet, ungeliebte Follower zu blocken oder peinliche Kommentare von der Pinnwand zu löschen. Wenn Einträge nur dazu da sind, um ›Guten Morgen, liebe Follower!‹ zu tröten oder sich Blümchen um die Ohren zu werfen, dann lässt mich diese Seichtheit auch zur Kotztüte greifen.
    Trotzdem gebe ich zu, dass sich wirklich interessante Kontakte ergeben, einfach aus dem Grund, weil sich im eigenen Umkreis die Autorendichte in Grenzen hält. Ich möchte diese Kontakte nicht missen. Aber man muss lernen, nicht auf jeder Plattform zu tanzen. Dann bleibt auch mehr Zeit für das Schreiben, was ja den eigentlichen Sinn des Ganzen ausmacht.

    Liebe Grüße
    Nikola

    AntwortenLöschen
  3. Dein Post hat mich sehr interessiert. Ich finde, man lernt durch die sozialen Plattformen immer wieder neu, dass man eine Position für sich beziehen muss. Wichtig ist eben in erster Linie, ob es einem gut tut, dort zu sein.
    Ich blogge zum Beispiel einfach gerne. Das hat eine größere Priorität als der Blick auf dei Statistik und der Wert für die Leser.

    AntwortenLöschen
  4. Liebe Petra,
    Sie machen das genau richtig! So wie es für Sie gut ist!

    Wie beim Essen. Ich reduziere oder höre auf, bevor mir schlecht wird. Dann brauche ich auch keine Kotztüte!

    Außerdem kann man ja mal wieder auf Qualität achten. Nicht umsonst klingen Facebook und Fastfood sehr ähnlich.

    Gruß Heinrich

    AntwortenLöschen
  5. @alle
    Es ist für mich immer wieder interessant, im Feedback zu hören, dass diese Übersättigung um sich zu greifen scheint...

    Natürlich bleibe auch ich in den gängigen Medien, so lange sie noch benutzt werden - ich muss es beruflich einfach. Und mir geht es ähnlich wie Nikola - hier am Ende der Welt im Vogesenwald, im Winter dazu, ist geistiger Austausch nicht hinter jedem Misthaufen gegeben ;-) (Innerlich würde mir das Bloggen schon reichen, das ist meine Leidenschaft.)

    Und natürlich habe ich schon wunderbare Kontakte im Internet geknüpft (das beste Beispiel seid ihr hier!) und sogar einige zu Freunden im echten Leben gemacht - über diese Menschen wäre ich sonst nie gestolpert! Aber das ist Privatspaß...

    Wenn ich das Ganze streng beruflich betrachte, und so muss man als Freiberufler mit eingeschränkter Zeit nachdenken, dann ist der Aufwand von Zeit und Energie im Vergleich zum Ergebnis regelrecht unheimlich. Das ist, wie wenn einer eine neue Erfindung zum Reinigen des Bodens gemacht hätte: ein winziges Rohr, das allen Dreck ansaugt, wenn ich es mit Pedalen betreibe, das den Dreck hinten wieder herausbläst, dann eine puppenkleine Schaufel ausspuckt, mit der ich den Dreck aufschippen kann - und von mir verlangt, täglich drei winzige Mülltüten zu ziehen, damit die mir irgendwann mal reichen, um das Zimmer sauber zu bekommen.

    Facebook ist für mich so ein Instrument. Es wurde nicht erfunden, um mir das Leben oder die Kommunikation zu erleichtern, sondern um möglichst viele Daten abzugreifen und teuer zu verkaufen. Und weil die Gold wert sind, hat sich Mr Zuckerberg alle möglichen Finessen ausgedacht, um meine Verweildauer in seinem System zu erhöhen. Google+ und wie sie alle heißen, sind da nicht besser. Soziale Netze sind per se zutiefst a-sozial, weil einzig und allein auf Datensammelei und Konsumismus ausgerichtet.

    Deshalb finde ich es immer spannend, gangbare individuelle Wege zu finden, die gegebenen Möglichkeiten im eigenen Sinne zu nutzen. Diese Gedanken mache ich mir auch, weil ich manchmal Kunden beraten muss in ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Für die kostet die Zeit in sozialen Netzwerken wirklich Geld - und das lässt sich erstaunlich oft woanders besser investieren.

