Die unerfindliche Leichtigkeit des Geldes

Eine Freundin, die als Selbstständige schon bittere Zeiten bis kurz vor dem Konkurs durchgemacht hat, hat mir mal ihr finanzielles Überlebensgeheimnis verraten. Es klingt einfach nur irre. Sie ist der Meinung, wenn man (auch in der Not) gibt, kommt irgendwann, wenn man es am nötigsten braucht, etwas von jemandem, der es genauso hält!

Nun habe ich als hauptberuflich Schreibende ohne "vernünftigen" Beruf auch öfter mal Krisen. Allein die Diskrepanz zwischen festbleibenden Honoraren ohne Tarifverträge, Lohnerhöhungen, dafür aber mit saftigen Energiepreiserhöhungen, bringt auch mich inzwischen zum Zittern. Also habe ich das ausprobiert. Teilen, wenn man selbst nichts hat? Geht das? Bei mir war es damals die Kiste Lebensmittel aus dem Billigsupermarkt für die Restaurants du Coeur (vergleichbar mit der deutschen Tafel). Ich habe einfach doppelt eingekauft - das ging. Nach einem ärmlichen Weihnachten flatterte der nächste Vertrag ins Haus. Aberglaube? Zufall?

Kürzlich war wieder so ein Moment, wo ich nicht wusste, wie es weitergehen soll. Ich habe einem Maler, der mir aufschwatzen wollte, dass er dringend Nulldiät machen musste (der Mann hatte schlicht nichts mehr zu beißen) ein Bild abgekauft - was mir richtig weh getan hat. Finanziell. Ach... und manchmal hat man Träume und Wünsche, die man sogar für die Arbeit brauchen könnte...

Der meine war der Dostojewski-Theaterabend in Baden-Baden, der teilweise im Casino stattfindet und bei dem es unterwegs Tee aus dem Samowar geben soll. Seit zwei Jahren gelingt es mir nicht, Karten zu bekommen. Aber es ist ein Traum und inzwischen wäre es sogar gut, diese Atmosphäre für ein Projekt zu schnuppern. Was soll ich sagen? Kurz entschlossen habe ich gestern eine der letzten Karten ergattert, obwohl solch ein Luxus eigentlich nicht drin wäre.

Es ist komisch. Letzte Woche flog mir unerwartet ein kleines Sümmchen zu. Heute öffne ich bebend die Jahresabrechnung für den Strom, ganz sicher, eine üble Nachzahlung zu bekommen, weil ich einen Monat wegen der kaputten Heizung elektrisch wärmen musste. Ich traute meinen Augen nicht. Das Sümmchen von letzter Woche und die Rückerstattung für zuviel bezahlten Strom macht genau den Kaufpreis für das Bild plus die Theaterkarte aus.

Sicher alles Zufall und Aberglaube. Aber Künstler waren schon immer abergläubisch. Und was wäre, wenn der Kreislauf des Teilens sich tatsächlich fortsetzte wie ein hartnäckiger Virus?
Ich hab jedenfalls gleich mal tüchtig Kisten fürs Emmaus gepackt, Bibliothek und Kleiderschrank entmistet...

2 Kommentare:

  1. Das ist ja eine ganz feine Vorweihnachtsgeschichte, voll christlicher Werte und göttlicher Unerklärlichkeit. Und vom wahren Leben geschrieben. Toll!

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  2. Huch, ich und Weihnachtsgeschichten... ;-)
    Meine Freundin hat das aus Indien. Muslime, Juden und viele andere kennen den Gedanken auch. Man muss nicht einmal religiös sein, um das nachzumachen. Globaler Virus - wäre das nicht schön?

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