Wort-Schatz: Was feiert der Feierabend?

Als ich im vergangenen Jahr den Text für einen Theaterabend aus dem Französischen ins Deutsche übersetzte, lernte ich etwas über meine Muttersprache dazu: Der Feierabend ist eine deutsche Eigenheit, die manche Ausländer den Deutschen auf den ersten Blick gar nicht zutrauen wollen. Für die meisten Grenzgänger unter den Franzosen war es nämlich neu, dass man da irgendetwas für den Abend feiert - und dass die Deutschen wohl mindestens fünf Abende in der Woche Feste geben.

Was ist nur gemeint? Allabendliche Feten? Partys vor dem Abendessen? Und warum wünscht ein deutscher Angestellter seinen Kollegen am Ende eines Arbeitstages gar "einen schönen Feierabend"? Da musste nach der Arbeit also irgendetwas Fröhliches kommen, auf das die Leute den ganzen Tag gespannt warteten. In Frankreich kennt man das nicht. Man sitzt im Büro, sitzt auch lange bis in den Abend im Büro - und findet das in der Regel ganz normal.

Es gibt noch eine Spezies, die den Feierabend nicht kennt: Schriftsteller. Wir können das Geschichtenerfinden und Lesen ja bekanntlich kaum einstellen. Manche sind sogar völlig unfähig für Feierabende und geraten in Panik, wenn sie einmal ein paar Stunden nicht schreiben oder nachdenken dürfen.

Es ist lustig, eben erlebte ich zum ersten Mal seit langem wieder das Gefühl, einen Feierabend zu haben, obwohl heller Mittag ist. Ich habe eine Terminarbeit abgegeben. Mit einem Mausklick war alles erledigt. Feierabend. Grund zum Feiern, wirklich. Ich habe etwas geschafft. Und ich freue mich in der Tat unbändig.

Nein, nicht auf Feierzeit = Freizeit. Ich freue mich unbändig, dass ich noch den ganzen restlichen Tag Zeit habe für meine "wirklichen" Texte. Buch, ich komme! Ich kann ohne Schreiben nicht sein. Arbeit ist für mich, wenn ich das Schreiben mühsam vermeiden muss...
Allen anderen natürlich einen schönen Feierabend - den man ruhig auch mal tatsächlich feiern darf!

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