    Danke für eure Kommentare!

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Petra,

    mir ist aufgefallen, dass ich deinen Beitrag langsam und sehr konzentriert gelesen habe, im Gegensatz zu vielem, was ich sonst im Internet lese. Das liegt daran, dass du bei mir sozusagen mitten ins Schwarze getroffen hast! Gerade habe ich nämlich darüber nachgedacht, was das soziale Netzwerk denn nun wirklich bringt und ob es, unabhängig davon, ob es neue Verbindungen schafft, auch wirklich gegen die unausweichliche Einsamkeit beim Schreiben hilft. Es stimmt, dass man zum Beispiel bei Twitter von sehr vielen Infos aufgesogen wird, die man eigentlich gar nicht braucht. Und doch tut es mir immer wieder leid um ein paar Leute, die ich dort schätzen gelernt habe. Aber ich weiß gar nicht, ob die noch dort sind, weil ich nach ein paar Monaten intensiver Kommunikation jetzt kaum noch reinschaue. Auch bei Google+ nicht, wohin ich eingeladen worden bin. Weiter ist auch mir aufgefallen, dass einige, deren Blogs ich regelmäßig gelesen habe, dort verschwunden sind, weil sie sich auf anderen Plattformen angemeldet haben.
    Dein Beitrag hat mir einfach den Rücken gestärkt, so weiterzumachen, wie ich es mir vorgenommen habe. Und das Schreiben, den Beruf und die realen Konatkte miteinander in Einklang zu bringen.
    Übrigens: Ja, ich habe darüber
    nachgedacht, warum du plötzlich die neuesten Beiträge gelöscht hast und kurzfristig stumm eworden bist. Jetzt weiß ich es!:-) Und ich werde auch einn Link darauf setzen.

    AntwortenLöschen
  7. Wo habe ich etwas gelöscht? Ist mir nicht bewusst! Datenunfall?

    AntwortenLöschen
  8. Ich meine, mir fehlten ein oder zwei von den letzten Einträgen-kann mich aber auch täuschen-

    AntwortenLöschen
  9. Als es noch kein "Social Media" gab, lief eigentlich fast alles über die eigene Homepage. In dieser Zeit habe ich Kontakte kennengelernt, die ich nun nie aus den Augen verloren habe und die sogar - gute 7 Jahre später - auch Bedeutung im Leben jenseits von Facebook haben.

    Die Idee von dir, sich wieder mehr auf die eigene Webseite zu konzentrieren, finde ich deshalb sehr wichtig.

    AntwortenLöschen
  10. Ich arbeite viel über Communities und generiere da auch Geschäft. Allerdings sehe ich das auch differenziert.

    Meine erste Erfahrung inkl. Aufträgen(lacht nicht!!!) habe ich in der Community von der Zeitschrift "Brigitte" gemacht. Allerdings sind dort anonyme Profile und irgendwann war ich es leid, über die Relevanz meiner Einschätzungen mit Leuten streiten zu müssen, die irgendwann von irgedwem mal den Lebenslauf gelesen hatten und sich jetzt als Experten aufführten zum Thema Coaching.

    Richtig aktiv bin ich auf zwei Plattfomen, auf denen ich auch meine Zielgruppe finde: Xing und fernstudien-infos. Twitter kann ich nicht richtig, Facebook ist ganz lustig...aaaaber....

    Und hier komme ich zum Kernpunkt. Man kann zwar überall Kontakte generieren, aber nicht jeder Kontakt ist beruflich etwas wert. Entweder man schaut sehr gezielt nach passenden Leuten oder man spammt die Welt mit seinen Kontaktanfragen zu in der Hoffnung, dass schon der eine oder andere passende hängen bleibt.

    AntwortenLöschen
  11. Applaus oder Buhruf, kann ich heute nicht entscheiden. Klar, es ist alles zu viel, aber auf der anderen Seite hoffe ich doch, mehr Aufmerksamkeit für mir wichtige Themen mit hilfe der Social Media bekommen zu können, und auf anderen wichtige Themen aufmerksam zu werden.

    AntwortenLöschen
  12. Ich nutze das Internet sehr bewusst und habe darüber auch schon wertvolle und persönliche Kontakte gefunden. Dem Social-Media-Hype dagegen habe ich mich von Anfang an verweigert, weil ich mich schon immer fragte, wo um Himmels Willen ich die Zeit dafür hernehmen soll, überall mitzumachen, wo man angeblich überall mitmachen muss, und wie ich aus all der Datenflut noch das Wichtige herausfiltern soll.
    Wenn ich das sagte, wurde mir immer sofort entgegen gehalten, ich würde mich noch wundern und durch meine ablehnende Haltung bald nur noch die Rücklichter des abgefahrenen Zuges sehen.
    Heute lese ich statt der Loblieder auf Social Media immer öfter Loblieder auf die Fähigkeit, sich auch mal auszuklinken, weil, wo soll man denn um Himmels Willen die Zeit dafür hernehmen, überall mitzumachen, wo man angeblich überall mitmachen muss und wie soll man aus all der Datenflut noch das Wichtige herausfiltern?
    Und die Rücklichter des abgefahrenen Zuges, die habe ich immer noch nicht aufleuchten sehen.

    LG Luise

    AntwortenLöschen
  13. Tolle Diskussion, die sich hier entspinnt!
    Und natürlich hat mein Beitrag auch die Buhtaste verdient - denn es handelt sich wie immer um "very personal journalism" - sprich, auf mich mag das ja passen, aber auf andere?

    Deshalb glaube ich den Social Media Gurus nicht, die das als Wundermittel empfehlen - es gibt kaum ein Werbemittel, bei dem es so sehr auf die individuelle Situation ankommt. Und wenn man es privat nutzt, genauso: der eine ist der absolut passende Typ für Twitter, der andere braucht Quasselplatz - da sollte man sich dann auch nicht irre machen lassen, nur weil angeblich alle alles nutzen.

    In meinen Berufen läuft der Hase einfach auch ganz besonders. Aufträge im Brotberuf laufen fast ausschließlich über persönliche Empfehlungen. Und zwar nicht via Hören-Sehen, sondern von Leuten, die mich persönlich kennen und vielleicht schon mit mir gearbeitet haben. Da sind dann Netzwerke wie z.B. die Bücherfrauen viel sinnvoller. Die agieren zwar auch im Web, haben aber ihren Fokus auf Echtlebenkontakten - und das macht sie so stark.

    Bei der binationalen Arbeit kommt ein anderes Problem hinzu: Ich arbeite mittlerweile mithilfe von vier Sprachen udn zwei unterschiedlichen Schriftsystemen - wie will ich das im Internet abbilden, wenn es manchmal auch nur radebrechend im Gespräch läuft?

    Wo mich Social Media aber ganz speziell nur noch nerven, das ist in Bezug auf meine Autorenarbeit, für die leider aufgrund des Geldverdienenmüssens immer weniger Freiraum bleibt. Ich kann ganz gut ein einfaches Sachbuch neben der Texterei für einen Imageprospekt erledigen. Wenn ich aber einen halben Tag mit einem Kunden über einen Slogan diskutiert habe, bin ich anschließend literarisch gesehen nur noch Gemüse. Belletristik geht gar nicht. Und das geht auch nicht, wenn ich irgendwelche Plattformen bedienen muss und überall irgendwas herauspusten.

    Das Schreiben im Blog zentriert und erdet mich, weil ich über "meine" Themen nachdenken kann. Aber um ernsthaft gute Bücher schreiben zu können, muss man schlicht abschalten können, radikal abschalten.

    AntwortenLöschen
  14. Christa und Blauraum, ihr sprecht etwas Wichtiges an: Das virtuelle "Verschwinden". Erlebe ich gerade bei einem sehr aktiven Kollegen, der fast nur noch bei Google+ herumhüpft. Also Kontakt plötzlich null. Bleibt mir nur noch sein Blog, um ihn virtuell "zu treffen". Es wird immer wichtiger, so einen Schmelztiegel zu haben, wo man Leute aus unterschiedlichen Netzwerken zu den eigenen Seiten zieht.

    So geht es mir mit Verlagen. Einst durch Twitter entdeckt, dass es sie überhaupt gibt. Bei FB ausführlicher Infos bekommen. Die eigene Verlagswebsite macht zum Stöbern vielleicht nicht an, Leseproben fehlen womöglich. Plötzlich entschwinden sie. Damit geraten sie mir aus den Augen, denn ihre Bücher liegen nicht in erreichbaren Buchhandlungen. Ein wenig mehr Aktivität und Angebot auf der Verlagswebsite könnte das auffangen und zentrieren.

    AntwortenLöschen
  15. "Das Schreiben im Blog zentriert und erdet mich, weil ich über "meine" Themen nachdenken kann. Aber um ernsthaft gute Bücher schreiben zu können, muss man schlicht abschalten können, radikal abschalten."

    Das ist für mich der zentrale Satz des Tages! Ich plane meine radikalen Abschalt-Schreibzeiten inzwischen und werde nicht mehr gestört. Wenn man sich auf wenige Blogs konzentriert, kann man das zeitlich einbauen.
    Und allgemein: Ich höre jetzt auch immer öfter, dass andere unter der Zeit leiden, die sie im Netzwerk verbringen. Man kommt einfach zu nichts mehr und muss sich nachher genauso mühsam in die reale Welt zurückhangeln, wie beim Bücherschreiben. Aber beim Letzteren kommt mehr dabei raus, finde ich. :-)

    Herzlichst
    Christa

    AntwortenLöschen
  16. Liebe Petra,
    ich bin über Twitter und unseren netten Dialog hierhergekommen, aber ich stimme Dir trotzdem zu. Der Sog der vielen social media fördert das eigene Schreiben nicht. Meine Mini-Rettung gegen Zeitverplempern (im Internet ticken die Uhren irgendwie anders, unbemerkter, die Zeit flutscht davon): eine Eieruhr auf dem Schreibtisch. Trödelpause genehmigt, es klingelt, Schluss. Meine ist bald um.
    herzliche Grüße, Elisabeth

    AntwortenLöschen
  17. Hmmm, ja. Irgendwie alles richtig und doch für mich vieles falsch.
    Erst mal das Blog: Schön, wenn man eines betreibt, das breits so eingeführt und beliebt ist, dass man auf soziale Netzwerke zum Bekanntmachen verzichten kann. Ein Anfänger hat kaum eine andere Möglichkeit, sich ins Bewusstsein zu bringen (und möchte andererseits, so geht es mir jedenfalls, nicht mit dauerndem Posten von Links verärgern). Lieber aufs Blog konzentrieren ist für mich ein Luxus, der meinen Klickzahlen nicht gut tut.

    Dann die Kontakte im Web: Ich schätze sie sehr. Ich lerne Kollegen, Gleichgesinnte kennen, und wer etwas bei Twitter oder auch FB genau hinschaut, wem man folgt und wen man hineinlässt ins eigene Leben, dann ist der Gewinn groß. Wie viele nette Menschen hätte ich ohne das Web nicht kennengelernt? Deshalb schätze ich es so. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich alle mit meinem Privatkram behelligen muss. Das böse Facebook kann von mir schließlich nur sammeln, was ich ihm sage. Und das ist wenig.

    Und das Leise, Zurückgenommene, die guten Texte? Auch davon habe ich viele erst über Links in sozialen Netzwerken gefunden. Und wem das alles zu viel und zu laut ist, für den gilt der alte Spruch vom Fernsehen: Das Ding hat einen Aus-Knopf.

    Dennoch: Ich kann einen gewissen Überdruss am sozialen Netzwerken gut verstehen. Alles eine Frage des Überblicks. Und deshalb beschränke ich mich auf wenige und lasse die anderen links liegen. Letztlich alles eine Frage der Ausgewogenheit. Die zu finden, erfordert etwas Selbstdisziplin. Aber die sollten wir doch alle aufbringen können.

    AntwortenLöschen
  18. Liebe Susanne, da sprichst du Wahres an!
    Ein Blog bekannt zu machen, ist eine üble Maloche - es dauert auch im Schnitt, je nach Engagement ein bis zwei Jahre. Garanten für Publikum sind vor allem Themen, Qualität, Unverwechselbarkeit (Persönlichkeit) und Regelmäßigkeit beim Posten. Aber irgendwie muss das Publikum ja davon erfahren. Da kann man über Social Media natürlich immer wieder neue Leute gewinnen. Noch mehr kamen bei mir über Gemeinschaftsaktionen mit größeren Blogs / Portalen und Empfehlungen in anderen Blogs.

    Aber seit einigen Monaten kommen eben immer weniger Leute aus Social Media. Ich bemerke sogar bei FB, dass die Automatisierung mit Networkedblogs inzwischen von einigen als Belästigung empfunden wird und ich die Themen wieder per Hand eintragen muss. Um von Twitter Leserschaft zu generieren, muss ich immer bildzeitungsartigere Schlagzeilen tweeten oder provozieren. Das sind für mich Zeichen, dass die Aufmerksamkeitsspanne kürzer wird, dass die Leute übersättigt sind (wer kann das alles lesen!)

    Deshalb muss ich - wegen der Leserbindung - im Blog mehr tun. Das meine ich mit Konzentrieren. Alle anderen Medien, die ich nicht selbst in der hand habe, sind so wankelmütig, dass man sich ständig Neues einfallen lassen muss.

    Interessante Beiträge zu diesem Thema hat übrigens oft der Kulturmanager - in meiner Blogroll zu finden.

    AntwortenLöschen
  19. Christa und Elisabeth, die Eieruhr wird angeschafft.
    Ich habe leider keine Selbstdisziplin, weil ich mich zu sehr für Menschen interessieren und zu gern kommuniziere. Und dann rede ich mich immer damit heraus, dass ich das ja beruflich bräuchte. Was ich bräuchte, ist eine Tastatur, die nach einer gewissen Zeit Stromschläge austeilen würde. An die ich mich dann wahrscheinlich auch irgendwann gewöhnen würde ;-)

    AntwortenLöschen
  20. Ich habe dich durchs twittern kennengelernt. Anfangs wusste ich gar nicht, wie man twittert oder was das soll. Jetzt sehe ich es als kurze Info, folge auch nur Leuten, die mich echt interessieren und die nicht alle zwei Minuten irgendwas doofes reinlabern.
    Du bist meine interessanteste "Verfolgte" :-)
    Mit dem Bloggen habe ich seit knapp 7 Jahren Erfahrung und kann ähnliches wie du feststellen. Allerdings muss ich sagen, dass berufliche Aufträge etc. ganz subtil über das Blog hin und wieder zustande kommen. So dreimal um die Ecke. Deshalb mache ich das weiter, und auch, weil es Spass macht.
    Dein Nijinsky Buch hätte ich ohne dein Twittern und dein Blog nicht gefunden. So habe ich es nun im Bücherschrank und auch schon oft empfohlen. Ich denke, dass es in ähnlicher Weise mit meiner Arbeit genauso geschieht. Aber, das kann ich dir so gut nachempfinden, auch ich habe sooft die Frage in mir, ob es sich noch lohnt. Auf diese Frage kann ich jedenfalls immer antworten: Ja, im imateriellen Sinn lohnt es sich immer. Denn ich bin bei meiner Arbeit glücklich. Auch wenn sich viele fragen, ob Arbeit, die glücklich macht, auch bezahlt werden sollte. Es ist der Gedanke der Neider ;-)

    AntwortenLöschen

Deine Sicherheit:
Mit restriktiven Browsereinstellungen kannst du nur als "Anonym" und mit "Namen / URL" kommentieren. Möchtest du dein Google-Profil verwenden, musst du aktiv im Browser unter "Cookies von Drittanbietern" diejenigen zulassen, die nicht zur Aktivitätenverfolgung benutzt werden. Nur so kann das System dein Profil nach Einloggen erkennen.

Mit der Nutzung dieses Formulars erkläre ich mich mit der Speicherung und Verarbeitung meiner Daten durch Google einverstanden (Infos Datenschutz oben im Menu).
(Du kannst selbstverständlich anonym kommentieren, dann aber aus technischen Gründen kein Kommentarabo per Mail bekommen!)

Spam und gegen die Netiquette verstoßende Beiträge werden nicht freigeschaltet.

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Powered by Blogger.